Wind Beyond Shadows

Normale Version: secrets and lies
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.

Noel Kreiss

Staub. Staub. Nichts, als Staub. Er tanzte in fahlen Lichtstreifen, die sich durch schmutzige Fenster stahlen. Zeigte sich in schimmernden Facetten, von denen man nie geglaubt hatte, das diese kleinen Körnchen sie besaßen. Und legte sich lautlos auf alles, was eine halbwegs stabile Oberfläche gab. Fein wie er war, kitzelte er in der Nase und verleitete Noel dazu, den Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger zusammen zu drücken, damit er sich mit keinem verräterischen Niesen bemerkbar machte. Es war kein Geheimnis, das er hier stand und doch wollte er sich nicht bemerkbar machen, denn würde Ryan, der mit dem Rücken zu ihm hockte, ihn bemerken, würde er wahrscheinlich seine Arbeit unterbrechen und sich zu ihm umwenden. Die Gelegenheit, ihn zu beobachten, wäre vergangen.
Dabei bot es sich gerade perfekt an, die letzten Tage Revue passieren zu lassen. Angefangen vom unerwarteten Kuss, der auf eine noch unerwartete Offenbarung gefolgt war. Dann ein vertrautes und doch seltsames Zusammenleben. Die Beginnende Suche nach Informationen. Und all den Emotionen, die in Noel tobten und von denen er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte. Für sich selbst hatte sich nichts geändert, außer, das er sich unter druck fühlte, das er etwas erwidern sollte, was er so nicht konnte, obwohl er es wollte. Es war nicht mal so, das er abgeneigt war. Zu abenteuerlustig war er, als das er es abwies und doch...
Er wollte es auf sich zu kommen lassen, schauen, wie Ryan sich verhielt, um dann entsprechend zu reagieren, um dann in weiter Sicht zu sehen, wohin es sie führte. Seinen Überlegungen weiterhin folgend, während er ihn beobachtete, fragte er sich, in wie weit dieses Vorgehen fair gegen über seinen freund war, wollte er ihm doch keine falschen Hoffnungen machen. Doch was blieb ihm über? Ihm Grenzen aufzeigen, deutlich machen, das er nicht auf Männer stand? Zugegeben bis jetzt war es nie eine Option. Doch würde es so bleiben? Eröffneten sich ihm neue Wege? Ohne es auszutesten, ohne falsche Hoffnungen zu machen, würde er es nicht erfahren. Doch was war, wenn es zu spät war? Was sollte er tun, sollten Ryan mehr wollen, Noel aber bemerken, das er in dieser Richtung nichts zu geben hatte? Immer wieder schob er die Entscheidung vor sich her und hatte das Gefühl ihn zu belügen oder zu betrügen.
Noel stieß sich vom Türrahmen ab und bereute die Bewegung sogleich, denn einer der winzigen Partikel stahl sich in seine Nase, brachte ihn zu Niesen. Nur gut, das er den Teller, mit dem mitgebrachten Sandwich noch von sich strecken konnte, ehe er den Fussel nach draußen beförderte.
„Du produzierst einen Staub... kaum zu glauben...“, murmelte er. „Ich sollte dich später absaugen.“ Er kam zu ihm, ließ sich neben ihn in die Hocke sinken und hielt ihm den Teller hin. „Iss mal was.“

