Wind Beyond Shadows

Normale Version: Nihongode no kyūka
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Wie er Xi dazu hatte überreden können, wusste er im Nachhinein auch nicht mehr. Und doch waren sie hier und es dauerte nicht mehr lang, bis der Flieger landen und sie mit dem Auto zu seinen Großeltern fahren würden. Genau rechtzeitig zum Höhepunkt des Kirschblütenfestes. Obwohl er durch und durch Japaner war, konnte er nicht behaupten, schon mal eines Besucht zu haben. Was an und für sich eine Kunst war, wurde dieses Fest doch in jedem noch so kleinen Dorf begangen. Ganz zu schweigen von den Großstädten wie Tokyo, wo es gefühlt ein Feiertag war!
Aber was sollte man als Single bei einem solchen Fest? Die ganzen Paare beobachten, sie wie Hand in Hand über die Wege schlenderten und Gefahr liefen sich hier und dort gegenseitig Süßes in den Mund stopfen? Nur die allgemein herrschende Prüderie hielt die meisten davon ab, dessen war er sich sicher.
Seinen Gedanken folgend, spähte er zu Xi hinüber und beschloss noch ein wenig zu dösen. Die Aufregung würde schnell genug wieder einsetzen...
Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, wachte er durch das Ruckeln wieder auf und fragte sich, wann er eingeschlafen war. Wie zu erwarten, war Xi wieder hellwach. Warum hatte dieser ihn nicht geweckt? So gut es ging, streckte er sich und spürte, wie sie aufsetzten. Weitere Minuten verstrichen, ehe sie zum Stillstand kamen und noch mehr, bis sie aussteigen und ihre Koffer holen konnte. Die Aufregung hatte ihn nun voll im Griff und Chiaki musste sie beherrschen, um nicht los zu plappern oder Xi hier oder dorthin zu ziehen, um ihm verschiedene Sachen zu zeigen.
Einige Atemzüge brauchte es, bis er sich soweit entspannte, wie es derzeit möglich war.
„Ok, lass uns los!“, verkündete er, stiefelte nach draußen und atmete die frische Luft ein, die nach dem langen Flug eine wahrliche Wohltat war! Während er einatmete, schaute er sich um und erkannte unweit von ihnen einen Angestellten seiner Oma, die ihn wohl geschickt hatte, um sie abzuholen. Mit einem Zupfen an Xis Ärmel, machte er auf ihn aufmerksam, doch er schien Chiaki selbst erkannt zu haben, kam auf sie zu und begrüßte sie förmlich und höflich, ehe er Chiaki in die Arme schloss. Der Mann im mittleren Alter half ihnen dann, als auch Xi respektvoll begrüßt worden war, mit den Koffern, während sie derweil einsteigen konnten.
„Schon nervös?“, wollte er auf chinesisch wissen, wusste aber, das Xi es nicht zugeben würde. Chiaki hatte sich hinten hingesetzt, um neben ihm zu sein. Ob Fragen aufkommen würde, sollte sich noch zeigen, bis dahin jedoch, genoss er noch die Zeit der Ruhe. Es war nicht so, das der Flug besonders aufregend gewesen war, doch nun scheint der alte Stress von ihm abzufallen, während sich neuer in ihm aufbaute. Was soviel bedeutete, das er später entweder wie ein Stein schlafen würde, oder Kopfschmerzen des Jahrhunderts auszuhalten hatte. So oder so, er war vorbereitet.
Sein Blick wanderte nach draußen, wo die Bäume hauptsächlich von pinken und weißen Blüten bedeckt waren. Nicht mehr lang und die wunderschönen Blüten würden sich lösen und vom Wind davon getragen werden, doch ehe es soweit war, wollten sie den Frühling und die Feste genießen, zu denen er Xi schleppen würde. Nicht alle, aber das ein oder andere musste er gesehen haben. Besonders das in Kyoto, das Ziel ihrer Reise, war mehr als einen Blick wert.
Wenn es nach ihm gegangen wäre, so hätte er die erste Begegnung mit seinen Grosseltern bis in den Sommer hinaus gezögert, denn auch wenn er sonst so wagemutig und scheinbar angstlos selbst gefährlichen Dämonen gegenüber trat, so hatte er doch ordentlich Muffensausen vor dieser Begegnung. Kannte er Chia doch nur all zu gut, um zu wissen wie sehr ihm die beiden am Herzen lagen und wie viel Wert er auf ihre Meinung legte. Was, wenn sie ihre Beziehung nicht gut heissen würden, oder schlimmer noch, wenn sie ihn absolut nicht ausstehen konnten ? Fragen über Fragen, welche ihm die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet hatte, je näher der Tag der Abreise kam. Konnte er doch unmöglich voraussehen, wie sie reagieren würden, geschweige denn, wie sie auf den Antrag reagieren würden. War es doch vollkommen egal, das Chia ihn damit mehr oder minder überrumpelt hatte, so musste der Tradition doch Folge geleistet werden. Nun gut, eigentlich hätte er seine Eltern um Erlaubnis fragen müssen, doch wer auch nur einen Blick auf sie warf wusste, das sie vollkommen irrelevant waren und ihre Meinung niemanden interessierte.. Regierten doch noch immer die Grosseltern über die Familie und hatten somit das Glück, oder Unglück für ihre Zukunft in ihren Händen. So kam es, das er tatsächlich anfing japanisch zu lernen. Wusste er von Chia doch, das seine Grosseltern nur gebrochen englisch sprachen und wenn er schon um die Hand ihres Enkels anhielt, so war es doch das Mindeste, das er es in ihrer Sprache tat. Selbst die verschiedenen Bräuche und ungesagten Regeln studierte er, sobald er auch nur eine freie Minute hatte, da er nicht vor hatte etwas dem Zufall zu überlassen. Hatte er doch nicht die Absicht heraus zu finden, was passieren würde, wenn Chias Grosseltern seinen Antrag tatsächlich abwiesen, weil sie ihn als nicht würdig genug erachteten, oder gar andere Pläne für ihren Enkel hatten.
So konnte er auch im stundenlangen Flug kein Auge zu machen und hörte weiter seinen CD`s zu, während er amüsiert beobachtete, wie sein kleiner Klammeraffe seelenruhig die Zeit verschlief. Natürlich hätte ihn dies nicht wundern müssen und doch schüttelte er amüsiert den Kopf, weil er so friedlich schlief, während ihm tatsächlich der Mut und das Herz in die Hose rutschte. Ein Umstand, der sich nicht verbesserte, je näher ihr Ziel in Sicht kam und die Zeit der Wahrheit nahte. Kurz dachte er tatsächlich darüber nach einen Rückzieher zu machen, doch das konnte er Chia nun wirklich nicht antun. Immerhin wollten sie eine gemeinsame Zukunft haben, dann musste er wohl oder übel in den sauren Apfel beissen und auf das Beste hoffen.
So blieb er, wenigstens nach aussen hin, vollkommen ruhig und gelassen, als sich Chia endlich zu regen begann, natürlich passend kurz bevor sie landeten. Aufmunternd lächelte er ihn an, blieb ansonsten jedoch noch schweigsamer, als er es ohnehin schon immer war. Redete Chia doch meist mehr als nur genug, so das es für sie beide locker langte, doch selbst er schien angespannt zu sein und statt munter drauf los zu plappern, war er verdächtig ruhig. Aufmerksam behielt er ihn im Blick, während er sich selbst im Hintergrund hielt und ihm brav folgte. Kannte er sich hier am Besten aus, so das er sich vollkommen auf ihn verliess. Dennoch konnte er es nicht ganz vermeiden sein Blick immer wieder wachsam durch die Horden von Menschen gleiten zu lassen, um mögliche Gefahren früh genug zu entdecken. War und blieb er doch trotz allem ein Jäger, welcher niemals in seiner Aufmerksamkeit nachlassen durfte, da schon ein Wimpernschlag über Leben und Tod entscheiden konnte und was Chia einging, so war er nicht bereit auch nur das kleinste Risiko ein zu gehen und ihn so unnütz in Gefahr zu bringen.
