Wind Beyond Shadows

Normale Version: Time for you and me
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Crispin Cipriano

Deja vus… Sie waren seltsame Gebilde, Täuschungen, die einem das Unterbewusstsein in den Kopf setzte und einen damit denken ließ, man hätte eine Situation bereits schon einmal genauso oder zumindest sehr ähnlich erlebt. In den meisten Fällen war dies nicht besonders schlimm und das Gefühl war recht schnell wieder verschwunden. Man machte sich in der Regel zwar noch ein paar Gedanken darüber, fragte sich, woher man das kannte, aber meist war es damit dann auch getan und man vergaß es wieder.
Gerade hatte Crispin allerdings den Verdacht, dass ihn sein Unterbewusstsein ärgern und auch ein wenig quälen wollte, als er gemeinsam mit August in die Straße einbog, in der sich sein Penthouse befand. In ihm stieg für einen Moment die Befürchtung auf, dass es an diesem Tag wieder genauso laufen könnte, wie an dem Morgen, als sie das letzte Mal genau diesen Weg händchen haltend entlang gelaufen waren. Er erinnerte sich noch sehr gut daran. An die Gewissheit, die über ihnen schwebte und die Stimmung drückte, weil sie beide wussten, dass der Zeitpunkt näher rückte, an dem sie sich verabschieden mussten. Unwillkürlich drückte er die Hand fester, die in seiner lag, umklammerte die Finger noch ein wenig mehr, die mit seinen verwoben waren und ihm bis zu diesem Zeitpunkt ein angenehmes Gefühl nach Wärme und Geborgenheit gegeben hatten. Sie gaben ihm die Sicherheit, dass der Engel wirklich bei ihm und an seiner Seite war und er das Ganze nicht einfach nur träumte, denn eigentlich wusste er, dass es nicht wieder genauso endete, wie vier Tage zuvor, als sie sich vor der Haustür trennten und er alleine hineingehen musste.
An einen Traum hatte er jedoch auch zuvor schon einmal geglaubt, während sie sich noch in dem Zimmer im Krankenhaus befanden und er von August verarztet wurde. Wer konnte ihm das aber schon verübeln, wenn der andere in einem knappen pinken Kleidchen vor ihm stand, mit dem er locker einem Fetischmagazin entsprungen sein könnte.
Bei der Erinnerung daran schweifte sein Blick zu August hinüber und er musterte ihn von oben bis unten. Das Kostüm, denn etwas anderes war es nicht, hatten sie unterwegs in einem Mülleimer entsorgt und sein Freund steckte wieder in den dunklen Sachen, die er auch in der Gasse getragen hatte. Ein Anblick, der ihm weit besser gefiel und seinem Geschmack deutlich mehr zusagte, als dieses fürchterliche pinke Teil, durch das die Leute im Krankenhaus mehr zu sehen bekamen, als sie eigentlich sollten. Crispin war zwar der Meinung, dass er sich nicht verstecken musste, was er ihm auch mitgeteilt hatte, als er wollte, dass er sich umdrehte, damit er sich umziehen konnte, als sie in den Büschen vor dem Krankenhaus saßen, aber es war eben doch ein Unterschied, ob man jemanden unter anderem im Sommer in einer Badehose sah oder eben in so einem Outfit, bei dem man unweigerlich auf falsche Gedanken kommen musste. Er selbst konnte nicht behaupten, einen Fetisch zu besitzen, der so etwas nötig machte, auch wenn er zugeben musste, dass es ihn nicht komplett kalt gelassen hatte, doch wenn er an die Erklärung bezüglich des Mr. Moore dachte, wurde ihm unweigerlich klar, dass es in diesem Krankenhaus zumindest eine Person gab, bei der es anders aussah. Wut stieg in ihm auf, sowohl auf diesen alten Mann, der selbst an so einem Ort auf seine Fantasien nicht verzichten konnte, als auch auf Hope, der das gewusst haben musste, da er sonst niemals auf die Idee gekommen wäre, August derartige Kleidung zu beschaffen. Dieser war in diesem Aufzug zwar ins Krankenhaus und damit auch zu ihm gelangt, aber dafür hätte es mit Sicherheit auch einen anderen Weg gegeben, anstatt seinen Freund in so eine peinliche Situation zu bringen.
"Schade, dass wir den Fummel entsorgt haben. Hope damit zu erwürgen, klingt immer noch sehr verlockend."
Dass sein Freund diese Drohung nicht wirklich umsetzen würde, war ihm bewusst, aber man durfte ja noch träumen. Allerdings hoffte Crispin, dass sie so schnell nicht wieder auf den anderen Engel angewiesen sein mussten - egal, ob es sich dabei darum handelte, irgendwo reinzukommen oder darum, dass sie Informationen von ihm brauchten. Und falls doch, war ihm hoffentlich zumindest klar, dass August nicht noch einmal auf die Jagd gehen würde. Zu einem gewissen Grad machte er sich noch immer Vorwürfe, weil er wegen ihm aus dem Himmel geworfen wurde und seine Kräfte stark eingeschränkt waren - nicht zuletzt weil sie sie gegen Aspen und Rixon sicher gut gebrauchen könnten. Die Tatsache, dass er keine Dämonen mehr jagen würde, beruhigte ihn wiederum, denn selbst wenn er noch im Vollbesitz seiner Fähigkeiten wäre, würde er sich einerseits Sorgen um ihn machen und es andererseits auch ein seltsames Gefühl in ihm hinterlassen, auch wenn ihm die anderen seiner Art egal waren.
Mir sind andere Dinge eben wichtiger geworden und warum meine Zeit mit irgendwelchen Dämonen verschwenden, wenn ich doch den schönsten und besten ihrer Art ganz für mich alleine habe?
Ein warmes Gefühl machte sich in ihm breit und sein Herz schlug wieder genauso schnell, wie in dem Moment, als er diesen Satz von August zu hören bekam, als er daran zurückdachte. Gleichzeitig zeigte er ihm erneut, dass seine Zweifel, die zu einem früheren Zeitpunkt dieses Tages in ihm aufkamen, vollkommen überflüssig waren und er sich sowohl der Anwesenheit des Engels in seinem Leben als auch dessen Liebe zu ihm sicher sein konnte.
Eigentlich hatte Crispin danach fragen wollen, ob die Jagd nach dem Dämon wenigstens etwas gebracht hatte und Hope ihm Informationen bezüglich des anderen existenten Engel-Dämonen-Gespanns geben konnte oder zumindest, was Aspen betraf, aber diese verschob er für den Moment, als sie vor der Haustür ankamen. Stattdessen drehte er sich zu August, griff auch mit seiner zweiten Hand nach der des anderen und sah ihm fest in die Augen. Einen Moment lang hatte er das Gefühl, darin zu versinken, und vergaß vollkommen, was er sagen wollte. Aus diesem Grund beugte er sich auch näher zu ihm und küsste ihn sanft. Einerseits weil er davon nicht genug bekam und es liebte, die Lippen des anderen auf seinen zu spüren, aber andererseits auch, um Zeit zu schinden, bis ihm wieder einfiel, was er hatte sagen wollen. Wobei der Kuss dabei wenig hilfreich war, wie er feststellen musste, aber er bereute es trotzdem nicht.
"Ich bin wirklich froh, dich wieder bei mir zu haben und mich nicht mehr fragen zu müssen, ob es dir gut geht oder ob dir etwas passiert ist. Diese Ungewissheit war das schlimmste in den letzten Tagen. Eigentlich sollte man meinen, dass vier Tage nicht viel sind, aber wenn man die ganze Zeit hofft, dass alles gut geht, ziehen sie sich doch ganz schön in die Länge", meinte er leise, versuchte aber im nächsten Augenblick die negativen Gefühle wieder zu verdrängen, die bei der Erinnerung an diese Zeit in ihm aufsteigen wollten, denn die Tage ohne August lagen hinter ihm und er wollte sich ihr Wiedersehen - jetzt wo sie es genießen konnten - davon nicht kaputt machen lassen.
"Konnte dir Hope aber wenigstens ein paar Informationen geben oder war es vollkommen umsonst, dass du dich bei der Mission in Gefahr gebracht hast?"
Wie genau diese abgelaufen war, hatte er noch nicht erfahren, aber darüber sprachen sie wohl auch besser in seiner Wohnung, wo sie keine neugierigen Ohren zufällig belauschen konnten. Daher löste er auch eine seiner Hände von Augusts und angelte stattdessen nach seinem Schlüssel, um die Tür zu öffnen. Anschließend lief er gemeinsam mit ihm hinauf, wobei er beim Treppen steigen spürte, dass er noch lange nicht wieder vollkommen fit war. Der Weg vom Krankenhaus bis hierher hatte ihn zusätzlich Kraft gekostet und auch wenn er sonst nicht der Typ für ein Bad war, freute er sich doch schon darauf. Vor allem da er vor hatte, seinen Freund dazu zu bekommen, ihm dabei Gesellschaft zu leisten.
Als sie nach einigen Minuten jedoch im obersten Stockwerk ankamen und er auch die Wohnungstür geöffnet hatte, schmuste ihm direkt eine kleine Fellnase um die Beine, bevor sie dasselbe auch bei August tat. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er blickte zu dem Engel.
"Ich glaube, Cookie hat dich auch vermisst."
Von den unbewussten Deja-Vus, die sein Freund gerade erlebte, ahnte der Engel nichts, wo ihm doch ganz andere Dinge durch den Kopf schwirrten - allen voran das Wohlsein des Dämons, dem es noch nicht zu hundert Prozent gut ging. Die letzten 48 Stunden waren zweifelsohne die ereignisreichsten in seinem Leben gewesen und die Palette an Gefühlen, die ihn wie eine Welle, mit einer unbarmherzigen Intensität, erschlagen hatte, ebbte mit jedem Schritt am dunklen Asphalt ab.
New Yorks Nachtleben machte nie Pause. Immerzu hörte man Musik aus irgendwelchen Apartments oder Fakultäten, Autos hupten verteilt über alle 24 Stunden, die der Tag zu bieten hatte und wer sich nach einem ruhigen Moment sehnte, der konnte es außerhalb der Stadt in einem geschlossenen Raum versuchen. Dennoch hatte August trotz seiner introvertierten Art gefallen an der Geräuschkulisse gefunden, die ihn in Momenten, wo die Stille erdrückender zu sein schien, als ein lauter Lastwagen, der vorbeidonnerte, komplett ablenkte. Sie zeigte ihm, dass die Stadt lebte, nicht stillstand und egal wie schlecht es ihm ging, es beeinflusste nicht sein Umfeld, das plötzlich ebenfalls in Elend unterging. Nein, stattdessen blühte die Stadt, Tag und Nacht. Vielleicht zog es deshalb so viele Leute hierher, die Teil von diesem Feeling werden wollten.
“Ein anderes Mal vielleicht. Jetzt bin ich erst mal froh, dass du in Sicherheit bist und wir vorerst Ruhe von all dem haben.”, sagte er und drückte die Hand seines Freundes behutsam. Dafür lohnte es sich auch sich in einen pinken Fummel mit Rüschen zu zwängen und damit durch ein Krankenhaus zu spazieren. Hatte er sich geschickt angestellt, so würde ihn auch niemand sofort erkennen, sollte er jemals dem Personal begegnen - im Notfall färbte er sich einfach die Haare. Er wollte sowieso immer schon mal etwas Neues ausprobieren und fand die Möglichkeit sein Aussehen auf diese Art und Weise verändern zu können, noch viel faszinierender als sämtliche Siegel, die er in seiner Zeit als Dämonenjäger gelernt hatte. Menschen und ihre Tricks, sehr spannend.
Augusts Füße schmerzten, als sie sich dem Penthouse-Komplex näherten. Vier Tage in denselben Klamotten und dem festen Schuhwerk zu reisen, zeigte langsam seine Nachteile und vielleicht sehnte er sich ein bisschen mehr nach dem heißen Bad, als sein Freund, für den es eigentlich gedacht war, damit dieser endlich seine Muskeln entspannen konnte. Die letzten Schritte schlurfte der Engel und das Bedürfnis seine Schuhe einfach auszuziehen und in den nächsten Busch zu werfen wurde von Sekunde zu Sekunde verlockender, zumal es nicht mal seine liebsten Sneaker waren. Seine Babies hätte er natürlich niemals einfach ausgezogen oder gar weggeworfen. Mit ihnen ging er einen Pakt ein, ähnlich wie eine Frau es mit ihren High-Heels machte, wenn sie ausging. Die Schuhe bleiben an, egal wie sehr sie schmerzten, selbst wenn das bei gemütlichen Sneakern selten der Fall war.
Den Blick auf das dunkle Leder an seinen Füßen gerichtet, musste er erst einmal hochsehen, als Cris so plötzlich seine zweite Hand nahm und sich ihm näherte. Ihre Lippen trafen sich nur einen Augenblick später und kaum hatten sie sich wieder voneinander gelöst, wünschte sich der Engel, dass sie gar nicht erst damit aufhörten. Allerdings verstand er, dass Cris ihm eigentlich etwas sagen wollte, weshalb er seine Handfläche an die Wange des Dämons legte und mit dem Daumen sachte über diese Strich, denn er hatte das Gefühl, dass der andere innerlich noch immer aufgewühlt war - verständlich bei allem was sie in diesem kurzen Zeitraum erlebt hatten und sie erst jetzt wieder zu zweit waren.
“Mir geht es gut, weil es dir gut geht. Weil ich dich nach Hause bringen konnte und ich weiß, dass dir jetzt niemand mehr etwas anhaben kann. Nicht, wenn ich hier bin. Und so schnell gehe ich auch nicht wieder weg...zumindest nicht ohne dich, das verspreche ich dir.”, versicherte er mit ruhiger Stimme und betrachtete das hübsche Gesicht vor ihm, dessen Gefühle sich nur zu zu deutlich darauf abzeichneten. Vielleicht war es auch nur August, der die kleinsten Regungen, das schwächste Zucken zu deuten wusste, war er doch derjenige gewesen, der Crispin am nächsten stand. Die Tage, die sie ohne einander verbringen mussten, wollte August so gut wie möglich kompensieren, weil er von der Angst bescheid wusste, die der Jüngere in sich trug, die bei seinen Verlusten die er miterleben musste absolut nachvollziehbar war.
“Na ja, sagen wir es mal so… Die Mission ist nicht ganz so verlaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber das lag nicht an Hope, sondern eher an mir selbst.”, murmelte er und fuhr sich nervös durch die Haare. Er wollte gar nicht wissen, was oben gerade für ein Chaos mit dem Versagen des Schwarzhaarigen ausgelöst wurde. Seinen Platz im Himmel konnte er sich damit zu hundert Prozent abschmieren - nicht als ob es ihn jetzt noch etwas bedeutete. Dennoch breitete sich ein unangenehmes Gefühl in ihm aus, ähnlich der Übelkeit, die er empfunden hatte, als er den Pakt offiziell mit Jaydee eingegangen war. Etwas, das nicht sein durfte. Eine Übereinstimmung, ein Deal zwischen zwei Wesen die sich hassten. Trotzdem würde er es überleben, wo er doch mit Crispin ein viel schlimmeres Tabu gebrochen hatte, von dem allerdings noch nichts bekannt war. “Aber ich will jetzt noch nicht darüber sprechen. Erst mal sehen wir zu, dass du vollständig auf die Beine kommst.”
Wie Crispin über den Deal denken würde, konnte er sich nicht vorstellen. Es war keine smarte Entscheidung gewesen, aber die einzige Möglichkeit schnell wieder nach Hause zu kehren und wenn man bedachte, in welcher Gefahr sich der jüngere zu dem Zeitpunkt befunden hatte, stand für ihn völlig außer Frage was nun klüger gewesen wäre.
Im Vorzimmer des Penthouse entledigte sich der Engel seiner Lederjacke, deren Gebrauchsspuren im Licht nun deutlicher zu sehen waren als in der Dunkelheit zuvor. Schrammen, Flecken und Risse… dabei war das sein liebstes Kleidungsstück gewesen. Die zwei Kämpfe hatten ihre Rückstände hinterlassen und so gerne er sie hatte, musste er sie wohl oder übel durch eine neue ersetzen. Cookie, die sich aufmerksamkeitsbedürftig an sein Bein schmiegte, erwärmte sein Herz sofort und er beugte sich, nachdem er sich den unbequemen Schuhen entledigt hatte, zu ihr hinunter um ihr Köpfchen zu kraulen. “Na, mein Schatz? Lange nicht gesehen. Hast Daddy recht? Hast du mich vermisst?” Das Schnurren des Kätzchens wurde lauter und August hob die kleine Fellnase hoch, um gemeinsam mit ihr das Wohnzimmer zu betreten. “Gleich bekommst du etwas Feines, mein Engelchen.”
Cookie fand sich wenige Minuten später vor einem vollen Fressnapf, während August bereits das Badezimmer ansteuerte, um dass er den Jüngeren nach wie vor beneidete. Um genau zu sein wegen der Badewanne, die so viel größer war als seine eigene und die so viel Platz bot, selbst wenn sie zu zweit drinnen saßen. Ohne die Entspannungstherapie länger hinauszuzögern, ließ er das heiße Wasser ein und gab etwas von Cris Duschgel hinzu, damit es schön aufschäumte. Der Engel überlegte einen Moment, ob es nicht zu kitschig wäre ein paar Kerzen anzuzünden, aber ein dunkles Bad, nur von Kerzen beleuchtet, klang schon ziemlich verlockend. Also holte er ein Feuerzeug aus der Küche und nahm ein paar der Kerzen aus dem Wohnzimmer mit, um sie am Rand des Porzellans abzustellen und anzuzünden. So sah es gleich viel gemütlicher und entspannter aus. Cris bevorzugte es zu Duschen aber zu diesem Anblick konnte er sicher nicht “nein” sagen, vor allem wenn er noch immer zu schwach war um sich langfristig auf den Beinen halten zu können. In der Dusche hätte er wohl kaum fünfzehn Minuten überstanden und es eher als anstrengend empfunden zu stehen. Aber hier konnte er sich einfach in das heiße Wasser setzen und die Augen schließen.
“Cris?”, rief er aus dem Bad und ging dann zurück ins Wohnzimmer. “Das Bad ist gleich fertig. Soll ich dir in der Zwischenzeit etwas Kochen? Ich kann nur einfache Dinge wie Rührei oder Toast machen, aber wenn du etwas anderes möchtest, kann ich auch den Lieferservice verwenden.” Ihm selbst war der Appetit in den letzten Tagen vergangen und er musste sich erst wieder langsam an Essen wagen, aber zumindest sein Freund sollte etwas essen, wenn er nicht zu erschöpft dazu war. Wieder legte er seine Hände an die Wangen des anderen, musterte besorgt sein Gesicht. “Ist alles in Ordnung? Geht es dir sehr schlecht? Nach dem Bad wirst du dich sicher besser fühlen, auch wenn du kein Fan davon bist.” Nicht so wie August, der oftmals Stunden in der Wanne verbrachte und komplett verschrumpelt wieder aus dieser stieg. Und von dort dann ins Bett, herrlich. “Morgen schlafen wir ganz lange, ja? Ich bleibe an deiner Seite, wie eine Zecke.”, scherzte er und zog einen Mundwinkel hoch, während er dem Dämon mit den Fingern durchs Haar fuhr. Dann stoppte er plötzlich und sah zum Vorzimmer. “Du meine Güte, das hätte ich fast vergessen!”, stieß er nervös aus und löste sich vom anderen, um zurück ins Vorzimmer zu gehen, wo seine demolierte Jacke hing. Oh Gott, bitte nicht. Dabei fand er die Idee doch so süß und wenn es jetzt durch die ganzen Kämpfe zu schaden gekommen war...dann litt die ganze Überraschung darunter. August öffnete eine der kleinen Seitentaschen im inneren der Jacke und zog eine kleine Plastikverpackung mit dem Lollipop-Ring hinaus. Das pinke Ding hatte es auf magische Weise überlebt und wies keinen einzigen Kratzer auf. “Bei meinem letzten Stopp wollte ich dir unbedingt etwas mitnehmen, aber die Gegend war irgendwie etwas schrullig und unspektakulär. Ich hoffe also, dass du dich trotzdem darüber freust, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist.” Den Ring versteckte er hinter seinem Rücken und stellte sich dann wieder vor seinen Freund, denn er vielversprechend angrinste. “Streck deine Hand aus.”, sagte er und wartete darauf, dass sein Freund seiner Anforderung nachging. Als dieser den Arm etwas hob und mit der Handfläche nach oben seine Hand ausstreckte, schüttelte der Engel sanft den Kopf. “Nicht so.” Er korrigierte den anderen, indem er die Hand umdrehte und dann den pinken Plastikring mit dem Kirschtopping hervorzog. “Vielleicht nicht der schönste Ring, aber er kommt definitiv von Herzen.”, murmelte er amüsiert und steckte Crispin das essbare Accessoire an den Ringfinger an. Er dachte zurück an die Tankstelle, an den Moment, wo er den Ring gekauft hatte und dabei ebenfalls innerlich lachen musste, denn das Geschenk war so lächerlich, dass es wiederum Sympathie weckte, wenn man es mit dem richtigen Kontext verband. “Er schmeckt nach Kirsche.”, flüsterte er seinem Freund zu und küsste ihn danach sanft auf die Lippen. “Ich hab dich vermisst.”