Ryan Ravenscar

Seit jener verhängnisvollen Nacht, oder vielmehr seit seiner mehr als nur unüberlegten Handlung waren mittlerweile einige Stunden und Nächte ins Land gezogen und doch. Noch immer konnte er es nicht fassen das er ihn tatsächlich geküsst hatte und sehr viel schlimmer, das er ihm auch noch den wahren Grund dafür genannt hatte warum er sich so vehement gegen die Ehe sträubte. Auf den ersten Blick hatte sich nicht viel verändert, auch kein Wunder wenn man stundenlang die Nasen in staubige Kartons steckte und sich langweiligen Kram antat der einen absolut nicht interessiert und der scheinbar immer mehr statt weniger wurde. Seine gelegentlichen Seitenblicke, oder gar stummen Momente in denen er ihn beobachtete bekam er mit, doch eine Reaktion seinerseits kam nicht. Hatte er sich doch schon viel zu weit vor getraut als das er jetzt noch weiter gehen und vielleicht am Ende doch noch alles ruinieren wollte. Natürlich machte er sich seine Gedanken darüber und spielte das berühmte was wäre wenn, Zeit genug war ja da, da sich bisher nichts wirklich interessantes hatte finden lassen. Doch meist verliefen die Gedanken wieder im Sande, oder wurden einfach beiseite geschoben eh er nochmal die Kontrolle verlor und wieder etwas tat was vielleicht gar nicht erwünscht war.
So auch heute. War er doch schon lange vor ihm aufgestanden weil er sich mal wieder die halbe Nacht schlaflos umher gewälzt hatte. Warum die Zeit also nicht in etwas produktives verwenden damit sie hier endlich fertig wurden und weg konnten. Die Kisten im Haus waren alle schon fertig, so das er sich heute den Dachboden vornahm. Nicht gerade der idealste Ort da doch alles von einer dicken Staubschicht bedeckt war der alles andere als angenehm war und immer wieder dafür sorgte das er Niesanfälle bekam weil er in der Nase kitzelte. Doch davon abhalten liess er sich nicht. Ganz im Gegenteil. War es doch ein krasser Gegensatz zu dem sonst so penibel sauber gehaltenen haus. Kein Staubkorn war irgendwo zu sehen gewesen und doch schichtete er sich hier teils Fingerdick auf den ganzen Kisten. Das diese hier zudem auch noch penibel zugeklebt waren machte das Ganze nur umso kurioser. Schien es doch fast so als würden sie hier schon seit Ewigkeiten stehen ohne das sich auch nur einer darum gekümmert hatte. Eigentlich der perfekte Ort für Noel der wohl immer noch nach einer grossen Sensation oder einem Skandal Ausschau hielt, welcher aber bisher noch nirgends aufgetaucht war. Vielleicht würde er ja hier fündig werden.
Das er schon eine geraumte Weile nicht mehr allein war, war ihm durchaus bewusst, doch wirklich ablenken davon liess er sich nicht. Wollte er einfach nur endlich fertig werden und dann so schnell wie möglich weg von hier. Hatte er sich doch schon in seiner Kindheit hier nie wirklich wohl gefühlt und selbst die vergangenen Jahre hatten es nicht besser gemacht. Ganz im Gegenteil, kam er sich irgendwie wie beobachtet vor. Fast als würde ständig jemand hinter ihm stehen und ihn beobachten und nein, damit meinte er nicht Noel der sich mit einem Niesanfall dann doch ordentlich bemerkbar machte. Wahrscheinlich hätte er die Kartons nicht so gnadenlos aufreissen sollen, den die Staubschicht die dabei aufgewirbelt wurde war mehr als nur ekelig. "Der Staub war schon vor mir da, ich bring ihn nur ein wenig in Wallung" rechtfertigte er sich, immerhin hatte er diesen ja nicht produziert, geschweige denn das er hier Kisten hoch gestellt hatte. Eh er jedoch auf das Sandwich eingehen konnte kräuselte er nachdenklich die Stirn und deutete auf eine der Kisten in der verschiedenste Alben und Bücher drin waren. Alle hübsch beschriftet. Nichts verwunderliches, würde nicht auf allen von ihnen ein Zeichen prangen, welches ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.
[Bild: latest?cb=20161004140132&path-prefix=de]
"Ich würde sagen jetzt kriegst du den Skandal nach dem du die ganze Zeit lang gesucht hast" murmelte er, hin und her gerissen was er von all dem halten sollte. Hatte er doch schon länger etwas geahnt gehabt und nun schwarz auf weiss den Beweis dafür gefunden. Warum sonst sollten seine Eltern derlei Dinge aufheben und dann auch noch mit dem Symbol das der Kreis rings um Valentin damals benutzt hatte.