Immerhin hatten sie dann endlich ihre Koffer und wurden doch tatsächlich erwartet, auch wenn sein Blick misstrauisch über den Typen glitt, der seinen Schatz, für seinen Geschmack viel zu nahe kam. Dennoch begrüsste er ihn höflich, eh er sich auf die Rückbank des Autos verzog, nur um im nächsten Moment leise auf zu schnauben, als er doch tatsächlich gefragt wurde, ob er nervös war. Würde er der gleich doch niemals zu geben und schon gar nicht vor einem Wildfremden. Daher warf er ihm auch nur einen lauernden Blick zu und zu ergründen, ob alles mit ihm ok war. "Nervös bist wohl eher du, denn du hast mich tatsächlich schon seit Stunden nicht mehr vollgeplappert" wies er ihn auf sein fehlendes Geplauder hin und grinste ihn kurz verschmitzt zu, eh er ihn vorerst in Ruhe liess und seinen Blick hinaus auf die Fenster richtete. War es doch nicht das erste Mal, das er in Japan war, doch meist war er in den jeweiligen Instituten zu offiziellen Anlässen unterwegs gewesen, so das die Sicht des Touristen glatt eine neue Perspektive war, an welcher er durchaus Gefallen fand. Tauchten die zahlreichen Kirschbäume, welche überall rosa und weiss funkelten, alles in ein Märchen zu verwandeln, fast als wären sie in eine andere Zeit hinein versetzt worden. "Gibt es noch irgendwelche Details, die ich wissen muss und die du mir bisher verschwiegen hast, damit ich nicht flüchte ?" ergriff er schliesslich doch wieder das Wort und blieb vorsorglich in seiner Muttersprache, darauf hoffend, das ihr Chauffeur sie nicht verstand.
Chiaki lachte bei dem Blick leise, sprach dieser doch wirklich Bände. Wer von ihnen nervöser war, musste man nicht fragen, stand für Xi doch scheinbar mehr auf dem Spiel. Neue Kultur, eine Sprache, der er sich in der letzten zeit ständig ausgesetzt hatte und dann noch zwei Menschen, die auf die angelernten Sprachkünste angewiesen waren. Zwar wäre Chiaki im Zweifelsfall immer in Rufweite, um zu dolmetschen, doch wusste er, das Xi nur im äußersten Notfall darauf zurück greifen würde. Nicht verwunderlich, würde sich Chiaki in der Situation doch auch so verhalten. Umso lustiger war der aufmunternde Blick, den Xi IHM zu warf.
Kurz zwickte er ihn ins Bein, ehe er wieder nach draußen sah. Ein wohlvertrauter süßer Schmerz machte sich in ihm breit. Heimweh und Fernweh vermischten sich miteinander und ergaben etwas, das er lang nicht mehr gehabt hatte. Warum mussten beide Länder auch soweit voneinander entfernt liegen? Wie oft würde dann auf Besuch herkommen... So aber mussten es lange, ausgedehnte Urlaube bleiben, bis er sich irgendwann entschieden hatte, wo er schließlich bleiben wollte. Wenn Xi mitspielte, wäre hier der passende Ort, doch die Entscheidung traf er nun nicht mehr alleine.
„Hmmm,... ich denke nicht, alles wichtige hab ich dir gesagt und das meiste kennst du ja.“, überlegte er Xi war nicht dumm und würde vieles schlussfolgern oder aus dem Zusammenhang verstehen können. Und so verschieden waren ihre Kulturen ja nun auch nicht. Würde Xi aus Europa oder Amerika stammen, wäre es bedenklicher, aber so...
„Da schau, die Reisfelder meines Opas fangen da an...“, erzählte er und bemerkte nun deutlich, wie nervös er war. In den nächsten Stunden würde es zweifelsohne verschwinden, doch bis dahin würde er am liebsten neben dem Auto her rennen, um die überschüssige Energie los zu werden. Dumm nur, das es einen sehr seltsamen Eindruck machen würde. So musste Xi herhalten, den er wieder leicht piekte. Was zuvor dafür sorgte, das er schweigsam war, brach sich nun bahn und Chiaki hatte zu tun, die Zunge im Zaum zu halten, um Xi nicht mit allen möglichen Informationen zu überhäufen.
Gut, das in dem Moment das große Anwesen in Sicht kam und und Chiaki wieder recht Wortkarg wurde. Ein Wechselbad der Gefühle, bei dme er nicht wusste, wie er sich verhalten sollte. Immerhin widerstand er dem Drang, nach der Hand Xis zu schnappen. Der Fahrer, auch wenn Chiaki ihn schon einige Jahre kannte, sollte nicht eher informiert sein, als seine Großeltern. Zwar ahnte er, das seine Oma längst durch die Videoanrufe beschied wusste, aber eine Gewissheit hatte er nicht. Sie sollte ohnehin die erste sein, die es erfuhr, damit sie seinen Opa ein wenig weichklopfen konnten.
„Am besten... also... ach du weißt sicher, was du tun musst... Fall nicht mit der Tür ins Haus... Allein, das ich dich mit herbringe, wird wohl für sich sprechen... abgesehen davon... du machst dir die Mühe mit der Sprache, das wird sie schon freuen und zeigen, das du Interesse hast u nicht nur so dabei bist. Haaaaach...“ Wie gern würde er einen Schnaps trinken, um die Nerven zu ersäufen, doch die Gefahr dann zu müde zu werden, war groß. Das er zuvor erst einige stunden im Flieger geschlafen hatte, spielte dabei keine Rolle.
Ehe sein Plan Gestalt annahm, fuhr das Auto durch das große Tür auf den Parkplatz im Eingangsbereich. Chiaki warf Xi noch einen aufgescheuchten Blick zu, stieg aus und holte sich streckend, Luft. Vertraute Gerüche strömten auf ihn ein, erinnerten ihn an Kindheit, an Frühling, Feld und Familie, was ein fettes grinsen auf seine Lippen zauberte.
In den Boden eingelassene Steine führten zum Eingangsportal des Hauses, wollte man meinen, doch es war die Terrasse, die man zunächst betrat. Sie führte um das ganze Anwesen herum und schützte den großen Innengarten, der im Hof gelegen war. Ein blankpolierter Boden breitete sich unter ihnen aus. Chiaki genoss den Anblick und bemerkte nur am Rande, das ihre Taschen darauf abgestellt wurden und der Fahrer sich verabschiedete. Wie lang er am Flughafen gewartet hatte, konnte Chiaki nur raten.
„Dann Willkommen....“, strahlte er Xi an, schon wieder im Begriff, ihn anzuspringen. Doch nun, da sie hier waren, musste er sich benehmen und es ruhiger angehen lassen, bis sie unter sich und richtig angekommen waren.
Die Schiebetür zu einem Vorraum wurde geöffnet und eine Frau um die 50 blickte die beiden überrascht an. Doch es dauerte nur einige Momente, ehe sie sich fing und sich ein gemütliches Lächeln zeigte. „Da seid ihr beiden ja. Ich habe mich also nicht geirrt. Willkommen in Kyoto ihr beiden!“ Sie kam auf die beiden zu und drückte Chiaki herzlich an sich. Schob ihn kurz weg, um ihn zu mustern, nur, um ihn dann erneut an sich zu drücken. „Du bist gewachsen.“, stellte sie schmunzelnd fest und blickte dann auf Xi, der doch größer wirkte, als es in den Videoanrufen den Anschein hatte. Nachdem sie Chiaki los gelassen hatte, verneigte sie sich höflich vor ihm.
