Wind Beyond Shadows

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Akiharu Sasaki

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold…
So hieß es doch und mitunter war dies wohl auch die richtige Einstellung. Doch war zu schweigen immer die richtige Entscheidung? War es manchmal nicht besser, doch zu reden - ganz besonders wenn sich die Stille um einen herum falsch und erdrückend anfühlte?
Man sollte meinen, Akiharu war es gewohnt, während einer Autofahrt keinen Ton von sich zu geben. Während seiner Fahrten zur Schule und einige Stunden später auf dem Rückweg sprach er ebenfalls kein Wort, wobei dies wohl auch an seinem Fahrer lag, der nicht gerade der richtige Gesprächspartner war. Und wenn er wie heute mit Xaldin zu einem der Termine fuhr, hielt er sich von sich aus lieber an dieses Sprichwort, außer der Geschäftsmann sprach ihn an. Zu schweigen wäre in so einer Situation die absolut falsche Reaktion.
Nicht zu reden, war somit etwas, das er in den letzten Jahren perfektioniert hatte - auch in der Schule selbst und im Anwesen, das sein Zuhause darstellte. Doch die jetzige Situation war anders. Es waren weder Nazar noch Xaldin, mit denen er auf engstem Raum zusammensaß, während die Außenwelt an ihnen vorbeizog. Hier handelte es sich um Milou - seine beste Freundin und die derzeit einzige Person, der er sich im Grunde voll und ganz anvertrauen könnte, auch wenn ihm dafür schlicht der Mut fehlte. Die Stille in dem kleinen Fahrzeug war kaum auszuhalten, doch Akiharu wusste nach dem eben in der kleinen Seitenstraße erlebten nicht, was er sagen sollte. Sowohl die Aussicht darauf, diese Nacht nicht zu überleben, als auch mit anzusehen, wie zwei Menschen vor seinen Augen starben, steckte ihm in den Knochen. Zudem wollte er sich nicht einmal ausmalen, was ihm blühte, wenn Xaldin von all dem erfuhr und ihn wieder zwischen die Finger bekam. Und das würde er, da war er sich sicher, denn ihm war bewusst, dass seine momentane Freiheit nur vorübergehend war. Alles andere würde seine beste Freundin zu sehr in Gefahr bringen.
Als er seinen Blick vom Seitenfenster löste und nach vorn sah, bemerkte er aus dem Augenwinkel heraus, dass auch Milou mit allem, was passiert war, zu kämpfen hatte und ihren eigenen Gedanken nachhing. Da brauchte es nicht einmal die Erinnerung an ihre Tränen, die er trotz des spärlichen Lichts in der Straße gesehen hatte. Das Bild schob sich vor sein inneres Auge und weckte in ihm das Bedürfnis, nach ihrer Hand zu greifen, die auf dem Schaltknüppel lag, und diese zu drücken, um ihr auf diese Weise zu zeigen, dass sie da nicht alleine durch musste, doch er hielt sich zurück und krallte seine Finger stattdessen in den Stoff seiner Hose. Alleine der Gedanke, jemanden zu berühren, selbst wenn es seine kleine Schwester war, löste leichte Panik in ihm aus, die dazu führte, dass sich kalter Schweiß auf seinen Händen bildete. Eine Berührung wäre nach all dem einfach zu viel.
Bei Milou angekommen, ließ er sie eine Tür nach der anderen öffnen und sich zu ihrem Appartment führen. Das Haus war klein und unscheinbar, in einem Viertel, in dem er sich trotz seines derzeitigen Lebensstandards weit wohler fühlte als in einer Prunkvilla. Und auch ihre Wohnung war viel mehr das, was er bevorzugen würde, schlicht und ein wenig spartanisch, aber mit allem, was man zum Leben brauchte und worauf man auf der Straße verzichten musste.
Akiharu trat sich die Schuhe von den Füßen, bevor er bis ins Wohnzimmer lief und dort sein Jackett abstreifte. Er nickte Milou kurz zu, als sie sich kurz entschuldigte, und anschließend sah er sich weiter um. Sein Weg führte ihn zum Fenster, wo er hinaussah - halb aus Neugier und halb aus Angst, bereits jemanden unten auf der Straße stehen zu sehen, der ihn suchte. Was vermutlich völliger Blödsinn war, da es so schnell nicht gehen konnte, doch er wiegte sich auch nicht in der Sicherheit, dass Xaldins Männer ihn hier nicht finden würden, sobald die übliche Meldung von Rahim ausblieb, die er immer tätigte, sobald sie bei dem Geschäftspartner ankamen, an den er verborgt wurde. Dass es zudem schnell gehen konnte, dass sie ihn fanden, wusste er zudem nur zu gut. Beim letzten mal im Central Park, als er Jocy vor einigen zwielichtigen Leuten rettete, hatte er es nur Sayuri zu verdanken, dass er nicht gefunden wurde, da sie die beiden Männer, die nach ihm suchten, abgelenkt und weggelockt hatte. Doch dieses Mal war sie nicht bei ihm...
Seine Gedanken wollten bereits zu der jungen Frau schweifen, die ihr Gedächtnis verloren hatte, und zu der Frage, wie es ihr wohl ging, als er hinter sich Schritte vernahm. Akiharu drehte sich herum und sah, wie Milou in die Küche lief und kurz darauf eine Flasche Wasser auf dem Sofatisch platzierte. Damit, dass sie überhaupt etwas Normales zu Trinken zu Hause hatte, hätte er nicht gerechnet, weshalb er kurz verblüfft auf die Flasche schaute.
"Ich glaube, jetzt etwas zu essen, wäre nicht so gut, und du musst dir auch keine Umstände wegen mir machen", erwiderte er ihr mit einem knappen Kopfschütteln. Zum einen war er sich nicht sicher, ob er das Essen wirklich bei sich behalten würde, denn in seinem Hinterkopf lauerten noch immer die Bilder aus der Seitenstraße. Zum anderen wollte er schlicht nicht alleine sein.
"Aber eine Dusche wäre nett, wenn das wirklich okay ist."
Akiharu wusste, dass sie es ihm nicht anbieten würde, wenn sie etwas dagegen hätte, doch er wollte ihr auch nicht zur Last fallen. Sie hatte an diesem Abend schon so viel für ihn getan.
Dieser Gedanke reichte aus, um die Bilder wieder hervorzulocken, und er senkte den Blick auf den Boden, während er langsam in ihre Richtung lief, um wenigstens nach der Flasche zu greifen, denn er hatte noch immer den unangenehmen Geschmack von Erbrochenem im Mund. Er drehte den Deckel ab und trank einen Schluck, bevor er wieder zu ihr sah - nicht wissend, wie er die Frage richtig formulieren sollte, die ihm auf der Zunge lag.
"Sag mal… Hast du schon mal… Also… Das von eben… Hast du das schon mal getan…?", fragte er vorsichtig und hatte das Bedürfnis den Blick wieder zu senken, doch er tat es nicht, denn er wollte nicht, dass sie glaubte, er hätte Angst vor ihr - ganz egal, wie die Antwort auch ausfiel, auch wenn er alleine durch ihre eigene Reaktion darauf, mit einem nein

Milou Pavlova

Akiharu hätte jederzeit das Wort ergreifen können und mit mir sprechen können. Ehrlich gesagt wäre es mir sogar lieber gewesen als diese Stille aber ich wusste genauso wenig wie er was ich sagen sollte. Noch immer hing mir die Angst in den Knochen was er jetzt von mir hielt. Hatte er Angst vor mir? Es schien nicht so. Sonst wäre er wohl kaum mit mir in mein Auto gestiegen. Aber ich war von mir selbst geschockt. Ich hätte niemals gedacht das ich zu so was im Stande war. Egal was die Menschen sich immer für Szenarien über Vampire ausdachten. Im Inneren war ich noch immer ich. Und die alte Milou hätte so etwas niemals gemacht, also auch die neue nicht. Was sollte dann grade er von mir denken.War er auch noch immer so geschockt von der Situation eben? Was für eine doofe Frage. Mit Sicherheit. Ich wusste das er schon einmal eine tote Frau gesehen hatte. Das hatte er mir ja bei unserem ersten Wiedersehen gebeichtet Doch das war nichts woran man sich gewöhnte. Es war nicht der normal Zustand eine tote Person zusehen. Geschweige denn getötet von seiner besten Freundin.....seiner kleinen Schwester. Am liebsten hätte ich den Kopf auf das Lenkrad fallen lassen. Es schwirrten so viele Gedanken in meinem Kopf, ich könnte sie gar nicht alle in Worte fassen. Zumal es da noch eine Sache gab die ich nicht bedacht hatte. Ich hatte mal wieder zu vorschnell gehandelt. Wie ich es irgendwie immer tat seit ich Akiharu wieder getroffen hatte. Wie ging es jetzt weiter? Ich hatte ihn endlich befreit. Das war genau das was ich die ganze Zeit wollte. Ich wollte ihn aus dieser Hölle raus holen. Aber was war jetzt? Wie ging es weiter? Ich würde ihn mit zu mir nehmen und da konnte er selbstverständlich auch bleiben, falls er das überhaupt wollte, aber was war dann? Er musste weiter zur Schule. Er sollte sein Leben nicht so wegschmeißen wie ich meines. Für mich gab es da nicht mehr viel. Ich hatte nun ein ganz anderes Leben als er. Doch Akiharu konnte noch so viel aus seinem machen jetzt wo er frei war. Wie konnte ich sicher stellen das er nicht gefunden wurde? Wäre die Schule nicht der erste Ort wo nach ihm gesucht werden würde? Wie konnte ich nur so naiv sein?
Bei mir angekommen war das erste was ich tat, nachdem ich mich umgezogen hatte, Akiharu eine Flasche Wasser hinzustellen. Ich sah seinen Blick, erwiderte jedoch nichts drauf. Wieso ich so etwas hier hatte konnte ich selber nicht beantworten. War es ein armseliger Versuch irgendwie Normalität zu behalten oder doch falls ich mal Besuch bekam? Naja ich hatte nicht wirklich Freunde die mich besuchen könnten. Ich wusste es nicht. Auf jeden Fall stellte es sich grade als positiv heraus. Bei seinen nächsten Worten zum Essen griff, meine Hand verlegen in den Nacken. „Du machst mir keine Umstände.....“, kurz hielt ich inne. „Aber natürlich.....Entschuldige die dumme Frage.“, beendete ich meine Worte. Oh man, wie konnte ich ihn nach eben denn jetzt bitte nach etwas zu Essen fragen? Auch ich hätte jetzt zu Menschenzeiten nichts herunter bekommen. Ok Milou bitte lass es das letzte Fettnäpfchen gewesen sein. Auf die Frage mit der Dusche nickte ich eifrig. „Ja natürlich wäre es in Ordnung. Ich kann dir alles bereit legen.....ich habe nur keine Wechselsachen für dich.“ Das einzige was ich ihm anbieten könnte wären Sachen von mir. Akiharu war dünn und abgemagert doch ob er in die Sachen reinpassen würde, mag ich trotzdem zu bezweifeln.
Akiharu erhob sich um die Flasche entgegen zu nehmen. Ich hielt sie ihm hin, wie immer darauf bedacht ihn nicht zu berühren. Er trank daran und kurz darauf folgten schon die Worte die mich schlucken ließen. Ich nahm erst Mal auf der kleinen Couch platz bevor ich ihm antwortete. Mein Blick konnte ihm jedoch nicht standhalten. „Es kommt darauf an was du meint. So über einen Menschen herfallen um ihm meine Zähne in den Hals zu rammen......ja.“ Das konnte Akiharu sich zwar wahrscheinlich schon denken. Er konnte immerhin 1 und 1 zusammen zählen und indirekt hatte ich es ihm auch schon gesagt aber ich wollte ehrlich zu ihm sein, das hatte er verdient, deswegen antwortete ich so ausführlich wie möglich. „Ihm danach jedoch den Hals einfach umgedreht als wäre es das Normalste der Welt......“ Ich machte eine kleine Pause in der ich meinen Kopf hob um ihn nun wieder anzusehen. „Um Gottes Willen. Nein Akiharu. Ich bin nicht das Monster für welches du mich jetzt vielleicht halten magst. Nein ich kann dir versichern das ich so was noch nie gemacht habe.“ Erneut brauchte ich eine kurze Pause. Es fiel mir wirklich schwer darüber zu reden aber Akiharu hatte jedes Recht darauf die Antwort zu kennen. „Ich wusste selbst nicht was in dem Moment in mich gefahren war. Es war wie eine Art Instinkt. Ich wollte dich einfach beschützen, dich aus dieser Situation holen. Glaub mir ich bin über mich selber geschockt das ich zu so etwas im Stande bin.“ Nun schaute ich wieder zu Boden. Gespannt auf seine Antwort.

