Wind Beyond Shadows

Normale Version: I walk through the fire and get my crown
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Auf dem Sofa sitzend, blickte er durch den Raum nach draußen. Die kleine Wohnung in der obersten Etage des Sukoshi himitsu hatte sich schon am ersten Tag bezahlt gemacht. Die Ruhe und die Zurückgezogenheit, die man hier hatte, fand man sonst nirgends. Niemand, außer er und Daniel hatten hier zutritt, was durch unzählige Sicherheitsmaßnahmen sichergestellt worden war. Der Umstand, das niemand um die Etage wusste, außer jene, die sie erbaut und die haru gern beseitigt hätte, ausgeschlossen. Vielleicht war es Paranoid, doch er hatte extra arbeiten von Außerhalb beauftragt, damit nichts an jene Ohren drang, die davon nichts wissen sollte.
Er wartete. Selten ließ er sich dazu herab, zu warten, doch der der Anruf, den er vor nicht einmal fünf Minuten beendet hatte, erforderte die Anwesenheit Daniels. Nicht, weil Haru neuerdings dessen Empfangsdame war, der die Anrufe des schwerbeschäftigten Mannes entgegen nahm, sondern weil dieser ihn begleiten musste. Eine Anweisung Arimasas.
Es bahnte sich etwas an, von dem der Yakuza noch nicht sagen konnte, welche Konsequenzen es haben, oder es bedeuten sollte. Leider drückte sich der alte Greis oft in Rätseln oder kurz und knappen Anweisungen aus, ohne seine Beweggründe zu erörtern. Schon als Kind hatte Haru gelernt, das es nichts nützte, unnötige Fragen zu stellen. Entweder an folgte oder man trug die Konsequenzen. Eine ganz einfache Rechnung, wie man auch an seinem Rücken bemerkte. Nur sehr wenige hatten das Privileg ihm nahe genug zu kommen, ob zu wissen, welche Narben sich unter all den Tattoos verbargen. Zeugen dessen, was er in seinem jungen Leben bereits erlebt hatte.
Zehn Minuten, nach dem der Anruf erfolgt war, schrieb er Dani eine Nachricht, das er ihn in der Wohnung sehen wollte. Eine Nachricht, die im mindesten genau so kurz und knapp gehalten wurde, wie die Anweisung, die durch Arimasa erfolgt war. Der Apfel fiel nun mal nicht weit vom Stamm. Immerhin konnte er sich etwas drauf einbilden, dass das Oberhaupt der Yakuza ihn persönlich informierte, statt durch einen Mittelsmann.
Er stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf, ging zum Balkon hinüber, öffnete die Glastür, welche sich in der Glasfront perfekt einschmiegte und trat nach draußen. Von hier hatte er einen atemberaubenden Blick über das ¾ des Anwesens. Der Parkplatz für Kunden war genau so überfüllt, wie die Tiefgaragen, die für die besonderen und wichtigen Kunden gedacht waren, die am besten unentdeckt blieben. Diskretion war hier genau so wichtig, wie der Umstand, dass hier jeder Wunsch erfüllt werden sollte. Eben jene wichtigen Kunden waren diejenigen, die etwas für ihr Geld geboten haben wollten und sei es noch so absurd, abstrakt. Es scheint bei diesem Klientel keine Grenze zu geben, die sie nicht überschreiten würden. Und wer sollte die wünsche besser erfüllen können, als sie?
Er lehnte sich gegen die gläserne Brüstung, legte die Unterarme auf die Begrenzung und ließ den Blick schweifen. Rechts von ihm standen zwei bequeme Liegen und ein Tisch. Die Luxuswohnung war von ihnen beiden eingerichtet worden und ließ keinen Wunsch unerfüllt. Hier konnte man es sehr gut aushalten. Selbst zwei Büros gab es hier, die man voneinander abtrennen konnte. Gern würde er verweilen…
Monate waren vergangen, als sie die fixe Idee von einem neuen Bordell gehabt hatten. Monate, in denen sich so einiges verändert hatte. Hatten sie doch nicht nur das perfekte Gebäude gefunden. Nein, er hatte tatsächlich geheiratet, war Vater und Witwer geworden und als ob das nicht reichte, war er nun auch wieder in seiner Heimat.
Vertraut und fremd zugleich, doch eingelebt hatte er sich schnell.
Nur Yuu, der ständig wie ein Hündchen mit Argusaugen um sie herum schwänzelte nervte. War er doch nicht auf den Kopf gefallen und wusste nur all zu gut, wie sehr dieser ihm seine Stellung neidete. Nicht innerhalb der Yakuza, sondern an Harus Seite und noch viel mehr seinen festen Platz in dessen Bett. Nicht das jemals auch nur ein Wort in diese Richtung gefallen wäre, doch Dani wäre niemals so gut in seinem Beruf, wenn er nicht auch wortlos die geheimsten Wünsche anderer erkennen würde....so zu seinem Leidwesen auch die von Yuu. Doch ein wenig amüsierte es ihn auch. Schien Haru doch keinen blauen Dunst zu haben, wie sein damaliger Freund zu ihm stand, so das es ihn tatsächlich schadenfroh machte die beiden miteinander zu beobachten.
Doch die Zeit sich in der Schadenfreude zu baden hatte er nicht. Hielten ihn die Zwillinge und das neueröffnete Bordell doch ordentlich auf Trab, ganz zu schweigen von den Aufträgen Arimasas, die komischerweise in letzter Zeit häufiger bei ihm eintrudelten und nachdenklich stimmten. Schien es doch fast so, als würde sich etwas zusammen brauen, aber so leicht, so klammheimlich, das er die Ursache einfach nicht ergründen konnte. Ein Umstand, den er hasste, da ihr Leben so schon unberechenbar war, besonders wenn man bedachte, das er jede gestohlene Minute mit Haru verbrachte, sofern es sich irgendwie einrichten liess. Gestohlene Zeit, welche in den letzten Wochen viel zu wenig vorhanden gewesen war, da sie ständig zutun gehabt hatten.