Crispin Cipriano

Nicht nur August war froh darüber, dass sie diesen Tag endlich überstanden und somit hoffentlich ein wenig Ruhe hatten. Dass er sich wünschte, Hope mit diesem verdammten Fummel zu erwürgen, war auch nur ein Versuch, den ganzen Frust und Ärger, den er heute hatte und für den der andere Engel mit diesem Kleidchen auch noch zusätzlich gesorgt hatte - Hilfe hin oder her - zu kompensieren und zu vertreiben. So ganz funktionierte es allerdings nicht, denn dafür war nicht nur an diesem Tag jede Menge passiert, sondern auch an den letzten. Wenn man einmal bedachte, wie ruhig sein Leben die letzten Monate verlaufen war, wenn man einmal von dem nervenaufreibenden Hin und Her zwischen seinem Freund und ihm einmal absah, sollte man meinen, dass vier Tage viel zu kurz waren, um jede Menge Trubel und mental auslaugende Geschehnisse bereitzuhalten. Doch da täuschte man sich genauso leicht, wie bei der Vorstellung, dass diese Zeit wie im Flug vergehen sollte und das ohne, dass man sich selbst auch noch zusätzlich mit quälenden Gedanken fertig machte.
Das Leben hielt gerne jede Menge Überraschungen für einen bereit. Vor ein paar Tagen hätte er immerhin auch nicht geglaubt, dass er gemeinsam mit August hier stehen und in Ruhe reden würde, ohne die Angst haben zu müssen, dass jederzeit ein Satz fallen konnte, der die ganze trügerische Idylle zerstörte und die Seifenblase, in der sie sich während ihres Streits ab und an befanden und in denen oftmals alles wie früher war, zum Platzen brachte. Auch während er alleine war, beschlich ihn neben seiner Angst um den anderen und seiner Hoffnung, dass dieser unversehrt zu ihm zurückkehrte, die Befürchtung, dass er doch wieder auf ihn hereingefallen war, auch wenn das vollkommen unnötig war. Doch ihre vorangegangenen Aufeinandertreffen hatten diesbezüglich einfach auch ihre Spuren bei ihm hinterlassen, die bis auf ihr letztes vor Augusts Mission, allesamt negativ ausgegangen waren. Konnte man ihm seine leisen Zweifel also verdenken?
Vielleicht war auch diese Zeit ein Grund dafür, dass sie beide ziemlich fertig waren, denn dass auch August mit schwindenden Kräften zu kämpfen hatte, merkte er deutlich, als dieser Probleme bekam, normal zu laufen. Weit hatten sie es aber zu diesem Zeitpunkt zum Glück schon nicht mehr und er freute sich bereits darauf, sich mit ihm einfach aufs Sofa oder ins Bett zu kuscheln und die Außenwelt und alle Schwierigkeiten, die noch auf sie warteten, auszublenden und zumindest für eine Weile zu vergessen.
Genau das schaffte der Engel allerdings schon, als er seine Hand auf Cris' Wange legte und ihn somit aus seinen aufkommenden Gedanken holte. Sein Blick, der kurzzeitig ins Leere ging, während sein Kopf ganz woanders war, fokussierte sich wieder und traf direkt auf den des anderen. Die Wärme in dem Blick, der auf ihm lag, vertrieb die Kälte, die sich durch seine zum Teil trüben Gedanken unweigerlich in ihm breit machen wollte, und hinterließ ein angenehmes Gefühl in ihm. Als wäre er bereits zu Hause, obwohl sie noch vor der Haustür standen. Die Worte, die er kurz darauf auf seine eigenen zu hören bekam, verstärkten dieses Gefühl noch und ließen der unangenehmen Kälte nicht einmal den Hauch einer Chance. Genau das hatte er vermisst. Mehr als er sich das zuvor bewusst war und das Versprechen, dass er so schnell nicht mehr ohne ihn irgendwo hingehen würde, war beinahe mehr, als sein Herz ertrug, weshalb er seine Hand erst auf die des Engels legte, sie kurz noch ein wenig mehr an seine Wange drückte, bevor er sie komplett in seine nahm.
"Du hast eben schon immer auf mich aufgepasst und ich hab es auch immer zu schätzen gewusst, dass ich mich in dem Punkt auf dich verlassen konnte und kann. Von den Momenten, in denen du es unverschuldet nicht konntest, einmal abgesehen. Und auch wenn es eine Zeit lang so aussah, als wäre ich dir nicht dankbar dafür, und ich es mir vielleicht auch nicht eingestehen wollte, habe ich es da doch auch geschätzt. Insgeheim habe ich mich immer danach gesehnt und ich bin froh, dich wieder auf diese Weise bei mir zu haben, ohne Angst haben zu müssen, dass-", unterbrach er sich selbst und schüttelte leicht den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben, die sich seiner ein weiteres Mal bemächtigen und die ganze Situation in etwas Negatives ziehen wollten. Und auch wenn sich August vielleicht denken konnte, was er sagen wollte, fügte er noch ein leiseres "Nicht so wichtig", hinzu.
Er wollte diese ganze Zeit, in der es für ihn so aussah, als hätte es August niemals ernst mit ihm gemeint, einfach vergessen, auch wenn er wusste, dass er das wohl nicht schaffen würde, da ihn diese Zeit genauso prägte, wie seine gesamte Kindheit.
Über etwas nicht reden, wollte ganz offensichtlich auch der Engel nicht. Crispin war schon drauf und dran ihn zu fragen, was vorgefallen war, da er ein ungutes Gefühl hatte, als er die Nervosität bemerkte. Doch er hielt sich zurück, denn er wusste selbst nur zu gut, wie es war, wenn man etwas nicht sagen wollte und in diesem Fall würde er es früher oder später schon erfahren, denn immerhin wurde nicht gesagt, dass er überhaupt nicht darüber reden wollte.
Dennoch konnte er nicht verhindern, dass er sich den Kopf darüber zerbrach, was erst endete, als sie in seinem Penthouse ankamen und er sah, wie Cookie schnurrend um die Beine seines Freundes streifte, um dessen Aufmerksamkeit zu bekommen. Dieser Anblick wärmte sein Herz und er war erneut sehr froh darüber, dass es sich die kleine Fellnase in seiner Kapuze bequem gemacht hatte, sodass sie bei ihm ein Zuhause gefunden hatte.
"Ich denke, dass Schnurren sagt wirklich alles. Zumindest begrüßt sie dich freudestrahlend, während ich vor ein paar Tagen beinahe zu Kreuze kriechen musste, damit sie nicht mehr sauer auf mich ist."
Wie es war, nachtragend zu sein, wusste er nur zu gut, konnte man ihm diese Eigenschaft doch auch zuschreiben, aber er wusste auch, dass es von Cookies Seite gerechtfertigt war. Immerhin hatte er sie mit hierher genommen, ihr ein Dach über dem Kopf geboten und dann vergaß er sie einfach. Dass die Stunden, die sie hier alleine verbringen musste, für ihn durch verschiedene Dinge aufwühlend waren und er auch aus der fehlenden Gewohnheit, Verantwortung für etwas zu übernehmen, nicht an sie gedacht hatte, war dabei auch vollkommen nebensächlich. Zumindest für sie und er selbst hatte sich ebenfalls Vorwürfe gemacht.
Nun allerdings war alles in Ordnung und er war froh, sie bei sich zu haben, da sich dadurch doch ein lange gehegter Wunsch erfüllt hatte, der ihm damals durch seine Eltern nicht erfüllt wurde. Wer wollte auch eine eigensinnige Katze, wenn man nicht mal mit dem eigenen Kind klar kam?
Kopfschüttelnd verscheuchte er die Erinnerungen und folgte August ins Wohnzimmer, wo er sich als erstes seines Hoodies entledigte und diesen begutachtete. Genau wie die Lederjacke seines Freundes hatte dieser einiges abbekommen und er war froh, dass es nicht einer seiner Lieblingspullover war, denn darüber hätte er sich wirklich geärgert. Diesen allerdings konnte er notfalls einfach durch einen anderen ersetzen, sodass er ihn achtlos aufs Sofa warf und es sich kurzerhand ebenfalls dort bequem machte, während er hörte, wie sein Freund sich erst um die kleine Samtpfote kümmerte und anschließend im Bad verschwand.
Baden war noch immer nichts, was er gerne tat, aber da August ebenfalls ziemlich k.o. war und mit Sicherheit auch ein wenig Entspannung gebrauchen konnte, würde er sich der Versuchung, mit ihm ins warme Wasser zu steigen, sicher nicht entziehen können und schon klang auch für ihn die Idee, ein Bad zu nehmen, sehr viel verlockender, als wenn er dieser Tätigkeit alleine nachgehen müsste. Alleine bei der Vorstellung stieg die Vorfreude darauf, die jedoch recht schnell wieder gedämpft wurde, als sich ein leichter stechender Schmerz in seinem Nacken bemerkbar machte. Sofort fuhr er mit seiner Hand an die Stelle, an der ihn Seimei gebrandmarkt hatte, rieb darüber, in der Hoffnung den Schmerz damit vertreiben zu können, und presste die Lippen fest aufeinander.
Jetzt bin ich erst mal froh, dass du in Sicherheit bist und wir vorerst Ruhe von all dem haben.
Die Worte seines Freundes klangen in seinen Ohren nach und auch wenn sie in dem Moment, in dem er sie gehört hatte, beruhigend klangen, weil er auch wusste, dass August alles dafür tun würde, dass ihm nichts geschah, drängte sich doch die Frage auf, ob es so war oder sie sich nur etwas einredeten. Nur weil sie Seimei entkommen waren, hieß das nicht, dass sie wirklich in Sicherheit waren. Dieses Mal in seinem Nacken war wie ein Peilsender und somit konnte dieser Dämon zu jeder Zeit mit einem Mal auf der Bildfläche auftauchen und ihnen das Leben schwer machen. Und ob sie bei einer weiteren Auseinandersetzung so glimpflich davon kamen war mehr als fraglich, da es heute schon so knapp war und es auch ganz anders hätte ausgehen können.
Frustriert, weil die Probleme trotz aller schönen Worte, scheinbar kein Ende nehmen wollten, fuhr er sich mit beiden Händen erst über das Gesicht und dann durch die Haare, bevor er seine Finger hineinkrallte und sich nach vorn beugte, sodass er seine Ellbogen auf den Knien abstützen konnte. Dabei spürte er auch an seinen Handflächen die Stellen, an denen ihn Seimei gebissen hatte, obwohl die Wunden bereits einigermaßen verheilt waren. Dennoch zischte er leise und nahm seine Hände wieder von seinem Kopf, um sie sich anzusehen. Bei der Erinnerung daran, dass er ihn als Blutquelle benutzt hatte, aber auch an den kurzen Ausflug in die Hölle, wie er meinte, breitete sich eine Gänsehaut über seinen Rücken und seine Arme aus. Er hoffte wirklich, dass Hope etwas gegen dieses Brandzeichen tun konnte, denn er hatte wirklich keine Lust, diesem Dämon je wieder zu begegnen.
Crispin war tief in seinen Gedanken versunken, sodass er erst wieder etwas mitbekam, als August seinen Namen rief und kurz darauf zurück im Wohnzimmer war. Die Frage bezüglich des Essens hatte er unterbewusst mitbekommen und doch zuckte er leicht zusammen, als er eine warme Hand an seiner Wange spürte. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr ihm, als er sah, dass es sich dabei um den Schwarzhaarigen handelte.
"Ich würde gerne sagen ja, aber…", begann er leise und biss sich auf die Unterlippe."Ich hab mir nur Gedanken über die Begegnung mit Seimei heute gemacht. Er meinte, er hätte mich zu dem gemacht, was ich bin und wenn das stimmt, lässt er sicher nicht so schnell locker."
Augenblicklich schüttelte er den Kopf, weil er darüber nicht weiter nachdenken wollte, da es nur die Stimmung drückte. Früher oder später würden sie darüber reden müssen und in der Regel sagte man, dass früher besser als später wäre, aber wenn sie das noch um einen Tag verschoben, ging davon mit Sicherheit nicht die Welt unter. Zudem klangen die Pläne des anderen sehr viel besser als ein so schwer verdauliches Gespräch, weshalb er seine Konzentration auch auf diese lenkte.
"Vergiss die Pancakes nicht, die du den einen Morgen für mich gemacht hast. Bis auf die ersten, die verbrannt sind, waren die gut", versuchte er seinen Freund ein wenig aufzuziehen und sich selbst damit abzulenken, was zu seiner eigenen Freude auch super klappte.
"Aber mein Hunger hält sich gerade in Grenzen. Ich will es mir eigentlich nur noch mit dir im Bett oder auf dem Sofa bequem machen und vergessen, was die letzten Tage und Monate war. Und davor eben in der Badewanne."
Diese Andeutung, dass er nicht alleine baden gehen wollte und würde, zauberte ihm ein schwaches Lächeln auf die Lippen und doch ließ er es sich nicht nehmen, jeglichen Protest bereits im Keim zu ersticken, indem er Augusts Worte gegen ihn selbst verwendete.
"Da du wie eine Zecke an mir hängen willst, wirst du mir in der Wanne ja sicherlich Gesellschaft leisten."
Crispin wusste, wie ungern August Haut zeigte. Vor allem anderen gegenüber, aber diese Hürde hatten sie bereits einmal genommen, als zwischen ihnen noch alles im Ungewissen lag und sie sich diese kostbare Zeit und diesen Frieden während eines gemeinsamen Bades einfach nahmen. Somit war er der Meinung, dass er es jetzt auch noch einmal tun konnte, wo zwischen ihnen alles geklärt war und er konnte nicht vermeiden, dass sich ein angenehmes Kribbeln alleine bei der Vorstellung daran, in seinem Magen ausbreitete und ihm erst recht jeglichen Appetit nahm. Sich an dieses erste Mal zurückerinnernd schloss er die Augen und gab ein zufriedenes Brummen von sich, als er Augusts Hand zusätzlich in seinen Haaren spürte.
Dieses Gefühl hielt jedoch nicht lange an, als dieser plötzlich mitten in der Bewegung stoppte und etwas davon sagte, er hätte etwas vergessen. Verwirrt öffnete er seine Augen wieder und sah ihm hinterher. Da seine Neugier darauf, was er meinte und vorhatte, stärker als seine ohnehin schon stark strapazierte Geduld war, stand er auf und folgte ihm. In der Tür zum Flur blieb er stehen, da der andere bereits schon wieder auf dem Rückweg war. Sowohl die Hände hinter seinem Rücken als auch das vielversprechende Grinsen machten ihn noch sehr viel neugieriger, als er kurz zuvor schon war.
"Ich habe nicht einmal damit gerechnet, dass du mir etwas mitbringst. Immerhin war es ja kein Urlaub, aus dem man vielleicht Geschenke und Souvenirs mitbringt, sondern ein Auftrag."
Darüber freuen tat er sich dennoch bereits und das obwohl er nicht einmal wusste, um was es sich bei dem Mitbringsel handelte. Daher streckte er auch brav die Hand aus, sodass die Handinnenfläche nach oben zeigte, da er damit rechnete, dass es klein genug war, dass es dort hineinpasst. Umso irritierter war er, als ihn August korrigierte, seine Hand herum drehte und sogleich sein Geschenk hervorholte und es ihm an den Finger steckte.
Für einen Moment vollkommen überrumpelt sah er auf den Ring, der sich nun an seinem Ringfinger befand und wusste überhaupt nicht, was er dazu sagen sollte. Das kleine Plastikteil an sich war lächerlich und er hätte es vermutlich nicht einmal für das Kirschtopping gekauft, doch die Gedanken und die Bedeutung dahinter waren alles andere als lächerlich und sein Herz geriet vollkommen aus dem Takt. Ohne eine Erwiderung wollte er August aber auch nicht stehen lassen, da seine Sprachlosigkeit schon so manches andere Mal falsch aufgefasst wurde.
"Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich sagen soll", begann er und sah auf den Ring, bevor er zu August schaute und endlich die richtigen Worte fand. "Mit Sicherheit hätte es einen weit hübscheren Ring irgendwo gegeben, aber das ist mir egal. Ich freue mich wirklich darüber. Da werde ich glaube sogar darauf verzichten, ihn halb zu essen."
Eigentlich war er für solch kitschige Dinge überhaupt nicht zu haben und hatte sich früher nur zu gerne über so etwas lustig gemacht, doch August schaffte es, dass er sich ernsthaft darüber freute und den Plastikring auch gegen keinen anderen im Moment tauschen wollte. Daher legte er seine Hände auf die Hüften des anderen und zog ihn näher an sich, als sich ihre Lippen zu einem Kuss verbanden, der gemeinsam mit der gesamten Situation ebenfalls ein Kribbeln in ihm auslöste.
"Du hast mir auch gefehlt. Und ich hoffe, dass wir das nie wieder durchmachen müssen, solange voneinander getrennt zu sein. Schon gar nicht, wenn wir nicht wenigstens Kontakt halten können, auch wenn ich verstehe, warum du nicht angerufen hast."
Er wollte ihm schon einen weiteren Kuss geben, das angenehme Gefühl ihrer Lippen aufeinander noch einmal spüren, als er mit einem Mal das Vibrieren seines Handys in der Hosentasche bemerkte. Grummelnd ignorierte er es einfach, auch wenn es die Stimmung leicht ruinierte und setzte seinen Plan in die Tat um. Sanft legte er seine Lippen wieder auf die des Engels und war erleichtert, als das Vibrieren aufhörte… Nur um nach einer kurzen Pause ein weiteres Mal loszugehen. Mit einem weiteren Grummeln löste er sich von August und angelte sein Telefon aus der Tasche, bei am er überrascht war, dass es durch den Kampf mit Seimei nichts abbekommen hatte.
"Wer zum Teufel nervt da…", murmelte er, obwohl er sich diese Frage gar nicht stellen müsste, da es im Grunde nur einer sein konnte. Dennoch öffnete er die Nachricht von Luan, um sie zu lesen.