Normalerweise freute er sich auf Reise, fremde Länder und deren Kulturen, da er selten aus Phönix heraus kam. Doch diesmal war es etwas vollkommen anderes. Ging es hier doch nicht um irgendeine stinklangweilige Veranstaltung, bei der er sich blicken lassen musste, oder gar eine geschäftliche Reise zu einem anderen Institut. Dies hier war tatsächlich eine Privatreise, die ihn Kopf und Kragen kosten konnte.
Natürlich zweifelte er nicht daran, das Chia ihn liebte, doch was sollte er tun, wenn seine Grosseltern nicht mit der Tatsache klar kamen, das er nicht nur einen Mann liebte, der nicht nur um einiges älter und eben männlich war, nein, das er ihn sogar heiraten wollte. Immerhin waren Beziehungen unter Männern noch immer verpönt, wurden verschwiegen, ja waren sogar teils noch verboten. Wie konnte er da erwarten, das sie ihm ihren Segen gaben, welcher so unendlich wichtig für Chia war.
Kein Wunder also, das ihm das Herz bis zum Hals hinauf schlug und er sich in jede x-beliebige Dämonendimension wünschte, da diese ihm sehr viel einfacher zu bewältigen vorkam, als die Aufgabe, die nun vor ihm lag. War er sich doch nur all zu genau bewusst, wie wichtig ihm seine Grosseltern waren und wie viel Wert er auf dessen Meinungen lag. Wie also konnte er da nicht nervös sein ??? Immerhin kam da auch noch die Sprachbarriere hinzu, die es ihm alles andere als leicht machte. Da half es ihm nicht einmal, das er eigentlich sehr schnell andere Sprachen lernte und relativ geschickt beim bewältigen von Sprachbarrieren war. Hier ging es um alles, oder nichts und wenn es richtig daneben ging, konnte er tatsächlich alles verlieren, was ihm in den letzten Monaten heilig geworden war.
Das Chia schlimmer herum zappelte, als ein ganzer Sack Flöhe, machte die Situation natürlich nicht gerade leichter, so das er fast ein wenig erleichtert war, als er endlich einschlief. Schuf es ihm doch die Gelegenheit noch einmal die CD`s in Ruhe durch zu hören, auch wenn es jetzt freilich zu spät war, um noch perfekt japanisch zu lernen. Dennoch hoffte er darauf, das sie ihm etwas helfen und nicht vollkommen versagen liessen. Wirklich aufmerksam hörte er nicht zu, da seine Gedanken immer wieder abschweiften und sich die schrecklichsten Szenarien ausmalte, obwohl dies sonst eigentlich nie seine Art war. Immerhin war er der Fels in der Brandung, der selbst in den kritischsten Schlachten nie die Nerven verlor und doch, genau dies passierte nun und je näher ihr Reiseziel war, umso schlimmer wurde das Muffensausen. Hatte er doch absolut keine Ahnung, was ihn erwarten würde.
Wenigstens Chia schien das Nickerchen gut getan zu haben, war er doch etwas weniger zappelig, was sich jedoch schnell als Irrtum heraus stellte, als sie doch tatsächlich abgeholt waren. Eigentlich war es vollkommen hirnrissig, doch irgendwie kam er sich ausgeschlossen vor, erst Recht, als der Kerl doch tatsächlich Chia umarmte. Eifersucht keimte auf, auch wenn es vollkommen bekloppt war, so das er diese mühsam herunter würgte und einfach auf die ganze Situation schob. Immerhin flog man nicht jeden Tag um die Welt, nur um die Grosseltern des Freundes um dessen Hand zu bitten. Fast kam er sich wie in einen kitschigen, alten Film vor, so einen, wie Chia sie nicht so unbedingt mochte und doch kam es der Situation sehr nahe, sofern man nicht all zu kritisch war.
So machte er also gute Miene zum verrückten Spiel, auch wenn Chia da gerade nicht wirklich hilfreich war. Wäre er doch schon dankbar um jeden noch so kleinen Hinweis und zu wissen, wo die Reisfelder seiner Grosseltern anfingen würde ihn wohl kaum weiter bringen. Dennoch war er beeindruckt, welches sich nur noch durch das Anwesen steigerte, welches er so nicht erwartet hatte. Mit dem lieblosen Prunk seiner Kindheit hatte dies nun wirklich nichts zutun. Vielmehr strahlte es eine einladende Wärme aus, so das man sich sofort wohl fühlte, sobald man sich die Zeit nahm sich in Ruhe an zu schauen. Kein einziger Grashalm war am falschen Platz, alles war sauber geputzt, nicht einmal die kleinste Ecke Farbe schien zu fehlen. Perfektionismus und Wohlstand auf den Punkt gebracht, ohne das es einen sofort erschlug. Selbst die kleinen, durchaus bekannten Hinweise brachten ihn daher nicht aus der Ruhe und sorgten dafür, das er ihn amüsiert anfunkelte, sich jedoch einen Kommentar verkniff.
Konnte er sich doch nur all zu gut vorstellen, wie nervös Chia war, endlich wieder hier zu sein und dann auch noch mit ihm im Schlepptau, was die Nervosität wohl um ein Vielfaches steigerte. Daher liess er ihn sich in Ruhe alles anschauen, während er aus einer der Taschen das Gastgeschenk für die Grosseltern hervor zog und dem Fahrer dankbar zu nickte, als er die Taschen neben ihm stellte. Lange hatte er überlegt, was wohl das richtige und vorallem passende Geschenk wäre, so das er immer wieder Ideen aufschrieb, nur um sie schlussendlich zu verwerfen , bis er gestern endlich das Richtige entdeckt hatte. So zog er vorsichtig ein rotes Geschenkpaket hervor, welches mit einer farblich passenden roten Schleife kunstvoll verziert war. Akribisch richtete er die kleine Karte, welche den Traditionen nach mit dazu gehörte gerade noch rechtzeitig, als er auch schon das leise aufschieben einer Tür hörte.
Gerade noch rechtzeitig konnte er das Geschenk hinter seinem Rücken verstecken und schmunzelte leicht, bei der herzlichen Begrüssung der Grossmutter. Erst als die Reihe wohl an ihm war und die Grossmutter ihn anblickte trat er etwas neben Chia und verneigte sich ebenfalls vor ihr. "Vielen Dank, das wir sie besuchen kommen dürfen" begann er, eh er ihr mit ausgestreckten Händen das Geschenk entgegen hielt. "Wir hoffen, das diese kleine Aufmerksamkeit ihre Freude über unseren Besuch noch ein wenig mehren wird" fügte er noch in fast schon perfektem japanisch zu, eh er sie zaghaft anlächelte. "Man nennt mich Shixin Xu, aber die meisten rufen mich immer Xi und es würde mich sehr freuen, wenn sie dies auch tun" stellte er sich dann endlich doch vor und hoffte, das er bloss keinen Fehler gemacht hatte. Immerhin war das Internet nicht gerade sehr aufschlussreich gewesen und Chia auch nicht wirklich, da er in dessen Augen wohl keine Fehler machen konnte. Dennoch war der erste Schritt immer der Wichtigste und Fehler waren da nun wirklich nicht erlaubt, oder gar erwünscht.
Sollte der Notfall eintreten, würde Chi sich irgendwie Zweiteilen, denn es ging weder ohne seine Großeltern und schon gar nicht ohne Xi. Wenn es nach dem jungen, frechen Kerl ging, würden sie irgendwann hier auf dem Anwesen leben, ein Haufen Kinder haben und alles, was dazu gehörte. Sollte aber das Schlimmste eintreten, wäre Japan am Ende der Welt und Besuche würden zwar Stattfinden, doch wären sie seltener und sie hier vorerst nicht mehr übernachten. Irgendeinen Weg würde er finden, stur genug, wie er war, damit er alles unter einen Hut bekommen würde.