Umso mehr freute er sich über den Text Harus und beeilte sich umso mehr mit dem Papierkram. Dennoch verliess er nicht Hals über Kopf das Haus, sondern schaute noch schnell zu seinem Zwillingen und der Kinderfrau, eh er sich zu ihm auf den Weg machte.
War es doch vollkommen irrelevant, das Haru nicht geschrieben hatte, wo sie sich treffen wollten. Ahnte er auch so schon, das er in der versteckten Wohnung über dem Sukoshi himitsu auf ihn wartete. Ihr Rückzugsort, ihre kleine Blase in ihrem sonst so blutigen und erbarmungslosen Leben.
Doch statt auf direktem Kurs zu ihm zu fahren, legte er noch einen kleinen Zwischenstopp in ihrer Lieblingsbäckerei ein. Kannte er Haru doch nur all zu gut, um zu wissen, das dieser mal wieder seid Stunden auf den Beinen war und wohl nicht viel ausser Kaffee, wenn überhaupt, zu sich genommen hatte. Daher kaufte er einige Sandwiches und natürlich den obligatorischen Kaffee, welchen er ihn immer mitbrachte, wenn sie sich sahen. Wann genau sich dies eingebürgert hatte, wusste er selbst nicht mehr so genau, geschweige denn, das er sich wirklich grossartig Gedanken darum machte Er kümmerte sich gerne um ihn...fertig.
Zufrieden brummend, als er auf den vollen Parkplatz einbog, sah er Haru schon von weitem an der Balustrade ihrer Wohnung lehnen. Kurz gönnte er sich ein paar Sekunden um ihn zu beobachten, eh er schliesslich doch parkierte, seine Beute schnappte und die versteckten Wege nach oben zu ihm nutzte.
"Setz dich und iss was" befahl er und sparte sich die Begrüssung einfach schlichtweg. "Nichts ist so dringend, das es nicht ein paar Minuten warten kann, damit du etwas isst" stellte er klar, eh er ihm auch nur die geringste Chance für einen Protest liess. Zudem liessen sich Probleme mit vollem Magen sehr viel besser lösen, oder nicht ?!
Haru wusste, wie Yuu zu ihm stand, war dieser doch verantwortlich für die Flucht nach Amerika gewesen. Doch nur weil er es wusste, bedeutete es nicht, dass er es sich anmerken lassen musste. Viel mehr ahnte er, dass er Yuu nur noch motivieren würde, in die Vollen zu gehen, wenn er sich dahingehend etwas anmerken ließ. Abgesehen davon würde es sie beide in Teufels Küche bringen. Es reichte, wenn sie in dessen Wohnzimmer tanzten, da wäre es leichtsinnig, das Feuer noch zu schüren. Wann Yuu sich das Vertrauen Harus verspielt hatte, konnte er selbst nicht sagen, ahnte er doch, dass es schleichend passiert war. Als dann die Avancen selbst in seinen Augen zu deutlich wurden, wollte er nur noch Abstand zwischen sie bringen. Was das anging, kannte er seinen Kindheitsfreund einfach zu gut, selbst wenn sie sich inzwischen entfremdet hatten. Yuu war zu impulsiv, insbesondere, wenn es nicht nach dessen Vorstellungen ging, die er sich machte.
Er blickte über das Grundstück, ohne die Gedanken schweifen zu lassen. Absichtlich. Momente, um den Kopf zu leeren, hatte er selten. So nutzte er die wenigen Minuten, schloss die Augen und lauschte nur auf den Wind, der die Blätter der umgebenden Bäume, rascheln ließ. Kühl war es, doch kümmerte es ihn grade nicht. Die Temperatur war zum Aushalten.
Den Verkehr auf dem Parkplatz ignorierte er, so entging ihm auch, dass ein ihm wohlbekanntes Auto einbog. Die Stille war angenehm und doch schweiften seine Gedanken wieder zu dem Telefonat. Irgendwas war im Busch, braute sich zusammen und das Telefonat war nun der Beweis dafür. Doch was würde folgen? Strafe wohl kaum, dann hätte Arimasa anders geklungen. So gut kannte er ihn dann doch. Wie oft er als Kind, dessen sadistischen Launen hatte aushalten müssen. Immer war es die Grenze des äußerst Ertragbaren gewesen, die er erreichen musste. Immer ein wenig mehr, um geformt und schließlich zu dem Bild gemacht zu werden, welches er von Haru hatte. Und nun stand er hier.
Geräusche aus der Wohnung drangen zu ihm hinüber, kurz darauf war die Stimme zu hören, die ihn leicht schmunzeln ließ. Langsam wandte er sich um, lehnte sich mit dem Rücken gegen das milchige Panzerglas und musterte den Blonden, der mal wieder an Essen und Kaffee gedacht hatte. Scheinbar schien er immer zufällig am Bäcker vorbeizukommen, würde man denken, aber Haru wusste es besser und wusste es noch mehr zu schätzen.
Hunger machte sich bemerkbar, den er bis jetzt geflissentlich ignoriert hatte.
„Du bist auch der einzige neben Arimasa, der sich das traut, mir Befehle zu geben.“, sagte er ruhig und nahm sich noch ein paar extra Minuten, um ihn zu mustern. Wie viel Zeit inzwischen verronnen war, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten… Gut sah er aus, das musste er ihm lassen, aber wie er ihn kannte, wusste Dani es selbst, ohne dass Haru es noch mal in Worte fasste.
Ein letzter tiefer Atemzug, ehe er sich abstieß und nach drinnen ging. Die Tür schloss er hinter sich, damit sich die Wärme wieder ausbreiten konnte. Lange würde es nicht dauern, daher kümmerte es ihn nicht, als er auf ihn zu trat, den Kaffee entgegennahm. Dran riechen musste er nicht, um sich dessen sicher zu sein, dass es genau die richtige Mischung war.
Den Blick weiterhin auf ihn gerichtet, trank er einige Schlucke und spürte, wie er sich langsam entspannte.