》Sorry wegen der Absage vorhin. Das Problem mit Aiden ist gelöst. Hättest du morgen Zeit für ein Treffen?《

Crispin presste die Lippen aufeinander, bevor er resigniert seufzte und flink ein "Ich überleg es mir.", ins Handy tippte und die Nachricht abschickte. Anschließend schob er es zurück an seinen Platz und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, während er wieder zu August sah.
"Ich glaube, du solltest da was wissen. Allerdings sollten wir das glaube besser vor dem Baden machen, denn ich befürchte danach könnte von der entspannenden Wirkung nichts mehr übrig sein."
Mit diesen Worten ergriff er die Hand des anderen und zog ihn zurück ins Wohnzimmer und dort zum Sofa, auf das er sich so im Schneidersitz hinsetzte, dass er zu August sehen konnte, als dieser sich ebenfalls setzte. Doch trotz seiner Ansage brauchte er noch einen Moment, ehe er wirklich etwas sagte, denn er konnte sich nur zu gut vorstellen, dass der Engel alles andere als begeistert reagieren würde, wenn er ihm erzählte, was zwei Tage zuvor passiert war. Er selbst war aus den unterschiedlichsten Gründen nicht wirklich begeistert davon, aber ändern konnte er es nun im Nachhinein auch nicht mehr. Da er allerdings keine Freund davon war, um den heißen Brei herumzureden, entschied er sich, es einfach direkt zu tun.
"Ich bin vorgestern Aiden begegnet. Und… er weiß, dass ich vor ihm stand und nicht mein Bruder."
August wusste es von Anfang an, dass Crispins anfängliche defensive Art, diese Mauer die er um sich aufgebaut hatte, durchdringbar war wenn man sich nur bemühte und sich nicht abschrecken ließ. Er hatte es im Gefühl gehabt und sich genau wegen dieser Anziehungskraft, die der andere vom ersten Moment auf ihn hatte, nicht davon unterkriegen lassen ihn wieder und wieder zu besuchen, ihm zu helfen, an seiner Seite zu stehen. Sicher, er wurde anfangs genauso davongestoßen, aber es war seine Hartnäckigkeit, sein Durchhaltevermögen und sein Wille dem anderen näher zu kommen, als jeder andere jemals zuvor, denn vom ersten Moment an war da etwas zwischen ihnen. So genau konnte er es nicht beschreiben, er war generell nicht gut in solchen Dingen, aber er folgte von Anfang an seinem Bauchgefühl - seitdem er Crispin das erste mal am Klavier spielen sah, damals deutlich jünger als jetzt und es füllte ihn auch irgendwo mit Stolz, dass er derjenige war, der an der Seite des anderen stehen durfte. Man stelle sich nur vor ein anderer Schutzengel hätte sich ihm mit der Zeit genähert...Eine furchtbare Vorstellung die einen besonders schmerzvollen Punkt in seinem Herzen traf. Nein, es war schon gut so wie es war oder nicht? Sie mussten dafür zwar wortwörtlich durch die Hölle gehen, aber solange sie es gemeinsam taten, mussten sie keine Angst davor haben. Gemeinsam wollten sie doch alles schaffen, so wie sie es sich schon mehrmals in ruhigen Momenten zugeflüstert hatten. Du und Ich gegen den Rest der Welt.
Der Rest der Welt gegen sie.
Solange sie sich hatten, brauchten sie niemand anderen.
“Ohne Angst haben zu müssen, ...dass?”, wiederholte er und legte dabei fragend den Kopf schief. Dem Dämon waren die Sorgen ins Gesicht geschrieben und August hatte ein leichtes Spiel, wenn es darum ging zu sehen, dass es seinem Ex-Schützling nicht gut ging oder ihn etwas beschäftigte. Er musterte den anderen eine Weile und drückte dann dessen Hand an seine Lippen. “Wenn du nicht darüber reden willst, ist es okay. Ich will nur, dass du weißt, dass ich für dich da bin. Immer, egal was kommen mag. Ich werde nicht mehr verlassen, ab sofort gibt es nur noch uns beide, das verspreche ich.” Dass er den anderen damals sehr verletzt hatte, wusste er ganz genau und er fühlte sich schrecklich deswegen. Zwar lag alles im Dunklen, sie hatten beide keine Ahnung von der “höheren Macht”, die ihnen diese Missverständnisse eingebrockt hatte, aber er war oft genug weit unter die Gürtellinie gegangen, weil es schmerzte zu “wissen”, dass er derart hintergangen wurde. Doch wie konnte er so etwas überhaupt annehmen? Von Cris? Demjenigen, der ihn damals so oft gerufen hatte, auf seine Art und in dessen Augen fast schon ein Leuchten zu sehen war, als August bei ihm auftauchte. August vermisste diese Abende fast schon, aber jetzt sollte ihn nichts mehr davon abhalten seine große Liebe, die Person die für ihn bestimmt war, jeden Abend in seinen Armen halten zu dürfen.
“Tatsächlich?”, fragte er grinsend und sah zu dem Kätzchen, dass genüsslich das Nassfutter verschlang. Auch er hatte sie natürlich vom ersten Tag an liebgewonnen und konnte gar nicht anders als sie zu füttern. Was mit spontanen Besuchen begann, wurde bald zur Gewohnheit und der Engel musste innerlich schmunzeln, denn so oder so ähnlich hatte es ja auch mit Cris angefangen oder? Sporadische Treffen wurden zu fast täglichen Besuchen und irgendwann konnte er an gar nichts anderes mehr denken. Das Kätzchen beschäftigte ihn auch - vor allem an Tagen mit schlechtem Wetter. Hier hatte sie allerdings alles und noch so viel mehr, was ihn sehr beruhigte. Das Atelier war nicht mehr im besten Zustand und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich irgendeine New Yorker Baufirma die Genehmigung holte, um daraus das nächste Trend-Café oder etwas Ähnliches zu bauen. Irgendwie hatten die Menschen den Hang dazu aus alten Objekten Neues zu schaffen, jedoch den ursprünglichen Look dabei zu behalten. Soweit er verstanden hatte, nannten sie es “Vintage” oder “Old-School”, was auch immer das bedeuten mochte. Aber er verstand schon ungefähr was sie meinten. Man bewahrte den gewissen Charme, den alte Dinge mit sich brachten...oder so ähnlich. Schade eigentlich, er mochte das Atelier immer sehr gerne und der Gedanke, dass es irgendwann in irgendeinen Laden für die Öffentlichkeit verwandelt werden sollte, stimmte ihn traurig, da damit die Erinnerung an schöne gemeinsame Momente wohl langsam verblassen würde. Aber so war es nunmal, nicht wahr? Aus alt entstand neu, die Zeit stand niemals still, egal wie sehr sie es sich auch wünschten. Damals schon und heute noch mehr. Witzig, wenn man bedachte, dass sie noch eine Ewigkeit miteinander verbringen würden und dennoch machte ihnen die verstrichene Zeit zu schaffen, dabei lag noch so viel vor ihnen… so vieles von dem sie noch gar keine Ahnung hatten.

Im Badezimmer duftete es bereits nach Crispins Duschgel und die wenigen Kerzen die August angezündet hatte, tauchten den Raum in ein gedämpftes, warmes Licht und eine entspannende Atmosphäre, die hoffentlich ihre Wirkung zeigte, sobald Cris im warmen Wasser lag und vielleicht für eine Weile seinen arbeitenden Kopf ausschalten konnte. Dass dieser nämlich gerade auf Hochtouren arbeitete, konnte der Engel sofort sehen, als er zurückkehrte und seinen Freund nach vorne gebeugt am Sofa sitzen sah, die Hände in den Haaren vergraben. August zögerte keine Sekunde und setzte sich neben ihn, die Hände an den denen seines Freundes, um sich langsam aus dem Haar zu lösen. Er küsste sie beide einzeln und hörte seinem Freund zu, wie er seine Bedenken gegenüber dem hinterlistigen Dämon erläuterte. Seimei war wirklich niemand den man unterschätzen sollte, das wussten sie mittlerweile. Crispin mehr als August lieb war, aber jetzt war es viel zu spät sich darum Gedanken zu machen, wenn der Jüngere doch bereits das Mal im Nacken trug. Der Engel spürt es, diese dunkle Aura, die davon ausging und nichts Gutes verheißen mochte. Hope wusste jedoch bestimmt was zu tun war, ...er wusste immerhin so gut wie alles und hatte August bereits unzählige Male geholfen. Crispin hatte er außerdem immer schon auf irgendeine Weise gern gehabt, ihn als einen Freund angesehen, was selten war, trotz der aufgeschlossenen Natur des Heilers. So viele Freunde hatte dieser nämlich gar nicht, zumindest konnte sich der Schwarzhaarige nicht daran erinnern, dass er jemals mit anderen so viel unternommen und so tatkräftig geholfen hatte wie bei August und einigen wenigen anderen Ausnahmen, zu denen Crispin skurrilerweise auch gehörte, obwohl er ein Dämon war. Nicht, als ob es ihn störte, aber Hope schien selbst in der Zeit als Cris und August auf Kriegsfuß standen, immer noch einen gewissen Grad an Sympathie gegenüber dem Ex-Schützling zu haben, die er sich bis heute nicht erklären konnte. Es war nicht diese “okay, du bist der Freund meines besten Freundes”-Art von Sympathie, sondern eine, wie man sie fast schon von einem Großvater kannte, der auf seine streitenden Enkel sah und dabei lächelte, weil er wusste, dass sie sich bald wieder vertragen würden. Seltsam, wirklich seltsam. Dennoch, er musste sich wieder auf das hier und jetzt konzentrieren.
“Hope wird es sich ansehen. Er weiß bestimmt was wir machen können, damit die Verbindung zu Sei unterbrochen wird.”, versicherte er dem anderen und strich ihm dann das wirre Haar zurück. “Und wenn ich mich dafür in 100 Kleider zwängen muss, dann soll es so sein. Hauptsache es geht dir gut.”, versuchte er dann die Stimmung etwas zu heben, wenn er es auch ernst meinte und für seinen Freund wirklich alles getan hätte, sei es auch noch so peinlich. Crispin ging zum Glück darauf ein und fing an ihn mit seinen nicht vorhandenen Kochkünsten zu ärgern. August konnte gar nicht anders als sanft zu lächeln. “Alles was du willst, Häschen. Im Notfall stehe ich früher auf und räume das nächste Diner für dich leer. Die Pancakes schmecken dort auf jeden Fall besser als meiner und sie haben noch dazu viel bessere Toppings. Kirschsirup und Schokostreusel? Das dürfte dir wohl besser schmecken als gewöhnlicher Ahornsirup.” Natürlich hatte er auch nichts dagegen selbst welche zu machen, aber wenn der Herd in Flammen stand, war es immer gut einen Plan B zu haben.
Die Reaktion auf den Ring war Anfangs anders als er sich erhofft hatte. Cris stand nämlich sprachlos da und diese Sprachlosigkeit konnte er anfangs nicht wirklich deuten. Gefiel ihm der Ring? Hasste er ihn? Fand er es nicht so witzig wie August damals, auf der Tankstelle, als er den Ring gesehen hatte und dabei daran dachte, wie lustig es wäre, wenn er mit diesem pinken Teil nach Hause kam und ihn seinem Freund ansteckte? Sein Gesicht zeigte Besorgnis, die sich erst bei den nächsten Worten in ein erleichtertes Seufzen verwandelten. “Und ich dachte schon du hasst ihn. Natürlich ist er hässlich, auf der Tanke gab es leider, leider keine Weißgoldringe mit Diamanten, Cris. Sonst hätte ich dir selbstverständlich einen von denen mitgenommen, ganz sicher, aber… die hätten sicher nicht nach Kirsche geschmeckt. Also zwei Punkte für den pinken Ring. Wir haben etwas zu lachen und er schmeckt sogar gut.”, witzelte er und betrachtete den Ringfinger des anderen, bevor er nähergezogen und geküsst wurde. Diese Reaktionen waren ihm immer noch am liebsten. Cris fiel es schwerer sich mit Worten auszudrücken, aber er wusste genau wie er alles andere sprechen lassen konnte. Der Engel legte die Arme um seinen Freund und drückte sich näher an ihn, das Gefühl der Dankbarkeit, ihn wieder an seiner Seite haben zu können überrumpelte ihn dabei fast. Als sie sich kurzzeitig voneinander lösten, ergriff auch er das Wort, denn er wollte dem anderen versichern, dass er ihm nicht egal war und sich der Kleinere durchaus melden wollte. “Ich war oft kurz davor dich anzurufen, damit ich deine Stimme hören kann und damit ich mich nicht so alleine fühle. Mir kam nur immer etwas dazw-“ Das Vibrieren des Handys ließ ihn inne halten, jedoch wirkte es so, als wolle Cris sich nicht darum kümmern und schon waren ihre Lippen erneut versiegelt, nur um dann wieder voneinander gerissen zu werden. August sah beleidigt zu dem Handy, denn dieses kleine Ding störte offensichtlich ihre Zweisamkeit und das nur durch ein doofes Geräusch, was aber Grund genug war, um nachzusehen was denn los war.
Der Student schmollte und verschränkte trotzig die Arme, während Cris die Nachricht las. Dabei musterte er das Gesicht des Größeren, um zu sehen, ob es sich um etwas Wichtiges handelte. Zu seinem Leiden, ja. Und noch dazu um etwas, mit dem er im Leben nie gerechnet hätte. “W-warte was? Er weiß bescheid?” August fiel aus allen Wolken und blinzelte ein paar Mal, um seine Gedanken zu ordnen. Aiden, ein ehemaliger guter Freund von Cris, den August eigentlich nie so wirklich leiden konnte, wusste, dass Cris am Leben war? “Wann hast du ihn getroffen? Was hast du zu ihm gesagt? Hat er versucht…” August presste die Lippen augenblicklich zusammen und senkte den Blick. Aiden mochte Cris. Sehr sogar, zumindest früher, als Cris noch ein Mensch war. Das entging dem damaligen Schutzengel natürlich nicht und ja, vielleicht hatte er damals schon Eifersucht verspürt und deswegen seine natürliche Abneigung ihm gegenüber entwickelt. “Habt ihr euch in den vier Tagen gesehen?”, fragte er vorsichtig und sah wieder auf, wenig begeistert von der Idee dass ausgerechnet Aiden mit seinem Freund Kontakt hatte, während sich August auf einer Mission befand. Ob er irgendetwas versucht hatte? Nein, der musste wahrscheinlich erst verdauen dass Cris am Leben war., versuchte er sich selbst zu beruhigen. Der Engel war sichtlich verstimmt, einfach weil er den Typen wirklich nicht leiden konnte und er nach wie vor fest der Meinung war, dass er etwas von Cris wollte. Schon damals hatten sie etwas wie einen kleinen indirekten Konkurrenzkampf gehabt, den August glasklar gewonnen hatte. Aber Cris ausgerechnet in Zeiten der Verletzlichkeit zu treffen...das war ein dreckiger Move.
Er wollte nicht der krankhaft eifersüchtige Freund sein und August hatte auch nichts gegen die anderen Freunde von Cris aus der damaligen Gruppe. Sie waren wirklich alle sehr nett, gute Menschen eben. Aber Aiden… den würde er wohl nicht einmal akzeptieren, wenn er vor ihm auf die Knie ging und seine Füße küsste. Mit seinen Ringen spielend verlagerte er das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. “Weiß er, dass du...ein Dämon bist?”, fragte er dann, um seine Eifersucht zu überspielen, denn das war doch der eigentliche Punkt: Eine weitere Person wurde eventuell mit in diese Sache gezogen. “Oh warte, das Wasser. Ich muss es noch abdrehen.”, sagte er dann leise und verschwand im Bad um den Wasserhahn abzustellen. Er sah aus dem Fenster, die Skyline von New York hell erleuchtet, wie jeden Abend. Es ärgerte ihn, dass er sich ausgerechnet jetzt so von einer Nachricht den Abend versauen ließ. Aber wieso ausgerechnet Aiden? Wieso holte die Vergangenheit sie immer wieder ein? Sie musste doch bereits durch so vieles durch… nervös kaute er auf seiner Lippe und sah zur Tür, bevor er sich an den Rand der Badewanne setzte und sich einen Moment nahm. Nahm das alles denn nie ein Ende? Rixons und Aspens Plan nahm Ausmaße an, die immer schwerer zu ertragen waren, denn so langsam hatte er das Gefühl, dass immer mehr Leute in die Sache hineingezogen wurden und sich das bereits große Puzzle um viele weitere Teilchen erweiterte.

Crispin Cipriano

Wenn Crispin genau darüber nachdachte, gab es wohl niemanden auf der Welt, der ihn besser kannte, als August. Er wusste um seine Schwächen, seine Ecken und Kanten und die Gründe hinter seinem abweisenden Verhalten, das er in der Regel bei jedem an den Tag legte, der nicht wie der Engel das Privileg genoss, auch alle anderen Seiten an ihm zu sehen und den Crispin hinter der Fassade kennen zu dürfen. Dabei hatte er sich dieses Recht äußerst hart erkämpft, denn auch er war anfangs an der Mauer regelmäßig abgeprallt, die er zu seinem eigenen Schutz über all die Jahre um sich herum aufgebaut hatte. Auch bei ihm hatte er versucht, ihn damit auf Abstand zu halten, doch im Gegensatz zu den meisten anderen, die ihn dafür entweder mit Absicht provozierten oder irgendwann einfach fallen ließen, war der Schwarzhaarige hartnäckig. Ganz egal, wie oft er ihn auch abwies, er ließ sich nicht davon abhalten, es immer und immer wieder zu versuchen und war für ihn da, wenn er seine Hilfe brauchte und das obwohl er ihm anfangs dafür nicht einmal dankte.
Crispin hätte es verstanden, wenn der Engel irgendwann aufgegeben hätte und er könnte ihm wohl nie genug dafür danken, dass er es nicht getan hatte. Noch heute dachte er mitunter daran, welches Glück er hatte, das August damals den Job übernahm, sein Schutzengel zu sein und das obwohl er dazu nicht einmal ausgebildet war. Er tat es, ungeachtet dessen, dass er es nicht hätte tun müssen. Und doch…
Obwohl er schon zu seiner Zeit als Mensch wusste und spürte, dass der andere vermutlich so gut wie alles für ihn tun würde, hatte er es zwischenzeitlich doch vergessen und es wurde durch all die negativen Gefühle, die ihn belastet hatten, überdeckt, sodass er glaubte, dass alles nur eine große Lüge war. Jetzt, wo er vor August stand und neben seiner Gewissheit in den dunklen Tiefen seiner Augen sehen konnte, dass er immer für ihn da sein würde, fragte er sich, wie er so lange nur so dumm sein konnte, etwas anderes anzunehmen? Aus diesem Grund biss er sich auch auf die Unterlippe, als sein Gegenüber weiter nachhakte und offensichtlich doch wissen wollte, was er noch hatte sagen wollen, bevor er seinen Satz abbrach. Crispin senkte den Blick und schloss für einige Sekunden die Augen, um sich zu sammeln und es über die Lippen zu bekommen, denn eigentlich wollte er nicht weiter darüber nachdenken und auch nicht, dass dieses Thema, das nun ein für allemal in der Vergangenheit lag, die Stimmung drückte.
Während er noch mit sich haderte, spürte er mit einem Mal Augusts Lippen an seinen Händen und hörte dessen Worte, die seine Zuversicht, dass die schwere Zeit zwischen ihnen vorbei war, zusätzlich steigerte. Und gerade weil der Engel der einzige war, mit dem er über alles reden konnte, ohne dass dieser sich durch seine Wortwahl vielleicht auf die Füße getreten fühlte, blickte er zu ihm auf und gab sich doch einen Ruck, um es auszusprechen.
"Ich wollte sagen, dass… ich nun keine Angst mehr haben muss, dass die Stimmung plötzlich kippt und wir doch wieder im Streit auseinander gehen. Diese kleinen gestohlenen Momente, in denen wir trotz allem wieder so wie damals miteinander umgehen konnten, haben mir immer wieder Kraft und Hoffnung gegeben. Bis… die Seifenblase, in der wir uns in der Zeit befanden, eben platzte…"
Bei der Erinnerung an diese Zeit, die bei weitem noch nicht lange genug zurücklag, um nicht mehr weh zu tun, zog sich ein leichter schmerzhafter Stich durch seinen Brustkorb und er presste die Lippen aufeinander. Mit diesem letzten Satz wollte er das Ganze jedoch nicht stehen lassen, weshalb er mühsam, aber tief durchatmete, bis sich der Schmerz wieder zurückzog.
"Ich bin einfach froh, dass das nicht mehr vorkommen wird", fügte er schlussendlich noch hinzu und erhöhte den Druck seiner Finger um Augusts Hände, in denen seine eigenen noch immer lagen und ihm sowohl Wärme als auch Halt gaben.