Noel Kreiss

Es gab nichts zu verderben, denn gleich, was passierte, oder nicht passierte, er wäre immer für Ryan da, stand ihm zur Seite oder vor, oder hinter ihm, je nach dem, was die Situation erforderte. Doch er wäre da. Ob zu schützen, zu stärken oder beizustehen spielte dabei keine Rolle. Hin und wieder hatte er es ihm gesagt, doch scheinbar wurde nicht darauf vertraut. Übel nahm er es ihm nicht, denn es gab genug Enttäuschungen im Leben, das man oft schon davon ausging, das es wieder so kam.
Noel war loyal, schon immer und das würde sich auch nicht ändern, gleich welche Schwierigkeiten sich boten. Er kannte viele, sehr viele, auf der ganzen Welt, doch nur sehr wenige, waren ihm wichtig, das er für jene die Welt aus den Angeln heben würde. Diese waren es auch, die ihn immer zurück kommen lassen würden, gleich, wo er sich befand. Und Ryan, nun dieser nahm den größten Stellenplatz ein, ohne, das er es vielleicht wusste. Doch ob man es Liebe, nennen konnte, die zwei Menschen dazu brachte, sich im Regen zu küssen, blieb ab zu warten. Nun aber dachte er an den Kerl, der wie ein Maulwurf herum wühlte und sehr wahrscheinlich das essen vergessen hatte.
Irgendwann am frühen Morgen war er aufgestanden, Noel hatte es am Rande bemerkt, war aber wieder eingeschlafen.
„Du bringst einiges in Wallung.“, behauptete er, was er damit meinte, behielt er jedoch für sich. Das, was sie vielleicht finden könnten, würde nicht nur Wallung bringen, sondern einen wahren Orkan verursachen, vorausgesetzt, es gab etwas zu finden. Doch so wichtig es auch war, so drängender es wurde, war es auch wichtig, mal eine Pause einzulegen, daher das Sandwich, denn der Gedanke an Frühstück war Ryan sicher nicht gekommen. Manchmal, auch besonders jetzt, hatte Noel ein Eindruck, sein Freund wirkte irgendwie gehetzt, doch was dafür der Grund war, konnte er nicht sagen. Einerseits schien der Grund offensichtlich, andererseits konnte so viel dafür verantwortlich sein. Nun darin zu rühren würde es aber auch nicht besser machen. Eine ruhige Minute wäre da besser geeignet und diese waren rar gesät.
Noel war inzwischen soweit heran gekommen, um mit ihm zu sprechen. Vorher wollte er sich eine der Kisten heran ziehen, auf die er sich setzen wollte, doch fiel sein Blick auf einen geöffneten Karton, wo er ein seltsames Zeichen entdeckte. An irgendwas erinnerte es ihn...
„Was ist das?“, fragte er schlicht, stellte den Teller auf einen Karton, beugte sich zu Ryan und zog eines der Alben heraus, auf denen das Zeichen prangte. Als er es öffnete, offenbarten sich Bilder, Abschriften, Auflistungen, aber was seine Aufmerksamkeit auf sich zog, war ein Gruppenbild. Die Farbe war längst verblasst, doch das störte nicht. Was eher störte, waren die Personen, die er zum teil kannte, aber nicht einsortieren konnte.

Ryan Ravenscar

Versprechen oder Aussagen waren schnell gemacht und oft nur all zu schnell wieder bereut wenn man die Wahrheit erfuhr. Nicht das er ihn so ein schätzte oder gar damit rechnete das er in einer Nacht und Nebelaktion spurlos verschwinden würde. So nun auch wieder nicht. Dennoch war er mehr als nur vorsichtig. Hatte er sich doch mehr als nur weit hinaus aufs brüchige Eis hinaus gewagt und war bei jedem weiteren Schritt mehr als nur vorsichtig um nicht plötzlich in die Tiefe gezogen zu werden. War Noel doch so viel mehr als "nur" jemand in den er sich verliebt hatte. Nein, war er doch der Fels in der Brandung der immer da war wenn er ihn brauchte und das wollte er auf nichts in der Welt verlieren.
"Als Wallung würde ich den Dreck nicht gerade bezeichnen" meinte er schief grinsend, jedoch doch kurz inne haltend und einem Lichtstrahl folgend in dessen Licht man den Staub umher tanzen sah. Fast schon hübsch, wenn es nicht so muffig und zudem auch noch Dreck wäre. Hätte er gewusst was die Kiste preis geben würde, hätte er wahrscheinlich nochmal das ganze Haus auf den Kopf gestellt, nur um sich vor dem zu drücken was nun unausweichlich vor ihnen lag. Sich auf einen anderen Karton setzend stürzte er sich regelrecht auf das Sandwich. War er doch mittlerweile schon einige Stunden wach und wie üblich hatte er natürlich keine Zeit aufs Essen verschwendet. Teils auch ein klein wenig absichtlich, weil er es mochte wenn Noell ihn zur pause anhielt und mit irgend einer Kleinigkeit überraschte. Somit war ein klein wenig Berechnung definitiv da, wenn auch keine bösartige, die dem anderen schaden würde.
"Du fragst jetzt aber nicht im ernst" harkte er mit hoch gezogener Augenbraue nach. Gut sehr häufig sah man dies heutzutage nicht mehr, doch jeder der es sah assoziierte es sofort mit Tod und Leid. "Das ist das Zeichen vom Kreis" das es sich um den Kreis um Valentin drehte musste er wohl nicht extra erwähnen. Dennoch war er leicht überrascht sowas hier zu finden. Nicht das er es nicht irgendwie schon geahnt hatte, dennoch war es doch mehr als nur gefährlich solche kleinen Andenken hier herum liegen zu lassen wo eigentlich jeder sie finden konnte. Kauend und dennoch neugierig lehnte er sich leicht gegen ihn um über seine Schulter zu blicken. Mit den komischen Listen konnte er vorerst nichts anfangen, sehr wohl aber mit den Bildern. Einige waren durchaus bekannt und doch, auch wenn er es geahnt hatte, so stockte ihm doch der Atem als er 2 wohl bekannte Gesichter erblickte. Plötzlich fühlte sich das Sandwich wie ein riesiger Stein in seinem Magen an der alles zu erdrücken drohte. Hatte er hier doch den Beweis seiner Ahnung, wenn auch verblasst, aber dennoch waren seine Eltern mehr als nur deutlich zu erkennen. Doch als wenn das nicht schon schlimm genug war, so erkannte er noch weitere Gesichter die ihn nun vollends aus der Bahn warfen. Hatte er sie doch vor vielen Jahren einmal gesehen. Hübsch gerahmt auf einem Kaminsims. "Sind das die wo ich denke das sie es sind?" harkte er nach und deutete auf das Paar dicht neben seinen Eltern das dem Paar auf dem Kaminsims in Cassius Haus so ähnlich sah. Wollte er doch nicht eine Behauptung aufstellen nur um am Ende vollkommen falsch zu liegen.