„Dringen nicht wirklich. Es sollte reichen, wenn wir in den Morgenstunden nach Tokyo fliegen.“, offenbarte er ihm einen kleinen Teil dessen, was auf sie zukommen würde. Der Flug wäre schnell gebucht und im Zweifel konnten sie mit dem Auto fahren. Wobei ihm diese Option fast besser gefiel, selbst wenn sie zeitaufwendiger war. Sie konnten allein fahren.
Sich den Gedanken durch den Kopf gehen lassend, setzte er sich. „Arimasa will uns sehen.“ Haru blickte ihn durchdringend an, immerhin hatte er erwähnt, dass es um sie beide ging, nicht nur um ihn allein.
Was zwischen Haru und Yuu lief, oder gar gelaufen war, interessierte ihn eigentlich herzlich wenig. Zählte doch allein das hier und jetzt und in dem musste er nicht teilen. Nicht das er gewillt war zu teilen, aber es beruhigte ihn immer wieder aufs Neue zu sehen, das nicht Yuu die Wahl an Harus Seite war. Klar war es dreist ihn so für sich allein zu beanspruchen, doch Dani war noch nie Jemand gewesen, der gerne teilte und schon gar nicht, wenn es um sein Herz ging. Worte waren dabei vollkommen irrelevant. Reichte doch schon ein Blick, oder gar eine kleine Geste vollkommen aus. Natürlich wäre es gelogen, wenn er behauptete, das er es nicht gerne auch hören würde...doch dafür kannte er Haru viel zu gut, als das er sich deswegen Hoffnungen machte. Oft steckte die Wahrheit in Details, Details die anderen gar nicht gross auffielen, Alltäglichkeiten, die andere für selbstverständlich hin nahmen. Eben jene Details, die auch Yuu wahr nahm und so einen Feind schufen, der für sie sehr gefährlich werden konnte. Waren doch selbst ihm die Eskapaden seines "Konkurrenten" nicht aufgefallen, ein Grund mehr ihn noch mehr im Auge zu behalten, eh er in seinem Leichtsinn das Leben von ihnen allen sinnlos in Gefahr brachte.
Doch vorerst verschob er die drohende Gefahr und konzentrierte sich lieber auf das hier und jetzt. Viel zu lang war es her, das sie ein paar Minuten nur für sich hatten. Zeit, welche sich durch die geheime, gemeinsame Wohnung eigentlich doch hätte steigern müssen und doch machte ihnen ständig etwas oder irgendwer einen Strich durch die Rechnung. Fast könnte man böse Absichten dahinter vermuten, sofern man paranoid war. Zu mindestens paranoider, als eh schon jeder von ihnen war.
"Tja einer muss sich doch um dich kümmern" wies er schmunzelnd den minimalen Tadel von sich. Kannte er doch dessen Tagesabläufe gut genug um zu wissen, das er schon seid Stunden auf den Beinen war und ausser Kaffee wohl nichts intus hatte. Wenigstens hier sollte er sich willkommen und sicher fühlen. Das er sich zudem sehr gerne um ihn kümmerte, war nur noch ein weiterer Punkt, welcher für sich sprach und dafür sorgte, das sie selbst nach all der Zeit noch wie ein altes Ehepaar wirkten, das perfekt aufeinander angestimmt war und auch wortlos Hand in Hand arbeiten konnte. Selbst die Musterung folgte einem heimlichen Ritual, welches er nicht unterbrach, sondern dafür sorgte, das er still stehen blieb, während er ihn ebenfalls musterte. Fast als würden sie sich zum ersten Mal sehen und miteinander bekannt machen. Vollkommen kitschig und Haru würde ihm wohl einen Vogel zeigen, sollte er es jemals aussprechen und doch, war es genau das. Das Betrachten des Anderen, um sich zu versichern, das alles so war, wie es sein musste. Ein sich versichern, das sich nichts geändert hatte und der Gegenüber noch immer die gleiche Person war. Zudem mochte er das leichte Funkeln in seinen Augen, welches er jedes Mal bekam, wenn er ihn so genau betrachtete. Bewies es doch nur allzu genau, das sich absolut nichts zwischen ihnen geändert hatte und Yuu weiter vor sich hin schmollen konnte.
"Tokyo?" wiederholte er leicht verwundert, nur um die Augenbrauen zu runzeln, als der Grund offenbart wurde. In Sekunden alle Möglichkeiten durchgehend setzte er sich ihm gegenüber, während sein Blick auf seinem Gesicht heften blieb, fast als würde dort die Antwort lesen können, was natürlich vollkommen hirnrissig war. "Was heckt der alte Mann nun wieder aus ?" brummelte er leise in seinen Kaffee, wohl wissend, das er damit gegen unausgesprochene Gesetze verstiess. Doch wie bei so vielem, verliess er sich auf Harus Diskretion. "Seid Wochen liefert er mir eine Liste nach der anderen, die ich brav abarbeiten muss. Eigentlich nicht so ungewöhnlich" gab er Preis "und doch....." nachdenklich hielt er kurz inne. "Statt Einzelpersonen hat er es nun auf ganze Blutlinien abgesehen" verriet er dann schliesslich doch, ohne genaue Namen, oder gar das Grauen dahinter direkt zu offenbaren. Bedeutete eine Blutlinie doch auch immer Kinder und Unschuldige.... beides Dinge, die er hasste und verabscheute und doch blieb ihm keine Wahl. "Er plant irgend etwas grosses, nur warum er dann ausgerechnet uns beide sehen will erschliesst sich mir nicht wirklich" gab er offen zu. Nun gut, Haru war der Kronprinz, welcher irgendwann das Imperium übernehmen sollte, nur was sollte dann er dort ? War er doch der, der im Geheimen arbeitete, der vor dem sich selbst die hohen Ränge ängstigten, sobald er auf der Bildfläche erschien. Immerhin war er der Henker, der Mörder, der verlängerte Arm des Oyabun, dem nie etwas entging. Was also sollte er zusammen mit dem Kronprinz beim Oyabun ?!