Doch auch wenn die Probleme zwischen ihnen beseitigt und der tiefe Graben wieder geschlossen war, der so lange dort klaffte, gab es doch noch mehr als genug andere Schwierigkeiten, die sie nun bewältigen mussten und die alles andere als einfach aus der Welt zu schaffen sein dürften.
Wir beide gegen den Rest der Welt.
Crispin glaubte an ihr Motto und hatte sich insgeheim selbst dann daran geklammert, als es nicht mehr so aussah, dass dies je wieder möglich sein würde. Gemeinsam hatten sie schon so vieles geschafft und er hoffte tief in seinem Inneren, dass dies auch jetzt so war, wo so vieles noch auf sie wartete und noch sehr viel mehr im Ungewissen lag. Daher genoss er es, als sich August neben ihn setzte und ihn alleine mit seinen Gesten wieder ein wenig beruhigte und runterbrachte, während er ihm erzählte, worüber er sich Gedanken gemacht hatte, während der andere Bad war, um dort das Badewasser vorzubereiten. Die sanften Küsse auf seinen Fingern und die Gewissheit, dass August ihm zuhörte und er somit wieder jemanden hatte, mit dem er über all das reden konnte, was in seinem Kopf herumschwirrte, wäre jedoch nicht alles, was ihn wieder beruhigte. Auch wenn er Hope noch immer am liebsten den Hals für die Aktion mit dem rosa Kleidchen umdrehen würde, konnte er doch nicht verhindern, dass es schwach in seinen Mundwinkeln zuckte. Um dies zu verbergen, schnaubte er leise.
"Hope soll besser nie wieder auf die Idee kommen, dir so etwas anzudrehen. Es gibt sicher auch andere Wege, um irgendwo reinzukommen, als sich so lächerlich zu machen. Und wenn dir doch mal von selbst nach Rollenspiel in so einem Outfit sein sollte, dann maximal vor mir. Wobei ich da auch gut und gerne drauf verzichten kann. Da seh ich dich lieber in meinen viel zu weiten T-Shirts."
Ohne es bewusst zu merken, lenkte ihn der kleine Versuch des anderen, mit der Erwähnung der Kleidchen die Stimmung zu heben, erfolgreich von dem Problem mit Seimei und dem Mal in seinem Nacken ab. Und auch das Thema August und kochen half dabei sehr gut, weshalb er nur zu gerne weiter darauf einging. Seine Augen begannen zu leuchten, als er die Idee der Toppings hörte. Die Tatsache, dass er das Kirschtopping erwähnte, sprach ein weiteres Mal dafür, dass der Engel ihn sehr gut kannte und ganz genau wusste, womit er ihn notfalls auch um den kleinen Finger wickeln konnte, wenn er es drauf anlegte.
"Okay mit dem Kirschsirup hast du mich. Auch wenn ich trotzdem der Meinung bin, dass man deine auch essen konnte. Allerdings macht es weniger Arbeit, sie zu kaufen, da wir so nach dem Frühstück weiter im Bett bleiben können, ohne dass jede Menge Abwasch wartet. Von dem eventuellen Chaos neben dem benutzten Geschirr einmal abgesehen."
Nur zu deutlich konnte sich Crispin vorstellen, dass die Küche anschließend einem Schlachtfeld gleichen würde, was ihn unweigerlich zum Grinsen brachte und seine Stimmung beträchtlich hob. Bei ihm selbst sah es nicht besser aus, wenn es nicht gerade darum ging, Tiefkühlpizza zum Aufwärmen in den Ofen oder anderes Fertigessen in die Mikrowelle zu schieben. Gemeinsames Kochen würde vermutlich in einer Katastrophe enden und doch konnte er es nicht vermeiden, seinen Freund immer wieder damit aufzuziehen, dass er selbst die einfachsten Dinge nur mit jeder Menge Chaos hinbekam. Daher war er auch äußerst dankbar in einer Zeit zu leben, wo man selbst nicht mehr kochen musste, um lecker essen zu können, weil es für fast alles die Möglichkeit gab, es frisch zubereitet liefern zu lassen.
Als geliefert bekommen konnte man wohl auch den Ring bezeichnen, der an seinem Finger steckte und ihn zu Beginn vollkommen sprachlos machte. Dabei war seine Unfähigkeit, etwas dazu zu sagen, alles andere als negativ gemeint, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht diesen Anschein machte, wenn man so etwas geschenkt bekam. Denn entweder lachte man über so etwas oder man lehnte es ab oder zeigte irgendeine andere Reaktion, zu der er in den ersten Sekunden jedoch absolut nicht fähig war. Er hatte nicht damit gerechnet, dass August ihm etwas mitbringen könnte, da das einzige, was er in den letzten Tagen wollte, dass er heil zu ihm zurückkam. Ein Mitbringsel wäre da überhaupt nicht nötig gewesen, denn das wäre Geschenk genug für ihn gewesen. Hinzu kam die Bedeutung hinter dem Ganzen, die es trotz des Plastikrings zweifelsohne hatte und die ihm schlichtweg die Sprache verschlug. Doch auch wenn es eine positive Sprachlosigkeit war, die ihn für eine gefühlte Ewigkeit gefangen hielt, war ihm bewusst, welche Wirkung sie auf August haben könnte, was sich in dessen besorgten Gesichtsausdruck auch nur zu deutlich zeigte, die er aber zum Glück ausräumen konnte, als er endlich seine Sprache wiedergefunden hatte.
"Was soll ich mit einem Klunker an irgendeinem Ring?", schnaubte er, denn ein derartiges Geschenk wäre - anders als der Plastikring - tatsächlich eher negativ bei ihm angekommen, da er sich aus solch extravagantem Schmuck einfach nichts machte. Es erinnerte ihn viel zu sehr an die protzigen Ringe und Colliers, die gerne von der gutbetuchten Oberschicht zur Schau gestellt wurden, wenn sie genug Publikum hatten, um zeigen zu können, wie reich sie doch waren. Alleine bei der Erinnerung hätte er am liebsten noch einmal abfällig geschnaubt. Da war ihm schlichter Schmuck - wenn er neben seinen Ohrringen überhaupt welchen trug - doch bei weitem lieber. Doch er hielt sich zurück und lenkte seine Aufmerksamkeit stattdessen wieder auf den Ring, der an seinem Finger steckte und ihm durch Augusts Worte schlussendlich doch ein Grinsen auf die Lippen zauberte.
"Ich werde mir aber glaube dennoch überlegen, ob ich ihn esse. Immerhin wäre er ohne dem Topping nur noch reif für den Müll und so bleibt er ja doch eine witzige Erinnerung."
Normalerweise war er für solch kitschiges Zeug, worunter man den Ring wohl auch zählen konnte, gar nicht zu haben, doch er war viel zu froh und erleichtert darüber, August wieder wohlbehalten bei sich zu haben, dass er gewillt war, ihn aufzubewahren und zudem hatten sie so immer ein kleines Erinnerungsstück an diesen Moment. Gerade wenn man eine ganze Ewigkeit vor sich hatte und jede Menge Zeit und Erinnerungen miteinander vor sich hatte, waren solch kleine Anker mit Sicherheit sehr praktisch. Wie Fotos in einem Fotoalbum, in dem man Augenblicke festhielt, die man nicht vergessen wollte.
Vergessen hätte er wohl auch beinahe den Grund für seinen Aufenthalt in dieser heruntergekommenen Gasse, in der er von Seimei angegriffen wurde, wenn sein Handy ihn nicht sehr gekonnt daran erinnert hätte. Nur äußerst widerwillig löste er sich von dem Engel und beendete damit einen der Momente, auf die er vier lange Tage hatte warten und verzichten müssen. Mit einem Mal verstand er die Abneigung des anderen gegenüber Handys sehr gut und war ebenfalls der Meinung, dass es einfach nur störte, auch wenn er es für gewöhnlich vor allem als nützlich ansah. Dass sein Freund verstimmt war, konnte er also sehr gut nachvollziehen und am liebsten hätte er es auch einfach ignoriert und da weiter gemacht, wobei sie gestört wurden, doch das, was ihn Luans Nachricht eindrucksvoll wieder in Erinnerung rief, erlaubte keinen Aufschub, auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, es August in einem anderen - geeigneteren Moment - erzählen zu können.
"Ja, er weiß es…", begann er und hätte sich für seine eigene Unfähigkeit, sich zurückzuhalten am liebsten in den Hintern getreten, weshalb er kurz die Lippen aufeinander presste, bevor er weiter sprach. "Es war vorgestern, als ich ihm begegnet bin. Ich weiß, ich hätte mich für Cyrian ausgeben müssen, um den Schein zu wahren, aber ich… ich konnte es einfach nicht…"
Crispins Stimme wurde zum Ende hin leiser und er senkte zusätzlich den Blick, während er sich auf die Unterlippe biss. Bisher hatte es keine Situation gegeben, in der er sich persönlich vor jemandem für seinen Bruder hätte ausgeben müssen. Den meisten konnte er geschickt aus dem Weg gehen, die sie beide kannten und als ihn anfangs noch Élody - Cyrians Verlobte - übers Handy auf die Nerven ging, war es einfacher, das Ganze mit ein paar Nachrichten zu beenden und hinterher hatte er ohnehin seine Nummer gewechselt. Nun als er vor seinem ehemaligen besten Freund stand, war die Sache einfach sehr viel schwieriger. Nicht nur, dass er es schon hasste, mit seinem Bruder verglichen zu werden, geschweige denn, sich für ihn auszugeben, das Aufeinandertreffen mit Aiden hatte zudem alte Wunden wieder aufgerissen, durch die er sich nicht zurückhalten konnte, ihm endlich seine wirkliche Meinung an den Kopf zu werfen, mit der er sich zugleich endgültig verraten hatte.

Mit einem herzhaften Gähnen verließ Crispin das Tierbedarfsgeschäft, in dem er für Cookie großzügig einkaufen gegangen war, da ihm in den letzten Tagen aufgefallen war, dass ihm erstens immer noch einiges für ihr leibliches Wohl fehlte und sie zweitens einen äußerst gesunden Appetit an den Tag legte, der mit Sicherheit nicht nur etwas damit zu tun hatte, dass sie noch so klein und im Wachstum war, wodurch sie jede Menge Energie brauchte. Die Zeit auf der Straße, wo sie über jede Mahlzeit froh sein konnte, hatte offensichtlich Spuren hinterlassen, sodass sie alles in Windeseile in sich hineinstopfte, was man ihr vor die Nase stellte, nur um ihn anschließend um noch etwas anzubetteln. Dies führte dazu, dass sein kleiner Vorrat, den er an dem Tag, als sie zu ihm kam, besorgt hatte, bereits schon wieder so gut wie aufgebraucht war, sodass er nicht darum herum kam, Nachschub zu kaufen. Bei dem Gedanken an die kleine Fellnase, die nun seine Mitbewohnerin war, erschien ein schwaches und durch die Müdigkeit gezeichnetes Lächeln auf seinen Lippen. Im Grunde war er froh darüber, dass er somit etwas zu tun hatte und Zeit totschlagen konnte, die er andernfalls damit gefüllt hätte, sich darum Gedanken zu machen, wie es August ging, und darauf zu hoffen, dass er so schnell wie möglich unverletzt zu ihm zurückkam.
Das Lächeln verschwand, als er unweigerlich wieder daran dachte, und die innere Unruhe, die ihn schon begleitete, seit er den Engel vor seiner Haustür hatte gehen lassen müssen, machte sich wieder in ihm breit. Crispin biss sich auf die Unterlippe und schob seine Kopfhörer in seine Ohren, um die Welt um sich herum soweit ausblenden und sich selbst ein wenig ablenken zu können, während er den Weg nach Hause antrat. Sehr weit kam er jedoch nicht. Gerade als er eine eher ruhige Seitenstraße entlang lief und nach seinem Handy in der Hosentasche griff, um die Musik einzuschalten, wurde er am Arm gepackt und aufgehalten. Mit einem Knurren wandte er sich zu der Person um und wollte sie zusätzlich angehen, doch als er sah, um wen es sich dabei handelte, blieben ihm sämtliche Worte im Halse stecken und er konnte Aiden einfach nur anstarren. Wenn man von den gefärbten Haaren absah, die auf einer Seite ein auffälliges rosa zeigten und auf der anderen Seite blond waren, hatte er sich kaum verändert - außer, dass er eben älter geworden war. Dass er auch seine große Klappe noch immer besaß, zeigte er einen Augenblick später - völlig ungeachtet dessen, dass Crispin hoffte, er würde einfach nur träumen und gleich wieder aufwachen.
"Du bist echt widerlich! Findest du es vielleicht witzig, dich wie dein Bruder anzuziehen? Glaubst du ernsthaft, du würdest damit sein Andenken in Ehren halten? Denn genau das tust du nicht! Es ist einfach nur geschmacklos."
Noch immer unfähig, etwas zu sagen, und wegen der Worte auch ein wenig überrumpelt, sah er einen Moment lang an sich hinab: auf die Timberlands an seinen Füßen, die zerschlissenen Jeans und das mit mehreren Löchern übersäte Shirt und somit auf alles, was seinen Stil in den meisten Fällen ausmachte und ihn von Cyrian deutlich unterschied. Eine leise Stimme in seinem Inneren machte ihm deutlich, dass er das Spiel mitspielen sollte, dass er so tun sollte, er wäre sein Bruder und eben nicht Crispin, doch alles in ihm sträubte sich dagegen, dies auch nur ansatzweise in die Tat umzusetzen, auch wenn er wusste, dass es vernünftiger wäre.
"Aber dir geht's vermutlich nur um dich selbst - so wie jedem anderen aus deinen Kreisen auch."
Dieser Satz brachte ihn zudem dazu, nicht einmal mehr eine Sekunde darüber, nachzudenken, wie er reagieren sollte, denn als dieser an seine Ohren drang, biss er die Zähne zusammen und blickte wieder zu ihm auf.
"Du bist wohl der allerletzte, der sich über den Egoismus von anderen beschweren dürfte! Du bist keinen Deut besser! Dir geht es auch nur um dich selbst und dass im besten Fall alle nach deiner Pfeife tanzen! Also kehr gefälligst erst vor deiner eigenen Tür, Aiden!"
Aus der anfänglichen Ablehnung und dem tiefen Hass, der in den dunklen Augen seines Gegenübers zu sehen waren, wurde langsam etwas ganz anderes, als die Bedeutung der Worte bis zu ihm durchdrang. Fassungslosigkeit machte sich bei ihm genauso breit, wie die Stille, die sich dadurch über sie legte. Sekunden zogen sich gefühlt zu Minuten, in denen Aiden ihn einfach nur anstarrte und nach Fassung rang, während er damit zu kämpfen hatte, seine Wut nicht die Oberhand gewinnen zu lassen, denn er hatte das Gefühl, dass sich in ihm mit einem Mal all das Bahn brach, was sich während seiner Zeit in Aidens Clique in ihm angesammelt, das er aber erfolgreich zurückgehalten hatte.
"C-cris? Was…? Das… das kann unmöglich sein… Wie…?", stammelte er vor sich hin und wusste scheinbar nicht, wie er das Chaos in seinen Gedanken ordnen und in Worte fassen sollte. Crispin hingegen hätte sich am liebsten abgewandt und wäre verschwunden, denn mit der Erwähnung seines Namens wurde ihm vollends bewusst, was er gerade getan hatte: Er hatte preisgegeben, dass er noch lebte und das vor einer Person, die mit Sicherheit ganz genau wusste, dass er vor fast zwei Jahren gestorben war.
"Das geht dich nichts an!", rutschte ihm heraus, anstatt es abzustreiten, denn dafür war es ohnehin viel zu spät. Dies schien allerdings auch Aiden aus seiner Starre zu lösen, denn dieser zuckte leicht zusammen, bevor er seine Muskeln anspannte und die Hände zu Fäusten ballte.
"Wir waren mal beste Freunde, bevor du für dich entschieden hast, lieber Zeit mit August zu verbringen. Denkst du nicht, dass ich somit ein recht darauf gehabt hätte, zu erfahren, dass du noch lebst?"
Den Namen des Engels spuckte er ihm beinahe vor die Füße, was dazu führte, dass er seine Wut noch viel weniger in Schach halten konnte. Dass sich dadurch ein leichter silberner Schimmer durch seine Augen zog, wusste und merkte er nicht, doch selbst wenn es anders wäre, würde es ihn gerade herzlich wenig interessieren, da seine ganze Aufmerksamkeit auf dem lag, was Aiden ihm gerade an den Kopf geworfen hatte. Am liebsten hätte er bitter aufgelacht, doch er unterdrückte den Impuls.
“Wir und beste Freunde? Dein Ernst?! Wir waren niemals beste Freunde. Unter einem besten Freund verstehe ich jemanden, der mich akzeptiert, wie ich bin und vor dem ich keine essentiellen Sachen verschweigen muss! Eine Art Familienmitglied, das man sich aussucht. Du warst das nicht einmal ansatzweise! Nie im Leben hätte ich dir erzählen können, dass das Klavier spielen meine große Leidenschaft ist, dass mein Bruder früher mein großes Vorbild war und ich mit dem Spielen angefangen habe, weil ich genauso sein wollte wie er oder dass mich die ganzen Weiber, die du immer auf Partys angeschleppt hast, nicht im geringsten interessiert haben! August hat mich hingegen so genommen, wie ich war!”
Ein erneuter Schock zeigte sich in Aidens Gesicht, doch das interessierte Crispin nicht. Für ihn fühlte es sich befreiend an, ihm all das einmal sagen zu können. Schon damals, während seiner Zeit in der Clique, hatte ihn all das genervt, sobald er merkte, welche Vorurteile der andere mit sich herumtrug und dass er in dessen Hassschema zu 100% hineinpasste. Dabei ließ er sich ungern in Schubladen stecken, doch er hatte das Gefühl, dass Aiden nicht einlenken und ihn stattdessen rausschmeißen würde, wenn er es wüsste, und die Angst, wieder vollkommen alleine dazustehen, saß zu tief in ihm - vor allem da die anderen drei vollkommen in Ordnung waren und er bei ihnen mit Sicherheit trotz seiner Herkunft und seiner sexuellen Neigung nicht abgeblitzt wäre. Aiden hingegen schien sich selbst völlig falsch einzuschätzen oder sah die damalige Situation anders als er.
"Du hättest mir das alles sagen können, anstatt dich in die Freundschaft mit jemand anderem zu flüchten. Du wusstest von Anfang an, wie wichtig mir Ehrlichkeit ist und dass nichts Wichtiges verschwiegen wird. Es ist also alleine deine Schuld, wenn du das Ganze als falsche Freundschaft interpretierst. Für mich warst du mein bester Freund - ganz egal, was du darüber denkst."
Nun war es an Crispin, den anderen fassungslos anzusehen, als er das hörte. Ein Schlag in die Magengrube wäre keineswegs effektiver gewesen, um ihn für einen Moment vollkommen sprachlos zu machen. Meinte er das, was er da gerade gesagt hatte, tatsächlich ernst oder wollte er ihn testen und für dumm verkaufen? Doch ganz egal, was von beidem es auch war, es erzielte lediglich die Wirkung, dass er noch wütender wurde, seinen Einkauf für Cookie fallen ließ, um stattdessen Aiden am Kragen zu packen und noch ein Stück näher zu ziehen.
“Willst du mich eigentlich verarschen?! Wenn du das alles gewusst hättest, hättest du mich schon viel eher aus der Clique geschmissen oder nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, mich überhaupt aufzunehmen, weil du mich mit allen anderen in einen Topf geworfen hättest! Im Grunde bist du nämlich genauso oberflächlich und vorurteilsbehaftet, wie all die reichen Snobs, die du so sehr hasst! Also mach dich nicht lächerlich!”
Als er merkte, was er da gerade tat und dass ihn das Aufeinandertreffen mit dem anderen viel zu sehr aufwühlte, um sich unter Kontrolle zu halten, ließ er ihn abrupt los und trat einen Schritt zurück, um Abstand zwischen sie zu bringen. Aiden ließ es geschehen und schien unfähig zu sein, darauf mit einer Erwiderung zu reagieren. Diese Chance nutzte er, um seinen Beutel wieder aufzuheben und sich von ihm abzuwenden.
"Und wenn du wirklich mein bester Freund gewesen wärst, wäre es vielleicht nie so weit gekommen…", murmelte er so leise, dass der andere es nicht hören konnte. Worüber er wirklich froh war, da er seine Gedanken, die sich unweigerlich in seinen Kopf geschlichen hatten, unbeabsichtigt laut ausgesprochen hatte. Um nicht noch mehr zu sagen, trat er, ohne sich noch einmal umzudrehen, den Rückzug an.