Noel Kreiss

„Kann man nicht mal das Fenster aufmachen? Die Wahrscheinlichkeit, das mehr Dreck rein kommt, als raus, ist eher unwahrscheinlich...“, überlegte er und doch unternahm er nichts in diese Richtung, denn sollte man seiner Idee folgen, würde zu viel Staub aufgewirbelt werden. Im schlimmsten Fall, würde man nicht mal mehr etwas sehen können. Ein einfacher Windstoß würde ausreichen, um sie in einer Lawine aus Staub zu begraben. Schade um das Sandwich, dachte er irrsinniger weise. Immerhin machte Ryan sich gleich über das seinige her, ehe ein Unglück passieren konnte und es eingestaubt wurde.
„Ich hab unten was gekocht.“, meinte er nebenbei, sich das Zeichen ansehend. Warmgestellt würde es noch einige zeit auf sie warten können, denn er hatte nicht einschätzen wollen, ob Ryan sich gleich loseisen konnte, wenn er mitten in der Arbeit war. Dann lieber ein Sandwich, was auf die Schnelle gegessen werden konnte und später, wenn es die zeit erlaubte, etwas Warmes, sättigendes. Etwas, das sie gemeinsam essen konnten.
„Doch es war mein ernst.“, sagte er trocken, zu viel hatte er gesehen, als das er es gleich erkannte. Zu viele Zeichen, Glyphen denen eine weitreichende Bedeutung zu gemünzt wurde. „Aber da ist noch was anderes...“ Er konnte es nicht benennen. Eine Erinnerung, die er nicht greifen konnte, denn jedes mal, wenn er die Hand danach ausstreckte, entglitt sie ihm wieder. Gerüche strömten auf ihn ein, die er mit dem Zeichen assoziierte. Damals, als er es sah, musste er noch sehr jung gewesen sein. „Eine Wand... das zeihen.... Feuer...“, murmelte er, hob den Blick und starrte gegen eine Wand, an der ein verblasstes Familienportrait hing. Er sah es nicht, war er doch in seinen Erinnerungen versunken. „Überall feuer uns Rauch...“ Während sein Herz wie wild pulsierte, schüttelte er leicht den Kopf. Die Erinnerung war abgebrochen, verschwunden, im Rauch des Feuers, welches er zu reichen glaubte, verblasst.
Erst die Berührung und das Gewicht Ryans ließen ihn zusammen zucken, holten ihn ins hier und jetzt zurück, obwohl der Blick der eisgrauen Augen noch ein wenig verschleiert war. Ein Lächeln zeigte sich auf den vollen Lippen. Eines, das gleich wieder verblasste und sich und schweren seufzen gänzlich verflüchtigte.
„Ja, meine Eltern.“ Explizit auf diese zu deuten, war nicht nötig, war es doch das gleiche Bild, welches bei Cassius stand, nur das es mit dem Kreis in Verbindung stand. „scheiße.“, murmelte er, richtete sich auf, wobei er Ryan fast abschüttelte, ehe er ihn anstarrte. „Er wird doch nicht auch....“ Ihm wurde kalt. Aber wenn er ebenfalls teil der Gemeinschaft war, warum sollte er Noel dann verstecken und anhalten, seine Reisen zu verwirklichen und ihn dazu bringen, unauffindbar zu sein?

