Wind Beyond Shadows

Normale Version: Über den Wolken...
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Nur die wenigsten Wesen schafften es ein normales Leben zu leben und im Vergleich zu vielen anderen, war August eigentlich ziemlich normal - Dank Hope, der sich darum gekümmert hatte, dass der Engel sich ohne Probleme einleben und anpassen konnte. Bei Crispin war es allerdings eine völlig andere Sache, denn er wurde aus seinem normalen Leben in diese Welt gezogen und aus seiner Routine gerissen, ohne dass er sich dagegen wehren konnte. Auf sein Wohlergehen nach der Verwandlung in einen Dämon wurde nicht geachtet, niemand machte sich Sorgen darum, wie seine Familie und seine Freunde darauf reagierten und er sich danach resozialisieren konnte. Stattdessen musste er sich auf umständlichste Art zurechtfinden, sich durchs Leben lügen und unter einer anderen Identität leben, die ihn in gewisser Weise einschränkte.
Dennoch glaubte August fest daran, dass es noch eine Chance gab dem Leben seines Freundes eine gewisse Normalität zu geben, wenn es auch noch weiter weg war und bestimmt den ein oder anderen Deal mit Hope erforderte.
“Deine Großeltern klingen nicht nach Personen, die einen schnell verurteilen. Du bist ein guter Mensch, du hast ein großes Herz. Sie sehen das bestimmt und wenn sie von der Erziehung deiner Eltern bescheid wissen, dann ist ihnen bestimmt bewusst, dass nicht alles reibungslos laufen konnte.”, munterte er den anderen auf, denn er fühlte, dass es den Jüngeren sehr beschäftigte und sie eigentlich nicht über ihre momentane Situation nachdenken wollten, da es alles andere als einfach für sie war, wenn man von ihrem spontanen Urlaub absah, den sie genau aus dem Grund geplant hatten. “Wir besuchen sie einfach, wenn wir alles erledigt haben. Dann stelle ich ihnen meinen Ehemann vor, wie findest du das?”, fragte er und küsste die Nasenspitze des anderen, bevor er wieder anfing mit den Strähnen zu spielen.
“Das würde mir sehr gefallen. Ich finde, dass sie dir sehr gut stehen. Du siehst damit irgendwie…” August biss sich auf die Lippen und nahm sich einen Moment Zeit um den anderen zu mustern. “...gefährlicher aus? Auf eine gute Weise.” Es ließ den Größeren umso mehr wie ein Bad Boy aussehen und der Engel konnte kaum verbergen wie gut ihm das gefiel. Er verstand allerdings auch, dass lange Haare nicht unbedingt praktisch waren und gerade Crispin, der es so unkompliziert wie möglich mochte, überraschte ihn damit, dass er die höchst unpraktische aber sehr attraktive Frisur noch ein paar Tage ertrug.
Die Mitarbeiterin, die ihr Gespräch unterbrach, erntete einen verwirrten und genervten Blick von dem Kleineren, der gerade sehr viel Spaß damit hatte seinen Freund zu halten und in Verlegenheit zu bringen, was ihn nebenbei auch erfolgreich von dem Gedanken ablenkte, dass sie bald in das Flugzeug steigen würden, aber sie machte anscheinend nur ihren Job, denn es war nicht sie, die es störte wie die beiden Männer auf den Sitzen saßen, sondern tatsächlich ein älteres Paar. August sah zu Cris, der bereits von seinem Schoß rutschte und es wunderte ihn, dass er nicht irgendein Kommentar abließ, denn normalerweise ließ sich der Teenager so ziemlich nichts gefallen. Schweigend ließ er sich aufhelfen und vernetzte ihre Finger miteinander, denn die Angst, ihn aus irgendeinem Grund an diesem riesigen Ort zu verlieren, überrumpelte ihn sofort. Sein Freund ließ es sich allerdings nicht nehmen, es dem alten Paar dennoch heimzuzahlen und als der Engel die weichen Lippen des anderen spürte, schmiegte er sich zufrieden brummend an ihn, ehe er sich aus der Lounge ziehen ließ, jedoch ohne zurückzublicken, denn er verkniff sich das lachen. “Du bist und bleibst ein kleiner Draufgänger. Aber genau das mag ich so an dir.”, sagte er und stieß den anderen amüsiert an. Mit einem Kuss auf die Wange, lehnte er sich etwas an ihn und begann sich wieder umzusehen. Das leicht panische Seufzen ließ sich nicht unterdrücken, genauso wie der ängstliche Blick, den er dem Größeren zuwarf. “Es ist soweit oder? Wir gehen jetzt in dieses...Ding.”