Dieses Betrachten, dieses Ritual war es wohl, welches versicherte, dass alles so war, wie es sein sollte. Dass Dani ihm mehr bedeutete, als ihm lieb sein und es als ‚normal‘ betrachtet werden konnte. Kleinigkeiten, die andere übersahen und bei ihnen zu wichtigen Eckpunkten geworden waren, da sie ihren Wesen entsprachen. Einen anderen würde der Yakuza nie so ansehen, was für Dani in so viel bedeutete, dass er sich Haru sicher sein konnte. Andere nutzen Worte, Haru Gesten, Blicke…. Und Vertrauen, welches er sonst keinem entgegenbrachte. Selbst wusste er zu genau, dass Worte oft nur Schall und Rauch waren, Worte waren der letzte Rettungsanker, der einem das Leben retten sollte. Wie viele schon um ihr Leben wimmerten, mit Worten um ihr Leben feilschten, sagten, was man vermeintlich hören wollte, um zu entkommen, um dann zu lachen. Ein schmaler Grat. Doch all das hatte hier keine Bedeutung. Viel mehr, dass Dani mehr wert war, als 10 von Yuu. Und dieser wusste es.
Sein Blick wanderte von oben nach unten und zurück und ja, seine Augen funkelten, ohne dass er es unterdrücken wollte. Wenn er nicht hier relativ entspannt sein konnte, wo dann? Dieser Ort war wohl sicherer, als jede Bank auf der Welt, denn niemand sollte erfahren, was in diesem Stückchen Abgeschiedenheit passieren sollte.
Kurz spielte er mit dem Gedanken zu Dani zu gehen, sich dicht vor ihn zu stellen, dessen Duft in sich einzusaugen und diese leichte Gänsehaut aufkommen zu spüren, die er insgeheim mochte. Sie prickelte in seinem Nacken, durchlief seinen Körper und… Er verwarf den Gedanken wieder, auch wenn das Ergebnis für sie beide sicher sehr angenehm werden würde. Die Wohnung hier einzuweihend, das wellenförmige Sofa auf dem Balkon oder das hier drinnen. Er besann sich wieder.
Er setzte sich ihm gegenüber und Haru schmunzelte ein wenig, konnte er sich doch nun zurücklehnen, ich besser zu mustern und ja, auch wenn er es so nicht zugeben würde, war er froh, diesen Mann hier und jetzt vor sich zu haben.
„Ich weiß es nicht…“, überging er den Fehltritt, den sich kein anderer hätte erlauben dürfen. „Er klang recht neutral, die Anweisung war klar. Eine Strafe wird es kaum sein.“, mutmaßte er, ihn noch immer musternd. Der Umstand, dass sie beide erscheinen sollten, half ihm dahingehend bei der Annahme. Sollte es sich um eine Strafe handeln, wären andere Wege gewählt worden, ebenso der Tonfall, die Worte. Dieses zu erkennen, war ihnen lang genug antrainiert worden, das es intuitiv verstanden wurde.
Er nippte an seinem Kaffee, setzte ihn dann ab, um den Becher auf seinem Knie abzustellen, um das Bein nicht dazu zu benutzen, es neben Dani zu drapieren. Für primitives Gebaren war nun kein Platz, so blieb er konzentriert bei der Sache.
„Er plant irgendwas. Wenn er sogar an ganze Blutlinien geht, dann löscht er als nächstes Clans aus.“, überlegte er zustimmend und dachte an die eigenen Aufgaben, ignorierte, dass sie zum gleichen Schluss kamen. „Bei mir will er Übersichten von Gebieten und deren Einkünfte haben. Wer wo stationiert ist.“ Dass die Aufgaben Harus und denen Danis Hand in Hand gingen, dafür musste man kein Wissenschaftler sein. Wusste er, wo sich wer befand, war es leichter, diese zu beseitigen. „Wo im letzten Jahr Fehler passiert sind, wie sie bestraft worden sind und ob es andere Vorkommnisse gab.“, entgegnete er ruhig. Wenn er es so überdachte, lief etwas Großes oder war in Vorbereitung darauf. Daran zu denken, dass der alte Mann womöglich abdankte, das wagte er nicht. Zu viele Veränderungen würde es mit sich bringen.
„Bleibst du die Nacht hier?“, fragte er, vermeidend, dass er bleiben könnte. Irgendwie führte das trotz ihres Verhältnisses doch ein wenig zu weit. Absurd eigentlich und doch… Sein Blick hob sich abwartend, sich nicht nehmen lassend, ihn erneut zu mustern. Die Gedanken kreisten noch immer um den alten Mann, dennoch wollte er sich den kleinen Luxus gönnen, wenn er schon mal hier war. Gestohlene Minuten, die zu Stunden werden sollten. Fern ab mussten sie eh noch den Flieger buchen. Und wenn dieser schon in den morgen stunden ging…
Seit wann suche ich Ausreden? Sowas passte nicht zu ihm.
Er erhob sich, ging in die offene Küche und setzte Wasser auf. Angenehmer Teegeruch breitete sich aus, als er eine Dose aus dem Schrank holte.
Dani liebte diese kurzen Momente der Betrachtung. Mussten sie sonst doch jede Sekunde auf jede kleinste Bewegung, jede noch so kleine Mimik achten, da sie ständig unter Beobachtung standen. Ob real oder eingebildet, sie beide wussten, was ihnen drohte, sollte auch nur jemals der kleinste Verdacht aufkeimen. Der Tod wäre noch das geringste Übel, Folter an der Tagesordnung und der Ruf der Familien, sowie deren Ehre für immer vernichtet. Konsequenzen, die sie beide ständig im Hinterkopf hatten und doch zogen sie einander an, wie die Motte das Licht. Einfach war und würde es nie werden und doch, hätte er die Wahl.... er würde sich immer wieder für ihn entscheiden. Genau deswegen waren solche Momente der Stille so wichtig, da diese sehr viel mehr sagten, als es jemals Worte könnten. Waren diese Momente doch die Zeugen der Liebe zwischen ihnen, die nie offen in Worte gefasst werden durften. Waren sie die Zeugen der Harmonie und des Vertrauens zueinander.