Ryan Ravenscar

"Danach werden wir hier oben wohl gar nichts mehr sehen" konterte er, denn frische Luft wäre tatsächlich eine Wohltat. Doch die Gefahr das ein einziger Windstoss den Staub von wer weiss wie vielen Jahren auf wirbelte war viel zu hoch. War es doch so schon schwer genug überhaupt etwas zu sehen, doch sobald der Staub noch mehr herum wirbelte würde es geradezu unmöglich sein hier etwas zu sehen oder gar zu atmen. "Was würd ich bloss ohne dich tun" neckte er ihn, auch wenn er ihn an strahlte. Kannte er ihn doch gut genug um zu wissen, das er so nebensächliche Dinge wie Essen einfach vollkommen strich wenn er sich in irgend eine Sache verbissen hatte. Zählte dann doch einzig und alleine das Ziel und alles andere, was nicht gerade lebensnotwendig war, wurde gnadenlos beiseite geschoben, oder gar aus geblendet. Wie gut das er für derlei Dinge Noel hatte, der ihn wenigstens doch noch von Zeit zu Zeit in den Hintern trat und dafür sorgte das er wenigstens etwas ass. Zudem verstand er sich echt darauf selbst aus den einfachsten Gerichten immer etwas Besonderes zu machen. Keine Ahnung wie er das schaffte, aber selbst etwas Banales wie ein Omelette oder andere eigentlich einfache Gerichte wurden bei ihm immer zu einem Highlight, auf das er sich schon jetzt freute.
Das man sich nicht an jedes Zeichen erinnern konnte war logisch und wenn man dann noch dazu rechnete das er ständig auf Reisen war und immer etwas neues entdeckte, war es nur all zu logisch das er das Zeichen nicht auf Anhieb erkannte. Trotzdem prangte vor ihnen ein Zeichen auf, das wohl niemand vergessen durfte. War es doch das Zeichen eines jahrzehntelangen blutigen Kampfes der unzählige Leben gefordert und nicht nur ihre Welt in ein vollkommenes Chaos gestürzt hatte. Das durch dieses jedoch Erinnerungen hoch kamen, damit hatte er nun definitiv nicht gerechnet. Ganz im Gegenteil, war es doch viel mehr erschreckend, so das die Berührung seines Rückens vollkommen intuitiv geschah. Nicht um ihn zu erschrecken, sondern viel mehr damit er wusste das er nicht alleine war und er ihm bei stehen würde. Doch scheinbar war er viel zu stürmisch in seinem Bemühen gewesen, denn kaum berührte er ihn, waren wohl auch die Erinnerungen verschwunden. Dennoch hatten die kurzen Fetzen die er vor sich hin gemurmelt hatte schon gereicht, damit er in etwa wusste wovon er da sprach. Details hatte es nie gegeben und dennoch wusste er, das er wohl von der Nacht gesprochen hatte in der seine Eltern ums Leben kamen und dessen Grauen er nur durch puren Zufall entgangen war.
Doch selbst das war noch immer nicht die Spitze des Eisberges, denn auch wenn er schon fast damit gerechnet hatte das seine Eltern dort vielleicht sein würden auf den Bildern, so hatte er doch niemals mit Noels gerechnet hatte. Deswegen war er auch nicht sauer als er so abrupt reagierte und ihn fast schon abschüttelte. "Cassius" murmelte er leise, den Namen aussprechend den Noel nicht sagen wollte, oder gar konnte. Statt ihn jedoch zu beschwichtigen oder irgendwelche Theorien auf zu stellen, drückte er ihm lieber die Reste des Sandwiches in die Hand und schnappte sich dafür das Album. Hoch konzentriert blätterte er die einzelnen Seiten durch, den Blick hin und her schweifen lassend auf der Suche nach weiteren Hinweisen. Doch neben zahlreichen komischen Listen und Texten gab es nur noch vereinzelte Bilder, meist von Einzelpersonen. Kein Hinweis auf Cassius, bis er auf die letzte Seite blätterte und scharf die Luft einsog. Nicht weil er Cassius entdeckt hatte. Nein, viel mehr zeigte es einen jungen Valentin, scheinbar vollkommen entspannt auf einen Stuhl sitzend, in einem blühendem Garten. Hier und dort sassen noch andere, mittlerweile schon vertraute Personen die schon vorher auf den Bildern zu sehen waren. Was sehr viel erschreckender war, war das Haus im Hintergrund, aus dem gerade zwei Frauen heraus kamen. Beide hoch schwanger und scheinbar in einem lustigen Gespräch, da sie zu lachen schienen. Frauen die sie beide nur all zu gut kannten, da es ihre Mütter waren. Doch auch dies war es nicht, was ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.
"Das Haus" murmelte er leise, eigentlich viel mehr zu sich, statt direkt mit ihm redend "das Haus kenne ich" wiederholte er, ihm diesmal direkt in die Augen blickend, während er sich unbewusst mit den Fingern über den Brustkorb bis hinunter zu seiner Hüfte fuhr. Direkt den langen Narben entlang, die ihn schon fast sein ganzes Leben lang begleiteten und deren Herkunft bis heute ein riesiges Rätsel war, auf das er keine Antwort wusste.

