Wind Beyond Shadows

Normale Version: Some call it Chaos – we call it Crew
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Dicke Rauchschaden stiegen hinauf zu dem Abzug, der leise surrend diese schluckte. Es war ein kritisches Auge, dass Jaz auf die Neue hatte, die sich gerade an einem T-Bone-Steak über den offenen Flammen versuchte. Diese züngelten an dem Stück Fleisch hinauf, brachten dessen rohes Äußeres nur zu leicht zum braten, dass bereits jetzt kleine Blasen zerplatzten und das Fett aus dem Fleisch hinabtropfte in die Auffangschale des Grills. Jaz sog den Geruch ein der sie, mehr wie alles andere, an ihr früheres Leben erinnerte. Wie auch das Zischen des rohen Fleisches, wenn man es auf die glühenden Stäbe des Rost auflegte, verband sie mit all dem Erinnerungen. Weniger schöne, wenn man sie danach fragen würde und wenn sie denn antworten würde. Letzteres, selbst darauf angesprochen, würde ihr niemals über die Lippen kommen. Wie sollte sie auch erklären, dass ihr Leben im Prinzip dem Ende des heiligen Laurentius glich. Ein stetiger Balanceakt auf einem Rost, während man über dem offenen Feuer gebraten wurde. Verrat, war dabei das Feuer, dass an ihrer Seele nagte.

„Die Hitze ist zu stark.“, ruckte ihr Kinn leicht hoch und ihre Finger klammerten sich leicht um die Kante des Edelstahltresens auf dem sie sass.

Ungeduldig sah sie in das angestrengte Gesicht der jungen Japanerin, die sich um den Job als Poissoniers und Grillardin beworben hatte. Eine der wenigen freien Plätze in der Küche, die sie neu belegen musste. So hatte Jaz das Glück, dass nur ein Posten in der Küche neu besetzt werden musste, dafür zwei bei den Kellnern. Ihre Angestellten, ihre Crew, hielt zusammen, selbst nun bei dem Umzug nach Japan. Ungewöhnlich, wenn man betrachtete, dass es für einen jeden von ihnen ein Neuanfang bedeutete. So manch einer hätte es dem ungewöhnlichen Haufen aus Sonderlingen, sicherlich nicht zugetraut. Doch die Crew – ihre Familie – hielt zusammen.

Ihr Rat blieb wohl unbeachtet. Kritisch verzog Jaz ein wenig ihren Mund. Sie hasste es, wenn man ihr nicht zuhörte.

„Dreh die Flamme runter, damit dir das gute Stück nicht verbrennt.“, riet sie ihr dennoch freundlich und nervös nickte Mika. Sie war wohl einfach zu angespannt gewesen, um diesen Rat von ihr sofort aufzunehmen und umzusetzen.

„Quälst du wieder den Frischling?“, stellte man ihr ein großes Glas Coke neben ihre rechte Hand. Das Grinsen in der Stimme war kaum zu überhören. Emo, eine junge Amerikanerin und Sous-Chef des Restaurants, lehnte sich nun mit der Hüfte gegen die Kante der Arbeitsfläche und betrachtete ebenfalls studierend das Tun auf dem Grill.

„Ich röste sie auf dem Grill!“, schob Jaz diabolisch grinsend hinterher und ergriff das kühle Glas, um sich einen Schluck zu können. Die süsse Flüssigkeit rann kühl ihre Kehle hinunter.

„Wie sieht es aus?“, ein typisches, dünnen Grinsen zeichnete sich auf den jungenhaften Gesicht Emos ab.

„Weiss nicht.“, zuckte Jaz mit den Schultern und stellte das Glas neben sich ab. Nervös huschten die Augen der jungen Japanerin zu Emo, dann zu Jaz.

„Die Langusten hat sie bereits verkackt.“, schien sich Jaz nicht an die örtlichen Gepflogenheiten der Höflichkeit zu halten und grinste nun breit.

Leise pfiff Emo vor gespielten Entsetzen aus und schüttelte unter einem Tadelnden „Tztztztz.“, den Kopf. „Shit…“, riss sie gespielt ihre Augen auf.

„Der Rest aber sieht gut aus.“, schob sich Jaz lachend von der Arbeitsfläche hinunter und klopfte der kleineren Mika auf die Schulter. „Gut gemacht, Süße! Willkommen in der Crew.“, folgten warme und herzliche Worte, die man der sonst so strengen Chef de Cuisine wohl nicht zugetraut hätte.