Akiharu Sasaki

Freiheit. Akiharu wusste schon lange nicht mehr, wie sich das anfühlte. Tief in seinem Inneren gab es einen winzig kleinen Teil, der trotz aller Vorkommnisse, die er in den letzten Jahren erlebt, und aller Strafen, die er seit seiner Zeit bei Xaldin für Fehlverhalten ertragen hatte, der noch immer darauf hoffte, dass der Tag kam, an dem er wirklich wieder frei sein würde. Der Tag, an dem er nicht mehr das Eigentum eines anderen war, der ihn nur für seine Ziele benutzte.
Jeder Aspekt von dir und deinem Leben gehört mir…
Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als die Erinnerung an diese Worte in sein Bewusstsein kroch und er rieb sich die Arme, obwohl dies nicht half, um die Kälte zu vertreiben, die ihn befiel.
Er gehörte Xaldin. Nicht mehr und nicht weniger und vermutlich war es vollkommen zwecklos, darauf zu hoffen, dass es jemals anders sein würde. Doch so oft ihm auch immer wieder vor Augen geführt wurde, dass er nur noch über sehr wenige Dinge in seinem Leben selbst entscheiden durfte, konnte er die leise Stimme in seinem Inneren nicht zum Schweigen bringen, die ihm versuchte, zu sagen, dass nach jedem noch so heftigen Regenschauer doch wieder die Sonne schien. Ein Gedanke, der ihn für einen Moment hinauf in den Himmel schauen ließ, über den sich in diesem Moment nur vereinzelte Wolken schoben und so den Blick auf den Vollmond freigaben.
Vermutlich war er genau wie der Mond, der ein Gefangener ihres Planeten war, dazu verdammt jeden Tag aufs Neue dieselben Bahnen zu ziehen. Wäre dieser frei, würde er ziellos durch die Kälte wandern, die ihn überall umgab. Auch Akiharu wüsste vermutlich nicht, wohin mit sich - aus Angst, dass man ihn überall finden würde und er die Personen, mit denen er dann zwangsläufig zu tun hätte, in Gefahr brachte.
Mit einem Mal konnte er sich vorstellen, wie es denen gehen musste, die über viele Jahre hinweg im Gefängnis saßen und plötzlich von einem Tag auf den anderen wieder auf der anderen Seite des Zauns standen, hinter dem über so lange Zeit ihr Zuhause war. Der einzige Unterschied war, dass er sich zumindest zu einem kleinen Teil frei bewegen konnte, wenn er mit Sayuri nach draußen ging, um ihren Bedürfnissen nachzukommen. Doch dieses Privileg war zweifelhaft, wenn man bedachte, was er dafür im Gegenzug auf sich nehmen musste.
Für einen Moment strich er mit den Fingern über die Fensterscheibe, vor der er stand, bis Milou seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ihre Fragen lenkten ihn zudem erfolgreich von seinen Gedanken ab, die vollkommen sinnlos waren, denn seinem Gefühl nach würde er niemals wirklich frei sein. Nicht solange Xaldin lebte. Seine jetzige Freiheit war einfach nur gestohlene Zeit, für die er mit Sicherheit fürchterlich bezahlen würde.
Die Verlegenheit seiner besten Freundin, die sich aufgrund ihres Fettnäpfchens zeigte, brachte ihn dazu, schwach zu lächeln und den Kopf zu schütteln.
"Die Frage war schon in Ordnung… Irgendwie...", entgegnete er ihr etwas unbeholfen. Die ganze Situation war seltsam und ungewohnt. Sie hatten beide mit dem zu kämpfen, was passiert war. Fragen nach den normalen menschlichen Bedürfnissen waren da wohl einfach eine Art Anker - so sinnlos und fehlplatziert sie in dem Moment vielleicht auch wirkten. Er nahm es ihr nicht übel. Ganz im Gegenteil, denn auch wenn die Situation alles andere als geeignet war, um etwas zu essen, zeigte es doch, dass sie sich um ihn sorgte.
"Und das mit den Wechselsachen macht nichts. Vermutlich ist es ohnehin besser, wenn… ich diese anbehalte… Um keine Fragen aufzuwerfen, ob ich bei jemandem war und dich vielleicht noch in Gefahr zu bringen."
Zum Ende hin ließ Akiharu den Blick sinken und beinahe den Kopf hängen. Auszusprechen und wenn es nur indirekt war, dass er früher oder später wieder zurück musste, fiel ihm alles andere als leicht, aber es wäre wohl auch falsch Milou eventuell in dem Glauben zu lassen, dass er bei ihr bleiben konnte.
"Aber das Angebot der Dusche nehme ich trotzdem gerne an", fügte er noch hinzu und lächelte schwach, um die Wucht seiner vorherigen Worte etwas abzumildern. Bevor er allerdings zu dem Vergnügen kam, zumindest den Dreck des Abends von seinem Körper zu waschen, schlug die Stimmung durch seine Frage mit einem Mal um. Wundern sollte ihn das womöglich nicht und doch tat es ihm beinahe leid, seine beste Freundin überhaupt danach gefragt zu haben.
Akiharu krallte sich an der Flasche fest, als wäre sie Treibholz, an dem er sich auf der Weite des Meeres festhalten musste, um nicht von den Wellen verschluckt zu werden. Aus diesem Grund war er auch froh, dass sie nach ihrem ersten Satz weitersprach und ihn nicht in die Verlegenheit brachte, konkret auszusprechen, was er meinte, denn nur weil die beiden heute nicht die ersten beiden Toten waren, hieß das nicht, dass ihm das alles leicht über die Lippen kam.
Er zuckte leicht zusammen, obwohl er ganz genau wissen sollte, wie sich Milou durchaus ernährte. Nicht jeder Vampir konnte die Blutvorräte eines Krankenhauses plündern. Dennoch erschreckte es ihn für den Bruchteil einer Sekunde - für das normale Auge zu kurz, doch durch ihre feinen Sinne mit Sicherheit lange genug, um es dennoch zu merken und das ganz unabhängig von der Tatsache, dass sie sich zudem viel zu gut kannten, um es zu übersehen. Doch obwohl er wusste, wie sich Vampire ihr Blut organisierten, war es noch einmal etwas ganz anderes, es aus dem Mund seiner besten Freundin zu hören und gleichzeitig wieder das Bild vor Augen zu haben.
Bei ihrer weiteren Erzählung kamen ihm zudem ihre Worte wieder in den Sinn, die sie ihm bei ihrem ersten Wiedersehen gegenüber geäußert hatte, um ihm zu zeigen, dass sie ihn beschützen konnte.
Ich kann genauso skrupellos sein wie dieser jemand. Wie skrupellos und gefährlich kann er sein? Jemanden den Kopf abreißen? Ihn aussaugen bis auf den letzten Tropfen Blut in seinem Körper? Den leblosen Körper dann kalt und weiß wie er nun war in die nächste Ecke werfen und dir selbst dann genüsslich den letzten Rest Blut vom Mund ablecken? Ich glaube weniger Akiharu. Aber mein Leben… Mein Leben sieht so aus.
Bislang hatte er es verdrängt. Er hatte nicht weiter darüber nachgedacht, da es für ihn nichts änderte: weder sein Bild von ihr, noch die Tatsache, dass er sie in seine Angelegenheiten und Probleme eigentlich nicht zu tief mit hineinziehen wollte. Der heutige Abend hatte bewiesen, dass Letzteres unmöglich war, doch bei ersterem wusste er, dass dies immer so sein würde. Etwas, worüber Milou jedoch offensichtlich anders dachte, als er hörte, dass sie glaubte, er würde sie für ein Monster halten.
Akiharu hob den Blick wieder und sah direkt zu ihr. Ihre Blicke trafen sich dabei für einige Sekunden, bevor sie ihren wieder abwandte. Stille breitete sich über sie beide aus, bei der er das Gefühl hatte, dass sie vollkommen falsch war. Für einen unsagbar langen Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte, stand er wie gelähmt da, obwohl er nicht einmal sagen konnte, warum. Auf der einen Seite war er erleichtert darüber, dass sie bei weitem nicht das skrupellose Monster war, für das sie sich selbst hielt, aber auf der anderen Seite hatte er noch immer die Bilder aus der Seitenstraße vor Augen.
Schlussendlich gewann ersteres. Das letzte, was er wollte, war, dass sie sich selbst so schlecht darstellte. Aus diesem Grund stellte er auch die Flasche wieder auf den Tisch, schob diesen ein Stück beiseite, sodass er zwischen diesen und Milou passte, und ging vor ihr auf die Knie. In seinem Inneren regte sich das Bedürfnis, sie zu berühren, sie in den Arm zu nehmen, so wie er es früher getan hatte, doch er konnte es nicht. Daher krallte er seine Finger jeweils neben ihr in den Bezug des Sofas und blickte sie wie ein stolzer großer Bruder an, der seiner kleinen Schwester unglaublich dankbar war.
"Ich könnte dich niemals als Monster sehen. Mir ist es nicht wichtig, ob du nun ein Mensch oder ein Vampir bist. Am Ende bist und bleibst du meine beste Freundin, meine Imouto-chan - ganz egal was du tust. Nichts was du tust, kann so schrecklich sein, wie das, was ich schon erlebt habe. Auch das von heute nicht", versuchte er ihr gut zuzureden. Er konnte sich denken, dass es ihr Gewissen bezüglich des Mannes, den sie getötet hatte, nicht erleichterte und wäre es anders, würde es ihn wohl tatsächlich erschüttern, denn sie war das komplette Gegenteil von gewissenlos. Aber er wollte, dass sie wusste, dass er immer zu ihr halten würde - auch jetzt, wo sich ihrer beider Welten im Gegensatz zu damals um 180 Grad gedreht hatten und alles komplizierter und gefährlicher war.
"Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, wie ich dir für heute danken soll", sprach er weiter und ließ den Kopf erneut leicht hängen, als er daran dachte, was ihm hätte blühen sollen. "Sowohl für deine Anwesenheit im Restaurant, die mir trotz allem eine gewisse Sicherheit gegeben hat, als auch in der Seitenstraße… Lou, er wollte…"
Akiharu stockte, als ihn erneut mit voller Wucht die Erkenntnis traf, wie knapp er dem Tod von der Schippe gesprungen war. Seine Finger krallten sich tiefer in den Stoff und er kniff die Augen zusammen.
"Wenn du nicht gewesen wärst, dann… Dann hätte ich… diese Nacht womöglich nicht überlebt…"
Es war alles andere als erleichternd diese Worte auszusprechen. Stattdessen drückten sie ihn wie einen schweren Stein weiter nach unten und hingen genauso schwer in der Luft und zwischen ihnen. Er wusste nicht, was er noch dazu sagen sollte und vermutlich musste er das auch nicht, denn im Gegensatz zu seiner Enthüllung darüber, was er bei Xaldin durchmachte, war dies doch eindeutig formuliert.