Bevor die Erinnerung an dieses Treffen Crispin noch weiter gefangen halten konnte und er tiefer darin versank, zog ihn Augusts Stimme dort heraus und er schüttelte leicht den Kopf, um sich wieder zu fangen und auch den letzten Rest an diese Begegnung für den Moment loszuwerden. Er blinzelte ein paar Mal, während er zu dem anderen sah und dieser weitere Fragen stellte, bei denen ihm vor allem eine besonders auffiel.
Hat er versucht…
August brach den Satz ab, dabei hätte er gerade bei diesem am liebsten gewusst, was er hatte fragen wollen. Verwirrt sah er ihn daher an, doch bevor er dazu kam, ihn darauf anzusprechen und ihn zu fragen, was er damit meinte, war er auch schon verschwunden, um nach dem Wasser zu sehen. Crispin hingegen blieb irritiert an Ort und Stelle stehen, während sein Blick an der Stelle hängen blieb, an der er den Engel aus den Augen verloren hatte. Was wollte er ihn fragen? Was sollte Aiden versucht haben?
Dass der Engel seinen ehemaligen Freund nicht mochte, wusste er von Anfang an. Auch wenn er es nicht offen aussprach, hatte er es doch gespürt. Vermutlich war er der Meinung, dass Aiden einfach kein Umgang für seinen Schützling war - genauso wie es bei seinen Eltern ebenfalls der Fall war. Nur mit dem kleinen Unterschied, das sie verschiedene Beweggründe hatten, um dieser Meinung zu sein und es bei seiner Familie nur auf den ersten Blick um die Sorge ging, er könnte durch ihn und die anderen noch tiefer abrutschen. Umso erleichterter schien August zu sein, als er aus der Clique geschmissen wurde, was er zum damaligen Zeitpunkt alleine wegen Aidens Vorurteilen und dem ganzen Versteckspiel seinerseits ebenfalls war. Steckte aber vielleicht noch ein ganz anderer Grund hinter seiner Abneigung?
Eigentlich hatte er vorgehabt, geduldig darauf zu warten, dass der andere zurückkam, wenn er mit dem Badewasser fertig war, doch seine Ungeduld und sein Kopf, der eine Antwort haben wollte, machten ihm dabei einen Strich durch die Rechnung, weshalb er nach einigen Momenten ebenfalls in Richtung des Bades lief. Als er dort ankam, empfing ihn das sanfte Licht vereinzelter Kerzen, die August aufgestellt hatte, gemeinsam mit dem ihm wohlbekannten Duft nach Kirschblüten, das von seinem Duschgel stammte. Einige Sekunden blieb er mit der Hand am Türrahmen stehen, ließ den Anblick auf sich wirken, der ein warmes Gefühl in ihm auslöste, doch als er sah, dass der andere auf dem Rand der Wanne saß, hatte er keinen Blick mehr dafür. Sofort machte sich ein schlechtes Gewissen in ihm breit, weil er ihn ausgerechnet jetzt damit konfrontiert hatte. Doch hatte er eine andere Wahl? Hätte es etwas geändert, wenn er es auf den nächsten Tag verschoben hätte?
Nein…
Das wurde ihm sofort klar, als er kurz darüber nachdachte und ihm bewusst wurde, dass ihre ganze verzwickte Situation an dem anderen vielleicht sogar noch mehr zehrte als an ihm. Schließlich war er derjenige, der von einem vermeintlichen Freund derart hintergangen wurde, ohne dass ihnen die Hintergründe bislang bekannt waren. Und nun wurden sie von seiner Vergangenheit noch zusätzlich eingeholt, bei der er sich selbst gewünscht hätte, sie wäre genau da geblieben: in der Vergangenheit. Doch wie so oft zeigte sich, dass das Leben kein Wunschkonzert war und einem nur noch mehr Steine in den Weg legte, wenn dieser ohnehin schon von Problemen gepflastert war.
"August…", murmelte er leise, wissend, dass er ihn dennoch hörte, da es um sie herum ansonsten komplett still war. Langsam lief er auf ihn zu, ging vor ihm in die Hocke, als er direkt vor ihm stand und legte seine Hände auf die Oberschenkel des Engels. Von unten her sah er zu ihm herauf und presste die Lippen zusammen, um dem Impuls, sich darauf zu beißen, nicht nachzugeben.
"Es tut mir leid… Ich hätte vermeiden müssen, dass er Bescheid weiß. Ihn so unvorbereitet wiederzusehen, hat mich einfach aus der Bahn geworfen. Vor allem, als er mir oder besser gesagt meinem Bruder, Dinge vorhielt, die er selbst genauso handhabt… Ich bin in dem Moment einfach aus der Haut gefahren, weil ich bis zu dem Zeitpunkt nie die Chance hatte, ihm meine offene Meinung zu sagen…"
Bedrückt, weil es ihr im Moment ohnehin problematisches Leben nur noch komplizierter machte, senkte er den Blick und starrte auf seine Hände, die noch immer ruhig auf Augusts Beinen ruhten. Bei der Erinnerung an seinen Bruder biss er sich zudem nun doch auf die Unterlippe, denn was Aiden über ihn gesagt hatte, versetzte ihm einen leichten Stich, den er sich nicht ganz erklären konnte. Immerhin war seine Meinung über Cyrian auch nicht die beste, der ihn genauso hängen ließ wie seine Eltern - nur dass es erst viel später der Fall war.
"Aber auch wenn er weiß, dass ich lebe, glaube ich nicht, dass er weiß, was ich bin. Soweit ich weiß, waren sie zumindest damals alle genauso ahnungslos was diese Welt betrifft, wie ich, bevor ich dich kennengelernt habe und ich habe ihm nichts gesagt. Allerdings hat er es den anderen scheinbar erzählt, dass er mich gesehen hat."
Crispin machte eine erneute kurze Pause, in der er doch wieder zu August aufsah, um in dessen Augen nach einer Reaktion zu suchen. Während er darauf wartete, wie er reagierte, wanderte er mit seinen Händen zu denen des anderen und umschloss sie mit seinen.
"Luan hat mich gestern kontaktiert. Ich habe keine Ahnung, wie er an meine Nummer gekommen ist, aber er hat mich gefragt, ob ich mich mit ihm treffen könnte und da ich wissen wollte, was er mir sagen wollte, hab ich zugestimmt. Das war auch der Grund, warum ich heute in der Gasse war. Es war unser Treffpunkt, doch bevor ich Seimei bemerkt hab, hatte er abgesagt, weil es Probleme mit Aiden gab…", fügte er noch hinzu und auch wenn er am liebsten die Augen verdreht hätte, weil der Rosablonde sich von der Polizei hatte schnappen lassen, obwohl er kein blutiger Anfänger mehr war, war er doch erleichtert darüber, dass Luan dadurch nicht zum Treffpunkt kommen konnte. Andernfalls wäre das Ganze sicher nicht gut für ihn ausgegangen.
Bei dem Gedanken an Aiden kam ihm jedoch wieder die Frage in den Sinn, die seine Ungeduld geschürt und ihn überhaupt schon ins Bad gebracht hatte, und er zog die Augenbrauen zusammen.
"Aber was meintest du damit, als du gefragt hast, ob Aiden irgendwas versucht hätte? Was hätte er versuchen sollen?"
Wenn er etwas an Cris bewunderte, dann war es sein Durchhaltevermögen, dass auch in schweren Zeiten nicht schwand. Sie waren immerhin an einem Punkt angelangt, an dem sie sich physisch und psychisch verletzten, als gäbe es keinen Morgen und dennoch, hatte der Dämon die ruhigen Momente genossen und sie genau wie August selbst gehütet, denn was blieb ihnen schon außer die schönen Erinnerungen an eine Zeit, in der alles leichter gewesen war? Aber ja, auch er war froh, dass sie diesen immensen Berg gemeinsam überwunden hatten, auch wenn das Tal, das sie danach erwartet hatte mindestens genauso schwer zu durchqueren war…
Was genau auf sie zukam, konnte der Engel nicht abschätzen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nur von Aspen, der ihn offensichtlich verraten hatte und mit Rixon zusammenarbeitete und jetzt auch noch von Crispins altem Freund, Aiden, der anscheinend bescheid wusste - zumindest dass Crispin am Leben war. Was auch immer er mit dieser Information anfangen konnte, denn er glaubte nicht an die Welt des Übernatürlichen, soweit August wusste - hatte er doch immerhin große Probleme damit gehabt sich nicht dauernd in seiner Gegenwart zu versprechen. Es reichte schon, wenn der Typ ihn von Anfang an nicht mochte und etwas komisch fand. Sowieso schien dieser mehr damit beschäftigt zu sein einen heimlichen Rosenkrieg mit August auszutragen und beachtete deshalb zum Glück nicht immer die seltsamen Aussagen des Schwarzhaarigen, wenn er sich mit technischen Geräten auseinandersetzen musste. Ein Glück dass Cris ihn jedes Mal aus der Patsche geholfen und erklärt hatte, dass Augusts Familie eine lange Zeit im Ausland gelebt hatte, wo solche Geräte nicht nötig gewesen waren. Eine Ausrede, die er auch in der Uni verwendete, da sie ihm das Leben ungemein einfacher machte und er sich nicht ewig mit irgendwelchen Lügen und Geschichten auseinandersetzen musste. So langsam lernte er ja auch dazu und nicht alles war ihm heute fremd, wenn es auch Dinge gab, mit denen er sich nie so wirklich anfreunden wollte. Das Handy, dass sie gestört hatte, zum Beispiel. Furchtbare Teile, die nie funktionierten wenn man sie brauchte und wichtige Momente zerstörten. Am liebsten hätte er seinen freund darum gebeten es einfach für die nächsten Tage auszuschalten und es in irgendeine Schublade zu stecken, damit es sich auch ja nicht wieder aus Versehen aufdrehen und sie erneut belästigen konnte. Einfach ein paar Tage ohne diesem Ding, damit sie wirklich Zeit für sich hatten, aber daraus wurde wohl nichts, wenn er diesen Aiden richtig einschätzte, der sehr wahrscheinlich zu seinen Freunden rennen und ihnen von Cris erzählen würde.
Der Engel seufzte und fuhr sich mit den Händen über sein müdes Gesicht, bis er die Schritte des anderen hörte und den Kopf etwas hob um in die dunklen Augen seines Freundes zu sehen, der leise zu ihm sprach. Er hob einen Mundwinkel und und spielte etwas mit seinen silbernen Armbändern an denen er gedankenverloren zupfte. “Der Armleuchter weiß es bestimmt nicht, aber er wird sich trotzdem fragen warum du wieder am Leben bist und vielleicht ist er ja zu deinen anderen Freunden gerannt. Erklärt zumindest warum Luan dich aus heiterem Himmel kontaktiert hat.” Und wenn er richtig lag, würde es nicht nur bei einer Nachricht bleiben. Sollten wirklich alle mitbekommen was los war - dass sich nämlich eine totgeglaubte Person unter den Lebenden befand - dann würde das Telefon des Dämons sturmklingeln. Sie steckten also ziemlich tief in der Scheiße, wenn er das so schön ausdrücken durfte. “Es ist nur eine Frage der Zeit bevor die anderen es auch wissen und sie wollen bestimmt wissen was los ist. Würde ich auch, an ihrer Stelle, immerhin wart ihr lange befreundet.”, meinte er und zuckte dabei halbherzig mit der Schulter. Spätestens dann war es mit der Ruhe vorbei, wenn sie sich alle mit dem “Toten” treffen wollten. Und Cyrian? Das musste man ihnen doch auch irgendwie erklären. August wusste nicht mal, welche Ausrede auf einfachste und glaubwürdigste Weise erklären konnte, dass der ältere Bruder eigentlich tot war, aber der jüngere in dessen Körper steckte. Ein stechender Schmerz durchfuhr seine Schläfen und er rieb sich die Stelle mit dem Zeigefinger. Ihm wurde es langsam zu viel. Cris Aussagen benickte er nur, mehr konnte er nicht tun, er war einfach zu müde. Aspen, die Mission, der Zwischenfall mit Sei und jetzt das… es war ihm einfach zu viel auf einmal und auch wenn er früher schon viel Stress gehabt hatte, ist es kein Vergleich zu dieser Situation, die momentan sehr ausweglos erschien und alles verkomplizierte. Es war nicht mal möglich abzuschätzen wie weit das alles reichte und wer noch alles mit hineingezogen wurde, wo es doch eigentlich nur um sie beide ging…
Die warmen Hände des anderen legten sich um seine und auf den Lippen des anderen erschien ein trauriges Lächeln, ehe er den Blick wieder senkte und erneut mit der Schulter zuckte. “Keine Ahnung, vielleicht, die Situation ausnutzen, weil er dachte dass ich nicht da bin oder was weiß ich.”, murmelte er und verzog bei dem Gedanken daran das Gesicht. Wenn er das versuchen sollte, wäre August sowieso der erste gewesen, der ihn kalt machte. Ob Cris das ganze überhaupt aufgefallen war, wusste er gar nicht, aber die Avancen des anderen waren jedenfalls für den Engel sehr offensichtlich gewesen, wenn sie auch noch so subtil waren. Für ihn war es glasklar dass der andere interesse an Crispin hatte und er sicher deutlicher in die Offensive gegangen wäre, wenn er nur die Chance dazu gehabt hatte.
“Dir ist schon klar, dass er dich damals mochte oder? ...So wie ich dich mag, meine ich.”, erkundigte er sich und sah seinen Freund dabei an, der sich dem tatsächlich nicht bewusst gewesen war oder es einfach ignoriert hatte. “Ich habe es früher schon gehasst, wenn er dir mit seinen schmierigen Händen zu nahe kam. Damals konnt ich selbst nicht viel tun, aber jetzt wo wir zusammen sind…” August schüttelte den Kopf und drückte die Hände des Jüngeren. “...werde ich sehr wohl deutlich zeigen, dass er die Finger von dir lassen soll.” Die Entschlossenheit in seinen Augen teilte sich gemeinsam mit seiner Eifersucht gegenüber dem Menschen den Platz, denn wenn August auch damals der Schutzengel von Crispin gewesen war, hatte Aiden dennoch sehr viel Zeit mit Cris verbringen können, was ihn ärgerte.
Aber er wollte sich nicht weiter über jemanden ärgern, der es nicht verdient hatte, einfach weil er sich einen Moment der Ruhe wünschte.
“Tut mir Leid, ich kann ihn einfach wirklich nicht ausstehen. Wenn du ihn als Freund siehst, werde ich das wohl oder übel akzeptieren, aber ich behalte ihn im Auge. Nur für den Fall.”, sagte er leise und überbrückte dann den Abstand zwischen ihnen, um Cris Mundwinkel zu küssen. “Ich teile nicht gerne. Nicht wenn ich so lange auf dich verzichten musste.”, murmelte er an die Lippen des anderen und küsste ihn schließlich fest. August beugte sich weiter nach vorne und griff nach dem Kragen des anderen, an dem er sich gleichzeitig festhielt und Cris hochzog, als er aufstand, damit sie sich nicht voneinander lösen mussten. Den Dämon ans Waschbecken gedrängt, löste er sich von seinen Lippen und widmete sich seinem Hals, den er mit sanften Bissen und Küssen, die wunderschöne Markierungen hervorriefen, verschönerte. Sich dem Zustand seines Freundes und auch seiner eigenen Müdigkeit wieder bewusst, vereinte er ihre Lippen noch ein letztes Mal und strich dann mit dem Daumen über den Mund des Dämons. “Ich liebe dich. Alles an dir, verstehst du? Ich gebe dich nicht mehr her. Und auch wenn es jetzt noch nicht danach aussieht, dass wir für eine Weile Ruhe haben werden, werde ich trotzdem immer an deiner Seite bleiben. Das sind keine leeren Worte, Cris. Ich meine es ernst.”, versicherte er ihm und küsste ihn noch einmal, bevor er die Hände auf den Brustkorb des anderen legte und von dort hinunter zu seinem Bauch strich. “Das Wasser wird bald kalt und du brauchst dringend Schlaf, das kann ich in deinen Augen sehen. Komm, ich helf dir, dann bist du im Nu fertig.” Den Saum des Shirts umfassend, zog er das Kleidungsstück aus und warf es auf den Boden, bevor er sich der Hose widmete. “Ich komme mit rein, wenn es dich nicht stört. Aber nur, weil ich nicht warten kann bis du fertig bist und ich mir dringend den ganzen Dreck abwaschen muss.”, erklärte er und hatte wirklich erst vorgehabt Cris alleine baden zu lassen, aber als er dessen Oberkörper sah und er anschließend nur noch in Unterwäsche vor ihm stand, hatte er sich spontan dagegen entschieden und sich stattdessen dazu überwunden sich vor dem anderen ebenfalls auszuziehen und die verdreckten Klamotten gesammelt in den Waschraum zu bringen, bevor sie beide ins warme Wasser stiegen.
August seufzte und schloss die Augen, als er sich zurücklehnte und er wie von einer warmen Decke komplett umhüllt wurde. Er rutschte etwas tiefer, um den Kopf kurz unterzutauchen und seine Haare anschließend zu waschen. Das nasse Haar strich er sich zurück und sah dann zu seinem Freund, den er an sich zog , sodass dieser auf seinem Schoß saß und er die Hände an dessen Hüften legen konnte. “Ich weiß, dass du kein Fan von baden bist, aber du kannst nicht leugnen, dass das gerade ziemlich gut tut. Außerdem hätte ich der Dusche Angst, dass meine Beine nach ner Zeit zu schwach werden. So ist es viel angenehmer, wenn ich dich ganz nah bei mir haben kann.”, meinte er und zog den anderen noch ein Stück näher, um ihn dann anschließend wieder flüchtig zu küssen. Konnten sie nicht immer diese Ruhe haben? Diese Zweisamkeiten? Er wollte morgen nicht aufwachen, mit Gedanken, dass wieder etwas unerwartetes geschah und dass sie mit neuen Dingen konfrontiert wurden. Seine letzte Mission verlief deswegen so wie sie verlief, weil er nach Hause wollte, zu Cris, damit sie wie jetzt Zeit miteinander verbringen konnten und genau das blieb ihm verwehrt, was ihm gehörig gegen den Strich ging.
“Cris. Lass uns morgen wegfahren. Wir packen morgen einfach unser Zeug und fahren weg. Oder fliegen, mir egal, Hauptsache weg von hier. Ich möchte nicht, dass sich uns wieder etwas in den Weg stellt, wenn ich doch nur einfach mal mit dir zusammen sein möchte. Nur wir beide, allein. Ich habe so lange darauf gewartet, es kam aber immer etwas dazwischen.” Wieder verteilte er Küsse am Hals des anderen, da es sich durch die Position gut anbot und er es liebte wie der andere darauf reagierte. Der Stelle unter dem Ohr schenkte er besonders viel Aufmerksamkeit und wechselte dort auch von einer Seite zur anderen. “Zumindest ein Abend, wo wir ungestört sind, ich dich für mich habe und dir in vollen Zügen zeigen kann, wie sehr ich dich Liebe und wie viel du mir bedeutest.”, murmelte er und rollte suggestiv das Becken hinauf, während er Cris Hüfte noch näher zog. Im selben Moment kratzte es schon an der Badezimmertür und kurz danach war bereits ein leises Miauen zu hören, was August schließlich ablassen ließ. “Und so Leid es mir auch tut, aber Cookie muss Zuhause bleiben. Ich liebe das kleine Ding, aber auf ihr Talent uns in den unpassendsten Momenten zu stören, möchte ich zumindest mal für einen Abend verzichten.” Er lächelte schuldig und strich dem anderen das Haar aus dem Gesicht, bevor er ihn zu sich hinunter zog und ihn erneut küsste. “Such einen schönen Ort aus, mir ist es egal wohin wir fahren. Du kennst dich da sowieso besser aus. Von mir aus übernehme ich dann auch das Packen der Koffer und falls es geht, könnten wir uns gleich morgen auf den Weg machen. Vorausgesetzt es ist dir nicht zu schnell und du fühlst dich wohl. Ansonsten warten wir eben noch.”, versicherte er ihm und fuhr mit dem Daumen über die weiche Wange des anderen. “Geht’s dir schon ein bisschen besser? Ich verspreche dir, nach einer Runde Schlaf wird es dir noch besser gehen. Mein Häschen sieht schon viel zu fertig aus, hm?”, neckte er ihn ein wenig.