„Komm, schalt den Grill runter und lass uns essen bevor die Meute eintrifft. Dann können wir alles weitere besprechen.“, schmunzelnd zog sie sich die verbrannte Languste auf den Teller. Besteck klirrte, als sie dieses für alle danebenlegte. Geschickte löste sie mit einem Knacken die Schale, ehe sie ein Stück probierte und dann anerkennend die Augenbrauen hinaufschob.

„Fuck! Das ist gut!“, schob sie Emo vollkommen fasziniert grinsend den Teller hin, die gerade im Begriff war die Ärmel ihres Hemdes hinaufzuschieben.

Emo fuhr sich mit ihrer Hand durch das kurze, dunkelblonde Haar, mit dem sie eher wie ein Typ wirkte. Überhaupt würde man meinen, man hätte einen hochgewachsenen, jungen Mann vor sich, der sich nun keck über die Arbeitsfläche lehnte und sich ein Stück Fleisch aufspießte

„Entspann dich…sie meint es Ernst.“, wedelte sie knapp mit dem Stück weißen Fleisch auf der Gabel vor Mikas Augen herum und deutete dann auf Jaz. „Von der bekommst du immer nur ehrliche Kritik.“, schob sie sich das Stück in den Mund und kaute, ehe sie anerkennend nickte. „Sehr gut sogar.“

Ein Rumpeln, das Knallen von Kisten auf den Boden, unterbrach sie. „Chef? Schon die Schlange gesehen?“, Hank drückte sich aus dem hinteren Bereich der Küche herein. Der grob wirkende Gardemanger, mit den vielen Tattoos auf seinen Armen und sogar im Gesicht, hatte gerade noch ein paar Salate besorgen können. Jaz grinste.

„Alles bekommen?“ – „Aye, Chef.“, und voller Begeisterung humpelte der Riese von hinten nun auf die Frauen zu. „Haste noch nicht gesehen?“, rollte ein tiefer texanischer Akzent über dessen Lippen.

„Keine Angst, der beißt nicht.“, stupste Emo die Neue an, die unter dessen Erscheinung leicht zusammenfuhr. „Hank…sag Hallo zur Neuen.“, forderte sie ihn mit vollen Mund auf. „Hi.“, kam es dann doch schüchtern von dem Riesen, der sich gerade die Hände an einem Tuch abwischte.

„Willste se nicht reinlassen?“, sprudelte es weiter aus ihm heraus und Jaz ließ die Gabel leicht zwischen ihren Fingern hin und her wippen, ehe sie keck grinsend zu ihm aufsah.

„Nein. Wir haben noch eine halbe Stunde bis wir öffnen. Wir werden nicht früher öffnen, dass ist uns untersagt, Hank.“, klärte sie auf, obwohl sie der Andrang bereits jetzt freute. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass das Restaurant seit wenigen Tagen neu eröffnet hatte. Die Leute waren neugierig. Zum Glück!
„Außerdem erwarte ich noch einen Bewerber.“, legte sie nun die Gabel genüsslich ab und ihre Augen funkelten. „Noch jemanden zum quälen heute.“, schürzte sie amüsiert die Lippen und erhob sich, legte die Gabel zur Seite und klopfte auf den Tisch. „Zeig ihr alles, Emo.“, trat sie schmunzelnd an Mika vorbei. „Wenn du willst, wird das heute dein erster Abend im Hellhound sein. Ich würde mich wirklich sehr freuen.“, versicherte Jaz.

Knapp glitt ihr Blick zu der Türe, wo blieb der Neue bloß?
Kawar war in Eile. Er hatte ein Bewerbungsgespräch, es war zwar nicht das gemütliche kleine Cafe mit dem älteren Ehepaar als Chefs, aber es war gerade einmal nur vier Häuser weiter. Ein neues Restaurant, das heute eröffnen sollte. Und dann hätte noch jemand Zeit, in der Neueröffnung ein Bewerbungsgespräch zu führen? Kawar wunderte sich zwar darüber, aber er war nun mal auf das Geld angewiesen und eigentlich liebte er ja diesen Job. Dort angekommen staunte er nicht schlecht! Ja, sicher immer genau zur Mittagszeit, oder aber zur Abendzeit sammelten sich die Leute vor den kleinen Imbissen oder Restaurants. Wenn Sie Mittagspause oder eben Feierabend hatten. Er blickte auf das Schaufenster und warf kurz einen Blick hinein. Es war geschmackvoll eingerichtet und gab auch wirklich etwas her! Kawar jedoch runzelte die Stirn, sah an sich herab mit dem Weinroten Hemd, seinem goldenen Namensschild und der Schwarzen Hose. Er atmete durch, ob er überhaupt für so ein gehobenes Restaurant gemacht wäre?