Milou Pavlova

Es war seine Freiheit. Davon war ich felsenfest überzeugt. Auch wenn ich von seinen Bedenken nichts wusste, so konnte ich mir denken das er noch nicht davon überzeugt war. Doch ich war es. Ich würde nicht zulassen das dieses Monster ihn je wieder in seine Klauen bekommt. Selbst wenn ich dafür mein Leben lassen müsste. Akiharus Freiheit war mir gerade das Wichtigste. Ich würde alles daran geben das er diese schlimme Zeit nie wieder erleben musste. Ich würde alles daran setzten das er sein Leben auch wieder auch wieder sein nennen konnte.
Noch immer war mir unverständlich wie jemand so mit einem Menschenleben umgehen konnte. Nicht jeder wusste es so zu schätzen wie wir. Nicht jeder wusste wie wertvoll jeder Tag war, weil er sich nicht jeden Tag durchkämpfen musste damit es überhaupt ein Morgen gab. Doch wie konnte man es als so wertlos sehen und jemanden wie eine Figur ein seinem Leben behandeln?
Erleichtert seufzte ich auf. Er nahm es mir also nicht übel. Irgendwie versuchte ich ihm etwas Normalität zu schenken auch wenn es wohl vergebens war. Ich sollte besser damit aufhören bevor ich mich noch mehr blamiere. Viel zu sehr waren die Umstände dafür die Falschen. Wir wahren wohl beide noch zu sehr mitgenommen von den Geschehnissen von eben und wie sollte Normalität herrschen wenn Akiharu wohl noch nicht einmal mehr wusste was das war. Die Zeit hatte seine Spuren bei ihm hinterlassen. Viel zu lange war er von der Umwelt abgeschottet gewesen. Auch das würde ein großer Kampf für ihn werden.
Die nächsten Worte meines besten Freundes machten mich stutzig. „Wer bitte soll das sehen? Wie willst du mich in Gefahr bringen?“, fragte ich ihn verwirrt. Ging er noch immer davon aus das er hier gefunden wurde? Uns hatte niemand verfolgt da war ich mir sicher. Auch wenn ich nicht ganz bei mir war während der Fahrt. Ich hatte niemand gesehen. Es wäre mir wohl aufgefallen wenn uns jemand hinterher gefahren wäre. Und das jemand auf mich kommt wenn sie die suche nach Akiharu starteten war auch ausgeschlossen. Uns würde niemand in Verbindung bringen. Der einzige der mich kannte war dieser komische Geschäftsmann und dieser war wohl so verstört von meinen Taten, ich weiß nicht ob er auspacken würde, geschweige denn das ihm überhaupt jemand glauben würde. Wer würde glauben das eine kleine zierliche Frau wie ich so einen Bären überwältigt, ihm das Genick bricht, ihn aussaugt und dann mit Akiharu verschwindet? Keiner, der nicht weiß das es Vampire und dergleichen gibt. Und mich in Gefahr bringen würde er auch nicht. Ich würde mit Xaldin genauso klar kommen. Hatte ich ihm das nicht heute bewiesen?
Natürlich entging mir das Zucken, welches von Akiharu kam, nicht. Ich ging jedoch nicht weiter darauf ein. Es verletzte mich doch was hätte ich machen sollen? Es war selbstverständlich wie er reagierte. Auch mir fiel es doch bis heute noch schwer. Ich hatte keine Freude daran Menschen meine Reißzähne in die Halsschlagader zu rammen. Wahrscheinlich war es das wovon man ausging wenn man an Vampire dachte, da es einen gewissen Rausch auslöste. Doch ich hatte noch immer Angst davor. Es stärkte mich und ich brauchte es zum Überleben. Das waren die einzigen Dinge weswegen ich es überhaupt tat.
Ich traute mich nicht mich zu bewegen als ich im Augenwinkel Bewegungen von Akiharu war nahm. Als er sich jedoch vor mir auf den Boden hockte und mich mit diesem stolzen und zu gleich dankbaren Blick ansah, riss ich meine Augen auf. Mein Blick glitt sofort zu seinem und ich sah ihm geradewegs in die Augen. Interpretierte ich diesen Blick richtig? Was wollte er mir jetzt damit sagen? Hatten wir doch grade noch darüber gesprochen ob ich schon Menschen auf dem Gewissen hatte. Es passte grade einfach gar nicht und es überforderte mich doch war ich froh und unendlich dankbar einmal einen anderen Gesichtsausdruck in seinem sonst so traurigen Gesicht zu sehen.
Seine Worte ließen meine kleine Welt erschüttern. Tränen liefen erneut über meine Wangen. „Ach Akiharu.“ Auch in mir kam der Drang erneut hoch ihn in meine Arme zu schließen. Nichts würde ich grade lieber tun als mich an ihn zu kuscheln, seine Wärme zu spüren und all meine Emotionen heraus zu lassen. Doch es ging nicht.
„Du brauchst mir nicht zu danken.“, erwiderte ich noch immer leise schluchzend. Es war selbstverständlich was ich getan hatte. Niemand sollte so etwas miterleben wie mein bester Freund und er erst recht nicht. Ich hatte nicht einmal nachgedacht. Ich hatte einfach gehandelt.
Ich hielt die Luft an. Mir fehlten ebenfalls die Worte. Es hätte nichts gegeben was auch nur ansatzweise richtig gewesen wäre, was ich hätte sagen können in diesem Moment. Hatte er ihn wirklich mitgenommen um ihn umzubringen? Aber was hatte er davon? Xaldin war skrupellos. Wusste er vielleicht sogar davon oder war dieser Mann so von sich überzeugt das er ihn nicht finden würde? Vielleicht dachte Xaldin ja auch das er es hinter sich gebracht hätte und niemand würde nach Akiharu suchen. Wer weiß es schon? Jedoch alleine bei dem Gedanken daran wie diese Nacht hätte ausgehen können wird es mir schlecht. War es Rettung in letzter Sekunde? Hätte ich um ein Haar meinen besten Freund für immer verloren? Ich konnte und wollte es nicht wahr haben. Zu sehr verletzte mich alleine der Gedanke. Er raubte mir den Atem. „Es.....ist nicht passiert.....und.....ich lasse dich nicht mehr alleine.....dir kann keiner mehr etwas tun......nie wieder.“ Meine Worte waren abgehakt. Auch das waren nicht die richtigen Worte doch mehr fiel mir beim besten Willen nichts ein. Was sollte man einem Menschen sagen der um ein Haar getötet worden wäre.
Ich stand auf. Meine Beine trugen mich in Richtung Schlafzimmer. Hier hatte ich die Handtücher gelagert. Auf dem Weg dorthin raufte ich mir die Haare. Ich wollte diesen Gedanken los werden. Wieder einmal wurde mir klar das Akiharu in keinster Weise untertrieben hatte was diese Männer anging und wo ich hier hineingeraten bin. Ich holte zwei Handtücher heraus, ein kleines und ein großes und legte es ihm bereit. Dann kam ich wieder zu ihm, setzte mich auf den Boden um mit ihm in etwa auf Augenhöhe zu sein und schaute ihn an. Diesen kleinen Moment zum Luftholen hatte ich jetzt einfach gebraucht. Der ganze Abend war zu viel für mich gewesen. Die Ereignisse überschlugen sich nach und nach. Es mag egoistisch klingen. Haru machte das alles schon viel länger mitgemacht Tag für Tag, das war mir klar aber ich wusste einfach nicht damit umzugehen. Ich streckte meine Hand nach ihm aus, hielt sie aber in der Luft.