Crispin Cipriano

Dass sich August und Aiden nicht besonders mochten, fiel Crispin schon sehr schnell auf. Wobei nicht besonders mochten vermutlich noch sehr harmlos ausgedrückt war. Schon bei ihrer ersten Begegnung herrschte eine gewisse angespannte Atmosphäre zwischen ihnen und er merkte, dass vor allem Letzterer den Engel skeptisch musterte und vermutlich als ziemlich seltsam einstufte. Für ihn war dies jedoch noch kein Grund zur Sorge. Aiden war von Grund auf misstrauisch anderen gegenüber und August wurde auch von anderen für sonderbar gehalten und solange keiner abfällige Bemerkungen über ihn machte oder ihn zu sehr beäugte, war das alles kein Grund zur Aufregung. Statt geringer zu werden, baute sich die Anspannung jedoch mit jedem Aufeinandertreffen weiter auf. Anfangs hatte er keine Ahnung, warum dem so war, doch irgendwann schob er es von der Seite des Schwarzhaarigen darauf, dass Aiden und die anderen ihn noch weiter auf die schiefe Bahn brachten, da deren Aktivitäten nicht gerade als legal angesehen werden konnten. Wobei gerade diese Tatsache der ausschlaggebende Punkt dafür war, warum er sich der Gruppe angeschlossen und in ihnen gewisser Weise Freunde gefunden hatte, wenn man es einmal sehr optimistisch ausdrücken wollte, denn seiner Meinung nach funktionierte eine richtige Freundschaft nur, wenn man keine Lügen erzählen musste. Was August von den Aktionen der Clique hielt, wusste er nur zu gut, denn ihm gefiel absolut nicht, dass er sich dadurch auch immer wieder in Gefahr brachte. Doch genau wie jetzt gehörte auch schon damals diese leicht kriminelle Seite zu ihm, was sein Schutzengel glücklicherweise irgendwann notgedrungen akzeptierte, weil er sich nicht vollends davon abhalten ließ. Auch wenn es scheinbar nichts an der Meinung des anderen über den selbsternannten Anführer der Gruppe änderte.
Was Aiden selbst betraf… Crispin hatte irgendwann die Vermutung, dass es diesem nicht gefiel, dass er immer wieder einige geplante Sachen, die sie zusammen vor hatten, sausen ließ und stattdessen Zeit mit August verbrachte. An Hintergedanken des anderen dachte er dabei nicht, sondern eher viel mehr daran, dass es ihm im Allgemeinen gegen den Strich ging, da er auch des öfteren von seinem Schutzengel abgeholt wurde, wenn es nach der Meinung der anderen gerade spannend und lustig wurde. Ihn hingegen störte das wenig - ganz im Gegenteil. Er genoss jeden Augenblick, den er mit August verbringen konnte, da diese Momente, wenn es nach ihm ging, viel zu rar gesät waren. Alles in allem schob er die Abneigung seines ehemaligen besten Freundes also darauf, dass er vermutlich dachte, dass er sich zwischen ihn und die Gruppe stellte und er sich vielleicht irgendwann gegen sie entschied und sie hängen ließ.
Wenn er sich nun allerdings Augusts Frage ins Gedächtnis rief, ob Aiden irgendetwas versucht hatte, stieg das Gefühl in ihm auf, dass er mit seinen Vermutungen vielleicht doch komplett daneben lag und die Gründe für die Feindseligkeit der beiden etwas ganz anderes waren. Die Bezeichnung Armleuchter, die Crispin derzeit durchaus teilte, zeigte zudem genauso deutlich wie Aidens abfälliger Ton, als er den Engel erwähnte , dass sich auch über die ganze Zeit, in der er weder mit ihm noch mit den anderen etwas zu tun hatte, nichts daran geändert hatte.
"Ich bin sicher, dass er ihnen recht zeitnah davon erzählt hat. Immerhin hält er doch nichts davon, Dinge zu verheimlichen…", entgegnete er und seinem Tonfall war deutlich anzuhören, was er vor allem von Letzterem hielt. Es war einfach ironisch, wenn man bedachte, dass gerade Aidens Vorurteile der Grund dafür waren, dass nicht nur er Dinge verschweigen und Ausflüchte suchen musste. Zumindest von Luan und Niall wusste er nur zu genau, dass sie zum damaligen Zeitpunkt heimlich eine Beziehung führten. So sehr sie es auch versuchten zu verstecken, die Blicke, die sie sich mitunter zuwarfen, wenn sie dachten, es merke keiner, waren für ihn sehr offensichtlich, bis er sie eines Tages auf einer der Partys, auf die sie Aiden geschleppt hatte, in einer ruhigen Ecke beim Rummachen erwischte. Crispin konnte sich noch sehr genau daran erinnern, dass ihn der ältere der beiden anschließend beinahe angefleht hatte, nichts zu verraten. Dabei hätte es das nicht einmal gebraucht, damit er die Klappe hielt, denn auch wenn er normal nichts davon hielt, verpfiff er niemanden. Außerdem wäre er wohl auch der letzte gewesen, der das Recht dazu gehabt hätte.
"Außerdem wüsste ich auch keinen anderen Grund, warum sich Luan so plötzlich bei mir melden sollte und das eben nicht bei Cyrian, sondern tatsächlich bei mir."
Was die vier über sein plötzliches Auftauchen dachten, wusste er nicht einmal ansatzweise. Ob sie wirklich darüber nachdachten, dass er von den Toten wieder auferstanden war oder einen anderen - für unwissende Menschen nachvollziehbaren - Grund vorschoben, konnte er nicht sagen, aber die Gewissheit, dass sie wussten, dass er lebte, bereitete ihm Bauchschmerzen, weil es alles verkomplizierte und er sie so unweigerlich in eine Welt hineinzog, von der sie besser nichts wissen sollten. Wie er das Ganze also erklären sollte, wusste er auch noch nicht. An diesem Abend wollte er jedoch auch nicht weiter darüber nachdenken, nicht zuletzt, weil er durch Augusts Geste, mit der er sich die Schläfen rieb, sah, dass es auch diesem langsam zu viel wurde. Der Tag war anstrengend und ihre Probleme häuften sich anstatt es weniger wurden.
"Aber wir müssen uns auch nicht unbedingt heute noch den Kopf über das alles zerbrechen. Ich hab Luan gesagt, dass ich mir überlege, ob ich mich noch mit ihm treffe. Somit haben wir ein wenig Zeit, um uns etwas zu überlegen. Auch darüber, wie man das alles erklärt, ohne dass man ihnen vielleicht zu viel von der Wahrheit verraten muss. Nach dem Vorfall mit Seimei heute bin ich sowieso am Überlegen, ob es so eine gute Idee ist, auch wenn ich vermutlich zumindest um ein Treffen nicht drum herum komme…"
Während des Schreibens der Nachricht an den zweitältesten der Gruppe hatte er noch darüber nachgedacht, das alles abzublasen und die Vergangenheit vergangen bleiben zu lassen, doch jetzt, wo er mit August darüber sprach, wurde ihm immer mehr klar, dass es nicht so einfach war, wie er sich das Ganze vorgestellt hatte. Das Aufeinandertreffen mit Aiden war passiert. Er konnte es nicht rückgängig machen und nun musste er sich mit den Konsequenzen auseinandersetzen. Genauso wie mit denen, die seine Frage hervorgerufen hatten.
Das Lächeln des anderen und auch der Rest seiner Reaktion ließen ihn sofort aufmerksam werden und er zog die Augenbrauen zusammen. Was er anschließend zu hören bekam, ließ ihn jedoch nur verwirrter zurück und ihm lag bereits die Frage auf der Zunge, inwieweit Aiden die Situation hätte ausnutzen sollen, dass August in dem Moment nicht an seiner Seite war. Dazu, sie tatsächlich auszusprechen, kam er nicht und als er seine Aussage noch weiter erläuterte, weiteten sich Crispins Augen mit jedem einzelnen Wort mehr, als ihm die Bedeutung derer richtig bewusst wurde.
"Das… Bist du dir sicher?", fragte er immer noch ungläubig, weil er nicht fassen konnte, was er da gerade gehört hatte. "Ich meine… Seit ich ihn kenne, ist Aiden wegen seines Vaters homophob. Was auch der Grund dafür ist, dass Niall und Luan ihre Beziehung geheim gehalten haben und ich auch nichts gesagt hab, obwohl mich die Weiber nicht interessiert haben, die er immer angeschleppt hat. Warum sollte also ausgerechnet er…?"
Ganz egal, wie intensiv er auch darüber nachdachte, es wollte einfach nicht in seinen Kopf rein gehen, dass ausgerechnet Aiden in ihn verliebt gewesen sein sollte - oder es vielleicht auch immer noch war. Allerdings hatte er auch keinen Grund, August in diesem Punkt nicht zu glauben - ganz egal, für wie unmöglich sein Verstand das auch hielt. Sein Herz vertraute ihm und er wollte nicht schon wieder den Fehler machen, stattdessen auf seinen Kopf zu hören, der mit den Informationen überfordert war.
Nach der Gewissheit suchend, dass der andere Recht hatte, schaute er ihm in die Augen und auch wenn er es noch immer nicht ganz wahrhaben wollte, setzte sich das Puzzle der Gründe für die Abneigung der beiden mit einem Mal völlig neu zusammen - und das logischer als es vorher der Fall war.
"Wobei es so einiges erklären würde… Ich fand den Rausschmiss damals schon vollkommen überzogen, aber wenn das stimmt-"
Crispin unterbrach sich selbst, als er neben der Tatsache, dass August die Wahrheit sagte und dessen Entschlossenheit, Aiden im Blick zu behalten, noch etwas anderes in den Augen des anderen entdeckte, was diese noch eine Spur dunkler wirken ließ, als gewöhnlich: Eifersucht. Er wusste selbst nur zu gut, wie sich das anfühlte und wie hilflos man diesem Gefühl ausgeliefert war, ohne etwas dagegen tun zu können. Aus diesem Grund erwiderte er den Kuss auch nur zu gerne, schob seine noch immer zum Teil vorhandene Verwirrung beiseite und legte stattdessen all seine Gefühle hinein. Um sein Gleichgewicht dabei besser halten zu können, verstärkte er den Druck seiner Finger auf den Rand der Badewanne, was allerdings vollkommen unnötig war, da er bereits einen Augenblick später mit in die Höhe gezogen und zurück gedrängt wurde. Kurz darauf spürte er das Waschbecken in seinem Rücken, was ihm einen überraschten Laut entlockte, der jedoch von den Lippen des anderen gedämpft wurde. Nach Halt suchend fanden seine Hände ihren Weg zu seinen Hüften und er zog August noch ein wenig näher, während er seinen Kopf leicht in den Nacken legte, um ihm mehr Platz zu schaffen.
Eigentlich wollte er etwas zu dem Ganzen sagen, August mitteilen, dass es keinen Grund zur Eifersucht gab, doch sein Kopf war durch die Lippen und Zähne des anderen an seinem Hals wie leer gefegt, sodass er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Und auch als von ihm wieder abgelassen wurde, brauchte sein Verstand einen Moment, bis dieser sich zurückmeldete und das rechtzeitig, um die Worte seines Freundes im vollem Umfang mitzubekommen und auch zu begreifen, die sein Herz ganz automatisch aus dem Takt brachten. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihm aus, die ihm aber zusätzlich noch viel mehr zeigte, wie nötig es war, August klar zu machen, dass er nicht eifersüchtig sein musste. Daher nutzte er die kurze Pause nach einem weiteren Kuss, bei dem seine Hände unter das Oberteil schlüpften und seine Finger dort über die warme Haut strichen.
"Auch wenn ich wegen der Sache mit Aiden noch ziemlich verwirrt bin-", begann er, brach allerdings ab, als ihm die Worte fehlten, um den Satz wirklich zu Ende zu bringen, weshalb er noch einmal neu ansetzte. "Selbst wenn das stimmt, ist es völlig nebensächlich. Ihn als Freund zu bezeichnen, ist schon gewagt, auch wenn ich daran mit meinen Lügen vermutlich selbst mit schuld bin. Aber auch wenn es anders wäre, würde ich nie zulassen, dass er irgendwas versucht oder mir in der Hinsicht zu nahe kommt. Für mich gab es immer nur dich und das wird auch für immer so bleiben. Ganz egal, was noch auf uns zukommt, ich werde nicht zulassen, dass nochmal irgendwas oder irgendwer zwischen uns kommt."
Crispin ließ seinen Kopf ein wenig nach vorn kippen, bis seine Stirn gegen die von August lehnte und er ihm so noch ein Stück näher war.
"Dafür bedeutest du mir viel zu viel. Die Zeit ohne dich hat mir das sehr deutlich vor Augen geführt. Ganz egal, für wie stark ich mich auch gehalten habe, ohne dich geht es einfach nicht", gab er leise zu und biss sich für einen kurzen Augenblick auf die Unterlippe. "Ich liebe dich und daran wird nichts und niemand etwas ändern."
Die Gewissheit zu haben, dass auch August so denkt und er - auch jetzt, wo durch ihn noch mehr Probleme auf sie warteten, obwohl sie durch Aspen und Rixon schon mehr als genug davon hatten - beruhigte ihn und nahm ihn einen Teil der Last, von der er nicht einmal wusste, dass sie bis eben auf seinen Schultern lag. Es ließ ihn diesen Berg an Steinen, der in ihrem Weg lag, etwas zuversichtlicher betrachten, denn sie würden das schaffen. Sie mussten einfach nur zusammenhalten und dann konnte ihnen keiner etwas anhaben.
Sein Blick glitt hinüber zum Wasser und jetzt, wo das wichtigste geklärt war und ein Teil der Anspannung deswegen verschwunden war, merkte er, wie sich die Müdigkeit ihren Weg bahnte, die August ihm bereits ansah. Dies war - neben dem, dass er es genoss - auch einer der Gründe, warum er sich bereitwillig aus den Sachen helfen ließ.
"Da ich ohnehin nicht vorhatte, alleine zu baden, wäre ich wohl der letzte, der was dagegen hat, dass du mir nun freiwillig Gesellschaft leisten willst", meinte er mit einem Grinsen, dankbar für den willkommenen Themenwechsel. "Auch wenn ich es sicher schaffen würde, wach zu bleiben, bis du ebenfalls fertig wärst."
Und noch sehr viel länger, flüsterte ihm seine innere Stimme zu, während sich bereits leichte Kopfschmerzen hinter seiner Stirn meldeten, auf die er in stärkerer Form gut und gerne verzichten konnte. Aber was hatte er eigentlich erwartet? Er kannte seinen Kopf und gerade ein Tag wie der heutige, gaben ihm genug Futter, um sich stundenlang Gedanken darüber zu machen. Jedoch wurde er erfolgreich davon abgelenkt, als er August ungeniert dabei beobachtete, wie dieser ebenfalls aus seinen Klamotten schlüpfte. Immerhin kam dies bisher noch nicht allzu häufig vor, weshalb er den Anblick erst recht genoss und sich dabei unbewusst über die Lippen leckte.
Nur wenig später kam ihm ein wohliger Laut über die Lippen, als er das warme Wasser spürte, das seinen angespannten Muskeln mehr als nur gut tat. Auch wenn er dem Baden normalerweise nicht viel abgewinnen konnte, war er gerade doch sehr froh darum, einfach nur sitzen zu können, anstatt sich noch weitere Minuten auf den Beinen halten zu müssen.
"Vielleicht ändere ich meine Meinung noch, wenn du häufiger mit mir zusammen badest und dabei die Schaumburg weglässt", meinte er mit einem frechen Schmunzeln und versuchte ihn damit zu locken, genau das in die Tat umzusetzen. Sein Blick wanderte dabei über August, bevor er noch hinzufügte: "Eventuell werde ich dann sogar ein richtiger Fan davon."
So ganz überzeugt war er von Letzterem selbst noch nicht, doch da sie eine ganze Ewigkeit zusammen haben würden, konnte er auch nicht mit Gewissheit sagen, dass es nicht so sein würde und genauso wie er versuchte, seinen Freund mit seinen Worten zu locken, hatte der Anblick, der sich ihm bot, denselben Effekt auf ihn. Daher kam er ihm auch schon ganz freiwillig noch ein Stück näher und legte die Arme locker um Augusts Schultern, um den anschließenden Kuss für einige Sekunden noch zu vertiefen.
Genau das hatte er vermisst. Viel zu lange musste er sich zurückhalten, weil das, was zwischen ihnen war, als verboten galt, wodurch sie so tun mussten, als wären sie lediglich Freunde. Und später musste er zu seinem eigenen Schutz auf das verzichten, wonach sich sein Herz Tag und Nacht sehnte. Die Idee, am nächsten Tag einfach wegzufahren, damit sie Zeit für sich hatten, die sie voll und ganz ausnutzen konnten, klang somit unglaublich verlockend, sodass er keinen Gedanken daran verschwendete, Nein zu dem Vorschlag zu sagen.
"Ich wäre dumm, wenn ich ablehnen würde", murmelte er leise, während er seine Finger in den weichen Haaren im Nacken des anderen vergrub und genüsslich die Augen schloss. "Immerhin war der Gedanke an einen Urlaub und Zeit mit dir genau das, was mich die letzten Tage durchhalten ließ", fügte er nach einem leisen Keuchen hinzu, das er nicht zurückhalten konnte, als er erneut Augusts Lippen an seinem Hals spürte. Der Engel wusste ganz genau, womit er ihn in der Hand hatte. Seine Hand wanderte währenddessen weiter hinauf, bevor er sanft am Hinterkopf an den Haaren zog, um ihn dazu zu bringen, sich von ihm zu lösen und anschließend ihre Lippen wieder zu einem Kuss miteinander verbinden zu können. So sehr er die Berührungen am Hals auch liebte, von den weichen Lippen bekam er einfach nicht genug.
Er zog den Kuss in die Länge, bis es nicht anders ging, als ihn zu unterbrechen, da seine Lunge nach Sauerstoff verlangte.
Die folgenden Worte des anderen, waren unmissverständlich in ihrer Bedeutung und sie lösten ein erwartungsvolles Kribbeln in seinem Inneren aus, gefolgt von einem weiteren Keuchen, das dieses Mal jedoch in ein frustriertes Grummeln überging, als er mit einem Mal das Kratzen an der Tür hörte. Sofort öffnete er die Augen und sah hinüber, wodurch er den Schatten des kleines Fellknäuels durch den Türspalt sehen konnte.
"Sie hat wirklich ein unglaublich mieses Timing. Allerdings wäre mir am liebsten, wenn wir nicht nur einen Tag von hier weg könnten."
Crispin löste seinen Blick wieder von der Tür und heftete ihn stattdessen wieder auf August, um dessen Reaktion darauf zu sehen.
"Wir haben so viel durchgemacht und solange darauf gewartet, dass ein einzelner Tag viel zu wenig ist. Selbst zwei Wochen wären mir vermutlich nicht genug", ergänzte er, während er noch einmal kurz zu Tür hinüber schaute, von deren anderer Seite leises Miauen zu hören war, bevor er wieder zurücksah.
"Für den Ort hätte ich vielleicht sogar schon eine perfekte Idee. Meine Familie hat in Italien ein Ferienhaus. Es liegt ein wenig abgelegen, sodass wir unsere Ruhe hätten. Das Problem ist nur, dass wir dann jemanden brauchen, der sich um Cookie kümmert, denn solange können wir sie unmöglich alleine lassen. Für einen Tag könnte man ihr genug Futter bereitstellen, aber bei zwei Wochen oder länger wird es schon schwieriger. Und eine Tierpension kommt nicht in Frage."
Innerlich seufzte er, denn seine Wünsche nach einem langen Urlaub, den er am liebsten schon am nächsten Tag antreten würde, um einfach einmal allen Problemen, die sie hatten, zumindest für einen gewissen Zeitraum entfliehen zu können, kollidierte mit seiner Verantwortung für die kleine Fellnase, die er für diesen Zeitraum nicht alleine lassen konnte. Eine Pension für Tiere wäre durchaus eine Möglichkeit, aber ihm gefiel der Gedanke nicht, dass Cookie dort nur eine Katze unter vielen wäre, da sie mehr als das verdient hatte.
"So gerne ich also schon morgen mit dir von hier verschwinden würde, müssen wir uns vorher überlegen, was wir mit ihr machen", seufzte er mit einer Spur Enttäuschung. Es frustrierte ihn, dass selbst ein Urlaub nicht einfach mal so laufen konnte, wie sie sich das vorstellten, doch im Moment war er auch viel zu müde und geschafft, um sich darüber Gedanken zu machen, was sie mit Cookie machen sollten. Die Geschehnisse des Tages schlauchten und zeigten ihre Wirkung. Dass er erschöpft war, entging auch dem Engel nicht und bevor er auf die Worte seines Freundes reagierte, lehnte er seinen Kopf auf dessen Schulter und schloss für einige Sekunden die Augen. Wobei er sich dennoch ein Grummeln nicht verkneifen konnte, als er den Kosenamen hörte.
"Ich bin kein Häschen… Und dass es mir besser geht liegt auch nur daran, weil ich dich bei mir hab", murmelte er zum Ende hin leise gegen die feuchte Haut. "Aber dafür bin ich noch nicht zu müde."
Ohne eine weitere Ankündigung fuhr er mit seinen Lippen über Augusts Hals, strich auf dem Weg hinauf zum Ohr nur leicht darüber. Dort angekommen zwickte er ihm mit den Zähnen ins Ohrläppchen, bevor er wieder nach unten wanderte - dieses Mal die Haut jedoch mit Küssen und sanften Bissen verwöhnte, wobei er sich an der Stelle, an der er den Puls spürte, für einen Moment festsaugte, bis ein dunkles rotes Mal zu sehen war. Mit einem frechen Grinsen, mit dem er seine Müdigkeit jedoch nicht komplett verbergen konnte, löste er sich von ihm und betrachtete sein Kunstwerk.
"Ich möchte doch mal anzweifeln, dass Häschen so etwas können."
Tatsächlich, Cris vermutete nicht einmal ansatzweise, dass Aiden wirklich auf ihn stand. Dabei war es doch so offensichtlich! Jeder Außenstehende konnte es ganz genau sehen, wenn man auch nur ein bisschen darauf achtete, wie sich der Typ vor dem damaligen Schüler benahm. “Ehrlich, Cris, das konnte jeder sehen. Ich weiß von der Geschichte mit seinem Dad, aber ich denke er hat es spätestens gemerkt, als wir uns kennengelernt haben. Man weiß gewisse Dinge eben einfach erst dann zu schätzen, wenn sie einem langsam entgleiten.” Und dafür war der Anführer der Clique ein Paradebeispiel gewesen. Sobald August auf der Bildfläche auftauchte, gab es mehr Treffen der Gruppe und umso mehr Cris diese für den Engel ausfallen ließ, desto mehr andere Gründe suchte Aiden um sich mit ihm zu treffen. Mal abgesehen von seiner spottenden Art, falls sich die beiden heimlichen Rivalen begegneten. Fast jedes Mal machte er sich über den kleineren lustig, meinte dass er viel zu schräg sei, weil er die einfachsten Dinge nicht kannte und dabei versuchte er nicht nur einmal Cris davon zu überzeugen, dass August einfach nicht zu ihnen passte. Was dieser auch gar nicht leugnen wollte, denn mit einer Gruppe, angeführt von einem Schwachmaten wie Aiden, wollte er auch gar nichts zu tun haben. “Mir wurde auch erst dann bewusst, dass ich es nicht mag, wie er dich ansieht.”, gestand der Schwarzhaarige und schmollte dabei leicht. Auch ihm wurde einfach klar, dass die Möglichkeit bestand, dass Cris sich eventuell, aus welchen gründen auch immer, für den anderen entscheiden und sich am Ende von ihm distanzieren könnte und das hätte ihm das Herz gebrochen. Mehr noch als der angebliche Verrat, der sich als großes Missverständnis entpuppt hatte. Wenn die Person die man liebt, sich freiwillig für jemand anderen entscheidet, dann schmerzte es mehr als alles andere und August konnte sich nicht ausmalen, wie er in dem Moment empfinden würde. Alleine der Gedanke versetzte ihm einen furchtbaren Stich im Herzen. Wahrscheinlich hätte er trotzdem versucht mit dem anderen Kontakt zu halten, wenn auch unbewusst, so wie sie es schon damals, während sie zerstritten waren, getan hatte, denn egal wie sehr er auch versuchte den anderen zu vergessen, er schafft es einfach nicht. Wie ein Satellit bewegte er sich fortlaufend um Crispin, immer und immer wieder, ohne die Laufbahn zu ändern. Seine Anziehungskraft war einfach viel zu stark und selbst wenn er es versuchte, könnte er sich niemals dazu bringen Abstand zu nehmen.
Instinktiv zog er seinen freund also näher, als müsste er es beweisen, wie unmöglich es für ihn war den anderen loszulassen, und schlang dabei die Arme um die schmale Taille des anderen. Die aufmunternden Worte, der Zuspruch des anderen, der ihm versicherte, dass es nur den Engel für ihn gab, beruhigten ihn, teilweise zumindest. Er vertraute Cris, mehr als jedem anderen auf dieser Welt, aber jenes Vertrauen fehlte einfach bei Aiden. Wer wusste schon was der machen würde, wenn er wusste, dass Cris wirklich, so richtig unter den Lebenden war. “Wir überlegen uns etwas, damit wir es ihnen erklären können, ohne dass sie zu sehr mit in die Sache hineingezogen werden. Und nebenbei mache ich Aiden klar, dass er sich gar nicht erst Hoffnungen machen muss, nur weil du wieder da bist.” Wie genau das aussehen sollte, wusste er noch selbst nicht, aber er würde schon irgendwie verdeutlichen, dass Cris zu August gehörte und zu sonst keinem anderen. Wenn er es bei den nervigen Studentinnen schon schaffte, dann auch bei einem Idioten wie Aiden.