Crispin Cipriano

Normalität war vermutlich etwas, das für einen Dämon kaum möglich war - zumindest nicht ohne die Hilfe eines anderen. Man war gezwungen, einen anderen Körper zu besetzen und somit in gewisser Weise das Leben dieser Person zu führen, der man im Grunde genau dieses Leben genommen hatte. Das eigene, das man vor seinem Tod und der Verwandlung geführt hatte, wieder aufzunehmen, war unmöglich. Alle, die man kannte, dachten, man sei gestorben und wenn man in den Spiegel schaute, blickte einem ein völlig anderes Gesicht entgegen, als das, was man so lange kannte. Wobei er bei Letzterem wohl noch Glück hatte, wenn man bedachte, dass sein Bruder und er damals gerne einmal für Zwillinge gehalten wurden, wenn sie jemandem begegneten, der sie noch nicht kannte. Somit war der besagte Blick in den Spiegel für ihn nicht so ungewohnt, wie es wohl bei jedem anderen war. Sein altes Leben - oder zumindest Aspekte daraus - blieb dennoch in der Vergangenheit und die Sache mit seinen Großeltern war dabei ein gutes Beispiel dafür.
Genau dieser Gedanke beschäftigte ihn und wenn er daran dachte, dass es nicht mehr lange dauerte, bis sie Flieger Richtung Italien saßen, wurde das Ganze noch ein wenig schlimmer. Immerhin nutzten sie während ihres Urlaubs das Ferienhaus, das seine Familie von seinen Großeltern bekommen hatte und diese wohnten nicht weit entfernt in der nächsten Stadt. Er war ihnen für einige Tage also näher als in den ganzen letzten Jahren, in denen er noch die Möglichkeit gehabt hätte, sie zu besuchen, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie er sich ihnen gegenüber verhalten sollte. Die Aussicht darauf, ihnen als Crispin wieder gegenüberzustehen, die ihm August in den Kopf setzte, war ebenfalls etwas, das zwiespältige Gefühle in ihm wach rief. Bedenken legten sich über die Hoffnung und rangen mit ihr, doch beides wurde von etwas ganz anderem in die hinterste Ecke seines Kopfes vertrieben und er blickte den Engel überrascht an.
"Meinst du das wirklich ernst?", fragte er, während ihm das Wort Ehemann in den Ohren nachklang und dazu führte, dass sein Herz deutlich schneller schlug. Die Aussicht darauf, sein ganzes unsterbliches Leben an der Seite des Schwarzhaarigen zu verbringen, machte ihn schon glücklicher, als er sich jemals gefühlt hatte und auch wenn er nicht der romantische Typ war und viele der Meinung waren, dass ein Ring und ein Stück Papier nichts an der Liebe zwischen zwei Personen änderte, reichte dieses eine Wort aus, um ihn - in positiver Hinsicht - aus der Bahn zu werfen. Da war es für diesen Augenblick sogar nebensächlich, dass er sich an so einem Tag in einen Anzug zwängen musste und August schlussendlich seinen Willen bekam, da er schon zu seinen Zeiten als Mensch der Meinung war, dass ihm derartige Kleidung gut stand.
Die Mitarbeiterin störte ihre kleine Zweisamkeit in der Lounge allerdings massiv und auch wenn er keinen passenden Kommentar von sich gab, der gezeigt hätte, was er davon hielt, dass sich die beiden älteren Leute scheinbar durch ihr harmloses Verhalten gestört fühlten, führte der absichtliche Kuss vor deren Augen doch zum selben Ziel und verscheuchte auch noch den Rest seiner trüben Gedanken, die seine Stimmung langsam aber sicher in den Keller drückten.