Akiharu Sasaki

Die Stunden seiner Freiheit waren lediglich geborgte Zeit. Zeit, die er am Ende vermutlich bitter bereute, sollte jemand herausbekommen, dass er freiwillig mit Milou mitgegangen war und nicht etwa von ihr gezwungen wurde. Akiharu war dies in jedem einzelnen Moment bewusst und noch viel mehr, dass niemand herausfinden durfte, bei wem er sich aufhielt. Es missfiel ihm ohnehin schon, dass er sie inzwischen so tief mit in seine Probleme hineingezogen hatte - vor allem heute - auch wenn er bewusst nichts dafür konnte und es auch nicht in seiner Macht lag, etwas dagegen zu tun. Milou in Gefahr zu bringen, war das letzte, was er wollte, denn auch wenn sie inzwischen körperlich stärker war als er und sein Selbstbewusstsein unter Xaldin ebenfalls gelitten hatte, so war er doch noch immer der Ältere, der auf sie acht geben wollte. Er wollte sie beschützen, auch wenn er in ihrer nun viel gefährlicher gewordenen Welt, kaum dazu in der Lage war.
Im Grunde gab es nur eine Sache, die er tun konnte, um sie zu schützen: sich so gut es ging von ihr fernzuhalten.
Alleine der Gedanke schmerzte, denn nachdem sie sich wiedergefunden hatten, sehnte er sich nach ihrer gemeinsamen Zeit und dem Umgang, den sie miteinander hatten. Zudem hatte der heutige Tag deutlich gezeigt, dass das Leben seine eigenen Regeln aufstellte und es womöglich egal war, was man sich vornahm und wie sehr man versuchte, daran festzuhalten. Früher oder später machte einem das Leben doch wieder alles kaputt. Eins wusste Akiharu aber mit Gewissheit: er konnte unmöglich lange hier und in Milous Nähe bleiben. Eine Tatsache, die ihm bewusster zu sein schien als ihr selbst.
"Ich weiß nicht, wie sie es machen, aber ich bin mir sicher, dass sie mich finden - ganz egal, wo ich bin. Und somit bringe ich dich in Gefahr, wenn ich zu lange hier bleibe."
Leicht ließ Akiharu den Blick sinken, als er dies sagte, und biss sich auf die Zunge. Er wusste, dass dies nicht das war, was sie hören wollte. Milou wollte, dass er frei war. Endgültig. Etwas das er sich genauso sehr wünschte und doch wusste, dass dies nicht passieren würde. Nicht auf diese Weise. Nicht auf eine Art, die ihm in den Sinn kam. Nach ihrem Wiedersehen und ihrer Beteuerung, dass sie ihn beschützen konnte, hatte er für einen winzigen Moment tatsächlich die Hoffnung gehabt, dass es wahr werden könnte. Doch was dann? Wo sollte er hin? Das einzige, was ihm in so einem Fall blieb, wäre ein Leben auf der Flucht. Er müsste immer auf der Hut sein, könnte niemandem vertrauen und könnte nie lange irgendwo bleiben. Es wäre eine Möglichkeit, aber keine die er in Betracht zog. Ein solches Leben wollte er nicht und doch bliebe ihm auch jetzt nur genau das, wenn er nicht zurückging.
"Sie werden bestimmt bald anfangen nach mir zu suchen, sobald Rahim keine Rückmeldung gibt, dass wir bei Morimoto angekommen sind. Zuerst bei ihm und hinterher werden sie die ganze Stadt auf den Kopf stellen und ich weiß, dass sie mich früher oder später finden werden", versuchte er weiter zu erklären, warum er sie nur in Gefahr brachte, wenn er zu lange blieb oder mit anderen Sachen zurückkam. Selbst die Dusche war bereits gefährlich, aber etwas das er dennoch tun wollte und tun musste, um einen Teil des Schreckens dieses Abends hoffentlich loszuwerden. Bevor er weiter sprach, sah er wieder zu Milou.
"Ich habe schon einmal jemanden beinahe in Gefahr gebracht, als nach mir gesucht wurde und an diesem Tag war ich einfach nur nicht rechtzeitig wieder zuhause, weil ich ihr geholfen habe. Wir hatten es nur Sayu zu verdanken, dass sie uns nicht gefunden haben, weil sie sie abgelenkt hat. Ich… will das nicht nochmal miterleben… Schon gar nicht bei dir…"
Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals als er sich vorstellte, dass er gemeinsam mit Milou in einer genauso brenzligen Situation stecken könnte - nur mit dem Unterschied, dass Sayuri dieses Mal nicht da war und genau das war ein weiterer Punkt, wegen dem er nicht einfach hier bleiben konnte. Er wollte und konnte sie dort nicht zurücklassen. Nicht nachdem sie in all der Zeit nach seinem Weggang von der Straße für ihn da war und ihm genug Halt gab, um all die Strapazen zu überstehen.
"Und ich kann Sayu nicht dort lassen…", murmelte er und wich ihrem Blick ein weiteres Mal aus, während er seine Finger tiefer in den Stoff des Sofas krallte. Genauso dankbar wie er seiner besten Freundin für ihre heutige Rettung war, war er dies auch bei seiner Hündin, die nie von seiner Seite wich und auf ihn aufpasste. Seine eigene Menschenkenntnis mochte gelitten haben, doch bei ihr konnte er sich darauf verlassen, dass sie erkannte, wer mit Hintergedanken auf ihn zu kam und wer nicht. Im Grunde war er auf sie angewiesen und wäre ohne sie komplett verloren.
Die Gedanken an Sayuri wurden im nächsten Moment jedoch vertrieben, als er aus dem Augenwinkel die Tränen bemerkte, die über Milous Gesicht liefen. Akiharu sah wieder zu ihr und er biss sich auf die Unterlippe, als sich erneut der Drang in ihm regte, sie in den Arm zu nehmen. Jetzt ganz besonders. Und es frustrierte ihn, dass er es in diesem Punkt nicht schaffte, über seinen eigenen Schatten zu springen und es einfach zu tun. Immerhin handelte es sich bei der Person vor ihr nicht um irgendwen, sondern um seine beste Freundin und die einzige, bei der er die Hand dafür ins Feuer legen würde, dass sie ihm niemals etwas antun würde.
"Doch ich muss dir danken", erwiderte er leise, die Bilder vor Augen, wie sie ihn aus einer Lage befreite, in der er bereits dachte, dass er diese nicht überleben würde. "Immerhin hast du heute etwas für mich getan, was du sonst nie getan hättest… und es ist meine Schuld, dass du das nun mit dir herumtragen musst."
Bisher war er auf diesen Gedanken nicht gekommen, doch nun, wo er ihn aussprach, fühlte er die schwere Last auf seinen Schultern. Akiharu konnte kaum mit Worten ausdrücken, was es ihm bedeute, dass sie ihnen wirklich gefolgt war und sie ihn davor bewahrt hatte, was in dieser Nacht mit ihm geschehen sollte und dennoch hatte er sie indirekt dazu gebracht, etwas zu tun, was ihre persönlichen Grenzen überschritt. Schon als er sich nicht zurückhalten konnte und sie auf dem Weg aus dem Restaurant hilfesuchend und beinahe flehend angesehen hatte, wusste er, dass es womöglich ein Fehler war, und das Leben zeigte ihm, dass es genau das war.
In der Erinnerung gefangen und sich zu einem Teil darüber ärgernd, kam er nicht dazu, noch etwas zu dem zu sagen, als Milou ihm mitteilte, dass ihm nie wieder jemand etwas antun konnte, denn sie stand auf und verließ den Raum, bevor er sich wieder genug gefangen hatte, um seine Gedanken zu sortieren. Akiharu würde ihr gerne glauben. Er würde gerne in der Gewissheit hier bleiben, dass er bei ihr sicher war und niemand an ihn herankam, wenn er sich nur gut genug versteckte. Doch die Realität sah anders aus. Das einzige, was ihm blieb, waren ein paar Stunden, vielleicht auch weniger, die er bei ihr verbringen konnte, bevor er in seinen goldenen Vogelkäfig zurück musste, dessen Tür zwar zu jeder Zeit offen stand, ihm jedoch dennoch die Freiheit verwehrte. Denn wie sollte man diesen verlassen, wenn einem die Flügel gestutzt wurden?
Er wusste keine Antwort darauf und in diesem Moment hatte er auch keine Zeit, um über etwas nachzudenken, was ohnehin keinen Sinn machte, denn nachdem seine beste Freundin etwas ins Bad gebracht hatte, kam sie zurück zu ihm. Sein Blick suchte direkt den ihren, um sie stumm um etwas zu bitten: ihn gehen zu lassen. Nicht sofort, aber sobald die Zeit ran war, dass er gehen musste.
"Du weißt, dass ich nicht hier bleiben kann, oder?", fragte er leicht verzweifelt. Statt eine Antwort zu erhalten, sah er wie Milou die Hand hob und nach ihm ausstreckte. Auf halben Wege hielt sie inne, doch Akiharu spürte bereits, wie Panik in ihm aufkommen wollte. Schweigend und hilflos starrte er auf die Hand, die fast nach ihm zu rufen schien. Eine stumme Bitte lag in dieser Geste oder zumindest glaubte er, dass dem so war, doch er hatte keine Ahnung, ob er diese erfüllen konnte. Er schluckte trocken und krallte seine Finger in den Stoff seiner Hose.
Jetzt reiß dich zusammen. Das hier ist Milou, deine Imotou-chan. Sie würde eher sterben als dir etwas anzutun.
Eine leise Stimme flüsterte ihm dies zu uns Akiharu war bewusst, dass sie recht hatte. Milou würde ihm niemals Schaden zufügen. Er konnte ihr vertrauen und musste keine Angst vor ihr haben. Auch nicht vor ihren Berührungen.
Langsam löste er seine verkrampften Finger, stützte eine Hand auf dem Boden neben ihm ab und bewegte die andere ihrer entgegen. Nur wenige Millimeter vor ihr hielt er inne, schloss für einen Moment die Augen, wobei er diese kurz zusammenkniff. Nur wenige später öffnete er sie wieder, als ihm bewusst wurde, dass er nie vollends bereit dafür sein würde und einfach ins kalte Wasser springen musste. Und selbst wenn er feststellen musste, dass er dennoch Panik bekam, war seine beste Freundin bei ihm, um ihn wieder aufzufangen. Bevor er sich somit noch weitere Gedanken machen konnte, die ihn davon abhielten, überbrückte er auch noch die restliche Distanz und berührte zaghaft ihre Hand, immer darauf achtend, ob es zu viel wurde oder nicht.