Daher war es wichtig, alles vorsichtig anzugehen, sie langsam darauf vorzubereiten, obwohl er längst im Gefühl hatte, das seine Oma etwas ahnte. Wer brachte schon einen älteren Mann mit, um mit ihm Urlaub bei der Familie zu machen? Abgesehen von all den Telefonaten, die auch schon für sich sprachen. Würde man eins und eins zusammenzählen, käme man leicht auf das richtige Ergebnis, auch wenn der Japaner an sich, das offensichtlicher eher übersehen, denn drauf zeigen würde. Ein Tanz auf dem Drahtseil, den Chiaki vorerst ignorieren wollte. Nicht schwer, bei der Aufregung.
„Erst mal nur kennenlernen und dann sehen wir weiter...“, murmelte er, ob nun zu sich selbst oder ob er Xi meinte, konnte er selbst nicht sagen. Vielleicht wollte er ihnen beiden Mut machen, die Sache zu überstehen. Wenn sich alle gut verstanden, könnte man den nächsten Schritt machen, wenn nicht, dann eben das nächste mal. Wichtig war, das sie sich sympathisch waren, miteinander auskamen. Bei Japanern eigentlich keine schwere Sache, würde man meinen, waren sie doch immer zuvorkommend und höflich. Für Außenstehende. Es gab so viele Nuancen, auf die man achten musste. Eine Sprache innerhalb der Sprache, die man zu deuten musste, aber er würde auf Xi aufpassen. So oder so. Inzwischen verstanden sie sich gut genug, um sich auch nonverbal unterhalten zu können. Entsprechende Hinweise hier und dort... wobei Xi selbst ein zu gutes Gespür hatte, um zu wissen, wie weit ergehen konnte. Überlegungen, die die Aufregung nicht verschwinden ließen, ihn auch nicht beruhigten, ihn dafür ein wenig warm werden ließen. Ja sogar ein kleines Grinsen legte sich auf seine Lippen. Er liebte den Kerl, das musste reichen. Ein kurzer Blick war es, den er ihm zuwarf, ehe es aus dem Wagen ging.
Ein heimisches Gefühl mischte sich zur Aufregung und fing an, diese zu ersticken. Es war wie im Urlaub. Alles war sorgsam gepflegt, gemütlich und einladend. Nichts schien sich verändert zu haben, wenn man über die kleinen Hinweise, das man aus Altersgründen das eine oder andere ersetzt hatte. Selbst der Gerüche war noch der gleiche. Ein bisschen frisch, nach Wasser, was den nahen Bach und dem Teich im Hof zu verdanken war, Holz, was von den Zedern stammte, aber auch ein wenig süßlich von den Blumen im wohlgesetzten Garten. Und wenn man sich genau darauf konzentrierte, sogar ein wenig nach essen, welches in der Küche brutzelte.
Grinsend sah er sich um, im Begriff, Xi vor Freude anzuspringen, darüber, das er ihm all das zeigen konnte, aber auch vor Aufregung, die nun wieder zurückkehrte, diesmal mit einem schlag. Mühsam beherrschte er sich, um nicht wie ein Flummi auf der Stelle zu hüpfen, damit die überflüssige Energie abgebaut wurde.
Um sie schlussendlich doch abzubauen, wollte er reingehen, aber da wurde auch schon die Tür aufgeschoben und sie sahen sich seiner Großmutter gegenüber.
Xi, vorbereitet wie immer, sorgte dafür das Chiaki gleich noch mal ein wenig wärmer wurde, vor Zuneigung, als er Fehlerfrei dafür dankte, das sie kommen durften. Wie gern er ihm doch gezeigt hätte, wie stolz er auf ihn war, wie sehr er sich darüber freute, doch er musste sich zusammenreißen.

Überrascht sah die betagte Frau den Mann an. „Das wäre doch nicht nötig gewesen!“, lächelte sie ihn an, verneigte sich jedoch und nahm das Geschenk dankend entgegen. Sich wieder aufrichtend musterte sie ihn freundlich und hieß die beiden noch mal willkommen.
„Das Essen ist bald fertig, bis dahin könnt ihr schon mal auf eure Zimmer. Chiaki weiß ja, wo alles ist.“ Sie noch mal verneigend, ließ sie den beiden dann den Vortritt und folgte ihnen und wartete im Flur, bis sie nach oben gegangen waren, ehe sie wieder in der Küche verschwand.

Chiaki brachte Xi nach oben und sah sich kurz um. „Sicher ist dien Zimmer neben meinem!“, grinste er, ging am ersten vorbei und öffnete die zweite Tür, um dann zu sehen, das er recht hatte. Xi schob er unumwoben in den Raum, holte die Sachen und schloss schnell die Tür, ehe er ihn ansprang und überschwänglich küsste.
„Das hast du toll gemacht. Der erste Eindruck hat schon mal geklappt!“ Stolz strahlte er ihn an und dachte nicht daran, ihn los zu lassen, auch wenn die Neugier auf das Zimmer sicher nicht ohne war. Dann aber hatte er ein einsehen, rutschte küssend von ihm runter und wandte sich dann zur Fensterfront. Die unter Hälfte bestand aus Holt, die obere aus Glas. Ganz leicht ließ dich das mittlere Stück zur Seite schieben und gab den weg zu einem hölzernen Balkon frei. Stand nahm auf diesem, hatte man einen herrlichen Ausblick auf den Garten. Der vom Anwesen eingenommen und eingerahmt wurde. Hier sah man in der Mitte den See und dessen Mitte wiederum ein großer Kirschbaum stand. Eine kleine Brüche führte auf die Insel, wo man auch eine Bank entdecken konnte. Um den See befand sich der eigentliche Garten, der eine Mischung aus Bäumen, Büschen verschiedenster Art war und einen Teil, der dem Zen vorbehalten war.
„Die Wirtschaftsgebäude sind vor dem Haus, da ist auch der Stall, die Küche und so weiter, aber man kann auch alles vom Haus aus erreichen.“ Chiaki nahm sich vor, ihm alles zu zeigen, doch erst mal drehte er sich um, lehnte sich mit dem Rücken gegen das Geländer und grinste Xi an. „Und, was hältst du bis jetzt von allem?“ Aufgeregt blickte er ihn an. Wann das Gefühl endlich verschwinden und der Normalität platz machen würde, konnte er nicht sagen doch hoffte er, das es bald wäre. Xi dauernd vor Nervosität anzuspringen, wäre sicher nicht angenehm für alle beteiligten. Jedenfalls nicht in absehbarer zeit.
„Mein Zimmer ist das erste...“, deutete er dreckig grinsend an. Man konnte es sowohl über den Balkon, als auch vom Flur aus erreichen.
Warum er sich das hier antat wusste er selbst nicht. Nun gut, die erste Begegnung mit den potentiellen Schwiegereltern, oder in seinem Fall den Schwiegergrosseltern, war selten angenehm und nicht wenige drückten sich davor. Doch das ganze dann auch noch im Hinblick darauf, das ein grosser Altersunterschied zwischen ihnen herrschte, ganz zu schweigen, das er ein Kerl war, machte es nicht gerade leichter. Eigentlich noch sehr viel schwerer, wenn man bedachte aus welchen Kulturen sie kamen und das hier selbst heute noch nicht offen geredet, sondern geschwiegen wurde. Somit fragte man sich nicht umsonst, warum er sich den stundenlangen Flug antat, nur um dann von einer winzigen, brennenden Kohle zur anderen zu hüpfen, jederzeit der Gefahr ausgesetzt zu verbrennen.
Warum also ?
Nun, da reichte nur ein Blick auf Chia und sein Herz schmolz, wie ein Eis, welches zu lange in der Sonne gestanden hatte. Reichte doch schon ein Blick von ihm aus, das er ihn problemlos zu jedem Blödsinn überreden konnte, nach dem ihm gerade der Sinn stand. Nun gut, natürlich nicht jedem, aber dennoch wusste er nur all zu gut, wie er ihn um den Finger wickeln konnte. Somit war wohl mehr als nur klar, das er nicht hatte nein sagen können, als der Vorschlag im Raum stand die Grosseltern zu besuchen. Schliesslich waren sie seine Familie, wenn man den Taugenichts von Vater und das Miststück von Mutter ausser Acht liess.