Unsicher blickte er über die Menschentraube. Chaos pur! Etwas, das es normal nie in Japan geben würde. Doch es waren halt sehr viel Touristen hier. Normal sagte man ja immer, das die Japaner nichts lieber tun würden, als sich in irgendeiner Schlange anzustellen. Er schmunzelte bei dem Gedanken. Er blickte über den kleinen Außenbereich, schon alleine, das war etwas besonderes in dieser Gegend, in dem Gäste platz nehmen dürften und auf die kleine Ansammlung. Er atmete durch und bemerkte, das niemand die kleinen Pömpel und die daran befestigten roten Seile aufgestellt hatte. Etwas, was hier nun mal ganz üblich war und jeder dann sofort erkennen konnte, wo man sich für den Eintritt anstellen könnte. Wo warten, bis ein freier Tisch zur Verfügung wäre und man hereingerufen werden würde.

Er zog die Dinger etwas auseinander, lächelte die Menschen an und grinste breit, als sich die Einheimischen direkt richtig und gesittet anstellten. So blieb auch den Touristen ja nichts anderes übrig. Dann bemerkte er doch tatsächlich, das einige der Touristen Ihre Zigaretten in den großen Blumentopf ausgedrückt hatten, indem ein schön zurechtgestutzter Buchsbaum in Form eines Löwen stand. Es war so, das in ganz Kyoto Rauchverbot herrschte. Außer in ganz wenigen Raucherbereichen. Er griff nach einem Taschentuch und nahm die Stummel heraus. „Katar! Bist du jetzt hier am Arbeiten?“ Hey Kawar!“ „Oh der junge Mister Miyata, wir dachten schon, das wir Sie nun gar nicht mehr sehen würden.“ Kamen auf einmal einige Stimmen aus der Reihe. Katar blickte sich verdutzt um. Und erkannte die Personen, die ihn angesprochen hatten und lächelte, indem er sich verbeugte. In dem Moment gab es ein Blitzlicht und Kawar sah Sternchen vor seinen Augen. Es war ein Reporter der Tageszeitung, der scheinbar ein Foto der Neueröffnung machen wollte und ebenfalls in der Reihe stand. Kawar blinzelte und richtete sich an die ihm bekannten Gesichter „ Hallo! Ja, ehm ich meine Nein, ich.. „ Ja was eigentlich!? Kurz überlegte er.

„Ich möchte mich bewerben, aber noch arbeite ich nicht hier.“ Kam es freundlich zurück. Es waren das Ehepaar Misagi und etwas weiter hinten in der Reihe Professor Yakamoto aus der Universität. Nette Leute! Die ihm öfters mal Mochis oder Schokolade gaben. Es war eben nicht üblich in Japan, das man Trinkgeld gab. Wenn man mit einer Leistung zufrieden war, dann gab es nette Worte oder ein kleines Geschenk, wenn man das Cafe wieder besuchte. Kawar hatte in der ganzen Zeit nicht bemerkt, das man ihn bereits aus dem großen Schaufenster erkennen konnte und bemerkte als er auf seine Uhr sah, das es nur noch 5 Minuten bis zu seinem Termin waren. Er drehte sich und blickte zu einer groß gewachsenen Frau, die ihn scheinbar aus dem Fenster von innen beobachtet hatte. War es denn so? Katar zog seinen Kopf ein. Hatte er etwas falsch gemacht? Vorsichtig seine Augen hinter seinem langen Pony verborgen ging er noch immer das Taschentuch mit den Zigarettenstummeln in der Hand zur Tür und klopfte vorsichtig an. Den Kopf weit nach unten gesenkt. „Guten Tag, mein Name ist Kawar, ich also, ich hätte ein Vorstellungsgespräch.“ Kam es leise.
„Das wird stramm, Chef.“, erwiderte Hank nur und pfiff durch die Zahnlücke, die ihn auch wiederum ein wenig charmant machte, neben seinem texanischen Akzent. „Kennst mich doch. Ohne Druck im Kessel läuft nichts.“, schoben sich die Mundwinkel der Dunkelhaarigen nun zu einem mehr wie schiefen und süffisanten Grinsen hinauf. Ihre Hände strichen ihr Haar zurück und mit geschickten Händen richtete sie ihre strenge Frisur, die die markanten Gesichtszüge mit den hohen Wangenknochen nun noch hervorhoben.