Milou Pavlova

„Sie werden dich hier nicht finden. Und genauso wenig bringst du mich in Gefahr.“ Ich schüttelte den Kopf. Ich würde dafür sorgen das er nicht gefunden wurde. Auch wenn ich ehrlich wieder gestehen musste das ich noch keine Ahnung hatte wie ich es anstellen sollte. Wieder einmal nahm ich den Mund zu voll. Scheinbar eine neue Angewohnheit von mir. Mir war bewusst das es genug Möglichkeiten gab an mich heran zu kommen. Xaldin hatte Akiharu von der Straße aufgelesen. Das war unsere erste Verbindung. Auch wenn ich von dort Abstand genommen hatte gab es genug Leute von denen er sicherlich Informationen über mich bekommen würde. Und damit könnte er mich ganz schnell finden. Ich hatte nun oft genug mit meinen eigenen Augen gesehen wozu diese Menschen im Stande waren. Als Zweites würde mir das Restaurant einfallen. Auch dort hatte er mich gesehen, wusste das ich dort arbeitete.....oder nach Heute wohl mehr gearbeitet hatte. Dort würde er schnell sogar meine Adresse heraus bekommen. Akiharu hatte recht. Hier war es zu gefährlich. Doch wo sollten wir hin? Dazu fiel mir gerade nichts ein. Innerlich könnte ich mich schon wieder treten. Wieso musste ich nur was ihn angeht jedes Mal so unüberlegt handeln? Doch eines stand fest. Ich würde meinen besten Freund nicht alleine lassen. Egal wohin der Weg uns führte.
„Um mich brauchst du dir wirklich die wenigstens Gedanken machen.“, beteuerte ich ihm. Da fielen auch meine Gedanken kurz auf die Hündin. Stimmt, beim letzten Mal hatte Akiahru Sayuri dabei. Durch den ganzen Tumult war mir entgangen das sie heute nicht dabei war. Die Hündin mussten wir holen keine Frage. Ich hatte sofort gemerkt das sie ihm unendlich viel bedeutete. Und auch so würde ich ein Tier niemals bei so einem Menschen lassen. Ich war ja kein Unmensch.....im übertragenen Sinne auf jeden Fall. „Ich kann dich auf keinen Fall wieder zurück lassen Akiahru.“ Ich wurde jedoch mit jedem Wort leiser. Ich musste mich selbst stoppen denn ich tat es schon wieder. Wieder einmal setzte ich meinen besten Freund mit meinen Worten unter Druck. Zwang ihn förmlich hier bei mir zu bleiben. Doch was sollte ich tun? Sollte ich ihn ohne wenn oder aber in die Höhle des Löwens zurück lassen? Das konnte ich nicht. Ein innerlicher Kampf loderte in mir auf. Auf der einen Seite konnte und wollte ich ihn nicht gehen lassen. Auf der anderen Seite wusste ich das es seine freie Entscheidung war wenn er gehen wollte und ich diese auch akzeptieren musste egal wie schwer es mir fallen mag. Aber ich wollte es nicht, unter keinen Umständen.
„Wir werden Sayuri auf jeden Fall noch daraus holen.“, versicherte ich ihm.
Bei seinen nächsten Worten schlich sich jedoch ein kleines Lächeln auf meine Lippen. „Und ich würde es immer wieder tun. Ich liebe dich Akiharu.“ Er war wahrscheinlich der einzige Mensch bei dem ich diese Worte ohne Bedenken aussprechen konnte. Ja ich liebte Akiahru, wie einen großen Bruder. Diese Gefühle haben sich nie geändert, egal wie lange wir getrennt waren und sie werden es auch nie. Er war in der schwierigsten Zeit meines Lebens an meiner Seite. Dafür war ich ihm unendlich dankbar.
Die folgenden Worte schmerzten. Innerlich wusste ich das er recht hatte. Ich konnte ihn nicht einsperren auch wenn mir grade eigentlich danach war doch nicht um ihm zu schaden. Ganz im Gegenteil. Ich wollte ihn schützen. Doch natürlich war mir genauso klar dass das nicht ging.
Grade wollte ich meine Hand wieder weg ziehen. Was genau ich mit dieser Geste bezwecken wollte wusste ich nicht. Hatte ich doch die Hoffnung gehabt ihm so wenigstens etwas Halt zu geben, Zuneigung, die ich ihm anders grade nicht geben konnte. Doch hatte er es auch so aufgefasst? Seine kleine Geste schien nicht so. Wieder schien die Panik in ihm aufzukeimen die jede noch so kleine Berührung in ihm aufkommen ließ. Dann jedoch tat Akiharu etwas womit ich niemals gerechnet hätte. Ganz langsam und Stück für Stück näherte sich seine Hand meiner. Ich riss meine Augen auf. Würde er mich nun wirklich berühren? Würde er diesen Schritt wagen, der für jeden anderen etwas ganz normales gewesen wäre, für ihn jedoch ein enorm großer? Und dann, tatsächlich. Seine Hand berührte ganz sachte meine. Mein Augen wanderten zu seinen. Versuchte etwas aus ihnen zu lesen. War es in Ordnung für ihn oder hatte ich schon wieder etwas verlangt was eigentlich zu viel war?
Ich bewegte meine Hand nicht. Wollte ihn nur so weit gehen lassen wie er sich zutraute. Schon diese kleine Berührung bedeutete mir unendlich viel. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. „Danke Akiharu.“, flüsterte ich um ihn nicht zu erschrecken und auch diesen besonderen Moment nicht zu zerstören.