Wie also hätte er ihm den Wunsch abschlagen können ??? Vollkommen unmöglich...
Immerhin hatte sich die Nervosität beim Anblick der alten Dame soweit gelegt, das er sich keinen all zu grossen Schnitzer leistete. Vollkommen irrelevant mochte der Eine meinen und doch wusste es Xi anders. War doch der erste Eindruck entscheidend und den wollte er nicht versauen. Schliesslich hatte er noch nie in seinem Leben versagt, sofern man seinen Vater nicht fragte und wollte gerade jetzt, im alles entscheidenden Moment damit nicht anfangen. So hätte er fast erleichtert aufgeseufzt, als sie den Raum betraten, nur um überrascht auf zu schnaufen, als er auch schon sogleich besprungen wurde. "Du bist echt absolut unmöglich" beschwerte er sich noch amüsiert, eh er seine Arme enger um ihn schlang und den Kuss zu erwidern, auf den er schon seid Stunden hatte warten müssen. Immerhin waren sie nicht mehr in den USA und somit gehörten sich Vertraulichkeiten in der Öffentlichkeit ganz und gar nicht. Dennoch hätte er fast enttäuscht gemurrt, als er sich viel zu schnell wieder löste. Erst im letzten Moment riss er sich zusammen, teils weil er sich dank dem Klappern der Töpfe unten wieder bewusst wurde, wo genau sie waren, teils weil er jederzeit damit rechnete, das jemand herein kam und den eigentlich ersten, guten Eindruck zerstören würde.
Zudem war er natürlich neugierig und liess seinen Blick leicht grinsend umher schweifen, eh er ihm auf den kleinen Balkon folgte, auch wenn er im Türrahmen stehen blieb, um wenigstens ein klein wenig Abstand zwischen ihnen zu wahren. Schliesslich konnte es hier überall neugierige Augen geben und denen wollte er kein Gesprächsthema liefern.
"Jetzt weiss ich, warum du immer so verträumt drein schaust, wenn du von hier redest" stellte er leicht grinsend fest. Schien die Kulisse doch fast wie aus einem Märchen entsprungen zu sein, ohne jedoch das es kitschig oder dergleichen anmutete. Ganz im Gegenteil, sah man mit geübtem Blick doch die harte Arbeit, welche hier drinnen steckte, ganz besonders er. War doch alles auf den ersten Blick einladend und heimelig, ein absoluter Kontrast zu dem Heim, in dem er aufgewachsen war.
Gedanken, welche sich schnell verflüchtigten, bei seiner nächsten Aussage, die mit einem mehr als vehementem Kopf schütteln beantwortet wurden. "Komm erst gar nicht auf die Idee dich Nachts hier her zu schleichen" ermahnte er ihn eindringlich. "Und da du den Gedanken eh schon hast, kannst du ihn auch gleich wieder streichen" schob er noch flink hinterher, da er seinen Wirbelwind nur all zu gut kannte. Hatte sich dieser einmal was in den Dickschädel gesetzt, so bekam man dies nur sehr selten wieder hinaus. "Du wirst dich hübsch brav und artig benehmen, damit mich deine Grosseltern nicht für einen vollkommenen Wüstling halten" klärte er ihn auf und versuchte dabei möglichst ernst drein zu blicken, damit er ihn auch ernst nahm. Wahrscheinlich würde es, wie so oft, mal wieder nach hinten los gehen, doch immerhin hatte er sich bemüht und das musste doch auch ein wenig etwas zählen, oder nicht ?
"Wenn Pferde da sind, dann könnten wir vielleicht ausreiten und du kannst mir die Gegend zeigen" schlug er daher flink vor, um geschickt das Thema zu wechseln und seine Gedanken hoffentlich wieder in die richtigen bahnen zu lenken. "Oder wir gehen halt einfach zu Fuss" fügte er noch hinzu, denn nur weil es Stallungen gab, hiess es noch lange nicht, das sie sich die Arbeitspferde einfach so nehmen konnten. "oder hast du schon anderes geplant ? Immerhin sind wir ja doch einige Tage da und den ganzen Tag faul herum hocken liegt uns beiden nicht" plauderte er weiter drauf los, woran man nur all zu gut merkte, das er definitiv noch immer nervös war und die ganze überflüssige Energie vom stundenlangen Flug irgendwie los werden musste.
Chiaki war für seine Verhältnisse doch recht ruhig, als er Xi so beobachtete, der ja vorsorglich Abstand zwischen sie gebracht hatte. Ohne ihn aus dem Blick zu lassen, ging er zum Schreibtisch und setzte sich auf dessen Platte, wo er die Beine baumeln ließ. Außenstehende würden ihm wohl nichts ansehen, dessen war er sich sicher, doch Xi so nervös zu sehen, war doch etwas ganz anderes, als dessen sonstigem Gebaren, das so selbst sicher war. Allein, das dieser einen Plaudernton anschlug, sprach für sich. Chiaki hatte nicht die Absicht ihn so schnell zu unterbrechen.
Mit jeder Sekunde, die verstrich, musste er sich mehr zusammenreißen, um nicht zu grinsen. Ihn hier zu haben, freute ihn im Mindesten genauso, wie ihn nervös zu sehen. Daraus schloss er, das es Xi nicht egal war. Seltsame Gedankengänge, das wusste er selbst, aber es war nicht wichtig genug, um sich länger damit zu befassen, wichtiger und interessanter war, was vor seiner Nase passierte. Oder viel mehr der Mann, der vor ihm stand und ihn doch immer wieder dazu brachte, blöd zu grinsen, wenn er ihn ansah. Nicht wegen den Flausen, die ihm dabei in den Sinn kamen, wie er ihn überfallen könnte, sonder eher, weil dieser es war, den er hier haben wollte. Weil dieser es war, den er seinen Großeltern hatte vorstellen wollen, keinen anderen. Ihnen überhaupt mal jemanden vorzustellen war so undenkbar gewesen und nun waren sie hier. Ihm schlug das Herz bis zum Hals, selbst jetzt noch.
„Du kannst das gar nicht verhindern, ich finde Wege, da denkst du nicht mal dran!“, behauptete er mit einem sehr frechen Blick, aber er würde sich vorerst daran halten. Hier nachts herum zu stromern würde keinen guten Eindruck machen, selbst wenn es sich hier um die eigene Familie handelte und sie um seine Macken wussten. Es gefiel ihm nicht, sich an diese Regeln zu halten, doch für die ersten Tage wäre es wohl besser so. Xi vor die Tür zu setzen würde zwar nicht passieren, wenn nichts gravierendes Vorfiel, aber es war dennoch eine heikle Angelegenheit, bis sich alle beschnuppert hatten. Dazu kam, das sie Xi zu schätzen lernten und sahen, das dieser eher guten Einfluss auf Chiaki hatten und sie sich auf diesen Verlassen konnten. Die Vorstellung war leichter, als die Realität. Sie würden sich verstehen, dessen war er sich bewusst, und doch musste er sich gedulden, allen die Zeit geben, die sie brauchten. Einen Schritt nach dem anderen zu machen, wäre besser, als den zehnten vor dem zweiten. Geduld war eine Tugend, die Chiaki nur bisweilen aufbringen konnte...