"Die beiden sind doch selbst Schuld. Wäre ich eine Frau, wäre es sicher kein Problem gewesen, aber so wirkten sie, als wäre es ein Skandal", murrte er leicht genervt, denn das hatte ihn schon an seinen eigenen Eltern und anderen aus der gehobenen Gesellschaft gestört. Standardmäßige Beziehungen zwischen Mann und Frau waren akzeptiert, aber alles, was davon abwich, wollte man nicht haben. Vor allem nicht in den eigenen Reihen und er hatte sich schon öfter gefragt, ob dieses Umfeld daran schuld war, dass er damals so lange unsicher war, was er für August empfand, obwohl es mit Sicherheit offensichtlich war, dass er ihn liebte.
Bei diesem Gedanken schloss er seine Finger noch etwas mehr um die seines Freundes und drückte sie, bevor er von diesem einen Kuss auf die Wange gedrückt bekam, der ihn mit seiner Aufmerksamkeit wieder ins Hier und Jetzt beförderte. Das leise Seufzen des anderen drang an sein Ohr und er blickte gerade in dem Moment zu ihm, als er äußerte, was ihm nun wohl bevorstand. Eigentlich wollte er ernst bleiben und ihm sagen, dass schon alles gut gehen würde, doch er konnte das Schmunzeln nicht unterdrücken, das sich auf seine Lippen schlich.
"Du musst positiv denken. In ein paar Stunden sitzen wir in Livorno am Pool und der Flug ist komplett vergessen. Außerdem habe ich noch eine Überraschung für dich, aber ich kann dir schon mal versprechen, dass du gar nicht merken wirst, dass du dich in einem Flugzeug befindest", versicherte er ihm noch immer schmunzelnd, was erst verschwand, als sie sich an ihrem Gate befanden und für das Boarding ihre Reisedokumente vorzeigen mussten. Wann er August seine kleine Überraschung präsentierte, wusste er noch nicht. Das kam auch darauf an, wie sich der Engel schlussendlich während des Fluges schlug, aber er hoffte, dass die Aussicht darauf dafür sorgte, ihn ein wenig von seiner Flugangst abzulenken.
Nachdem ihre Dokumente geprüft wurden und sie endlich das von August liebevoll genannte Ding besteigen konnten, führte er den anderen nach dem Einstieg in den Bereich der First Class. Da sie damit eine der ersten waren, die einsteigen konnten, mussten sie sich nicht mit den Massen an Leuten rumschlagen, die in den anderen Klassen saßen und erst nach ihnen einsteigen durften. Ein bekanntes Gesicht sah er dennoch, als er gerade ihre Sitzplätze ansteuerte, denn nur ein paar Plätze von ihnen entfernt machte es sich gerade der Mann bequem, der in der Schlange des Security Checks vor ihnen stand und sie seltsam gemustert hatte.
"Na der hat ja jetzt noch gefehlt", murmelte er leise genug, dass lediglich August es hören konnte, denn er hatte keine Lust für einen Tumult zu sorgen - nicht solange die Möglichkeit bestand, dadurch rausgeworfen zu werden.
Auch Augusts Kopf ratterte, was die Vergangenheit und den Tod von Cyrian anging und auch, wenn sie sich beide eigentlich vorgenommen hatten, dass sie für ein paar Tage abschalteten, so ließen sich gewisse Umstände einfach nicht auf magische Weise wegdenken. Gerade wenn sie einen wichtigen Punkt von Crispins Leben ansteuerten - nämlich das Ferienhaus seiner Großeltern, das wohl oder übel Erinnerungen aufsteigen ließ, ob sie es wollten oder nicht. Aber um die negativen Gedanken so schnell wie möglich zu verscheuchen, ging er nur auf die positiven Aspekte seines Vorschlages ein, die auch seinem Freund zu gefallen schienen. “Natürlich meine ich das ernst. Wir haben natürlich keinen Stress was das angeht und ich möchte auch, dass es etwas ganz besonderes wird. Unvergesslich bis in alle Ewigkeit, damit sich mein Häschen für immer daran erinnert.” Denn wenn sie für die nächsten hunderttausend Jahre beisammen waren, musste es schon ein ganz besonderer Antrag werden, den er sich gut überlegen wollte.