Kurz war er versucht auf ihn zu zu gehen und kurzerhand zu küssen. Allein die Sekunde die er sich wehren würde, eh er sich ergab war mehr als nur verlockend. Doch für heute verzichtete er darauf, wusste er doch nur allzu gut, das Haru sehr, sehr gerne beobachtete. Alles andere hatte Zeit, bis sie alles Wichtige besprochen und geklärt hatten. Verriet seine Miene doch nur allzu gut, das irgendwas passiert war.
Eine Annahme die nur allzu schnell bestätigt wurde und ihn wahrlich ins Grübeln brachte. Arimasa handelte von zeit zu Zeit scheinbar sinnlos, bis man alle Puzzleteile Stück für Stück zusammen setzte und seine wahren Absichten erkannte, die niemals sinnlos waren. Ganz im Gegenteil, hatte er vor ihm doch den grössten Respekt, auch wenn seine Wortwahl darauf nun nicht wirklich schliessen liess. War sie doch eher dem Frust, statt einer Missachtung anzurechnen.
"Scheint als würde er jede Bedrohung beseitigen lassen" vermutete er, als er erfuhr, das Harus Aufgabe nicht weniger sonderlich war. Verband man sie jedoch mit der seinen, so wurde daraus eine Säuberungsaktion, wie es sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr gab. "Nur warum ?" fragte er offen, denn oft half es, wenn sie sich gemeinsam Ideen zuwarfen. Über kurz oder lang, kamen sie dann doch auf einen logischen Grund. "Soweit ich weiss ist es in allen Bezirken halbwegs ruhig, abgesehen von den kleinen Reibereien hier und dort, aber die gab es schon immer und sind nicht heftiger als gewöhnlich." grübelte er absichtlich laut. Irgend einen Sinn musste die ganze Sache haben, nur welche war es ? "Will er expandieren ?" warf er hypothetisch in den Raum, denn das war die einleuchtendste Idee, die ihm kam und die tatsächlich einen Sinn ergeben würde. Nun gut, auch ein Rücktritt wäre möglich, doch daran glaubte er nicht wirklich. Immerhin war Arimasa nun auch noch nicht uralt und nur wenige Oyabun traten ihren Rang vor ihrem Tod ab. Somit schloss er diese Möglichkeit also einfach einmal aus.
Vollkommen in Gedanken versunken, bekam er seine frage nur am Rande mit und brauchte den Bruchteil einer Sekunde, bis sie sich in eine Erkenntnis wandelte. "Nun da wir eh reisen muss das Kindermädchen eh bleiben...warum also nicht gleich schon heute Nacht" beschloss er seelenruhig, ohne ihm direkt zu antworten. Wusste er doch nur allzu gut, was die frage bezwecken sollte und blieb genauso wage. "Kleidung haben wir genug hier für solche Fälle und wenn wir statt zu fliegen einfach mit dem Auto fahren, dann hätten wir noch ein paar Stunden mehr Ruhe vor dem alltäglichen Wahnsinn." bemerkte er nebenbei an, während er ihn über den Rand seines Kaffeebechers anblickte. "Oder hast du es etwa eilig ?" zog er ihn frech grinsend auf als er aufstand und zur Küche ging, wohl wissend, das er jede Möglichkeit beim Schopfe griff, um möglichst weit weg von seiner Frau zu sein. "Falls nicht könnte ich ja etwas kochen ...." schlug er noch vor, um ihn ein klein wenig aus seinem Schneckenhaus hervor zu locken.
Stille brachten andere zum Reden. Stille wurde gern als Folter benutzt, da konnte Haru ein Lied von singen, nutzte er sie doch gern für seine Zwecke doch hier… So viele Bedeutungen die Stille auch hatte, wie viele Wege sie auch unter Zwang eröffnete, hier war sie angenehm. Hier zeugte sie von Vertrauen, Ruhe und eine ganz besondere Art von ankommen. Bei jedem anderen hätte er über diese Worte spöttisch gelächelt, doch hier war es genau das. Vertrauen und ja, Liebe, auch wenn er es nicht zugeben würde. Aber das musste er auch nicht, denn es wurde insoweit erwidert, dass er es mal nicht kontrollieren musste. Ja nicht mal Worte brauchte er, die er hören wollte. Eine Sache, die weder Worte brauchte, noch benannt werden musste, selbst wenn sie hier, in diesen Vierwenden ohne Konsequenz ausgesprochen werden konnten. Ein Reich, in dem sie frei und sie selbst sein konnten. Wenn sie es ganz auf die Spitze treiben wollten, sogar den ganzen Tag nackt herumlaufen könnten.
Um dann genau das zu tun, wozu Dani ihn immer wieder trieb. Er mochte diese kleinen Spielchen ungemein, ja, sich in dessen Hand zu begeben und manches Mal auch das Zepter an ihn weiterzureichen, nachdem er ihn noch eingehender betrachtet hatte.
Wenn er also irgendwo in sich sowas wie Liebe empfand, dann war es wohl Dani, dem sie gehörte.
„Nur wozu… Sonst hat er sie auch agieren lassen, um zu beobachten. Manche sind eine Bedrohung, aber nicht so gravierend, als dass es eine sofortige Beseitigung erfordert… Dazu noch so weitreichend.“, überlegte er weiter. Grade, wenn es um Blutlinien ging. Wenn er den Kopf der Schlange abschlug, konnten weitere nachwachsen, ja, aber das erforderte Zeit, warum also so sehr in die Tiefe gehen? „Fraglich, was Yuu zu erledigen hat, aber ich vermute, es läuft in die gleiche Richtung…“, murmelte er leise, tippte sich mit dem Zeigefinger leicht und wiederholt gegen die untere Lippe.
„Man könnte meinen, der will alles sichern und noch fester in die Kontrolle bekommen.“ Den Gedanken, dass Ariamasa krank sein oder die Macht anderweitig abgeben wollte, verdrängte er. „Schulden und Erpressung eher unwahrscheinlich…“ Das wäre ZU absurd. Zwar betrieb er mit sehr langen Geschäftsstunden und Partnern Glücksspiel, aber da ging es um ein paar Geldbeträge, nie seine Macht oder Gebiete. Es war Spaß, den er nie zu Ernst werden lassen würde. Arimasa war zu kontrolliert, um sich und seine Blutlinie in den Ruin zu stürzen.