„Außerdem bist du oft viel zu vernünftig..... mein Wüstling!“, konnte er sich dann doch nicht verkneifen, auch wenn er wohlweislich für sich behielt, das er recht hatte. Das wusste Xi auch allein. Schelmisch sah er zu ihm. Einer von ihnen musste ja vernünftig sein und ja, er mochte es ja an ihm. Nur unter die Nase reiben würde er es ihm. Wenn sich alles und jeder aneinander gewöhnt hatte, würde Chiaki sich die Sache mit dem brav sein, noch mal überlegen. Ohne Xi zu schlafen war so unvorstellbar... Ruhe würde er da sicher vergebens suchen, auch wenn er wusste, das alles sicher war und hier nichts passieren konnte. Es war eher die Gewohnheit, denn die wirkliche Sorge.
„Ich zeig dir noch ein paar schöne Ecken, ob nun zu Fuß oder zu Pferd und es wird sicher mehrere Hundert peinliche Geschichten über mich geben, die ich längst vergessen habe...“ Als er seinen Gedanken aussprach, fiel ihm auf, das er diesen Umstand noch gar nicht bedacht hatte. Allein die Angestellten hatten da sicher zu viele auf Lager, von den Dorfbewohnern ganz zu schweigen. Dennoch bereute er die Entscheidung, Xi hier her gebracht zu haben, nicht. Viel mehr war er froh, das es ihm z gefallen schien, denn der die Absicht, hier irgendwann mit ihm zu leben war nicht all zu abwegig. Hier war und würde immer ein Stück Heimat sein, wenn nicht gar DIE Heimat, insbesondere, wenn er hier war.
„Für heute steht nur der Garten auf dem Plan und vielleicht ein bisschen Küchenarbeit!“ Nichts wildes. Nach dem Flug war selbst ihm nicht nach all zu großen Ausflügen. Noch war er voller Adrenalin, doch das würde bald absacken und der Müdigkeit platz machen. Da sie länger blieben, als ein Wochenende, würde ihnen nichts weglaufen.
Die Hände nach ihm ausgestreckt, wartete er, bis Xi zu ihm kam, statt jedoch die arme und Beine um ihn zu schlingen, legte er ihm nur die Hände auf die Brust – ganz brav auf dem Stoff, wo er ein wenig zurecht zupfte. „Wenn ich den einen Kumpel überredet bekomme, dann baden wir sogar in einem Onsen, alleine, wenn er zu hat!“, grinste er. Dieses Erlebnis wollte er ihm nicht ersparen. Wenn man ein paar Beziehungen hatte, sollte man sie auch spielen lassen. Geld war nicht das Problem, viel mehr ging es ihm darum, es privat zu halten. Wobei das eine das andere nicht ausschloss. Sollte jemand quer schießen, würde er das Benutzen auch bezahlen, natürlich, immerhin musste hier jeder von irgendwas leben.
Seine Finger wanderten nun doch um ihn herum, bis er die Arme um ihn schlingen konnte. Ein zufriedenes Brummen entwich ihm, als er sich an ihn lehnen konnte. Ihn riechen konnte und er sich endlich entspannte.
Zu leugnen, das er nervös war, wäre mehr als nur untertrieben. Schliesslich war er hier im Haus seiner Grosseltern und musste den besten Eindruck hinterlassen. Normalerweise kein Ding, waren sein Auftreten und seine Manieren doch tadellos und doch war es diesmal etwas vollkommen anderes. Wusste er doch nur all zu gut, wie wichtig sie Chia waren und welchen Einfluss sie auf ihn hatten. Natürlich schlich sich da schnell das Horrorszenario ein, in dem sie ihn nicht leiden konnten und Chia ihn über kurz oder lang verliess.....der absolute Horror, welcher dafür sorgte, das er jede Handlung nicht nur zweimal, sondern gleich dreifach und vierfach überdachte, um bloss nichts falsch zu machen. Nur wer ihn tatsächlich kannte bemerkte die Anspannung des Nephilims und doch war sie unleugbar da.
"Du bist absolut unmöglich" beschwerte er sich, erst Recht, als er auch noch frech drein grinste. "Du wirst deine Finger und Körperteile hübsch von mir lassen und dich vernünftig benehmen" forderte er vehement, insgeheim natürlich ahnend, das der Jüngere wohl höchstens 2 Stunden dran halten würde. "Deine Grosseltern sollen einen guten Eindruck von mir bekommen und nicht denken, das ich ein Wüstling bin, der ständig über dich her fällt und sonst für nichts taugt" beschwor er ihn mit einem eindringlichen Blick, der ihm echt Mühe kostete. Wusste doch jeder, der sie kannte, das sie es selten schafften die Finger voneinander zu lassen, selbst wenn es nur ein leichtes Streifen der Finger war. Dumm nur, das die unberechenbarste Variable ausgerechnet sein Klammeräffchen war, welchen er irgendwie im Zaum halten musste. Konnte er ihm doch schlecht den Mund verbieten, oder ihn einfach bis zur Abreise irgendwohin verbannen, wo er keinen Unsinn anstellen kann.
"Und ja ich bin vernünftig" setzte er mit einem ernsten Blick hinterher " und definitiv kein Wüstling" schob er noch brummelnd hinzu, auch wenn dies ab und an vielleicht hin kam, jedoch würde er hier keinen Präzedenzfall schaffen, indem er ihm doch tatsächlich Recht gab. So wie er ihn kannte, würde er darauf nur noch eine Weile herum reiten und schlimmstenfalls gegen ihn verwenden, so das die Verneinung schon automatisch kam. "Du solltest nicht immer von dir auf andere schliessen. Zudem ist es vollkommen in Ordnung organisiert und vernünftig zu handeln, statt sich einfach ins Abenteuer rein zu reiten, ohne sämtliche Konsequenzen zu bedenken und schlimmstenfalls noch in dumme Situationen zu kommen" belehrte er ihn weiter, zum gefühlt millionsten Male und in dem Wissen, das noch viele weitere Millionen folgen würden, da sein Äffchen die nette Angewohnheit hatte oft nur zu hören, was ihm gerade in den Kram passte. Eigentlich die reinste Katastrophe und ein Grund um so weit wie möglich zu flüchten und doch liebte er ihn abgöttisch und würde fast alles für ihn tun.
"Na über die Geschichten freue ich mich jetzt schon, bestenfalls mit Bildern zur Untermalung" nun grinste er tatsächlich breit, denn genau auf die freute er sich schon jetzt. Glaubte er ihm doch keinen Millimeter, als er behauptet hatte, das er der reinste Engel gewesen war. Vielmehr rechnet er mit dem glatten Gegenteil und erhoffte ich nun die passenden Beweise, welche er ihm bei der ein oder anderen Gelegenheit brühwarm unter die Nase reiben konnte. Nicht gerade nett, doch irgendwie musste er seinen kleinen Wirbelwind ja halbwegs unter Kontrolle halten und dafür nahm er auch mal den ein oder anderen unfairen Zug in Kauf, um ihn vor überstürzten, oder gar dummen Handlungen zu bewahren. Freilich konnte er ihn nicht in Watte packen, so gern er es auch wollte, um ihn vor allen Gefahren zu schützen, doch vielleicht half ja die ein oder andere Geschichte, damit er es nicht all zu arg trieb. Ein Versuch war es immerhin wert, denn mehr als schief gehen konnte es ja nicht.