Das heiße Wasser lenkte ihn dann aber vorerst von weiteren gedanken bezüglich des Cliquen-Leaders ab und auch Cris, der zu ihm ins Wasser stieg, bot mehr Ablenkung als sonst und somit war alles Negative vorerst vergessen. Das gedimmte Kerzenlicht warf Schatten auf die Haut des anderen, die nahezu auf den Muskeln des Dämons tanzten. August nahm sich einige Momente, um das Schattenspiel zu verfolgen, bevor er sich den Worten und dem Blick des anderen bewusst wurde und sich schon wieder verstecken wollte, indem er die Hände um seinen eigenen Oberkörper schlang. Viel verdeckt hätten diese natürlich nicht, aber er fühlte sich mit einem mal viel nackter, als er es sowieso schon war und das nur wegen den Worten des anderen. “S-sag doch nicht sowas.”, stotterte er und sah zur Seite und stieß ihm sanft mit dem Fuß in die Seite, bevor er ihn dann auf seinen Schoß zog. So konnte Cris auch nicht mehr viel sehen UND sie waren sich wieder ganz nah, wie praktisch. Egal wie lange sie schon zusammen waren und wie oft der Dämon ihn bereits ohne Klamotten gesehen hatte - es dauerte für ihn bestimmt noch ein Weilchen, bis er komplett auftaute was das anging. Für ihn war es immer noch unvorstellbar, dass jemand wie Cris, der aussah wie ein junger Adonis, ihn - den eher schmächtigen Engel - auch nur in irgendeiner Weise attraktiv fand. August musste wirklich ein paar Muskeln mehr anlegen, wenn er als grundsätzlich gut aussehend gelten wollte. Vielleicht auch noch ein paar Zentimeter wachsen, aber dagegen konnte er wohl wirklich nicht viel ausrichten, egal wie sehr er es wollte.
Dennoch ließ er es sich nicht nehmen die Zeit mit dem anderen zu genießen, so sehr er nur konnte. Hier konnte sie niemand erwischen - kein anderer Engel oder Dämon, der sie für ihre ungewöhnliche Beziehung zueinander verurteilen würde. Obwohl sie mit Sicherheit nicht die ersten waren, die sich dieser Sünde hingaben. Ging man nach der Liste an Engeln, die aus dem Himmel verbannt wurden, so konnte man sich sicher sein, dass 8 von 10 irgendwie in die Finger eines Dämons geraten waren. Ob es nun freiwillig war oder nicht, das interessierte den hohen Rat kein bisschen - es galt als Verrat, den ein Engel verkehrte nunmal nicht mit einem Dämon, besonders nicht auf die Weise wie es August mit Cris tat. Bereute er es? Keineswegs. Der Himmel hätte ihm nie das geben können was er sich am sehnlichsten wünschte, das einzige was ihn wirklich glücklich machte. Selbst wenn er sein ganzes bevorstehendes Leben vor seinesgleichen und anderen Dämonen flüchten musste, so war es alles das Wert, solange er seinen Freund im Arm halten halten und ihn so wie jetzt küssen konnte.
So nahe wie sie sich jetzt waren, konnte er selbst durch das schwache Licht jeden einezelnen Tropfen auf dem Oberkörper sehen und sie dabei beobachten, wie sie um die Wette die honigfarbene Haut hinunterranten. Er folgte dabei einem bestimmten Tropfen der sich von Cris Adamsapfel tapfer seinen Weg hinunterkäpfte, über die Brust des anderen und schließlich über den Sixpack und wahrscheinlich noch tiefer, wenn er da nicht bereits im Badewasser angekommen wäre. In ihm stieg das Bedürfnis auf, derselben Spur zu folgen, mit seinen Lippen oder seiner Zunge, aber er wusste, dass er nicht zu weit gehen konnte, wenn Cookie schon die kleine Pfote durch den Türspalt schob von dort aus nach ihnen schnappen wollte. August war gerade dabei mit einer Hand zu den Haaren des anderen zu fahren, die sich durch die Luftfeuchtigkeit im Badezimmer etwas wellten und länger wurden. Gleichzeitig beugte er sich weiter vor, um wieder nach seinen Lippen zu schnappen, die er erst mit sanften küssen pflasterte, um dann verspielt in die Unterlippe des anderen zu beissen. Seine Zunge drängte sich danach sanft aber bestimmend in den Mund des anderen und strich dabei langsam über die Zungenspitze des anderen, die er erst anstupste und dann umkreiste, bevor er den Kopf schief legte und seine zweite an Cris Hüfte legte und sich fester in die Haare des anderen krallte. Den Kuss vertiefte er dabei durch die günstige Position und neckte den anderen dann etwas weiter, indem er den Kopf zurückzog und wartete dass sich der andere näherte, nur um ihn daran zu hindern, indem er sanft an den dunklen Locken zog und dabei grinste. Mit Leichtigkeit konnte er den Kopf des anderen zur Seite kippen, damit er sich von der Stelle unter Cris Ohr hinunter zum Schlüsselbein küssen konnte und von dort wieder hinaufarbeitete und dabei den Kopf des Dämons auf die andere Seite kippen ließ, ohne dabei viel Kraft anzuwenden, da der andere automatisch mitmache und sich den Lippen des Engels ergab. “Ich mag deine längeren Haare. Sie sind so...griffig?”, murmelte er leise lachend an den Hals des anderen. “Da möchte man am liebsten den ganzen Tag durchfahren.” Um das zu verdeutlichen kraulte er seinen Freund sanft und biss sanft in sein Ohr, bevor er ihn erneut küsste, sanft aber sinnlich, bis er sich durch das leise Miauen ihrer Katze endgültig löste und sich seufzend zurücklehnte, die Hände an den Hüften des Jüngeren, den Blick allerdings zu dem Türspalt gerichtet, wo die kleine schwarze Pfote immer wieder nach den Schatten der Kerzen schnappte und natürlich alles dabei gab um einen ihrer intimeren Momente zu stören - wie immer wenn es zu hot and heavy zwischen ihnen wurde.
“In Italien?”, wiederholte er und bekam sofort ein Glänzen in den Augen, das seinem Freund bereits bekannt sein durfte, wenn er von seiner Liebe zu Mafiafilmen bescheid wusste. “Ihr habt wirklich ein Ferienhaus in Italien? Das mit der abgelegenen Gegend stört mich kein bisschen. Denke eher, dass es zugute kommen wird, wenn wir abgeschottet von der Masse entspannen können.” Mal abgesehen davon, dass der Engel so weniger zu tun hatte, was die weibliche Konkurrenz anging, die der Dämon durch seine natürliche Ausstrahlung wie ein Magnet anzog. Egal wo er auch war, die Köpfe der anderen drehten sich automatisch nach dem Jüngeren um und einige von den neugierigen Gaffern wagten es dann auch noch tatsächlich Cris anzusprechen. 24/7 Händchenhalten war also schon vorprogrammiert, nur um sicher zu gehen dass auch jeder die Message verstand.
August rutschte noch etwas tiefer hinunter, dass er nun auch mit den Schulter im Wasser war und sah dann hinauf zu seinem Freund, der sich nun nicht mehr ganz auf Augenhöhe befand. Da ihm die Position besonders gefiel, grinste er den anderen frech an und hob amüsiert eine Augenbraue, bevor er eine Hand löste und mit dem Zeigefinger den Sixpack vor ihm nachfuhr. “Cookie würde mir den Finger abbeißen, wenn sie wüsste was ich gerade mache.”, witzelte er und hörte dann ein weiteres, bestätigendes Miauen, welches ihn wieder lachen ließ. Er liebte die kleine Fellnase einfach, auch wenn sie immer in den unpassendsten Momenten nach Aufmerksamkeit suchte und sie am Ende immer ihren Willen durchsetzen konnte. Andere hatten eben Kinder, sie beide hatten ihr Kätzchen und so war das Leben wohl einfach. Schmunzelnd blickte er kurz zur Tür, bis er seinem Freund wieder seine vorerst ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte, der den Wunsch äußerte länger als einen Tag zu verreisen. “Dann brauchen wir wirklich einen Katzensitter. Ich hätte ja Hope vorgeschlagen, aber der hat momentan alle Hände voll zu tun und ich möchte ungerne jemanden anderen Fragen, zumal ich auch gar nicht so viele Freunde habe, außer eben dich und Hope…”, sagte er und wurde gegen Ende etwas leiser, ehe ihm etwas einfiel und er sofort die Luft einzog, um weiterzusprechen. “Oh warte, warte! Wir könnten Sienna fragen! Sie ist eine Medizinstudentin an meiner Uni und ich habe ihre Nummer, weil ich einen meiner Verstärker von ihr abgekauft habe. Sie ist super nett und Cookie würde sie lieben! Ich rufe sie gleich…-“, er stoppte und wurde sich der Uhrzeit bewusst, die normale Menschen zum Schlafen nutzten anstatt irgendwelche Pläne zu schmieden um ihre Haustiere für eine bestimmte Zeit irgendwo unterzubringen, “...morgen, ich rufe sie morgen an und frage sie, ob sie Zeit und Lust hat auf unser kleines Baby aufzupassen. Dein Telefon kann ja auch Fotos machen nicht wahr? Am besten wir schicken ihr eines von Cookie, wenn sie zusammengerollt am Bett schläft - dann kann sie gar nicht Nein sagen!” Er selbst hätte es nicht können, so sehr liebte er ihr gemeinsames Haustier und wenn man von Momenten wie diesen absah, war sie wirklich ein absoluter Engel, keine Frage, wobei er sie auch jetzt sehr süß war, wenn sie versuchte durch den Spalt zu lugen.
Damit Cris nicht mit dem Gesicht im Wasser hing, als er sich an Augusts Schulter lehnte, setzte er sich wieder richtig auf und küsste den grummelnden Dämon auf die Stirn. Sein Herz schmolz bei dem Anblick, da sein Freund furchtbar süß war, wenn er sich im müden und anhänglichen Modus beschwerte. Wie ein schmollendes Babyhäschen es nunmal tat. Den Gedanken behielt er für sich und fuhr stattdessen mit der Hand über den Rücken des anderen. “Hm?” Zu einer richtigen Frage kam er nicht, als er die Lippen des anderen an seinem eigenen Hals spürte, die ihm einen wohligen Laut entlocken und seinen Hals strecken ließen, bis er ein wenig zusammenzuckte, als Cris sein Ohr zwickte, was die Küsse und sanften Bisse danach jedoch sofort besser machten. August legte den Kopf in den Nacken und genoss die Liebkosungen seines Freundes, der trotz seiner Müdigkeit - oder vielleicht auch gerade wegen dieser - ganz anhänglich und zärtlich wurde. Das anschließende Kommentar ließ den Engel die Augen öffnen und grinsend zu seinem Freund sehen, der dachte, dass er sich damit den Hasenvergleichen entziehen konnte, aber August hatte auch für solche Situationen etwas in Petto, weswegen er sanft den Kopf schüttelte. “Häschen markieren gerne Dinge die ihnen wichtig sind. Dabei verwenden sie ebenfalls ihre Zungen, um ja sicherzugehen, dass auch jeder weiß, dass die Person oder der Gegenstand zu ihnen gehört. Äußerst besitzergreifende Tierchen. Kommt mir ein bisschen bekannt vor.”, ärgerte er den schläfrigen Dämon, den er erneut auf die Stirn küsste, ehe er nach der Shampoo und Duschgelflasche griff. “Am besten wir beeilen uns und lassen die Prinzessin nicht länger warten. Außerdem brauchen Häschen auch viel Schlaf und wer bin ich, um meinem Baby dies zu verwehren?” Leise lachend half er seinem Freund dabei sich einzuseifen und massierte auch noch großzügig das Shampoo in die Kopfhaut des Dunkelhaarigen, um am Ende alles mit dem Duschkopf abzuwaschen. Bei sich selbst machte er das ganze eher im Schnelldurchlauf und als sie schließlich aus der Badewanne stiegen, wickelte er auch als erstes seinen Freund in einem der Bademäntel ein, bevor er sich selbst bedeckte. Ihre Haare rubbelten sie sich schnell unter einem Handtuch trocken und anschließend wurde endlich die Tür geöffnet, die für das arme Kätzchen so lange versperrt gewesen war. Cookie schmiegte sich an ihre Beine, ging aber nicht ins Badezimmer, da der Raum immer noch eine gewisse Luftfeuchtigkeit besaß, die ihr nicht ganz geheuer war und sowieso wollte sie eigentlich nur bei ihren beiden Herrchen sein. August ging noch einmal zurück, um die Kerzen auszupusten und folgte Crispin danach ins Schlafzimmer, wo er sich wie gewohnt in seine Schlafklamotten - bestehend aus Boxershorts und einem oversized T-Shirt von Cris - anzog und sich dann erst mal ins Bett legte, dessen Mitte sich Cookie schon unter den Nagel gerissen hatte, denn sie lag ganz unschuldig zusammengerollt zwischen den beiden Kissen und wartete nur darauf, dass Crispin sich ebenfalls zu ihnen legte.
“Na komm, Häschen. Du brauchst von uns allen am dringendsten deinen Schlaf.”, sagte der Engel leise und hielt die Große Decke hoch, damit der andere ins Bett krabbeln konnte und sie sich danach überlegten wie sie am besten Kuscheln konnten, ohne ihr Kätzchen dabei zu vernachlässigen.
Am Ende lagen sie alle in der Löffelchenposition unter der Decke, mit Cookie als dem kleinsten Löffelchen, angekuschelt an Cris, der wiederum mit dem Rücken dicht an Augusts Brust angeschmiegt lag. Letzterer schlang dabei eine Hand um die Hüfte seines Freundes und kraulte mit der anderen das schnurrende Kätzchen, ehe sie zu dritt im großen Doppelbett einschliefen.