Der Rauswurf aus der Lounge hätte weitaus schlimmer enden können, wären die beiden in der Innenstadt und nicht abhängig von dem Flieger gewesen, den sie nur betreten durften, wenn sie sich zivilisiert verhielten. Also gab es keine bissigen Kommentare, nur vielsagende Blicke und Anspielungen, die ihnen niemand vorenthalten konnte, sollte es zu einem richtigen Streit kommen. Crispin hatte schon recht, wenn er sagte, dass es wahrscheinlich kein Problem gewesen wäre, wenn es sich bei einem von ihnen um eine Frau gehandelt hätte, jedoch vermutete der Engel auch, dass das alte Paar im Allgemeinen sehr prüde war und jegliche Art von öffentlicher Zuneigung als anstößig empfand. Andere Zeit, andere Sitten - man musste nicht einmal aus dem Ausland kommen, wenn die Zeit selbst einen großen Faktor spielen konnte.
“Was denn für eine Überraschung?”, fragte er, mit mehr Skepsis als aufgeregter Neugier in seiner Stimme, denn Flugzeug + Überraschung hinterließ bei ihm keinen guten Nachgeschmack. Vielleicht zeigte er ihm am Ende ein abgebrochenes Stück der Turbine oder erzählte ihm davon dass sie eine extra gefährliche Route flogen, die dafür bekannt war, dass Flugzeuge gerne mal abstürzten und sie in irgendwelchen Bermuda Vierecken verschwinden ließen. Ja, August hatte sie alle gesehen: Die Filme und Dokumentationen, aber versuchte sich so gut es ging zu beruhigen und klammerte sich wie zuvor schon an seinen Freund, der ihn wie ein Fels in der Brandung schützen sollte. “Die paar Stunden werden für mich die reinste Hölle werden…”, murmelte er leise und folgte still, aber sehr aufmerksam dem Größeren durch eine Art Schacht die sein mulmiges Gefühl verstärken ließ, bis sie im nächsten Moment schon von einer der Stewardessen begrüßt wurden und ihre Sitzplätze ansteuerten. Ihm gefiel es, dass sie zu den ersten gehörten, denn er wollte niemanden mit seiner Nervosität davon abhalten zu seinem vorhergesehenen Sitzplatz zu kommen. August wollte gerade Platz nehmen, als er zu seinem Freund aufsah, der kaum hörbar auf den Herren andeutete, der bei dem Security check vor ihnen gestanden war. August seufzte genervt und rollte mit den Augen, ehe er Cris auf den Platz neben ihn zog und sich hinsetzte. “Na toll. Ist er meine Überraschung? Wir könnten ihn mit Papierkugeln bewerfen, das lenkt mich sicher ‘ne Weile von dem Flug ab.”, scherzte er und beobachtete die restlichen Leute, die einstiegen. “Was ist denn jetzt die Überraschung?” Er hoffte inständig dass es etwas war dass ihn beruhigen würde. Valium vielleicht. Oder eine Schlaftablette. Beides wäre ihm nur zu recht gewesen, wenn er dadurch so wenig wie möglich von dem Flug mitbekam. Schade, dass er sie nicht einfach nach Livorno transportieren konnte, aber dazu hätte er sich mehr um seine Kräfte bemühen müssen, als er noch in der Lage dazu gewesen war. Sein Leben als Mensch hatte ihn so sehr eingeschränkt und auch auf gewisse Weise faul werden lassen, denn wenn er sich nicht anstrengen und seine Fähigkeiten nutzen musste, dann wurden sie natürlich noch schwächer als sie es sowieso schon waren. Nur brauchte er in dem Alltag, den er für sich geschaffen hatte einfach nichts mehr davon. Vielleicht erlernte Crispin am Ende Teleportation, auch wenn er noch nicht so ganz genau wusste, wie sich so etwas bei seinem Freund entwickeln würde. “Hey, Cris. Hast du in letzter Zeit…”, er beugte sich etwas näher zu dem Größeren und sprach ganz leise, damit niemand anderer sie hören konnte, “..hast du vielleicht schon irgendwas von deinen Fähigkeiten mitbekommen? Du bist was das angeht zwar noch Frischfleisch, aber hat sich irgendwas verändert? Außer die Selbstheilung?”