"Vielleicht finden wir im Garten ein hübsches Plätzchen, damit wir mit deinem Training weitermachen können ?" schlug er hoffnungsvoll vor. Ergäbe sich so doch die Möglichkeit ihn weit genug auszupowern, das er einfach zu müde für Dummheiten war. Gleichzeitig brauchte auch er das tägliche Training, so wie andere ihren morgendlichen Kaffee. Jahrzehntelange Routine machte halt auch nicht vor einem Urlaub halt. "So kommst du nicht aus der Übung und wir könnten mit einer neuen Kata anfangen" versuchte er ihn zu locken, hoffend darauf, das der Köder gut genug war, damit er anbiss. Um seinen Köder noch verlockender zu machen und da die Tür geschlossen war, sträubte er sich auf nicht gegen seine erwünschte Umarmung und gab ihm, was er begehrte. Dennoch behielt er immer im Hinterkopf, das jederzeit jemand hineinplatzen könnte und schloss daher seine Arme nur locker um seine Hüften. "Dann also ins Onsen....aber ohne irgendwelche Ferkeleien" stimmte er zu und grinste zufrieden vor sich hin. Natürlich gab es auch in China Badehäuser, aber wenn man den Gerüchten Glauben schenkte, so sollten die japanischen Onsen diese um einiges übertreffen und gegen Entspannung hatte er nie etwas, besonders nicht nach einem harten Training. "Du kannst ja überlegen was du alles machen willst und dann schauen wir, was deine Grosseltern geplant haben und passen dann alles so an, das keiner zu kurz kommt" schlug er vor, innerlich schon das Onsen auf seine Aktivitätenliste drauf setzend. Immerhin waren sie im Urlaub und diesen sollten sie auch geniessen.....selbstverständlich hübsch manierlich...welches wohl noch immer das grösste Problem war und bleiben würde.
"Lass uns langsam wider runter gehen. Bestimmt können wir uns etwas nützlich machen" schlug er vor und hauchte ihm einen fast schon keuschen Kuss auf die Wange. "Sonst denken sie noch sonst was von uns und das wollen wir doch nicht" schob er noch hinterher und appellierte an seine Vernunft.
Ein kleiner Teil der Anspannung fiel von ihm ab, als sich die Tür hinter ihnen schloss und er sich von innen dagegen lehnen konnte. Sein Blick wanderte zu Xi, nicht glaubend, das sie es wirklich geschafft hatten, hier anzukommen. Trotz aller Überlegungen war es irgendwie nicht gelaufen, wie er es sich in den aberhundert Szenarien ausgemalt hatte. Eigentlich gut, denn was er sich alles zurecht gebastelt hatte, sollte am besten eh keiner erfahren, nicht mal Xi. Auch wenn man diesem auf dem ersten Blick nichts ansehen konnte, wusste er es doch besser, wenn er ihn ansah. Hier ein schneller Blick, da eine winzige Sekunde mehr, ehe er etwas gesagt hatte, die lauernde Anspannung. Aber um all das wahrnehmen zu können, musste man ihn nur gut genug kennen.
„Frag nicht was ich mir alles ausgemalt habe!“, brummelte er. Chiaki schien in den meisten Situationen einfach Planlos zu sein, doch diese Sache hier, war zu wichtig. Da wollte er alles abgesichert haben, auf jede Situation vorbereitet sein, selbst jene, die er nicht beeinflussen konnte. Unvorbereitet war er diesmal in keinster weise.
„Was hältst du bis jetzt von ihr?“ Zwar war der Moment nur recht kurz gewesen, doch irgendwie wollte er eine erste Einschätzung, in der trügerischen Hoffnung, die Nerven wenigstens ein bisschen beruhigen zu können. Sinnlos, wie er wusste, denn die wichtigere Begegnung stand noch aus. Das treffen der Giganten. Jeder würde seinen Bereich abstecken, nicht bereit auch nur einen Deut davon abzugeben, zurück zu weichen oder vor zu stoßen. Gegenseitig würden sie sich belauern, während sie sich innerhalb ihrer selbst gesteckten Grenzen bewegten. Xi und Opa waren sich in vielen Dingen zu ähnlich, sodass nicht mal Chiaki selbst sagen konnte, wie das erste Treffen sich abspielen würde. Von gegenseitigem Ignorieren, um keinen Konflikt herauf zu beschwören, bis hin zu zufriedenem anschweigen und zustimmenden Anbrummen, war alles möglich.
Seine Handflächen waren noch immer Klamm.
Er stieß sich von der Tür ab, kam langsam auf ihn zu und ließ sicher gegen ihn sinken. Die Arme legte er locker um dessen Hals. „Ja... sicher... das hilft sicher ein bisschen den Druck los zu lassen.“, stimmte er dem Training zu. Wobei er mit 'Druck' eher den Stress meinte, den er sich machte. Die Angst, das sich grade die beiden Herren sich nicht verstanden, machte ihn noch Wahnsinnig.
„Wenn nicht der Garten, dann sicher eine der Koppeln, da sollte Platz genug sein. Aber wir werden sicher auch bei der Arbeit mit anpacken müssen.“, erinnerte er ihn, wissend, das xi so schnell nichts vergaß. Nur ein Zeichen mehr, wie angespannt er war.
„Ach nun hör doch auf, als ob ich da über dich herfallen würde. Die Dinger kann man zu oft gut einsehen.“ Von anderen Kerlen beobachtet zu werden, war nicht eben das, was er sich wünschte. Selbst wenn sie eine private stunde erwischten, bestand die Möglichkeit, das jemand Handtücher brachte oder irgendwas anderes wollte. Allein der Gedanke gruselte ihn, zumindest hier, war doch die Familie vor Ort, denen alles zu Ohren kommen würde, was ungewöhnlich genug war, um es zu erwähnen. Rücksicht hin oder her. In aller Munde zu sein, war nicht sein Ziel. Nicht mit so was.
„Hmm ich will der vieles zeigen, aber das ist alles nicht so schwer zu planen... wir lassen erst mal alles auf uns zukommen.“, beschloss er, da es das einfachste war. Wenn sich erst mal der Alltag eingestellt, sich alle beschnuppert haben, dann war auch Zeit und Platz für Planungen. Zudem wollte er erst mal richtig ankommen, was vor morgen nicht der Fall war.
Chiaki hob den Kopf und sah ihn an. „Wann ist man endlich nicht mehr so aufgeregt....“, brummelte er. Es fühlte sich an, als hätte er 20 Kaffee getrunken, daher schob er ihn von sich und atmete noch mal tief durch, auch wenn es nicht viel nutzte, um die Aufregung abzuschütteln.
„Dann lass uns runter...“, stimmte er zu und ging vor. Vertraute Gerüche und Geräusche schlugen ihm entgegen, als er die Tür öffnete und den weg nach unten ansteuerte. Oma war natürlich wieder am werkeln und das Essen vorbereiten, während andere Angestellte bei den Tieren waren. Opa war sicher bei ihnen oder auf dem Feld. So oder so, später würden sich hier wieder alle einfinden und dann würde auch die heiße Phase eintreten, wo er Xi offiziell vorstellen musste. Allein der Gedanke daran, wie sie alles reagieren könnten, trieb ihm die Röte der Verlegenheit in die Wangen. Gleichzeitig könnte er flüchten.
„Ah da seid ihr ja schon wieder, konntet ihr euch ein bisschen erholen?“, wollte die Oma wissen, schenkte ihnen auch schon Tee ein, den sie auf den großen Küchentisch stellte, an dem sich später alle einfinden würden. „Trinkt erst mal eine Tasse!“, lud sie die beiden ein.
Die Anspannung bei ihm würde wohl erst verschwinden, wenn sie wieder daheim waren, wenn überhaupt. Immerhin war dies hier ein neuer Teil seiner Familie, oder zu mindestens erhoffte er sich dies insgeheim ein wenig. So war es mehr als nur logisch, das er angespannt war, wie ein Flitzebogen und bloss keinen Fehler machen wollte. Schliesslich war die Lage so schon verzwickt genug. Spielte der Altersunterschied zwischen Ihnen bisher nie eine Rolle und wenn, dann war er sogar eher förderlich, da sein normalerweise ruhiges Gemüt die hibbelige Art von Chia halbwegs zu bändigen schien. Und doch würde dieses Thema wohl aufkommen, oder schlimmer noch, der Umstand, das er sich tatsächlich in den Feind verliebt hatte. Vollkommen hirnrissig, da es Unterschiede in Rassen und Religionen bei den Nephilim nicht gab, nur konnte er ihnen dies wohl schlecht unter die Nase reiben. Würde dies doch nur einen endlosen Rattenschwanz an Fragen hinter sich her ziehen, welche ihn womöglich ins Aus katapultieren konnten, ohne das er es überhaupt wollte. Und als wäre dies alles nicht schlimm genug, so steckte auch noch Chia selbst einen mit seiner Nervosität an. Normalerweise wäre es nun sein Part ihn zu beruhigen und ihm zu versichern, das alles gut gehen würde.