Leicht weiteten sich ihre Nasenflügel, als sie schnupperte und vor dem riesigen Blonden stehen blieb. „Komm mal runter.“, winkte sie ihn mit ihrem Finger zu sich hinunter und Hank zögerte. „Koooomm.“, schürzte sie bereits ihre Lippen und versuchte doch sich das Grinsen zu verkneifen. Augenrollend kam Hank dem nach. „Chef…ich kann…!“ – „Hank!“, schlug sie ihm vorwurfsvoll und doch im gespielten Ernst gegen den muskulösen Oberarm. „Ich meine du spinnst!“, funkelte nun ihre Augen auf. „Du wolltest aufhören. Hoch und heilig hast du mir das geschworen.“, riss sie ihre Augen weiter auf, ehe sie es nun war, die genervt ihre Augen nach oben verdrehte. „Es ist hier nicht erlaubt und das weißt du! Erst recht nicht in der Nähe des Restaurants oder dem Hinterhof.“, nahm sie ihm sofort den Wind aus den Segeln. „Wo hast du die Kippe hingeworfen.“, schlug sie nun mit einem karierten Küchentuch nach ihm. „In den Blumenkübel.“ – „Nicht dein Ernst!“

Für einen Moment wusste sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, als der Blonde sie nun mehr wie schuldbewusst ansah. „Geh…beweg deinen Arsch raus und mach die Kippe weg!“, lachte sie nun. „Und besorg dir Nikotinpflaster.“, liess sie es bleiben. Sie wusste, wie schwer es ihm fiel aufzuhören. Gerade der Stress der letzten Tage, zehrte dann doch mehr und mehr an den Nerven, dass der Blonde auffallen häufig mit einem Mal verschwand. Doch sie hatte den Blonden nicht aus dem Knast geboxt, ihn in ihrer Küche ausgebildet, um ihn nun wegen so einem kleinen Delikt fliegen zu sehen. „Vite! Dépêche-toi.“ (Schnell! Beeil dich.), griff sie genervt nach dem Glas und nahm einen weiteren großen Schluck, ehe sie wieder auf die schwarze Uhr mit den silbernen Ziffern an der Wand sah. Wo blieb der Frischling bloß.

Musternd strichen ihre Blicke über die vielen anwesenden Köpfe am Eingang, die sich teilweise die Nasen plattdrückten nur um einen Blick in das Innere zu erhaschen. Dabei war sie recht froh, dass es hier in Japan sehr gesittet zuging, anders als in den USA, wo die Wartenden sicherlich schon unruhig gegen die Türe geklopft hätte. Doch genau in jenem Moment, als sie daran dachte, klopfte es tatsächlich und mit einem Seufzen stellte sie das Glas zur Seite, um zur Türe zu gehen. Ein junger Mann stand davor, vielleicht Mitte 20, nervös. Er trug ein weinrotes Hemd, mit einem goldenen Namenschild und einer schwarzen Hose und wirkte mehr wie ein Page aus einem Hotel der 70iger, als wie ein Kellner, den sie suchten. Tief sog Jaz die Luft ein. Der wollte hier bestehen?

„Verzeihen Sie, wir haben noch geschlossen. Doch wir öffnen gleich.“, versicherte sie den Wartenden. Die Schlüssel klirrten, als sie ihm nun die Türe mit einem Lächeln öffnete. „Kawar?“, Jaz nickte und trat zur Seite. „Komm rein. Wir haben schon auf dich gewartet.“, blieb sie freundlich. War der nicht zu jung für den Job? Wobei, nach seinen Unterlagen war er genauso alt wie Emo, doch wirkte er mehr…jugendlich. „Komm ruhig.“, bat sie ihn erneut und begrüßte ihn ruhig. „Ich bin Jaz. Wir haben miteinander geschrieben. Erinnerst du dich?“, führte sie ihn durch das Restaurant in den hinteren Bereich. „Setz dich ruhig. Willst du was trinken?“, ihr Bick fiel dabei auf das Tuch, dass er in seiner Hand hielt. „Kann ich das für dich entsorgen?“, hielt sie ihm ihre Hand offen hin für das zusammengeknüllte Taschentuch.