Wind Beyond Shadows

Normale Version: Too glam to give a damn
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“Ich kümmere mich drum, Chef!“

Hank huschte im letzten Moment an ihr vorbei. In den riesigen Pranken des Blonden balancierte er geschickt die verschiedenen Horsd’oeuvres die man kunstvoll in kleinen Häppchen darauf angerichtet hatte.

„Vergiss mit nicht erneut die Steaks unterm Salamander. Das ist kein geeignetes Gerät um sie auf Dauer warm zu halten. Das muss heute Abend alles laufen wie besprochen.“, rief Jazmine die Küche hinter ihr, in der man sich kaum mehr vor lauter Personal, Tischen und hunderten an Tellern drehen und wenden könnte.

„Schmeißt jeden raus, der euch in den Füßen steht!“, mahnte sie noch während sie sich einen goldenen Ohrring durch das Ohrläppchen stach, an dem ein wunderschöner, grüner Stein funkelte und ihre Augen betonte. Die Küche war zwar aus dem vorherigen Jahrhundert, doch funktional und groß und auffallen modernisiert worden. Jaz mochte gar nicht darüber nachdenken, was Janets Arbeitgeber alles dafür ausgegeben haben mochte. Ein hübsches Sümmchen muss geflossen sein und würde offensichtlich auch weiterhin fließen, wenn man sich all den Prunk in diesem Schloss antat.

Was war das nur für ein surreales Bild. Sie selbst stand in einer kleinen Ecke im Flur zwischen den massiven, großen Türen zu den Kühlräumen und der Küche. Sie lehnte sich halb hinüber zu einem kleinen Handspiegel, den sie provisorisch in eine kleine, leere und hölzerne Tomatenkiste gesteckt hatte und firmelte gerade an ihrem anderen Ohr, um sich wie die anderen Gäste mit überschüssigen Metall zu verzieren. Neben ihr stapelten sich leere Gemüse und Obstkörbe aus einfachen schwarzen und blauen Plastik. Rolltische, bereits vorbeireitet mit leeren Tellern für die verschiedenen Gänge des Abend, standen hier bereit für ihren Einsatz, abgedeckt mit Frischhaltefolie herum.

„Egal was der Arsch von Oberkellner sagt. Was Janet bestellt hat, bekommt Janet. Ich habe es ihr zugesichert!“, rief sie erneut über ihre nackte Schulter, wissend, dass von dem örtlichen Personal das speziell für diesen Abend angestellt worden war, keiner sie verstand.

„Fickt auf dessen Meinung und macht alles wie abgesprochen. Dann läuft das Ding!“, war sie sehr zuversichtlich und zog ihren roten Lippenstift nach. Zum Glück hatte sie ein festes, eingespieltes Team, dass sie auf diesen Auftrag ins Ausland mit begleitete.

Janet, die Managerin dieses Anwesens, konnte damals auch gar nicht mehr anders als zusagen, nachdem sie Jaz von eben dieser Veranstaltung erzählt hatte. Bei dem Spottpreis den Jaz ihr geboten hatte, nur um hier zu sein. Wie hatte es die junge Gastronomin begründet? Es würden auf solchen Benefizveranstaltungen genügend reiche Säcke und Promis da sein, die ihr sicherlich zukünftig weiteren Ertrag bringen und somit ihr bei der weiteren Finanzierung ihrer weiteren Niederlassung in Japan helfen würden. Eine Begründung, die Janets Verwunderung über das Angebot von Jaz sicherlich abgemildert hatte, die der Freundin kurz darauf die Zusage des Auftrages übersendet hatte. So war dies alles doch eine mehr wir glückliche Fügung des Schicksals für die junge Dämonin.

Geld war dabei immer eine gute Erklärung, die die wahren Beweggründe von Jaz verbargen. Ein wenig betrachtete sie sich in dem winzigen Spiegel, kontrollierte ihr Makeup und den Sitz ihrer Frisur. Beweggründe, die eher aus Schadenfreude geboren waren ihrem Großvater einen der Wyrd-Steine direkt vor der Nase wegzuschnappen. Leicht verzogen sich erheitert ihre geschminkten, roten Lippen zu einem Schmunzeln, als sie nun die schwarze, aus Spitze gefertigte Maske anlegte.