Daher strafte er seine schultern und schaute ihn beruhigend an. Nun ja, immerhin versuchte er es und das sollte ja schonmal viel wert sein, oder nicht ?
"Nein da frage ich lieber nicht nach" stimmte er schmunzelnd zu, denn wenn er eins hatte, dann war es eine blühende Fantasie und die wollte er nicht noch dadurch unterstützen, indem er ihn ermunterte. "Obwohl ich dich eigentlich dafür in den Hintern treten sollte" brummte er im Nachhinein. Immerhin war er kein Jüngling mehr und hatte schon so manchen widerlichen und todlangweiligen Abend an irgend einer Gesellschaft in Idris oder mit seinem Vater verbringen müssen. Somit war er durchaus fähig sich passend zu benehmen, was seine schrägen Fantasien jedoch irgendwie zunichte machten. "Oder ich steck dich einfach in den Teich da draussen " bot er die Stirn nachdenklich runzelnd an. Wie tief das Ding war wusste er nicht, hatte er vom Balkon aus doch nur einen Blick erhaschen können und doch war er ausreichend gross genug, um ihn ordentlich nass zu machen, selbst wenn er nur ein paar Zentimeter tief war, was er sich schlecht vorstellen konnte.
Breit grinsend beobachtete er ihn, sich gedanklich einen pitschnassen Chia ausmalend, während er tatsächlich so dreist war die Tür abzuschliessen. Insgeheim hoffte er, das bloss keiner auftauchte, erst Recht, als er seine Arme um ihn schlang. Zwar war die Oma beim ersten Aufeinander viel freundlicher als erwartet gewesen, doch wie sie reagierte, wenn sie sie hier so ineinander verschlungen waren, wollte er sich gar nicht ausdenken. Doch von unten erklang ein leises Klappern, welches ihn wenigstens minimal beruhigte und dafür sorgte, das auch er seine Arme um ihn schlang, während er ihm zuhörte. "Es geht ja nicht nur darum überflüssige Energie abzulassen, sondern auch darum eine Regelmässigkeit zu entwickeln" klärte er ihn seelenruhig auf. Für ihn war das morgendliche Training absolute Routine und selbst jetzt, nur ein Tag ohne, spürte er schon, das ihm irgendwas fehlte. Vielleicht war auch dies der Grund für seine Anspannung. War das Training doch nicht nur der körperlichen Anstrengung geschuldet, sondern auch dafür da, damit Körper und Geist im Einklang blieben und man sich seiner stets bewusst war. Vollkommen hirnrissig in den Augen vieler, doch wenn man schon sein ganzes Leben lang so verbrachte, so sah man es als vollkommen normal an und genau dies wollte er auch für ihn. Natürlich würde es noch Monate, nun gut wohl eher Jahre, brauchen, bis er ein Gegner wurde, welchen er ernst nehmen konnte, doch darum ging es ihm nicht. Ging es doch vielmehr darum, das sie etwas gemeinsam taten, gemeinsam Zeit miteinander verbrachten. Das das Training gleichzeitig dafür sorgte, das er sich irgendwann vielleicht einmal wehren konnte, war nur ein weiterer Faktor, welcher sein Gewissen ein klein wenig beruhigen sollte, insbesondere dann, wenn er bis tief in die Nacht mit seinen Freunden unterwegs war und er schier am Rad lief, weil diesmal er die übelsten Fantasien nacheinander hatte und sich nur mühsam zurückhalten konnte, um ihn nicht abzuholen und womöglich zu blamieren.
Fast hätte er seinen Einspruch vor lauter Gedanken überhört, aber auch nur fast. "Nun ganz so abwegig ist der Gedanke gar nicht" gab er zurück und grinste ihn breit an. "Immerhin bist du letzte Woche gegen den Pfosten geknallt, nur weil du mir so auf den Hintern gestarrt hast" rieb er ihm leise lachend unter die Nase. Verheimlichen konnte er die kleine Blamage nicht und schon gar nicht vergessen, insbesondere nicht, weil es einfach viel zu witzig war und er wahrscheinlich in vielen Jahren noch immer darüber schmunzeln konnte. "Aber gut, da ich kein Fan von Publikum bin , werde ich schon dafür sorgen, das du hübsch brav bleibst" bot er fast schon freimütig an, leicht scherzhaft, obwohl er es vollkommen ernst meinte. Dieser Besuch war nicht nur für Chia wichtig, sondern auch für ihn selbst und er würde ihnen keinen Anlass geben an seinen Absichten zu zweifeln. Absichten, welche er auch den Grosseltern offen darlegen würde, sobald sie sich hoffentlich ein wenig an ihn gewöhnt hatten, so das sie mit viel, sehr viel Glück, vielleicht gar ihren Segen gaben, oder immerhin nicht vollkommen gegen ihn sein würden. Eine Hoffnung an die er sich klammerte und die er einzuhalten gedachte.
"Wie wärs denn, wenn wir Morgens immer hier aushelfen, wo immer sie uns auch brauchen und Nachmittags kannst du mir alles zeigen ?" schlug er vor, während seine Finger sanft sein Kreuz entlang strichen. Hatte er schliesslich nichts dagegen hier mit anzupacken, ganz im Gegenteil, es kam ihm sogar gelegen. War er es doch nicht gewohnt faul herum zu liegen, sondern war ständig auf den Beinen. Somit war er überaus froh, auch wenn die Grosseltern vielleicht nicht ahnten, das sie ihm damit indirekt einen Gefallen taten.
Leicht schmunzelte er, als die Offenbarung kam, das er angespannt war. Würde dies doch selbst ein Blinder mit Krückstock aus 10km Entfernung entdecken, doch diesen Gedanken behielt er lieber für sich, damit er nicht herum schmollte, wie er es ab und an gerne einmal tat. "Vielleicht dann, wenn du nicht ständig daran denkst, was alles schief laufen könnte und du anfängst mir zu zu trauen, das ich es schon irgendwie auf die Reihe kriege, ohne mit vollkommen zum Depp der Nation zu machen" rieb er ihm indirekt seine Fantasien unter die Nase, denn diese würden wohl auf die ein oder andere Weise wohl genau darauf hinaus laufen. Hatte er diese doch selbst, nur verdrängte er sie und versuchte sein Bestes zu geben. Mehr konnte er nicht und mehr konnte auch keiner erwarten.
Somit folgte er ihm wortlos und schaute sich diesmal genauer um, als sie wieder herunter gingen, um der Grossmutter Gesellschaft zu leisten. Eh er aber überhaupt die Chance bekam seine Hilfe anzubieten, wurde ihm auch schon eine dampfende Schale in die Hände gedrückt. "Vielen Dank für ihre Gastfreundschaft" bedankte er sich höflich, während sich seine Mundwinkel leicht anhoben, als der Duft des Tees in seine Nase kroch. "Wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird, dann scheuen sie sich bitte nicht um Hilfe zu bitten. Wir wollen uns gerne nützlich machen" bot er freiwillig an, besonders als er sich einen kurzen, direkten Blick gestattete und bemerkte, das Chias Oma zwar agil und fit war, aber dennoch war auch das Alter an ihr nicht spurlos vorbei gegangen, auch wenn es sie überaus sanft behandelt hatte. Gleichzeitig meinte er es aber auch genauso, wie er es gesagt hatte. Arbeit hatte ihn noch nie abgeschreckt und würde es auch nie.
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