Crispin Cipriano

Ganz egal, wie sehr Crispin sich auch vornahm, nicht an unangenehme Dinge zu denken, die seine Stimmung drückten, gab es irgendwann immer einen Auslöser, durch den sein Vorhaben schief ging. Dabei war es ganz egal, ob es sich dabei um eine Melodie handelte, die er mit etwas verband, ein falsches Wort, das jemand unbedacht in seiner Gegenwart äußerte oder wie gerade jetzt, ein Ort, der unweigerlich Erinnerungen hervorrief. Für einen Moment fragte er sich sogar, ob es wirklich so eine gute Idee war, ausgerechnet das Ferienhaus als Urlaubsziel zu benutzen, da sie sich diese Auszeit immerhin nehmen wollten, um einfach einmal an nichts negatives zu denken und ihre gemeinsame Zeit zu genießen. Es gab immerhin einiges, was sie nachzuholen hatten, da sie zuvor aus den unterschiedlichsten Gründen nicht dazu kamen. Allerdings war das Haus die praktischste Lösung. Sie mussten sich nicht mit nervigen Miturlaubern herumärgern oder bestimmte Zeitspannen einhalten, in denen sie anwesend sein durften, bis sie wieder auschecken mussten. Sie konnten sich ganz spontan dafür entscheiden, ihren Urlaub noch ein wenig zu verlängern. Nur der Hintergrund des Ortes war ein kleines Problem, von dem August ihn aber geschickt ablenkte.
Noch immer war er ziemlich sprachlos und wusste nicht so ganz, was er zu dem Thema Heirat sagen sollte. Anders als andere Leute hatte er darüber nie so genau nachgedacht. Es gab einfach keinen Grund und keine Gelegenheit dafür, da anderes immer präsenter war oder er sich nicht vorstellen konnte, dass es jemals jemanden gab, bei dem er das in Erwägung zog. Immerhin hinterließ das Wort Ehe lange Zeit eher einen bitteren Beigeschmack bei ihm - vor allem, wenn er dabei an seine Eltern dachte, die ihn sicherlich auch am liebsten in eine gedrängt hätten, wenn er lange genug dafür gelebt hätte. Bei August sah die Sache nun jedoch ganz anders aus und der Gedanke, auch auf diese Weise zu zeigen, dass sie zusammen gehörten, hinterließ ein Gefühl in ihm, das er kaum in Worte fassen konnte.
"Es gibt aber keinen Grund, sich deswegen vielleicht ein Bein auszureißen. Selbst etwas schlichtes wäre für mich schon etwas besonderes und unvergesslich. Immerhin bin ich so schon jeden Tag dankbar, dich zu haben und alleine das wird dafür sorgen, dass ich es in Erinnerung behalte."
Zum Ende hin wurde er ein wenig leiser, blieb aber noch laut genug, dass der Engel es hören konnte. Nicht, weil es ihm peinlich war, dies zu sagen, sondern weil sie sich der Stewardess und dem Eingang zum Flugzeug näherten und er der Meinung war, dass die Flughafenmitarbeiterin das Ganze nicht zwingend mitbekommen musste. Es war ungewiss, welchen Blick er dafür vielleicht geerntet hätte, doch egal, was es geworden wäre, er konnte darauf gerade verzichten. Vor allem da er sich auf seinen Freund konzentrieren musste, der von der Aussicht darauf, dass er eine Überraschung für ihn hatte, weniger begeistert zu sein schien, als er gehofft hatte. Seiner Nervosität nach zu urteilen, lenkte es ihn auch keineswegs von seiner Angst ab, wie er es beabsichtigt hatte.