Akiharu Sasaki

Wie gerne wollte Akiharu ihr glauben? Wie gerne wollte er sich von Milous Worten in Sicherheit wiegen lassen und bei ihr bleiben? Er konnte nicht abstreiten, dass er diese Traumblase der harten Realität jederzeit vorziehen würde, da alleine die Vorstellung, endlich frei zu sein und wieder tun und lassen zu können, was er wollte, wieder Herr über sich selbst zu sein, verlockender war als alles, was er bisher erlebt hatte. Die Zuversicht, die seine beste Freundin ausdrücken wollte, bot ihm genau das, was er sich in den letzten Jahren am meisten gewünscht hatte: seine Freiheit.
Doch ganz egal, wie verführerisch dieser Traum auch war, er konnte und durfte ihn nicht annehmen. Um ihretwillen. Für ihre Sicherheit, für die er nur in gewisser Weise garantieren konnte, wenn er wieder dorthin zurückging, wo er hingehörte. Zurück in seinen persönlichen Albtraum. Eine andere Möglichkeit blieb ihm nicht, um sie zu schützen, wenn es dafür durch diese Aktion nicht schon beinahe zu spät war.
Übel nahm er es ihr allerdings nicht, dass sie so spontan reagiert hatte, ihnen hinterher gefahren war und ihn aus der Situation gerettet hatte. Schließlich hätte er diese Nacht andernfalls nicht überlebt. Andererseits wusste er nur zu gut, wie Xaldin war. Er war ein Mann, der jede kleine Schwäche und jeden Fehler, den ein anderer machte, für sich selbst nutzte. Oft genug hatte er dies bereits bei geschäftlichen Essen wie dem heutigen miterlebt. Zu Beginn - als er lediglich das hübsche Anhängsel von ihm war - war ein Teil von ihm fasziniert davon, wie geschickt Xaldin die Schwachstellen nutzte, um zu bekommen, was er wollte. Heute erfüllte ihn diese Eigenschaft des Älteren mit Schrecken, da er in seiner Gegenwart selbst aufpassen musste, was er tat, um ihm nicht noch mehr Möglichkeiten zu bieten, mit denen er ihn in der Hand hatte und quälen konnte.
Milou, ihre enge Bindung zueinander und die daraus resultierenden unüberlegten Kurzschlusshandlungen waren genau so etwas, das Xaldin nur zu gerne ausnutzte und Akiharu konnte nicht verhindern, dass die Angst um seine beste Freundin wie ein schwerer Stein in seinem Magen lag.
"Du weißt doch sicher selbst, dass das nicht so einfach ist… Sie werden jeden Stein in der Stadt nach mir umdrehen. Und selbst wenn wir von hier verschwinden würden… Was dann?", fragte er und sah sie dabei halb verzweifelt, halb hoffnungsvoll an, da der Teil, der einfach frei sein wollte, darauf hoffte, dass sie eine Antwort darauf hatte. Doch er wusste selbst, dass die Realität anders aussah, ohne dass sie etwas sagen musste.
"Sie würden die Suche nicht nur auf New York beschränken. Wenn sie merken, dass ich nicht hier bin, würden sie mich überall suchen. Nicht, weil ich für Xaldin so wichtig und unersetzlich bin, sondern weil er nicht gerne verliert…"
So sehr er sich auch wünschte, dass es anders wäre, war Akiharu die Wahrheit bewusst: wenn es nach Xaldin ging, wäre er niemals frei.
"Er wird mich niemals in Ruhe lassen, wenn wir einfach nur durchbrennen…", flüsterte er leise und ließ mutlos den Kopf hängen. Seine Situation war aussichtslos, denn das Leben, was ihn erwartete, wenn sie einfach verschwinden würden, empfand er als genauso wenig lebenswert wie sein jetziges.
"Das einzige, was uns bliebe, wäre die ständige Flucht und…", begann er und sah doch wieder zu Milou. "Das will ich nicht. Weder für mich und schon gar nicht für dich… Du hast etwas besseres verdient, als durch meine Probleme, ständig weglaufen zu müssen."
Akiharu hatte schon Milous Entgegnung im Ohr, dass sie es mit Xaldin aufnehmen könnte und eine Flucht gar nicht nötig wäre, doch er wusste nicht, wozu dieser Mann noch alles fähig war, ob er in der Zeit bei ihm bereits alles gesehen hatte, doch sein Gefühl sagte ihm, dass sie es nicht riskieren sollten. Jedoch ging er fest davon aus, dass sie ihn im Falle einer Flucht nicht alleine lassen würde, weshalb auch diese schon alleine deswegen keine Option war, da sie nicht so leben sollte, wie er es für sich nicht einmal wollte.
Der Begriff der Freiheit war für ihn nicht damit verbunden, immer nur ein Auge beim schlafen schließen zu können, weil man immer damit rechnen musste, früher oder später doch gefunden zu werden. Und war es nicht so, dass man leichtsinniger wurde, je länger es gut ging? Akiharu wollte das nicht. Wenn er frei war, dann ohne Angst haben zu müssen, dass ihm jemand diese zurückgewonnene Freiheit wieder weg nahm.
Ich liebe dich Akiharu.
Dieser eine Satz alleine reichte aus, um ihn aus der Vorstellung zu holen, wie es wäre, wenn er sein Leben lang weglaufen müsste, ohne sich je wieder sicher fühlen zu können - ein Gefühl, das er genauso vermisste wie seine Freiheit. Für andere mochte diese Äußerung seltsam klingen, wenn man bedachte, dass sie nicht in derselben Weise gemeint war, wie es bei anderen der Fall war.
"Ich liebe dich auch, Imouto-chan", erwiderte er leise, versuchte ein Lächeln auf seine Lippen zu bringen, doch der Satz ließ einen dicken Kloß in seinem Hals entstehen, da er ihn daran erinnerte, dass vor ihm die Person hockte, der er blind vertrauen konnte. Und nur dieses Gefühl gemischt mit seinem Wunsch, irgendwann wieder so mit ihr umgehen zu können, wie sie es vor diesem ganzen Albtraum getan hatten, sorgten dafür, dass er die Hand nicht direkt wieder zurückzog, als er ihre warme Haut unter seinen Fingern spürte.
Akiharu konnte die Reaktion seines Körpers spüren. Der kalte Schweiß, der ihm ausbrach, und die Gänsehaut, die sich über seinen gesamten Körper zog. Übelkeit saß wie ein Monster in seinem Magen und versuchte ihn mit Klauen und Zähnen dazu zu bewegen, die Berührung zu unterbrechen. Er schloss die Augen, kniff sie leicht zusammen und atmete tief durch, ohne den Kontakt zu unterbrechen, denn auch wenn er dadurch mit sich selbst kämpfen musste, spürte er auf der anderen Seite doch auch die Wärme, die ihm diese Berührung gab - genauso wie das leise Danke, das durch das Flüstern zwar kaum an seine Ohren drang, von ihm aber dennoch wahrgenommen wurde.
Erst einige Sekunden später, als er merkte, dass er den Kampf gegen seine Panik trotz aller positiven Aspekte verlor, zog er seine Hand zurück, presste sie an sich und senkte den Blick auf den Boden vor sich.
"Es tut mir leid…", gab er leise von sich, ohne zu erwähnen, wofür genau er sich entschuldigte. Bevor er jedoch weiter sprach, schloss er erneut die Augen und biss sich auf die Innenseite seiner Wange.
"I-ich… Ich wünschte, es wäre alles wie früher… Ich wünschte, ich könnte dich einfach umarmen, wenn mir danach ist, aber… selbst das eben ist… schon fast zu viel…"

Milou Pavlova

Es war nicht nur Zuversicht von meiner Seite aus. Ich wollte ihm den Wunsch der Freiheit wirklich ermöglichen. Er hatte das verdient. Natürlich wusste ich wie unüberlegt das alles war. Ich konnte mir auch gut vorstellen wie recht er hatte. Nachdem was Akiharu mir alles erzählte hatte schätze ich diese Menschen genau so ein. Sie werden nicht ruhen bis sie ihn gefunden hatten. Doch was hätte ich tun sollen? Ihm seinem Schicksal überlassen? Niemals. Auf seine nächsten Worte hatte ich natürlich keine Antwort. Bei dem hoffnungsvollen Blick in seinen Augen tat es mir weh ihm genau das sagen zu müssen. „Ich...weiß auch nicht was dann. Aber wir müssen eine Lösung finden. Ich kann dich nicht schon wieder verlieren. Ich habe dich doch grade erst wieder gefunden.“ Ich seufzte. Weglaufen war also auch keine Option. Zu mal es sowieso keine gute Idee gewesen wäre. Egal ob er dort gesucht worden wäre oder nicht. Wo immer dort auch sein möge. Akiharu sollte endlich zu Ruhe kommen. Wenn wir immer auf der Hut sein mussten würde es keine Ruhe geben, niemals. Das konnte es nicht sein und das wollte ich auch nicht für ihn. Ich hatte also im Endeffekt absolut keinen Plan und das war schlecht.
„Das könnte ich mir für dich auch nicht vorstellen. Ich möchte für dich nur das beste auch wenn es heißt das ich mein jetziges aufgeben muss.“ Viel verlieren würde ich sowieso nicht. Es gab nichts was mich hier hielt. Doch durch Akiharu hatte mein Leben wieder etwas, was ein Sinn war und dafür würde ich alles geben. Für Akiharu hätte ich schon immer alles geben. Ich hatte das Gefühl ich müsste ihm noch etwas zurück geben. Er hatte alles für mich getan auf der Straße und ich konnte ihm nie wirklich zeigen wie dankbar ich dafür war. Vielleicht konnte ich ihm so etwas zurück geben. Immerhin war ich nun stärker als er und so konnte ich ihn beschützen. Egal was komme würde.
Mir schoss etwas durch den Kopf. Wahrscheinlich war es absolut absurd doch ich wagte es trotzdem es auszusprechen. Ich wollte die Meinung meines besten Freundes dazu hören. Er kannte diese Person wahrscheinlich besser als jeder andere. „Was ist....wenn wir ihn aus dem Weg schaffen?“ Meine Worte waren nicht mehr als ein Hauchen. Ich schüttelte sanft den Kopf. Mir war klar dass ich eigentlich einfach nur verzweifelt nach einem Ausweg suchte. Mir gingen jedoch die Ideen aus und so versuchte ich mich an jeden noch so kleinen Zipfel zu haften der sich mir bot. Auch wenn es vielleicht noch so verrückt klang.
Akiharu erwiderte die Liebeserklärung. Eigentlich war es der falsche Ausdruck dafür. Immerhin war es nicht die Art von Liebe die man eigentlich damit meinte. Doch er war alles für mich. Durch meinen besten Freund hatte ich das erste Mal wirklich Liebe in meinem Leben erfahren. Er hatte mir die Liebe, Wärme und Geborgenheit geschenkt die ich nie hatte. Ich lächelte ihn glücklich an.
Noch immer berührten sich ganz sanft unsere Hände. Ich konnte ihm ansehen wie schwer es ihm fällt. Ich wollte nicht das es ihm so schlecht ging doch auch ich genoss die Berührung. Es war anders als damals. Es war keine Umarmung, kein kuscheln, kein Händchen halten und doch war es mindestens genauso intim. Ich wusste was es bedeutete das er mich nun wirklich berührte. Ich wollte ihm alle Zeit der Welt lassen und würde ihn niemals zu etwas drängen. Er konnte es steuern, wie weit er gehen wollte oder wann er den Kontakt wieder ablassen wollte.
Akiharu zog dann auch irgendwann seine Hand zurück. Er sah sofort schuldbewusst aus. Ich schüttelte den Kopf. „Nein Akiharu, um Gottes Willen. Entschuldige dich bitte nicht. Es ist vollkommen in Ordnung.“ Ich sprach die Worte mit ernster Miene und doch sanft aus. Ich meinte es genauso wie ich es sagte. Ich konnte es verstehen das er so war wie er war. Das es so handelte, das es ihm schwer fiel. Auch wenn ich nur einen Bruchteil kannte von dem was er wirklich durchgemacht hatte. „Lass dir einfach Zeit. Es war doch nicht das Körperliche was uns verbunden hat. Es war die Zeit und das war wir alles zusammen durchgemacht haben.“ Das Körperliche war für mich immer nur ein Bonus gewesen. Ich hatte mich in seinen Armen immer sicher gefühlt. Aber das was wir hatten ging weit über körperliche Nähe hinaus. Es war auf emotionaler Basis. Diese war viel Tiefer als alles andere. Zumal wir auch nie wirklich intim miteinander waren. Das war etwas was ich mir mit Akiharu nie hätte vorstellen konnten. Es hätte einfach alles schwieriger zwischen uns gemacht und dafür war er mir viel zu wichtig.
Eine Zeitlang saßen wir nun einfach schweigend da. Jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, bis ich wieder das Wort ergriff. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich wollte einfach mal die schlechte Stimmung für einen Moment vergessen. Ihm etwas Normalität schenken. „Los jetzt spring mal unter die Dusche. Das wird dir sicher gut tun.“ Ich würde derweil versuchen noch immer irgendeinen Plan zu schmieden. Aufgeben war noch nie meine Art gewesen. Ich möchte mich nicht mit dem Gedanken abfinden das hier Ende sein soll. Ich hatte es tatsächlich geschafft Akiharu zu befreien und dann sollte ich ihn kampflos wieder übergeben? Niemals.