„Expandieren…“, ließ er sich auf der Zunge zergehen. Möglich, aber dann hätte Haru sicher eine Information gehabt. „Wenn er das wollte, hätte er sich auf bestimmte Bereiche festgelegt, die wir im Auge behalten sollen…“, überlegte er weiter, während er die Sache imaginär drehte und wendete. Kein Punkt fiel ihm ins Auge, der mehr Aufschluss bieten konnte. Wenn Haru ihn nicht kennen würde und nicht wusste, dass dieser alles 10-mal durchdachte, ehe er einen Schritt unternahm, könnte man echt annehmen, der Alte wäre verschuldet und versuchte zu retten und zu sichern, was ging.
Beim Tee machen, gestattete er sich ein kleines Schmunzeln, als er die Antwort auf seine Frage vernahm. Direkt zu bleiben oder zu bitten, er würde bleiben war… Unmöglich. Aber es wäre nicht Dani, wenn er nicht direkt verstanden hätte, was Haru meinte.
Ein angenehmer Duft breitete sich aus, als er den losen Tee übergoss, dabei ließ er sich Zeit und genoss einfach die Anwesenheit des anderen, denn oft hatte er keine Möglichkeit dazu. Oft stand irgendwas anderes auf der Liste, was erledigt werden musste. Ständig hatten sie die Zeit im Nacken. Die gestohlenen Stunden waren dafür umso wichtiger.
„Dem Auto… ja das habe ich auch schon im Sinn gehabt…“ überlegte er vage. „Der Umstand mit dem Flieger… Würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.“ Unsinn, vollkommener, aber er spielte ihnen in die Hände. Mehr Zeit war das, worum es ging. „Schaffst du denn die Fahrt?“, stichelte er ein wenig, ließ jedoch seine Stimme ein wenig Amüsement bei klingen, um die Schärfe zu nehmen.
Er blickte ihn an, als er neben ihm stand, musterte ihn, ehe er die Distanz überbrückte und ihn besitzergreifend küsste. Die Frage nach dem Kochen stellte sich ihm gar nicht.
Im Gegensatz zu vielen genoss er die Stille. Musste er im Alltag doch schon genug Gerede, Gekicher und Gespräche ertragen, umso wichtiger waren ihm diese Momente. Einerseits tatsächlich wegen der Stille, andererseits, weil sie nur zwischen ihnen herrschte und einzigartig waren.
"Als Bedrohung würde ich die kleinen Banden und Gangs nicht gerade ansehen. Immerhin existieren sie schon ewig neben uns und sind immer unterlegen gewesen" gab er zu bedenken, denn die Idee hatte auch er schon gehabt. Nur war keine der Gruppierungen auch nur annähernd genug, als das sie ihnen schaden könnten. Selbst Zusammenschlüsse gegen sie konnte er ausschliessen, denn sonst hätten seine kleinen Singvögel ihn schon informiert. War er doch nicht so naiv zu glauben, das sie unantastbar waren und hatte strategisch überall seine Augen und Ohren, selbst im Bordell, dem Escort Service und wichtiger noch in Yuus Club. "Hmmmmm...... soweit meine kleinen Vögelchen es berichtet haben hält Arimasa ihn genauso auf Trab, wie uns auch" klärte er seelenruhig auf, obwohl er davon ausging, das Harus eigene Singvögel ihm dies schon längst berichtet hatten. Dennoch schadete eine Bestätigung nie, besonders jetzt nicht, wo sie nicht wussten, was der Oyabun ausheckte.
Nachdenklich drehte und wendete er den Kaffee in seiner Hand, während die Gedanken die reinste Achterbahn fuhren, Ideen aufwarfen, nur um sie sogleich wieder zu verwerfen, oder in andere Richtungen zu lenken. "Meinst du er ist krank ?" brachte er das eigentlich Offensichtliche auf den Tisch, was sie bisher vermieden hatten. Schliesslich war Arimasa auch nur ein Mensch und selbst mit den besten Ärzten der Welt liess sich nicht alles heilen. Was also, wenn er sterbenskrank war und seine Angelegenheiten noch ordnen wollte, eh er abtrat ? Durchaus logisch und gleichzeitig auch beängstigend. bedeutete es doch, das eine neue Ära anbrechen, ein neues Regime herrschen würde.
Wer wusste schon, ob dies wünschenswert war ?
Was, wenn er sich doch umentschieden hatte und nicht Haru als Nachfolger bestimmte ?
Fragen über Fragen, die ihn immer nachdenklicher stimmten, je mehr er darüber nachdachte. Eine Übergabe an den Nachfolger war nie ein leichtes Unterfangen. Waren sie überhaupt bereit dafür ? War ihre Welt sicher genug für einen Übergang ?