Noel Kreiss

Noel nickte, denn allein der Umstand war es, der ihn die Fenster nicht aufreißen ließ. Wahrscheinlich wäre es auch besser, wenn man hier offenes Feuer vermied. Ob es ähnlich war, eine Explosion zu verursachen, wie beim Mehl, wäre fraglich, doch die Vermutung lag nah. Er zog sich das Halstuch über Mund und Nase, welches er vorsorglich umgelegt hatte. Leichter zu atmen ging es damit nicht, doch konnte er sich somit einreden, weniger Staub zu inhalieren.
„Gnadenlos verhungern.“, antwortete er trocken, da es genau darauf hinaus lief. Ryan konnte also von Glück reden, das Kochen ein Hobby von Noel war und er auf seinen reisen so viel Erfahrungen, Eindrücke und Ideen hatte sammeln können, um selbst aus den kleinsten Sachen etwas zu bauen oder zu zaubern, was den Anderen kurzzeitig ablenkte, aufmunterte und auch noch satt machte. Zudem machte er es auch noch gerne.
„Erstaunlich.... man hat es sooft gesehen, es war da und man lebt damit. Und doch erinnere ich mich nicht bewusst daran.“, murmelte er, hob den Blick und überlegte, wo er es noch gesehen hatte. Es war ein teil seiner Vergangenheit und doch hatte er es vergessen. Ob es nun an der Verdrängung lag, oder daran, das es zu alltäglich war, das es dadurch den schrecken verloren hatte, sei mal dahin gestellt. Wenn er ein paar Minuten für sich hatte, zur Ruhe kam, würden sicherlich noch mehr Erinnerungen aufkommen, an die er sich nicht bewusst erinnerte.
„Das sie sich kannten, war mir bewusst, es aber so zu sehen wie.... vertraut sie sind, ist seltsam.“ Er nahm das Sandwich entgegen, sparte sich einen Kommentar, denn unwichtiger konnte es nicht sein, als jetzt. So war es nicht verwunderlich, das Noel es auf einen Karton abstellte, der schräg hinter ihm stand, ehe er zwei Schritte machte und sich hinter Ryan stellte. Über seine schulter spähend, betrachtete er das Bild, wobei ihm ein kleiner, kalter Stich zwischen die Rippen fuhr. Seine Mutter zu sehen, hinterließ ein seltsames Gefühl, welches er nicht sortieren konnte.
„Ich kenne es nicht.“, gab er zu, noch immer auf die Frauen blickend. Die neben seiner Mutter kannte er vom flüchtigen sehen, jedoch nicht mehr. Sein Blick musterte sie eingehend, ehe er sich den Ausschnitt ansah, der das Anwesen zeigte.