Akiharu Sasaki

Was ist....wenn wir ihn aus dem Weg schaffen?
Für einen Moment glaubte Akiharu, er hätte sich vielleicht verhört, da Milou so leise sprach, dass er es kaum wahrnahm. Dennoch meinte er, dass sie genau das gesagt hatte und seine Augen weiteten sich als er zu ihr sah und sie den Kopf schüttelte, als wollte sie den Gedanken an diese Idee wieder loswerden. Diese einfache Geste reichte nur leider nicht aus, um die Vorstellung aus seinem Kopf zu vertreiben, wie sie tatsächlich versuchte, dies umzusetzen. Ein Hauch Panik stieg in ihm auf, wenn er nur daran dachte und die Bilder vor seinem inneren Auge machten es bei weitem nicht besser. Bilder, in denen Xaldin sie persönlich zwischen die Finger bekam und ihr unvorstellbare Dinge antat, während er dabei zusehen musste, um ein Exempel an ihr zu statuieren und ihm klar zu machen, dass er nie wieder versuchen sollte, sich gegen ihn zu stellen.
Die Bilder schnürten ihm die Kehle zu, nahmen ihm die Luft zum Atmen und legten sich wie eine Stahlklammer um sein Herz. Heftig schüttelte er den Kopf - nicht nur in der Hoffnung, so diese grauenhafte Vorstellung zu vertreiben, sondern auch um ihr klar zu machen, dass diese Idee vermutlich das reinste Himmelfahrtskommando war.
"Ich glaube, das ist keine so gute Idee… Bisher hat es noch keiner geschafft, an ihn heranzukommen und ich kann ihn nicht einschätzen, was er alles drauf hat, wenn man es doch schaffen sollte."
So gut Akiharu auch wusste, wie grausam sein Gönner sein konnte, so schwer war er einzuschätzen, wenn es darum ging, was er selbst alles konnte. Immerhin ließ er die Arbeit immer andere machen, um sich selbst die Hände nicht schmutzig zu machen. Doch anders als Morimoto, der nur durch seine Mitarbeiter gefährlich war, glaubte er nicht, dass es bei Xaldin genauso war. Dafür wirkte er zu selbstsicher, selbst wenn Nazar oder ein anderer nicht in der Nähe waren.
Doch so sehr ihn die Idee seiner besten Freundin auch in Angst versetzte, verstand er, warum sie sich an jeden noch so kleinen Strohhalm klammerte, den sie finden konnte. Ginge es um etwas anderes, um etwas Banaleres oder zumindest weniger Gefährliches würde er dies wohl süß finden, aber leider war dem nicht so - ganz egal wie sehr er es auch nachvollziehen konnte. Wäre es umgekehrt, würde er auch alles in seiner Macht stehende versuchen, um sie aus der Situation herauszuholen.
"Du wirst mich nicht verlieren, auch wenn ich zurückgehe", versicherte er ihr und fühlte den Impuls in sich, nach ihrer Hand zu greifen und diese zu drücken, um seine Worte noch zu unterstreichen. "Aber genauso wenig, wie du mich verlieren willst, will ich dich verlieren. Und dafür muss ich zurück."
Akiharu konnte sich vorstellen, wie schwer es ihr fallen musste, ihn später wieder gehen zu lassen, aber es ging nicht anders. Selbst wenn Ihnen etwas einfallen würde, wie er von dort dauerhaft weg käme, bräuchten sie einen Plan und der wäre mit Sicherheit nicht an diesem Abend geschmiedet. Zumindest nicht lückenlos und eine Nacht und Nebel Aktion würde gegen jemanden wie Xaldin niemals funktionieren. Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als zurück zu gehen und durchzuhalten, bis ihnen die zündende Idee kam, in der Hoffnung, dass sie diese hatten, bevor er nicht mehr konnte…
Der Gedanke legte sich wie ein schwerer Stein auf sein Gemüt und drückte es noch tiefer. Er wollte nicht aufgeben, doch es gab immer wieder Momente, in denen er das Gefühl hatte, das alles nicht mehr auszuhalten und er wusste nicht, wie viele solcher Momente es noch brauchte, bis er wirklich aufgab.
Milous Lächeln verscheuchte diesen trüben Gedanken, gab ihm für einen Augenblick neue Hoffnung und Kraft. Schon alleine für sie und Sayuri musste er weiter kämpfen. Und einen Anfang tat er damit, indem er dem Impuls nach einer Berührung nachkam und seine Finger sacht auf ihre legte. Lange hielt er das Ganze zwar nicht durch, was einen Teil von ihm frustrierte, doch er war ihr auch dankbar. Sowohl dafür, dass sie ihm alle Zeit der Welt gab und ihn die Entscheidung treffen ließ, wie weit er ging und wie lange er die Berührung aufrecht hielt, als auch für ihre anschließend aufmunternden Worte. Sie waren wie Balsam für seine geschundene Seele, die seit langer Zeit kaum noch etwas anderes als Schmerz und Leid kannte. Zuspruch war auf dem Anwesen von Xaldin Mangelware, sodass er es noch viel mehr genoss, diesen nun von seiner kleinen Schwester zu bekommen.
Sie hat recht, ging es ihm durch den Kopf. Es war schwer für ihn, sich das einzugestehen, denn es störte ihn schon lange, dass er bei jeder kleinen Berührung von anderen zurückschreckte. Die Nächte, in denen er keine andere Wahl hatte, waren somit in zweierlei Hinsicht die reinste Qual und Tortur für ihn. Doch bei ihr sollte dies nicht der Fall sein. Er wollte keine Angst davor haben und in Panik verfallen, da er immer wieder spürte, wie es ihn in ihrer Nähe überkam, sie einfach zu berühren, um ein wenig Normalität in ihren Umgang zurückzubringen.
"Du hast recht", gab er leise zu, auch um sich selbst darüber noch einmal klar zu werden. Ihre tiefe Bindung zeichnete aus, dass sie in schweren Zeiten füreinander da waren, ohne den anderen hängen zu lassen. Selbst wenn das bedeutete, dass sie sich einen Platz in einer Obdachlosenunterkunft für eine Nacht teilten oder diesen nicht Anspruch nahmen, wenn sie es nicht durften. Eine gemeinsame Nacht im Freien war allemal besser als getrennt. Dass sie dabei die körperliche Nähe des anderen suchten, um sich noch ein Stück sicherer zu fühlen, war dabei nur ein kleiner Zusatz, den es aber nicht zwingend gebraucht hätte, da es auch ohne eine gewisse Nähe zwischen ihnen gab - nur eben auf eine andere Art und Weise.
"Und doch wünsche ich mir, dich irgendwann einfach mal wieder in den Arm nehmen zu können, wenn mir danach ist oder es nötig ist", fügte er noch hinzu. Akiharu wusste, dass es ein langer harter Weg werden würde, um wieder an diesen Punkt gelangen zu können und er hatte keine Ahnung, ob er das überhaupt schaffen konnte, solange er nur eine Marionette war, deren Fäden Xaldin in der Hand hatte. Den ersten Schritt hatte jedoch getan und er hoffte, dass es bei ihrem nächsten Wiedersehen nach diesem Abend nicht schon wieder ganz anders aussah. Für den Moment war die kurze Berührung ihrer Hände aber alles, was er tun und ertragen konnte und somit war es vielleicht auch keine schlechte Idee, erstmal unter die Dusche zu gehen - und etwas Abstand zwischen sie zu bringen. So leid es ihm im Inneren auch tat, war ihm durch die Berührung selbst diese Nähe, die sie gerade hatten, im Augenblick zu viel.
Aus diesem Grund nickte er nur und stand auf, um ins Bad zu gehen, um die Spuren des Abends zu beseitigen. Auf halbem Wege blieb er allerdings noch einmal stehen und drehte sich zu Milou um.
"Danke. Einfach für alles. Auch wenn ich weiß, dass meine Probleme dich in Gefahr bringen können und das eigentlich ziemlich egoistisch ist, bin ich froh, dich wieder in meinem Leben zu haben, Imouto-chan."
Akiharu wusste, dass sie es womöglich als selbstverständlich ansah, dass sie ihm halt und für ihn da war, weil das unter Freunden - vor allem aber unter besten Freunden, die schon soviel zusammen durchgemacht hatten, wie sie - einfach normal sein sollte und doch war er der Meinung, dass es ein Danke allemal wert war.
Ein schwaches Lächeln schlich sich auf seine Lippen, bevor er sich endgültig abwandte, um im Bad zu verschwinden. Der Raum war nicht sonderlich groß, beinhaltete aber alles, was man zum Leben brauchte und was man auf der Straße vermisste. Selbst für Akiharu, der seit ein paar Jahren einen anderen Standard erlebte, gab sich damit vollkommen zufrieden. Er brauchte keine Waschbecken aus Marmor oder vergoldete Armaturen. Oder gar eine Badewanne, in der ganz bequem zwei Leute Platz fanden. Das alles war übertrieben und überflüssig. Vielleicht hatte er aber auch kein Auge für so etwas, weil das Badezimmer kein Ort war, an dem er sich gerne aufhielt. Im Grunde bot es wohl die Privatsphäre schlechthin und doch gestaltete er seinen Aufenthalt in diesen vier Wänden für gewöhnlich so kurz wie möglich - was er auch jetzt vor hatte.
Mit dem Rücken zu dem kleinen Badspiegel über dem Waschbecken gewandt, schälte er sich aus seinen Sachen und schloss dabei zusätzlich die Augen. Für einen Außenstehenden mochte es seltsam anmuten, doch obwohl er in diesem Körper steckte, ertrug er seinen eigenen Anblick nicht. Er wusste, was er sehen würde, sähe er in den Spiegel oder an sich hinab: trostlose und leere Augen, die für sein Alter schon zu viel gesehen hatten, und einen abgemagerten Körper, der schon zu viel ertragen musste. Blutergüsse in den unterschiedlichsten Farbschattierungen zierten sowohl seine Arme, von den Situationen, in denen er unsanft gepackt und festgehalten wurde, als auch seine Oberschenkel. Er musste sie nicht sehen, um zu wissen, dass sie da waren, denn er spürte sie zu jeder Zeit, auch wenn er sich an den Schmerz bereits mehr oder weniger gewöhnt hatte. Durch einen speziellen Tee, den er von Xaldin bekam, wurden sie nur geheilt, wenn es wirklich nötig war und der Geschäftspartner unversehrte Ware wollte. Schrammen und blaue Flecken von anderen mussten in so einem Fall verschwinden und das ohne, dass man ewig darauf warten musste.
Ein kühler Luftzug strich über seine Haut und machte ihm bewusst, dass er langsam unter die Dusche sollte. Akiharu öffnete die Augen wieder und stieg in die kleine Kabine, deren Tür er schloss, bevor er das warme Wasser aufdrehte. Anschließend stellte er sich darunter, schloss erneut die Lider und lehnte die Stirn gegen die kühlen Fliesen, die einen guten Kontrast zu dem heißen Wasser boten, das auf ihn herabprasselte. Beides ließ ihn für einen Moment vergessen, wo er war und was an diesem Abend noch auf ihn wartete, wenn er wieder zurück in seinem goldenen Käfig war, und er blieb mehrere Minuten so stehen, um diesen Zustand zu genießen - ganz vergessend, dass er damit auch Milous Wasserrechnung in die Höhe trieb.