Natürlich konnte er sich weiter den Kopf darüber zerbrechen, doch wirklich erfahren würden sie es wohl erst morgen, so das er seine Aufmerksamkeit lieber auf Haru lenkte, der noch immer in der Küche herum werkelte und dafür sorgte, das sich der Teeduft langsam in der ganzen Wohnung ausbreitete. "Nicht nur das Fliegen nervtötend und zeitraubend ist.... vielmehr würde es Fragen aufwerfen" vermutete er. "Je nachdem wer uns mal wieder ausspioniert, wird bemerken, das wir in letzter Zeit oft bei Arimasa waren. Was wenn sie vermuten das er krank oder schwach ist und einen Angriff planen" warf er ein, denn auch wenn es paranoid klang, so wusste er doch, das sie beobachtet wurden und er wollte sicherlich nicht der Auslöser für einen Krieg sein, nur weil irgend ein hirnverbrannter Idiot zu dumm war 1 und 1 zusammen zu rechnen. Risiken, die sich irgendwie vermeiden liessen, ging er lieber aus dem Weg. Nun ja...abgesehen von Haru selbst, der das grösste Risiko für ihn dar stellte. Leicht schmunzelte er bei der kleinen Herausforderung und blickte ihn frech an. "Tja vielleicht kannst du ja etwas unternehmen, um ..." setzte er an, eh er Rest in einem unerwartetem Kuss unterging. Den Arm um ihn schlingend um ihn auf seinen Schoss zu ziehen, zog er ihn eng an sich und überliess ihm nur all zu gerne die Führung. Eine Rarität, die sich nur er leisten durfte, jeder andere würde solch eine Dreistigkeit nicht überleben. "um mich für die unendlich lange Fahrt zu begeistern." setzte er seine freche Forderung fort, als sich ihre Lippen voneinander lösten und er sein Kinn sanft seinen Hals entlang kratzen liess. "Du findest bestimmt eine Lösung, wie du mir die Fahrt versüssen kannst" murmelte er leise, während er ihn leicht in den Hals zwickte, eh er wie selbstverständlich seine Nase an seiner Halskuhle rieb. "Je nachdem was Arimasa ausheckt wären wir dann auch flexibler." warf er noch als weiteren Pluspunkt für die Autofahrt ein.
„Bedrohung… Nicht im eigentlichen Sinne, sie gehören einfach dazu… eher lästig, da es immer einen gibt, der denkt, die große Erleuchtung zu haben.“ Und darauf hin wollte er alles revolutionieren, die Macht ergreifen und riss dann meist alles in den Abgrund oder starb einfach. Vollkommen unspektakulär. Jedoch zu glauben, sie wären nicht der rede wert, tat er auch nicht. Man musste sie im Auge behalten und wenn nötig zurechtstutzen, damit sie sich auf ihre Aufgabe besannen.
Ihm blieb es nur zu nicken, denn seine Überlegungen überschnitten sich mal wieder mit den eigenen oder kamen denen sehr nah. „Sie aber genauer darauf anzusetzen, schürt Misstrauen.“ Zu definieren, wessen Misstrauen er meinte, war nicht nötig. Die Vögelchen aufzuschrecken, konnte fatal enden, auch wenn sie ihm loyal gegenüber waren. Ein falsches Wort konnte weit getragen werden und sich schneller verbreiten, als ein Feuer auf ausgedörrtem Rasen. So blieb es an ihnen, genauer hinzusehen und nach genauer hinzuhören, damit sie keine Überraschung erlebten. Yuu zu fragen, lag nah, doch lieber griff er in ein Nest mit aggressiven Vipern. Dass es mal so weit kommen würde, hätte Haru auch nie angenommen. So weit hatten sie sich voneinander entfernt, dass selbst eine einfache Absprache so unvorstellbar war, obwohl sie zusammen arbeiten sollten. Hoffentlich entpuppt er sich nicht noch als fein im eigenen Lager… aus Liebe wurde bekanntlich Hass und Eifersucht und dann war ein Mensch nicht mehr zu kontrollieren. Insbesondere jene, die eh impulsiv genug waren und zum Wahnsinn neigten.
Haru atmete tief ein und ließ sich derweil den Gedanken auf der Zunge zergehen. „Den Gedanken hatte ich auch schon.“ Gab er langsam zu. „Hab ihn aber wieder verworfen. Irgendwas wäre mir dahingehend zu Ohren gekommen. Ich hab einige Leute auf dem Anwesen, die mir alle Veränderungen mitteilen. Oder Änderungen seines Verhaltens. Wer kommt und geht…“ Was das anging, hätte irgendjemand etwas gesagt, weil er sich eine Belohnung erhoffte. Selbst wenn er niemanden eingeweiht hätte, wäre es aufgefallen, wenn sein Leibarzt einmal mehr vorbeischaute, als gewohnt.
„Es würde auffallen, ja.“ Keine Spione an Flughäfen zu haben, wäre dumm. Ein weiterer Punkt dafür, das Auto zu nutzen, was in seinem Interesse lag. Je nachdem, wann sie fuhren, könnten sie noch eine kleine Pause einlegen und zeit heraus schieden. Niemand würde sie vor dem Mittag erwarten. Wahrscheinlicher wäre es, dass es genau dieser Zeitpunkt war, wann man mit einem Essen und dem Eintreffen rechnen würde. Ebenso wahrscheinlich war es, dass sie erst zum Abend auf Arimasa trafen und sie den Nachmittag noch zum Ankommen hätten. Alles Spekulationen.
„Soweit wird es nicht kommen…“, wenn nicht Krankheit, könnte man das Alter als Grund nennen, auch wenn er so alt noch nicht war. Manche Dinge konnte man nicht beeinflussen, so sehr man es auch wollte. „Lassen wir es morgen auf uns zukommen. Wenn wir einen Leihwagen nehmen, sollte es weniger auffallen.“ Ihre Kennzeichen waren bekannt, was Vorteil, aber in dem Fall auch ein Nachteil sein konnte. Einer im Bordell wird sicher eines besorgen können.
Aber all die Gedanken schob er erstmal bei Seite. Später war noch genug Zeit, spätestens morgen. Nun aber… Biss er ihm in die untere Lippe, sog daran, ehe er ihn ansah. „3 Stunden sind für dich eine Unendlichkeit?“, schnaubte er. „Außerdem komme ich mit, lass dich fahren, das sollte genug Begeisterung in dir auslösen.“, behauptete er, hinderte ihn jedoch an einer Antwort, als er ihn wieder zum Kuss gefangen nahm. Dass es ihn mal so überkam, hätte er auch nicht erwartet, insbesondere, da so ihr kleines Spiel der Weigerung ausfiel. Das Streifen an seinem Hals, machte es aber wieder wett, da sich eine angenehme Gänsehaut ausbreitete. Leicht schloss er die Augen, ja reckte sogar leicht den Hals, was er bei keinem anderen tun würde.
„Wir fahren Auto.“, entschied er rigoros. Die Abgeschiedenheit, die es bieten würde, sprach eindeutig für sich. „Später soll sich ein Angestellter darum kümmern.“, murmelte er, ließ von ihm ab, um den Herd auszuschalten, ehe er zu dem geschwungenem Sofa ging, gegen das er sich lehnte.