Ryan Ravenscar

Amüsiert aufschnaubend bei seiner doch recht gnadenlosen Schlussfolgerung schüttelte er nun amüsiert den Kopf. So hoffnungslos unfähig war er nun wirklich nicht. Ganz im Gegenteil, konnte er eigentlich relativ gut kochen, doch wenn er sich einmal in irgend ein Thema verbissen hatten, waren Nebensächlichkeiten wie Essen vollkommen belanglos und seine Gedanken drehten sich einzig und allein um das Thema welches ihn gerade gefangen hielt. Da war es gar nicht so übel das sich Noel nur all zu gerne hinter den Herd stellte und dafür sorgte das er nicht irgendwann doch noch wegen Hunger um kippte, das es ihm zudem auch noch mehr Zeit gab sich ins Thema zu vergraben war nur ein weiterer Pluspunkt, den er nur all zu gerne und mehr als nur dankbar annahm. "Dann ist es ja ganz gut das ich dich habe" meinte er mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen, welches noch so viel mehr verriet als es seine Worte gerade.
Doch selbst das beste Sandwich der Welt verblasste bei dem was sie dort entdeckt hatten. Wie konnte man auch noch an Essen denken, wenn man schwarz auf weiss vor Augen geführt bekam das die eigenen Eltern selbst fanatische Aktivisten gewesen waren, die erbarmungslos alles nieder metzelten was zur Schattenwelt gehörte. Das er dies schon geahnt hatte war vollkommen egal, denn eine Ahnung konnte immer noch widerlegt werden, oder dummerweise in ihrem Fall bestätigt. "Das ist das Haus von dem ich dir erzählt habe" nahm er noch einigen Sekunden den Faden wieder auf, einfach dreist seine Hand schnappend und unter sein Shirt führend. Nicht weil er jetzt mit ihm rum machen wollte, oder dergleichen, sondern weil er sie zielgenau über die Narben führte um zu verdeutlichen warum er dieses Haus so genau kannte. Eh es jedoch noch peinlich oder komisch wurde, oder er sich viel zu bewusst wurde wie seine Finger über seine Haut strichen, liess er seine Hand auch schon wieder los. Sich leicht verlegen räuspernd. "Der verdammte Staub, am besten bringen wir die Kisten runter" versuchte er seine Verlegenheit irgendwie zu kaschieren, auch wenn das seinem Blick nach wohl vollkommen in die Hose ging. Doch statt das Ganze noch weiter zu vertiefen drückte er ihm einfach nach und nach alle Alben aus dem Karton in die Hand und durchwühlte flink noch weitere in denen immer wieder das gleiche Symbol prangte und belud ihn weiter, eh auch er voll beladen die Treppe nach unten ansteuerte. "Wir müssen das Haus finden" stellte er klar, denn bisher hatte er immer an einen schrägen Alptraum gedacht, einen Alptraum der nun bittere Realität wurde und böses ahnen liess.

Noel Kreiss

„Sei froh, das es ein Hobby ist.“, seufzte er sich ergebend, denn es lag auf der Hand, das sie sich mit der Zeit, in der sie nun schon zusammen lebten, gelernt hatten, sich zu ergänzen. Sich jedoch den Stempel der Küchenfee aufdrücken zu lassen, dagegen wehrte er sich. Kochen hin oder her, den ganzen Tag in der Küche zu stehen, lag ihm dann doch fern, es sei denn, er wollte etwas ausprobieren. Generell stand er nicht so auf Rollenverteilungen.
Aber das geriet in den Hintergrund, denn das, was er über die Schulter Ryans erspähen konnte, schickte einen kalten Schauer über den Rücken. Zeichen, die er kannte, die er aber soweit verdrängt hatte, das er glaubte den Bezug dazu verloren zu haben, kamen zum Vorschein. Noel musste sie als Kind gesehen haben, anders konnte er es sich erklären. Klar, jeder kannte sie. Manche trugen es im Verborgenen, andere gingen nicht so heimlich damit um.
In Gedanken vertieft, in Erinnerungen forschend und gleichzeitig auf das Zeichen starrend, um Ähnlichkeiten abgleichen zu können, zuckte er zusammen, als man seine Hand schnappte. Das Thema war zwar erschreckend, aber doch nicht so, das man Händchen halten musste. Ein Gedanke, der Gleich wieder im Keim erstickt wurde, als seine Finger auf nackte haut trafen und vom nächsten Abgelöst wurde. Der Impuls die Hand zurück zu ziehen, war stark, denn der Moment, nun rum zu machen, war wirklich nicht der passendste. Ja ihm lagen sogar scharfe Worte auf der Zunge, doch hätte er vor Peinlichkeit aufstöhnen können, als ihm dämmerte, was hier wirklich passierte.
Seine Finger trafen auf glatte, aber auch wulstige Striemen, die er schon mal gesehen, aber nicht so offensiv berührt hatte. Blut schoss ihm in den Kopf, was zum einen auf das Berühren zurück zu führen war, und zum anderen, weil er falsche Annahmen gehabt hatte. Ihm war es wirklich unangenehm und verlor den Faden, worum es eigentlich ging. Noel musste sich sammeln, zog aber die Hand nicht zurück, auch als ihm der Hals gefährlich trocken wurde.
Pech, das er nicht bemerkte, das Ryan die Hand längst los gelassen hatte und er selbst es war, der die Hand an den Narben hielt. Um keinen verdacht zu erregen, zog er die Hand hervor und nickte, ohne selbst zu wissen, wobei er zustimmte. Er hörte zwar die Worte, doch konnte er ihnen keinen Sinn zu ordnen.
„Ja.... ja....“, murmelte er und erwachte erst dann aus seinem surrealen Traum, als er das Gewicht der Kisten auf den armen spürte. Es schien wie eine klärende Wirkung, denn der Dachboden offenbarte plötzlich Dinge, die er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Noel war es so peinlich, das ihm der Ortswechsel sehr recht kam. Ohne weiter über das geschehene Nachzudenken, stieg er die Stufen nach unten, wo er die Kisten dann im Wohnzimmer abstellen konnte.
Statt wieder nach oben zu klettern und weitere Kisten zu holen, war er froh über die frische Luft und atmete durch, als hätte er die letzten zehn Jahre dort oben verbracht. Was war DAS?!