Milou Pavlova

Natürlich war es eine schlechte Idee meinerseits. Mir war das schon bewusst. Akiharu sah das genauso was er mir mit einem Kopfschütteln signalisierte. Ich war jedoch mittlerweile so verzweifelt dass mir die Ideen ausgingen, dass ich einfach nicht mehr weiter wusste. In meinem Kopf rasten die Gedanken, suchten Ideen, jegliche kleinste Möglichkeit wie ich ihm helfen konnte aus diesem Albtraum zu entfliehen. Ich klammerte mich an den letzten Strohhalm der mir noch blieb. Dabei kamen nun mal auch solche total verrückten Ideen bei heraus. Ich war ja schon selbst dabei diesen wieder über Bord zu werfen. Für mich wäre es zwar kein Problem ihn durchzusetzen. Für Akiharu würde ich mich vor den Zug werfen oder meine Niere hergeben wenn er dann nur glimpflich davon kam doch wusste ich zu gut das er es niemals zulassen würde dass ich mich ihm auch nur ansatzweise näherte.
Wir waren beide zu Stur. Akiharu würde niemals zulassen das ich mich in Gefahr brachte. Er würde alles dafür tun um mich zu schützen. Sogar wieder zurück zu diesem Monster gehen. Ich konnte das jedoch nicht zulassen. Ich würde alles dafür tun das er nicht zurück ging. Wir kamen so auf keinen Nenner. Das alt bewehrte Problem war immer noch da und würde wohl auch bleiben. Wir brauchten eine Lösung und zwar schnell. Am besten noch bevor der Abend sein Ende fand.
„Ich weiß.“, antwortete ich ihm auch wenn mir weniger danach war im in dieser Situation recht zugeben. „Aber...wieso lässt du es mich nicht versuchen?“ Natürlich konnte ich noch immer nicht einschätzen wie dieser Xaldin drauf war. Ich kannte lediglich mittlerweile seinen Namen und die wenigen Details die Akiharu hatte durchsickern lassen. Weder ein Bild sonst noch wichtige Informationen hatte ich über ihn. Das einzige was ich wusste war, an ihn heranzukommen war leicht. Ich bräuchte lediglich die Hilfe meines besten Freundes und hier kamen wir jedoch direkt an das Ende des Plans. Diese würde ich niemals bekommen. Mir war bewusst das es in keinster Weise bösartiger Natur von ihm war. Er wollte nicht das mir etwas passierte. Doch genau das wollte ich auch bei ihm nicht. Und wieder standen wir vor dem selben Dilemma.
Es war immer das selbe. Wie ein Ping-Pong-Ball ging es hin und her. Keiner wollte dem anderen etwas schlechtes und brachte ihn somit aber in eine schwierige Situation. „Wie soll ich dich denn nicht verlieren wenn du zurück gehst?“ Am liebsten hätte ich geschrien, um mich geschlagen oder sonst irgendwas getan um meinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen doch ich ließ es. Sprach sie ganz normal aus. Was hätte es gebracht? Wohl möglich hätte ich Akiharu im schlimmsten Fall noch erschrocken. Nein das war es nicht Wert. Doch ich wusste auch das seine Worte nicht wahr waren, so gerne ich es geglaubt hätte. Mir war bewusst, sobald er zurück geht war unsere gemeinsame Zeit wieder vorbei. Emotional gesehen waren wir nie getrennt. Das waren wir auch nicht bei unserem letzten Verlust. Doch Akiharu würde wieder zurück in die Höhle des Löwen müssen, weiter diesen physischen wie psychischen Schmerz durchleben und ich konnte nur hier sitzen und nichts tun. „Du wirst mich nur verlieren wenn du zurück gehst nicht wenn ich dir irgendwie helfen kann.“, führte ich meinen Satz zu Ende.
„Wenn du irgendwann dazu bereit bist, kannst du mich jeder Zeit in dem Arm nehmen.“, sagte ich und rang mich zu einem Lächeln durch. Wie oft war mir in den letzten Tagen danach gewesen ihn einfach in den Arm zu nehmen, zu drücken und mich an ihn zu kuscheln so wie es früher war. Das es nicht ging war mir vollkommen klar und akzeptierte es in vollem Maße. Nur wie es dazu kam, dass akzeptierte ich nicht. Alles führte auf diesen Xaldin zurück. Er kam nie davon los. Egal worum es ging, im Endeffekt kam man wieder bei ihm heraus. Wie ein einzelner Mensch so ein ganzes Leben kontrollieren konnte. Es wollte nicht in meinen Kopf. Das zeigte jedoch auch mal wieder wie recht Akiharu hatte. Dieser Mensch war das Böse in Person. Er war nicht zu unterschätzen. Es fröstelte mich bei dem Gedanken wie oft er mir das nun schon alleine anhand seiner Wörter gezeigt hatte.
Akiharu erhob sich um ins Bad zu gehen. Ich schaute ihm nach. Mein Blick ähnelte wahrscheinlich einem kleinem Welpen der seinem Herrschen nachsah dass dieser auch ja wieder kommen würde und ihn nicht alleine lassen sollte. Irgendwie fühlte ich mich auch so. Die Angst war da, dass Akiharu nicht wieder zurück kam und mich alleine ließ. Auf seine Worte fiel mir im ersten Moment nichts gescheites ein. Es machte mich sprachlos. Wieso bedankte er sich für etwas was so selbstverständlich war? Ich würde für ihn die Hölle einfrieren wenn es sein musste und ich wusste das er genau das gleiche für mich machen würde wenn ich irgendwann mal an der Reihe war und seine Hilfe brauchte. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich glaube dieses Lächeln, war das erste an diesem Abend was wirklich einzig und alleine von Herzen kam. Mich machten diese Worte überglücklich. „Gern Geschehen, Brüderchen. Ich bin auch froh.“ Als er im Bad war machte ich mich auf der Couch lang und starrte an die Decke. Was tat ich nun? Konnte ich die Zeit für irgendwas sinnvolles nutzen? Wohl eher weniger. Wir hatten nicht mal einen Plan was also tun? Meine Gedanken rasten erneut wollten aber doch nichts finden. Wie sollte man auch einen Menschen vernichten über den man nichts wusste? Wer war er? Wieso hatte er so viel macht? Wie viel Macht hatte er überhaupt? War es wirklich so viel das alles ausweglos schien? Ich schüttelte heftig mit dem Kopf. Das konnte alles nicht wahr sein. Der Gedanke das mir nur noch wenig Zeit mit Akiahru blieb machte mich wahnsinnig, ja ließ mich förmlich durchdrehen. Er durfte nicht zurück gehen. Er durfte es nicht weiter durchmachen was er schon viel zu lange durchmachen musste.
Ich war eine schlechte Freundin, schoss es mir durch den Kopf. Ich würde ihn gehen lassen ohne etwas getan zu haben. Wofür hatte ich dann vorhin überhaupt einen auf große Klappe gemacht, ihn von dort gerettet, sogar einen Menschen getötet vor aller Augen, wenn er jetzt sowieso wieder zurück musste. Es machte keinen Sinn. Alles machte grade keinen Sinn. Es fühlte sich so unrecht an und doch prasselte die Realität auf einen herein wie ein Presslufthammer. Durch die ganzen Gedankengänge hatte ich völlig die Zeit vergessen. Ich hörte noch immer das Wasserrauschen und mein bester Freund war noch immer im Bad. Ich erhob mich von der Couch um nach ihm zu sehen. Ich wollte ihm keineswegs nach spionieren oder dergleichen, ich sorgte mich einfach. Wer weiß schon was ihm in seiner Verfassung alles zustoßen konnte. Hätte ich ein Fenster im Badezimmer hätte ich wohl sogar die Angst gehabt er hätte sich klammheimlich davon geschlichen um es uns einfacher zu machen und mir nicht die Chance zu geben ihn mit weiteren dummen Ideen aufzuhalten. Vorsichtig klopfte ich an die Badezimmertüre. „Akiharu.....ist alles in Ordnung?“ Gespannt wartete ich auf eine Reaktion. Sofort kam mir der Gedanke was ich machen sollte wenn er mir nicht antworten würde. Ich konnte doch nicht einfach ins Bad platzen. Ich verdrängte den Gedanken einfach schnell wieder in der Hoffnung es ging Akiharu gut und er hatte wie ich die Zeit vergessen.
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