Leicht schmunzelte er vor sich hin. Erleuchtungen wollten so viele haben und doch rannten sie alle gegen eine geeinte Front. Hatten sie sich doch nicht solange an der Macht gehalten, um von irgend einem X beliebigen Kerl übernommen zu werden. Unterschätzen würde er sie niemals, doch wirklich Sorgen darum machte er sich nicht. Erstickten doch die meisten Revolten schon im Keim, weil jeder meinte, das er es besser wusste und so zerfleischten sie sich lieber gegenseitig, statt das sie zu einer wirklichen Bedrohung wurden. Dennoch, Vorsicht war immer besser, als überrascht zu werden. Eine Lektion, die ihm schon von klein auf in die Wiege gelegt worden war.
Umso seltsamer erschienen die Aktionen des Oyabun. Scheinbar wahllos wurden ganze Familien, ganze Blutlinien vernichtet, ohne das es auf eine Gang, eine Gruppierung, eine Region beschränkt werden könnte. Fast kam die Vermutung auf, das Arimasa verrückt geworden war und doch kannte er ihr Oberhaupt besser. Steckte hinter all dem Wahnsinn, all der scheinbaren Verrücktheit doch ein wahrer Strategie, ein Meister ohnegleichen, der nie auch nur einen Zug ausser Acht liess und immer zu wissen schien, was seine Gegner planten, schon lange bevor sie es überhaupt selbst ahnten.
"Wenn es ihm auffallen würde, hätten wir keine Kontrolle mehr" gab er zu, ohne auch nur genauer zu definieren, wen er damit meinte. "Dennoch sollten wir seine Impulsivität niemals unterschätzen. Wird sie doch über kurz oder lang sein Ruin sein und nur eine Frage wen er mit sich ziehen wird." Wurde er nun indirekt doch direkter. Nicht das er Haru ermahnen oder gar belehren wollte. Kannte dieser Yuu doch am Besten und doch waren es oftmals die Personen, denen man sich verbunden fühlte, oder verbunden gefühlt hatte, die man ausser Acht liess. Allein schon deswegen waren seine Vögelchen hübsch aktiv und berichteten ihm jede Bewegung. Nicht weil er scharf darauf war...nein definitiv nicht. Vielleicht wollte er sich, wollte er sie vor dem kommenden Chaos schützen und ausser Gefahr bringen, sobald die Abwärtsspirale begann, denn diese würde kommen, irgendwann.
Amüsiert funkelte er ihn an, als er zugab, das er seine Spione auch in Arimasas Anwesen hatte. Natürlich hatte er es vermutet, sogar mit gerechnet und doch wunderte es ihn, das er es so offen zugab. Kam die Spionage des Oyabun doch einem Todesurteil gleich. Gleichzeitig bewies es aber auch, welches tiefe Vertrauen zwischen ihnen herrschte das Haru kein Blatt vor den Mund nahm. "Egal wie wir es drehen und wenden, Arimasa spielt mal wieder eines seiner Spiele und er ist der Einzige, der den wahren Grund und die nächsten Züge kennt." gab er respektvoll zu. Jahrzehnte der Kämpfe hatten ihn geformt und gestählt, so das er darauf vertraute, das der Oyabun sie auch diesmal auf den rechten Weg führen würde. Viel mehr blieb ihm schliesslich eh nicht übrig. Konnte er doch nicht einfach kündigen, oder gar aussteigen. Sein Leben gehörte ihm, daher musste er vertrauen und folgen, ob es ihm nun passte oder nicht.
"Hmmm Leihwagen würden genauso Fragen aufwerfen" gab er zu bedenken und runzelte leicht die Stirn. "Wir können eines der Autos von hier nehmen" schlug er vor. Diese waren zwar nicht aus den von ihnen gewohnten Luxusklassen, doch waren sie perfekt, wenn man ungesehen den Ort ändern wollte. Zudem fuhren ihre Angestellten ständig von A nach B, so das es gar nicht auffallen würde, wenn sie innerhalb der Öffnungszeiten das Gelände verliessen. Blieb nur die frage offen, ob Haru seinen luxusverwöhnten Hintern auch in eine kleine Familienkutsche setzen würde.
Zeit etwas passendes zu finden gab es noch mehr als genug. Lieber lenkte er seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf den Mann, der tatsächlich freiwillig auf seinem Schoss sitzen blieb. "Nun 3 Stunden sind eine Ewigkeit in der man sich benehmen muss" gab er zu bedenken und grinste ihn mehr als nur frech an, während er ihn leicht in den Hintern zwickte. "3 Stunden, die man überaus gewinnbringend mit anderen Dingen verbringen könnte, die um einiges vergnüglicher wären" neckte er ihn noch ein wenig mehr und grummelte, als er aufstand.
Wie magisch angezogen folgte sein Blick ihm, bis er erstaunt die Augenbraue hob, als er sah, wovor er stehen blieb. "Seid wann steht denn das hier ?" fragte er überrascht, war es ihm doch bisher noch gar nicht aufgefallen. "Und wie in 3 Teufels Namen bist du da ran gekommen ?" harkte er weiter nach, während er ihn diabolisch anfunkelte. "Warst du tatsächlich in einem Sexshop ?" bohrte er weiter, denn die Form verriet mehr, als man meinem mochte. Hatten sie in verschiedenen zimmern des Hauses, doch genau die gleichen Möbel aufstellen lassen, nur weniger luxuriös, als jedes Objekt bei ihnen. "Willst du etwa deinen Schreibtisch schonen ?" setzte er noch eins drauf, während er langsam aufstand und zu ihm ging. "Oder warst du einfach nur neugierig ?" flüsterte er leise in sein Ohr, während er sich schamlos gegen ihn dränge und ihn so dichter gegen die Lehne des Sofas schob. "Verdorbener Kerl" rügte er ihn amüsiert, eh er ihn stürmisch küsste und seine Arme um ihn schlang, damit er ihm nicht wieder entkommen konnte.
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