Crispin Cipriano

Crispin fragte sich, wie er nur so blind hatte sein können. Je mehr er an damals zurückdachte und sich die Handlungen und Entscheidungen seines ehemaligen Freundes in Erinnerung rief und durch den Kopf gehen ließ, umso mehr wurde ihm klar, was er nicht bemerkt hatte. Ganz im Gegensatz zu August, dem es scheinbar recht schnell bewusst wurde, dass Aidens eigene Gefühle gegen dessen Einstellung und Vorurteile rebellierten. Wie hatte er das selbst nicht sehen können und wieso nur hatte er die ganze Abneigung, die es zwischen dem Engel und dem Anführer der Clique gab, auf etwas anderes schieben können? Wobei seine Gedanken, die er bis eben dazu hatte, wohl auch nicht ganz abwegig gewesen wären. Und dennoch ärgerte er sich sehr darüber, dass ihm das alles nicht schon viel eher aufgefallen war. Aber war es nicht immer so, dass die Beteiligten so etwas erst als letztes oder gar nicht mitbekamen, während alle anderen bereits Bescheid wussten? Dass Mylo damals heimlich auf Aiden stand, hatte dieser mit Sicherheit genauso wenig gemerkt, wie die Beziehung der anderen beiden. Dabei war es für ihn ziemlich offensichtlich - sowohl das eine als auch das andere. War es bei ihm also ganz genau so?
Inwieweit sich sein Verhalten verändert hätte, wenn er es schon damals gewusst hätte, konnte Crispin nicht sagen. Sobald er merkte, dass jemand auch nur oberflächlich etwas von ihm wollte, ging er auf Abstand, wenn man von August einmal absah. Doch ob er das bei Aiden ebenso gemacht hätte, wusste er nicht zu sagen. Allerdings wollte er auch nicht genauer darüber nachdenken. Im Nachhinein war es ohnehin schwer, zu sagen, was man in einer früheren Situation getan hätte, wenn man bereits das Wissen von jetzt gehabt hätte. Man würde es niemals herausfinden und in diesem Moment wollte er sich auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie er jetzt mit dem anderen umgehen sollte, wenn er ihm wieder gegenüber stand. Dass dies unausweichlich war, war ihm bewusst, doch bis ins kleinste Detail konnte man dieses bevorstehende Treffen ohnehin nicht planen und schon gar nicht jetzt. Daher verschob er alles, was das betraf, auf später und einen unbestimmten Zeitpunkt.
Augusts leises Geständnis lenkte seine Aufmerksamkeit allerdings doch noch einmal zu diesem Thema und gemeinsam mit der zuvor gemachten Aussage, wusste er auch, was er nicht offen aussprach, was aber zwischen den Zeilen dennoch mitschwang. Die Tatsache nutzend, dass der Engel ihn danach noch ein wenig näher zog, als wollte er verhindern, dass er verschwand, legte er seine eigenen Arme um ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er leise sagte: "Es gab damals keinen Grund, mich dafür zu entscheiden, mich von dir fernzuhalten. Ganz im Gegenteil. Du warst und bist auch heute der einzige, bei dem ich einfach so sein kann, wie ich bin. Mir wäre es somit sogar lieber gewesen, wenn wir noch mehr Zeit miteinander gehabt hätten."
Was er für den Schwarzhaarigen empfand, hatte er sich erst recht spät eingestanden, auch wenn er schon früher gemerkt hatte, dass da mehr zwischen ihnen war, als nur eine reine Freundschaft.
Es ist mir vollkommen egal, was du von August hältst. Du musst ihn nicht mögen, aber du wirst akzeptieren müssen, dass er zu mir gehört. Also unterlass deine Andeutungen und spitzen Bemerkungen!
Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie er Aiden dies damals an den Kopf geworfen hatte, weil es ihn dermaßen störte, wie dieser über seinen Schutzengel sprach - egal, ob dieser dabei war und sich verteidigen konnte oder es hinter dessen Rücken geschah. Dass August zu ihm gehörte, hatte er damals anders gemeint, als es jetzt der Fall war, doch wenn er nun genau darüber nachdachte, wusste er schon zu diesem Zeitpunkt, dass er ihn liebte und es war seinem Unterbewusstsein geschuldet, dass er es so und nicht anders ausgedrückt hatte. Dabei ärgerte ihn auch in diesem Punkt, dass er es nicht eher bewusst wahr haben wollte, weil ihn sein Umfeld, in dem dies nicht gerne gesehen war, doch zu sehr beeinflusst hatte. Andernfalls hätte er sich vermutlich schon viel eher dazu überwunden, es August zu sagen und es wäre nicht erst heute dazu gekommen, dass er es über die Lippen brachte.
"Ich liebe dich", murmelte er daher leise gegen die weichen Haare, da er es August nicht nur auch mit Worten versichern wollte, sondern auch weil er das Gefühl hatte, die vielen vergebenen Chancen dafür nachholen zu müssen. "Und ich war so dumm, als ich glaubte, ich könnte dich stattdessen hassen und irgendwann vielleicht sogar vergessen. Doch jetzt weiß ich, dass ich das niemals könnte und auch gar nicht will."

Welche unzähligen Chancen er durch ihren überflüssigen und nervenaufreibenden Kleinkrieg ebenfalls vertan hatte, bekam Crispin deutlich vor Augen geführt, als August wie gewohnt verlegen auf seine Worte reagierte, obwohl es nur der Wahrheit entsprach. Allerdings wusste er nur zu gut, dass es genau die war, mit der er den anderen auf diese Weise aus der Reserve locken konnte und es gefiel ihm jedes Mal aufs Neue diese Reaktion bei ihm zu sehen. Er war kein Meister darin, die üblichen oberflächlichen Komplimente zu geben, und hielt davon auch überhaupt nichts. Seine Art in dieser Hinsicht war subtiler und er wusste es sehr zu schätzen, dass sein Freund es dennoch verstand.
"Wieso nicht? Mir gefällt der Anblick und ich hätte nichts dagegen, ihn öfter zu Gesicht zu bekommen", gab er nun aber doch etwas direkter zu und verschloss anschließend Augusts Lippen mit seinen, um jeglichen Kommentar oder Protest dagegen zu unterdrücken.
Er wusste, wie unangenehm es seinem Freund war, zu viel Haut zu zeigen, geschweige denn ohne auch nur ein Stück Stoff am Leib vor ihm zu sitzen und somit seinen Blicken ausgeliefert zu sein. Und genauso gut kannte er die Gründe dafür, die für ihn allerdings absolut keine Rolle spielten. Vermutlich würde es in den Ohren vieler anderer seltsam klingen, doch er mochte den Unterschied zwischen ihnen und auch, dass die meisten den anderen aufgrund seiner Größe und Statur unterschätzten. August war ein gutes Beispiel dafür, dass deutlich sichtbare Muskeln bei weitem nicht alles waren, was zählte und auch wenn er dennoch mit seinem Äußeren nicht zufrieden war, so hatte Crispin an ihm im Gegenzug doch nichts auszusetzen und könnte ihn wohl stundenlang so betrachten.
Um ihm das zu verdeutlichen, glitt er mit seinen Händen erst über die Arme des Engels, bevor er sie weiter über dessen Oberkörper wandern ließ. Nur weil er näher gezogen wurde, um ihm mit Sicherheit auch ein wenig den Blick zu versperren, hinderte ihn das nicht daran, auf diese Weise aus Erkundung zu gehen.
Dass jedoch nicht nur seine Blicke eine gewisse Wirkung auf den anderen hatten, zeigte sich, als dieser ihn seinerseits mit einem Ausdruck in den Augen musterte, der ihm alleine schon einen wohligen Schauer über den Körper jagte und dafür sorgte, dass sich die feinen Härchen auf seinen Armen aufstellten. Cookies anhaltende Versuche ins Bad zu kommen und sie zu stören, ignorierte er dabei und blendete sie vollkommen aus, als er den Griff in seinen Haaren spürte und anschließend näher gezogen wurde. Das kleine Fellknäuel nahm es ihnen später mit Sicherheit ein wenig übel, dass sie sie ignorierten und ihr nicht die Aufmerksamkeit gaben, nach er sie gerade verlangte, doch der Kuss und Augusts Zunge an seiner waren viel zu ablenkend, um sich darüber irgendwelche Gedanken zu machen. Bereitwillig gab er sich dem anderen hin und überließ diesem die Führung. Erst als er seinen Kopf wieder zurückzog und ihn daran hinderte, ihm erneut näher zu kommen, wollte er leise protestieren und ihn als Spielverderber betiteln, doch sein Verstand kam gar nicht so weit, da er bereits im nächsten Augenblick die Lippen des anderen an seinem Hals spürte und ihm somit jeglicher Wind dafür aus den Segeln genommen wurde. Eine Beschwerde war somit einfach nicht mehr nötig, da er ihn damit genug entschädigte, sodass er zuließ, dass der Schwarzhaarige seinen Kopf von einer Seite zur anderen dirigierte, während ihm immer wieder leises Keuchen und wohlige Laute über die Lippen kamen.
"Dabei hatte ich eigentlich vor, die demnächst wieder kürzen zu lassen", gab er leise grummelnd zurück, da ihn die Länge selbst langsam störte, weil ihm die Haare ständig in den Augen hingen. "Aber vielleicht lasse ich sie doch noch ein paar Tage länger so", lenkte er dann aber doch noch ein, denn dem angenehmen Gefühl der Finger des anderen konnte er sich keineswegs entziehen und es würde die unangenehmen Aspekte dieser Länge doch noch für einige Zeit erträglicher machen.
Anders als das Miauen von Cookie, das sich nun wieder in sein Bewusstsein schob, nachdem August endgültig von ihm abließ und ihm ein leises Seufzen entlockte. Er liebte den kleinen Fellball über alles, doch ihr Timing war wirklich alles andere als gut. Das einzig positive, das er daran finden konnte, war die Tatsache, dass sie sich Gedanken über ihren geplanten Urlaub machen konnten, den er noch immer am liebsten direkt am nächsten Tag antreten würde. Die Aufmerksamkeit des Schwarzhaarigen lag im ersten Moment allerdings auf einem ganz anderen Detail und erst als er das Glänzen in den dunklen Augen sah, wurde ihm wieder Augusts Faible für die italienische Mafia bewusst.
"Soweit ich weiß, gibt es dort in der Gegend aber keine Mafia. Neben dem Ferienhaus und damit einer kostenlosen Unterkunft nur für uns alleine, kann ich damit also leider nicht dienen", zog er ihn grinsend auf, während er seine Hände wieder aus dem Wasser nahm und auf die Schultern des anderen legte, um im Nacken mit dessen Haaren zu spielen. "Und wir werden uns auch keine Sorgen darüber machen müssen, dass meine Eltern dort plötzlich auf der Matte stehen könnten. Das Ferienhaus bekamen sie damals von meinen Großeltern geschenkt, doch wir waren nur einmal dort, da der Einrichtungsstil nicht ganz ihren Geschmack traf."
Crispin konnte sich ein Augenrollen zum Ende hin nicht verkneifen, denn er empfand es schon damals als äußerst undankbar seinen Großeltern gegenüber, die ihnen das Haus vor allem aus dem Grund geschenkt hatten, damit sie sie vielleicht öfter zu Gesicht bekamen. Nur leider hatten sie die Rechnung ohne die grenzenlose Oberflächlichkeit ihres Sohnes und ihrer Schwiegertochter gemacht. Eigentlich war es traurig, dass ihnen nun genau diese zugute kam, da sie nicht befürchten mussten, dass seine Eltern spontan entscheiden könnten, plötzlich Urlaub dort machen zu wollen.
Auf den Gedanken, dass seine Großeltern nur eine Stadt weiter wohnten und diese nicht allzu weit entfernt von Livorno lag, wo sich das Ferienhaus befand, konnte er gar nicht kommen, denn August lenkte ihn bereits schon wieder ab, indem er seine Position veränderte und etwas tiefer rutschte. Durch die leicht erhöhte Position fielen ihm einige Strähnen ins Gesicht, als er zu ihm herab sah, und er strich sich diese zurück - was jedoch nicht viel brachte, da sie direkt wieder zurück fielen.
"Ich glaube, allzu lange wirst du doch nicht mehr in den Genuss der langen Haare kommen", murrte er, denn ohne Augusts Finger darin, wurde ihm wieder sehr deutlich bewusst, was ihn daran störte. Einer dieser Finger suchte sich nun allerdings seinen Weg über seinen Bauch, was ein Kribbeln darin auslöste und dafür sorgte, dass er sich leicht auf die Unterlippe biss, da sich gemeinsam mit den Worten des anderen Bilder in seinen Kopf schlichen, bei denen er sich wünschte, sie würden bereits im weit entfernten Italien sitzen, da sie dort ungestört wären.
"Und sie hätte dir sicher auch schon das Gesicht zerkratzt", pflichtete er ihm schmunzelnd bei, woraufhin Cookies Protest von der anderen Seite der Tür deutlich zu hören war, als wüsste sie ganz genau, dass sie gerade über sie sprachen. Cris Schmunzeln wurde zu einem Grinsen, als er für einen Moment in ihre Richtung sah und das Pfötchen entdeckte, mit dem sie versuchte, nach den Schatten zu haschen, die die Kerzen auf den Boden warfen.
"Nur gut, dass der Türspalt zu schmal ist, dass sie durchschlüpfen könnte, sonst würde sie das sicher in die Tat umsetzen. Wenn man daran denkt, dass sie uns gerne in solchen Situationen stört, kann man kaum glauben, dass sie uns damals im Atelier dazu gebracht hat, miteinander zu reden."
Crispin konnte sich noch sehr gut an diesen Tag erinnern, der noch gar nicht so lange zurück lag. Doch wenn er betrachtete, wie anders die Situation zwischen ihnen zu diesem Zeitpunkt war und wie sie miteinander umgegangen waren, so fühlte es sich an, als wäre es in einem ganz anderen Leben gewesen. Es war kaum zu glauben, wie viel sich in so kurzer Zeit doch ändern konnte und doch war er mehr als froh darüber, dass sie sich nicht noch viel länger in diesem Zustand befinden mussten, in dem sie kaum ein normales Wort miteinander wechseln konnten oder ihre Treffen am Ende darauf hinausliefen, dass sie sich gegenseitig verletzten. Und dass es nicht mehr so war, hatten sie zu einem großen Teil auch der kleinen Prinzessin zu verdanken, die ihre Krallen an der Tür wetzte, bevor sie erneut versuchte, durch den Türspalt zu kommen.
"Aber wenn ich genau darüber nachdenke, kann ich es ihr gar nicht übel nehmen, dass sie so nach Aufmerksamkeit bettelt. Sie hat in den paar Minuten damals immerhin jede Menge für uns getan", fügte er etwas leiser hinzu und schaute dabei zu August zurück. Einen Moment lang lag sein Blick auf den dunklen Augen, die direkt in seine schauten, bevor er ein Stück tiefer rutschte und stattdessen an den Lippen hängen blieb. "Um ihr für das hier zu danken, wurde sie glaube auch noch gar nicht genug verwöhnt", murmelte er, während er seine Hände auf die Wangen des Engels legte und sich zu ihm hinab beugte, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken.
Recht schnell löste er sich wieder, als das Miauen von Cookie noch ein Stück lauter wurde und trotz seiner Worte grummelte er leise und frustriert. Auch wenn er sie wirklich gerne um sich hatte und sie ungern jemand anderem überließ, freute er sich schon auf ein paar ungestörte Tage mit August. Auf ihr Problem diesbezüglich kam der andere auch direkt zu sprechen und Crispin verzog das Gesicht, als er Hopes Namen hörte. Der andere Engel hatte ihnen zwar wirklich geholfen, aber zu welchem Preis? Nicht nur dass sein Freund für mehrere Tage weg war und auf einen Dämon angesetzt wurde, er musste sich auch noch in einen viel zu kurzen pinken Fummel zwängen. Wer wusste schon, auf welche Idee einer Gegenleistung er kam, wenn sie ihn darum baten, auf Cookie aufzupassen? Daher ließ er bei diesem Gedanken lediglich ein Schnauben hören, um zu zeigen, was er davon gehalten hätte. Bei dem Namen Sienna wiederum wurde er hellhörig. Er hatte diesen Namen zuvor noch nie gehört und wusste daher nicht, wen August damit meinte. Auch der Hinweis, dass sie Medizin studierte, half dabei überhaupt nicht weiter und da er nicht wusste, wie sie war, hatte er ein flaues Gefühl dabei, ihre kleine Fellnase einer beinahe Fremden zu überlassen. Allerdings schien zumindest August sie einigermaßen zu kennen und da ihnen scheinbar die Alternativen ausgingen, was die Unterbringung ihres kleinsten Familienmitglieds betraf, wollte und musste er seiner Einschätzung wohl oder übel vertrauen.
"Natürlich kann mein Handy auch Fotos machen. Wenn ich dich daran erinnern darf, hast du es selbst schon dafür benutzt."
Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er an die Bilder dachte, die der andere kurz nach ihrer Aussprache gemacht hatte, als er bei ihm eingeschlafen war. Genau diese waren es auch, die ihm zusammen mit dem Gedanken an einen Urlaub die Zeit ohne ihn ein wenig erträglicher gemacht hatten. Ihrer eventuellen Katzensitterin ein Bild zukommen zu lassen, war also das geringste Problem.
"Aber dann können wir nur hoffen, dass diese Sienna auch Zeit hat. Ansonsten brauchen wir einen Plan B."
Bevor sie sich jedoch darüber den Kopf zerbrachen, musste sich zeigen, ob dies überhaupt nötig war und somit konnte er den Gedanken daran auf den nächsten Tag verschieben, denn heute war es bereits viel zu spät, um die Studentin zu fragen, ob sie den Job übernehmen würde. Daher widmete er sich auch wieder einer Aktivität, die Cookie alles andere als gut hieß, was das Geräusch der Krallen auf dem Holz der Tür auch nur zu deutlich zeigte, als er August seinerseits verwöhnte. Davon abhalten ließ er sich allerdings nicht, denn so sehr er es auch mochte, wenn der andere die Führung übernahm, liebte er die Reaktionen, die er zu sehen und zu hören bekam, wenn er es selbst tat. Aus diesem Grund ließ er sich auch Zeit und genoss jede Sekunde.
Zudem war er sich sicher, seinem Freund damit deutlich zu zeigen, dass er eben kein Häschen war, doch in dieser Hinsicht hatte er offensichtlich die Rechnung ohne dem Schwarzhaarigen gemacht, der bereits eine Erklärung parat hatte, die seine Bezeichnung für ihn noch zusätzlich bestätigte.
"Ich bin trotzdem kein Häschen", gab er grummelnd, aber durch die Müdigkeit deutlich weniger nachdrücklich von sich, wohl wissend, dass er diesen Kosenamen vermutlich niemals los wurde. Schon früher hatte August ihn so bezeichnet und auch wenn er sich offen dagegen sträubte, weil er so etwas in der Regel nicht mochte, hinterließ es bei ihm doch ein warmes und angenehmes Gefühl in ihm. Seinen Protest würde er sich aber wohl dennoch nicht nehmen lassen - außer vielleicht für den Moment, da er spürte, wie seine Augen langsam doch immer schwerer wurden und sein Körper nach Schlaf verlangte. Die ganze Prozedur mit dem Shampoo ließ er daher schweigend und zu einem kleinen Teil auch genießend über sich ergehen.
Erst als sie aus der Wanne stiegen, wurde er für einen Augenblick noch einmal etwas munterer, als sich August auch hier ohne darüber nachzudenken erst um ihn kümmerte und somit einige Sekunden ohne ein Handtuch oder ähnliches vor ihm stand. Genau diese Zeit nutzte er und ließ seinen Blick über ihn wandern. Crispin biss sich auf die Unterlippe und hoffte innerlich, dass Sienna wirklich Zeit und Lust hatte, Cookie für einige Zeit zu übernehmen, sodass sie ihren Urlaub nicht endlos lange verschieben mussten, bis sie eine Alternative gefunden hatten.
Als kurz darauf auch August in einen Bademantel eingepackt war und seine kleine Mitbewohnerin endlich das Bad stürmen und sich an sie kuscheln konnte, nahm er sie noch und gab ihr einen Kuss auf den Kopf, sodass sie begann zu schnurren und ihm ein Lächeln entlockte.
"Ich hoffe, du bist nicht sauer, wenn wir dich dann einige Zeit bei jemand anderem lassen", murmelte er ihr leise zu, während er bereits hinüber ins Schlafzimmer lief, wo sie sich aus seinen Armen befreite und sofort die Mitte des Bettes in Beschlag nahm. Lächelnd schüttelte er den Kopf, doch bevor er sich umzog, führte ihn der erste Weg zu seinem Handy hinüber, das der andere offensichtlich auf eines der Nachtschränkchen gelegt hatte. Nach einem kurzen Blick sah er, dass Luan nicht noch einmal geantwortet hatte. Ob einfach nichts mehr kam oder es einfach zu spät war und eine Antwort später folgte, konnte er nicht abschätzen, doch da er keine Lust hatte, dass August und er vielleicht wieder gestört wurden, schaltete er es komplett aus. Wer etwas von ihm wollte, musste einfach warten, bis sie am nächsten Tag aufgestanden waren und er es wieder in Betrieb nahm, um Sienna das Foto zu schicken.
Kurz nachdem das Ganze erledigt war, sah er, wie der Engel ebenfalls ins Schlafzimmer kam und seine Schlafklamotten anzog. Vor allem das Shirt brachte ihn zum Grinsen.
"Das sieht schon sehr viel besser aus, als so ein pinker Fummel."
Ohne weiter Zeit zu verschwenden, schlüpfte er in seine Boxershorts, ließ das T-Shirt aber weg, da ihn nicht nur das heiße Badewasser mehr als genug aufgewärmt hatte, und legte sich anschließend unter die Decke, die ihm August hoch hielt.
"Den Namen werde ich wohl wirklich nie los..."
Mit dieser leisen Beschwerde versuchte er es sich bequem zu machen, ohne Cookie zu verscheuchen, aber trotzdem mit ihr und seinem Freund gemütlich kuscheln zu können. Nach einigem hin und her rutschen hatten sie auch eine angenehme Schlafposition gefunden und durch die vertraute und wohltuende Wärme in seinem Rücken und das leise Schnurren, das mit leichten Vibrationen einherging, sorgten dafür, dass es keine fünf Minuten dauerte, bis er eingeschlafen war, nachdem er die Augen geschlossen hatte.

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