"Warte einfach ab, dann wirst du es schon sehen. Und ich verspreche dir, der Flug wird weniger schlimm, als du glaubst", gab er ihm lediglich zurück, ohne genau zu erklären, was er vorhatte. Dafür beugte sich Crispin zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie weiter ihren Sitzplatz ansteuerten und es dort auch für ihn eine eher unangenehme Überraschung gab, bei der er seufzte. Bevor er jedoch mehr als seinen leisen Kommentar von sich geben konnte, wurde er auf seinen Platz gezogen und seine Aufmerksamkeit wieder zu dem Engel gelenkt.
"Meine Überraschung ist etwas Positives und das kann man von dem nun nicht wirklich behaupten", erwiderte er leise genug, damit besagter Mann es nicht hörte. "Und wenn ich dir sage, womit ich dich überraschen möchte, ist ja die ganze Überraschung hinüber."
Bei dem Vorschlag begann er allerdings zu grinsen und das lag nicht nur daran, dass er sich sicher war, dass dies seinen Freund ein wenig ablenken würde. Es sprach einfach etwas in ihm an, das schon lange nicht mehr zum Einsatz kam: sein inneres Kind.
"Gegen die Papierkügelchen habe ich allerdings nichts einzuwenden. Die Stewardessen verteilen sicher auch Taschentücher, die sich dafür eignen", flüsterte er dem anderen zu, während er sich weiter zu ihm beugte. Eine der erwähnten Stewardessen war auch gerade dabei, das Handgepäck der anderen Passagiere zu verstauen. Crispin schaute ihr dabei zu, als sie dem Mann half, denn er hier in der Firstclass nicht erwartet hätte und als sich ihre Blicke trafen, erkannte er, dass dieser damit wohl auch nicht gerechnet hatte, da sich seine Augen leicht weiteten.
Tja, das kommt davon, wenn man nur nach dem Äußeren geht, ging es ihm durch den Kopf, doch bevor er sich weiter über so etwas ärgern konnte, wurde er mit einer Frage davon abgelenkt, mit der er gerade überhaupt nicht gerechnet hatte. Überrascht sah er zu seinem Freund und brauchte einen Augenblick, um das Ganze wirklich zu begreifen. Einige Sekunden später schüttelte er jedoch nur den Kopf.
"Nicht wirklich", erwiderte er genauso leise, damit es kein anderer der Passagiere mitbekam. "Das einzige, was sich langsam verbessert, ist meine Aurenerkennung, aber bei dem Rest ist Fehlanzeige." Seufzend fuhr er sich durch die Haare, die ihm anschließend direkt wieder ins Gesicht rutschten. "Wer weiß, wie schnell sich da überhaupt noch etwas zeigt. Auch wenn ich im Grunde noch ein Neuling bin, sollte ich immerhin eigentlich schon weiter sein."
Es frustrierte ihn nicht das erste Mal, dass er bei der Entwicklung seiner Fähigkeiten so zurückhing, denn gerade so etwas essentiell wichtiges wie das Erkennen anderer Auren, hätte er schon viel eher können müssen und doch war er in diesem Punkt lange Zeit einfach blind. Doch trotz des Frustes, der sich bei dem Gedanken an seine Fähigkeiten immer zeigte, hatte er sich auch schon oft die Frage gestellt, was es für Möglichkeiten gab und was vielleicht auf ihn zukam. Daher lehnte er sich noch ein Stück näher über die Lehne seines Sitzes, um auch wirklich sicher zu gehen, dass sie auch die Stewardess nicht hören konnte, die noch immer den anderen Passagieren half und dadurch ab und an bei ihnen vorbei kam.
"Aber sag mal, du hast doch Dämonen gejagt. Weißt du, was da so kommen könnte?"