Ryan Ravenscar

"Ach nun stell dich nicht so an, ich werde dir zu Weihnachten schon keine Kochschürze schenken." zog er ihn gnadenlos auf, denn als selbstverständlich würde er es nie hin nehmen. Nichts was er für ihn tat, oder wie oft er ihn vor irgendwelchen irren Müttern rettete nahm er als selbstverständlich. Ganz im Gegenteil, denn klar war er froh das er ihm immer zur Seite stand, doch wenigstens was das Kochen anging, so konnte er sich auch durchaus selbst helfen. Sofern er es nicht wieder einmal vergass oder andere Dinge einfach sehr viel wichtiger waren und seine Aufmerksamkeit mehr forderten. Umso erleichterter war er dann selbst über solch eine Kleinigkeit wie ein Sandwich, auch wenn dieses nun mehr als nur ins Vergessen geriet nachdem was ihnen hier offenbart wurde.
Das er jedoch auf vollkommen falsche Gedanken kam, als er sich seine Hand schnappte, daran dachte er gar nicht. Waren Narben bei ihrer Art von Arbeit nun doch keine Seltenheit, so das er schon genauer ausführen musste welche Narben genau er denn nun meinte. Da war es sehr viel einfacher es ihm einfach direkt zu zeigen welche genau er denn nun gerade meinte. Den leichten Schauder der ihn durchlief, sobald seine Fingerspitzen auf seine Haut trafen ignorierte er einfach. War es doch nun wahrlich die falsche Zeit für derlei Gedanken und in Anbetracht des ganzen Staubes hier auch definitiv der falsche Ort für irgendwelche amourösen Anwandlungen. Nicht das er da sehr romantisch oder dergleichen war, auch wenn er es sein konnte, nur war es weder die richtige Zeit, noch der richtige Ort hierfür. Wenigstens schien Noel dies aber nicht zu bemerken, so das er versuchte so schnell wie möglich die irgendwie doch leicht komische Stimmung wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Da gab es tatsächlich nichts besseres als ihn voll mit Büchern zu packen. Teils um so viel wie möglich mit runter zu nehmen und teils weil er ihn so nicht direkt ankucken musste und sich im Endeffekt vielleicht doch noch verriet.
Trotzdem missbrauchte er nicht nur ihn allein als Packesel, sondern schnappte auch sch selbst so viele Alben und Bücher wie er aufs Mal tragen konnte. So konnten sie zusammen arbeiten und sich so vielleicht möglichst schnell einen Überblick verschaffen um heraus zu finden was da nun wirklich los war. Immerhin hätten ihre Eltern doch damals nach dem ersten Aufstand Valentins alle mit vors Gericht gemusst, doch nichts dergleichen war geschehen. Ganz im Gegenteil, ohne diese Alben würde ausser den Eingeweihten wohl niemand vermuten das ihre Eltern einmal Teil dieses Wahnsinns gewesen waren. Seine Ausbeute neben den Esszimmertisch abladend, da der nicht nur der Grösste, sondern auch dem verführerischen Duft von Essen am nächsten war, hielt er nach Noel Ausschau, nur um ein verdächtiges Rascheln im Wohnzimmer zu hören. "Hab ich mich verhört, oder meintest du nicht du hättest gekocht ?" meinte er mit einem leichten Funkeln in den Augen und einem unüberhörbaren Knurren seines Magens. "Erst was essen und dann schauen wir mal ob wir da irgendwie schlau aus dem Ganzen werden" schlug er vor und strebte seinem Magen folgend die Küche an um sich wenigstens ein wenig nützlich zu machen und den Tisch zu decken, wenn Noel schon so nett gewesen war zu kochen. "Also, was hältst du von der ganzen Sache ?" harkte er dann aber doch nach, als er spürte wie er hinter ihm die Küche betrat.