Es war ihr klar gewesen, dass ihr Großvater nicht auf Dauer hatte die Füße stillhalten können. Natürlich war er immer noch auf der Suche nach den Steinen. Doch hatte dieser arrogante Arsch tatsächlich geglaubt, dass sie noch einmal für einen Auftrag von ihm zu haben wäre? Sie schnaufte grinsend und strich sich nun über die zierliche Kette aus Gold, an der eine kleine Mahnung hing eben dies nie wieder zu tun. Nie mehr würde sie sich für dessen oder die Machenschaften ihres Vaters einwickeln lassen, egal wie geschickt es die beiden auch anstellen mochten.

Da war es ihr sogar scheissegal wen sie vorschickten, um sie erneut zu überzeugen in ihren Dienst zu treten. Das sie es jedoch jemals über Mik versuchen würden, dass hätte selbst Jaz nicht geglaubt.

„Der kann sich ins Knie ficken!“, brummte sie die gleichen Worte ihrem hübschen Spiegelbild entgegen, wie sie Mik noch vor zwei Wochen entgegengeschleudert hatte. Lediglich mit einem trockenen Lachen hatte der Fae am Telefon darauf reagiert.

„Sieh es als Warnung, Jaz. Die haben dich weiterhin auf dem Schirm.“, hatte er ihr versichert, dass er selbst den Auftrag von ihrem Großvater abgelehnt hatte.

„Die können mich beide Mal!“, hatte sie ihm knurrend geantwortet, ehe sie später aufgelegt hatte.

„Jaz…sie wollen doch nur…“ – „Vergiss es, Mik! Behalt es für dich oder ich reiss dir deine Eier ab und stecke sie dorthin, wo die Sonne niemals scheint!“ Beinahe hatte sie sein Augenrollen über das Telefon hören können.

Vielleicht war es das Gefühl von Rache, dass sich langsam in die Schadenfreue mischte, als sie selbst beschloss ihrem Großvater dazwischenzufunken. Vielleicht erwartete es der König der Fae nicht, dass seine Enkelin sich jemals gegen ihn wenden würde.

„Ich wende mich ja nicht gegen ihn. Ich denke nur das allererste Mal an mich!“, hatte sie Mik amüsiert von ihrem Plan erzählte, ihrem Großvater eben zuvorzukommen. Zumindest verschaffte ihr es eine tiefe Genugtuung, war es doch ein herber Schlag, wenn dieser den vermuteten Stein eben nicht finden würde.

Leicht rückte sie nun ihr Dekolleté in dem türkisgrünen, enganliegenden Cocktailkleid zurecht, an dem man, ab ihrer schmalen Taille, mit tausenden Perlen einzelne Federn des Pfaus aufgestickt hatte. Ihre Augen funkelten vor zufriedenen Übermut, als sie nun die Brosche, eine Nachbildung eines der ausgestellten Stücke, ansteckte. Wenn sich das Gerücht bestätigen würde, dass eben diese Brosche einen Stein der Wyrd enthielt, dann würde sie ihn finde. Leicht biss sie sich auf ihre Innenwangen, um nicht laut aufzulachen. Bereits jetzt konnte sie sich das entsetzte Gesicht ihres Großvaters vorstellen, wenn sein Sucher mit leeren Händen zurückkehren würde. Während sie triumphierend dieses Mistding irgendwo im Meer auf "Nimmer wiedersehen." versenken würde. Weit weg von gierigen Händen, egal ob Mensch, Dämon oder Fae.

„Was sagst du dann?“, fragte sie offenkundig sich selbst und hob leicht ihr Kinn.

Sie schien fertig zu sein und strich mit ihren Händen das aufwendig verarbeitete Kleid glatt, ehe sie sich umdrehte. Ein leiser Pfiff kam aus Richtung der Küche, als sie daran vorbeiging.

„Heiß, Chef! Heiß!“, rief Hank ihr anerkennend zu und griente.