Die Stille die sich kurzzeitig zwischen sie legte, als August andeutete, dass er durchaus vor hatte Cris irgendwann zu heiraten machte ihn doch nervöser als gedacht, wenn man von dem allgemeinen Umstand der Panik absah, der kaum bis gar nicht verfliegen wollte. Hatte er vielleicht übertrieben? War es zu schnell? Betrachtete man das ganze auf einem Zeitstrahl, war es wohl doch ein wenig zu früh um zu fragen, vor allem wenn sie Glück hatten und wirklich noch tausende Jahre miteinander verbrachten. Mist. Dabei wollte er seinen Freund nur mit einem positiven Gedanken vertrösten, damit er sich nicht so runterziehen ließ. Und jetzt hatte er möglicherweise noch mehr Schaden angerichtet, immerhin war eine Hochzeit, das Heiraten allgemein eine ernste Sache und Cris hatte sich vielleicht noch gar nicht an die Ewigkeit gewöhnt, war er doch erst frisch zu einem Dämon geworden. Den Sinn der Ewigkeit, des unendlichen Lebens, wenn man so wollte und es schaffte überhaupt so lange zu überleben, der kam bei ihm doch auch erst nach den ersten 200 Jahren. Wie konnte er also erwarten, dass sein Freund sich bereits damit abgefunden hatte sehr, sehr, seeehr lange zu leben? Momentan gab es da nur den Benefit, dass die Hülle nicht so schnell alterte, aber so richtig begreifen würde er es wohl erst, wenn alles und jeder Sterbliche um einen langsam abkratzte. Nein, noch ein negativer Gedanke! August wurde langsam schlecht.
Fast wäre er dem Jüngeren ins Wort gefallen, der lediglich versuchte den Engel davon abzuhalten das ganze ins Extreme zu ziehen und seine letzten Worte waren wie Balsam für Augusts Herz, der sich fast erleichtert zurücklehnte. “Und ich dachte schon du willst nicht. I-ich meine du hast jedes Recht darauf ‘Nein’ zu sagen, das muss ich dann wohl oder übel akzeptieren...Aber schön fände ich es schon.”, murmelte er die letzten Worte und zupfte schmollend an einem Hautstücken, dass auf seinem Daumen abstand.
“Ich glaube bei mir liegt es generell an dem Konzept einer Überraschung. Mir liegt es nicht so überrascht zu werden...es ist so...unerwartet?”, erklärte er und verdeutlichte es mit Handgesten den Frusts, den Cris wahrscheinlich nicht nachempfinden konnte, denn er war ja der derjenige der die Überraschung geplant hatte und sich höchstwahrscheinlich darauf freute sie im passenden Moment zu enthüllen, während der Engel auf heißen Kohlen saß. Zumindest ging der Jüngere auf seinen Vorschlag mit den Papierkugeln ein, der wohl Ablenkung genug sein würde - fürs Erste. Der Mann sah allerdings just in dem Moment zu ihnen und erkannte sie, das verriet sein überraschter Blick die beiden ausgerechnet hier in der First Class zu sehen. “Ich kann zwar keine Gedanken lesen, aber dem gefällt es gar nicht dass wir hier sind. So ein arroganter Idiot.”, nuschelte er an seinen Freund gewandt, der ihm von den Taschentüchern erzählte, die sich perfekt für ihre kleine Racheaktion eignen sollten. “Mit ein wenig Spucke halten die auch besser.”, spielte er auf seine Absicht schön von Speichel durchtränkte Kügelchen in die Richtung des Mannes zu werfen und konnte es kaum erwarten bis sie an ihre Munition kamen. Bis dahin musste er aber noch geduldig warten, denn die Stewardessen halfen immer noch den letzten Passagieren und es dauerte auch sicher ne Weile bis sie starteten. Mit dem Kopf an Cris Schulter gestützt sah er zu ihm hoch, als er leise auf seine Frage antwortete und schüttelte dann ebenfalls den Kopf. “Mach dir keine Sorgen, Häschen. Du bist was angeht wirklich ein Baby. Denk doch mal an die ganzen Dämonen die über 500 oder gar 1000 Jahre alt sind. Du hast noch sehr viel Zeit um deine Kräfte zu entwickeln.” Um den anderen weiter zu beruhigen, klopfte er sanft auf seinen Oberschenkel und strich diesen abwesend auf und ab. “Klar, ich hatte schon einige mit wirklich außerordentlichen Fähigkeiten, wie zum Beispiel Teleportation oder die typischen Elementbändiger. Irgendwie sind die meisten zum Feuer hingezogen, also viele, viele Feuerteufel. Und sonst...puh, da gibt es so viel. Vom Gedankenlesen, Telekinese bis hin zu Zeitkontrolle. Letzteres ist natürlich sehr mächtig, keine Ahnung wann der das rausgefunden hat. Vielleicht als er auf dem Pot saß und sich beim Rausgehen plötzlich unter dem Adel des 14. Jahrhunderts befand.”, witzelte er und zuckte dann locker mit der Schulter, während er seinen freien Arm um den Bizeps seines Freundes schlang. “Was ich damit sagen will ist, dass es jederzeit und unerwartet passieren kann. Vielleicht ist es aber auch schleichend. Meine Erfahrung basiert auf Dämonen, die ich nicht länger als zwei Tage gekannt habe. Du bist der erste den ich quasi aufwachsen sehe. Mein eigener Babydämon eben.” August beugte sich weiter zu ihm und küsste die Nasenspitze des Langhaarigen.