„Verbrenn dir nicht die Flossen und lass nichts anbrennen.“, schmunzelte Jaz zwinkernd und grüßte ihn knapp, als sie leicht mit zwei Fingern gegen ihre seitliche Stirn tippte und davon wegzeigte.

„Dann auf in den Kampf.“, schnalzte sie missbilligend mit der Zunge.

Nun ihr Team allein zu lassen war ursprünglich nicht geplant gewesen. Es war die irre Idee von Janet gewesen, ihr ebenfalls eine Einladung zukommen zu lassen. Eigentlich, wollte sie einen ruhigen Moment nutzen, um sich umzusehen. Nun jedoch, war sie mitten in dem Geschehen.

Eilig huschte sie die langen Gänge zu dem Festsaal entlang. Jeder Stein hier, jeder Torbogen oder gar die aufwendigen Rosettenfenster, erinnerte sie eine bereits lang vergangene Zeit. Noch im vorbeigehen blieben ihre Blicke stetig daran hängen. Es war, als würde sie all dies in jene Zeit zurückversetzen. Damals, als sie selbst noch am Hofe des Sultans gewesen war. Schafften diese Gemäuer doch eben das, was sie sonst tief in sich begrub. Die Erinnerungen an jene Zeit, als sie das Wohlwollen des Sultans gesucht hatte, um ihm einen der Steine zu entwenden. Bitter schürzte sie die Lippen, sie hatte diesen Mann gehasst der mehr grausam wie gütig war. So wie eben zu den Söhnen des Fürsten, der einst wohl hier seinen Hof abgehalten hatte. Abartig, so hatte sie damals sein Handeln, als auch dessen Gier nach Macht, empfunden.

Knapp blieb sie am Eingang zu der Festhalle stehen und sah hinein. Einer tiefer Atemzug folgte, als müsste sie sich erst beruhigen.

Was hatte sich eigentlich im Laufe der Zeit verändert? Die Antwort war einfach. Nichts! So blickte sie, wie damals, in eine prunkvolle Festhalle, gefüllt mit dem who-is-who des Landes und alldem, die sich prominent schimpfen konnten. Immer noch schmückten sich die Reichen mit noch mehr Prunk, während das Volk unter ihnen verhungerte und sogar litt. Nichts hatte sich geändert, in alle den Jahrhunderten nicht! Kühle legte sich in ihre Augen, als sie nun ein freundliches und doch distanziertes Lächeln aufsetzte. Der Ausrichter dieses Festes war nichts anderes, wie alle anderen hier. Dekadent, hochtragend und zu nichts nütze! Das war ihre feste Meinung von ihm. Was tat er denn für sein Land, an dem er diese Ländereien mit dem Schloss hielt? Tat er was gegen die Armut? Gegen die Korruption? Nein! Er nutzte seine Macht um Spielchen mit den Obigen zu spielen und mehr nicht. Widerwärtige Doppelmoral.

Freundlich grüßend drängte sie sich an den Leuten vorbei, verzog bei einem dicken Herren mit Zigarre leicht das Gesicht. Sie hatte kein Problem damit, die noch nicht genutzte Tanzfläche offen zu überqueren. Wozu unauffällig verhalten, wenn man zumindest noch ein wenig diese Annehmlichkeiten nutzen konnte. Geschickte schnappte sie sich eine Flöte Champagner von einem Tablett und nippte daran, ehe sie sich einmal drehte, um einen weiteren Kellner auszuweichen. Flink geriet das Glas an ihre Lippen und sie leerte noch in der Umdrehung es vollends.

„Danke sehr.“, wanderte es trällernd zurück auf das Silbertablett. Fuck! Was das alles hier wohl kostete.

Ihr Blick huschte über die vielen anwesenden Köpfe unter denen sie ein bekanntes Gesicht suchte. Doch die Masken machten dieses Vorhaben beinahe komplett zu einem Ding der Unmöglichkeit.

„Janet…wo bist du?“, murmelte sie leise und trat ein einem der Security-Leute vorbei.

„N`Abend.“, winkte sie dem düster dreinschauenden Mann zu, der wie eine Salzsäule zu einem der Arkaden abgestellt war.