Kurz darauf schlossen sich die Türen des Flugzeuges und die Stewardessen gingen mit ihrem breiten, fast schon falsch wirkendem Lächeln durch die Gänge. “G-geht es jetzt los? Cris? I-ih bin noch nicht bereit! W-was macht die Frau jetzt?”, fragte er und sah abwechselnd hoch zu seinem Freund und dann zu der Stewardess, die sämtliche Anweisungen für den Flug verdeutlichte. Beim Herzeigen der Warnwesten und dem Erklären der Notausgänge, dachte er wirklich es sei vorbei, denn das alles war das letzte was er hören wollte. Doch plötzlich erinnerte er sich daran was zu tun war! Haha! August, die vielen Stunden vor dem Fernseher haben sich ausgezahlt. Bevor Cris also antworten konnte, hielt er die Hand hoch und schüttelte energisch den Kopf. “Ich weiß schon was zu tun ist!”
Wo war denn das Ding? Es musste hier irgendwo sein! “Aha!” Die Papiertüte. Endlich, sein gesamtes Filmwissen machte sich nützlich. Den ganzen Tag über hatte er von nichts Ahnung gehabt, aber jetzt war seine Zeit gekommen. Zwischendurch kam die Durchsage, dass sie gleich starten würden und als der Metallvogel so langsam ins Rollen kam, war es hinüber mit Augusts Kontrolle, der sich die Öffnung der Tüte an den Mund hielt und mit panischen Blicken schnell ein- und ausatmete. Das erntete nicht nur seltsame Blicke der anderen Passagiere, sondern auch so langsam den ersten schwarzen Flecken vor Augusts Auge und einem leichten dumpfen Schmerz in seinem Kopf. Aber das musste wahrscheinlich alles so sein!
“Entschuldigen Sie, ist alles in Ordnung? Ist Ihnen übel?”, fragte die freundliche Stimme der Stewardess, die neben ihnen stand und August mit einem besorgten Blick musterte.

Crispin Cipriano

Wie oft kam es eigentlich schon vor, dass Crispins Sprachlosigkeit, in die ihn August in so manchen Momenten beförderte, dazu führte, dass dieser sich viel zu viele Gedanken machte und es vollkommen falsch interpretierte? Genau konnte er es nicht sagen. Dafür war es wohl tatsächlich schon zu oft vorgekommen und die Erleichterung des Engels neben ihm gemeinsam mit dessen Aussage deutete darauf hin, dass er es wieder einmal geschafft hatte. Etwas, das so gar nicht gewollt war, doch sein Freund hatte mitunter ein Talent dafür, Dinge zu sagen, bei denen er sich erst einmal wieder fangen musste. So auch bei dem Thema Hochzeit.
Sofort schüttelte er jedoch den Kopf, als er etwas davon hörte, dass er jedes Recht dazu hätte, ihm in dieser Hinsicht einen Korb zu geben.
"Nur weil ich das Recht hätte, heißt das aber nicht, dass ich es auch in Anspruch nehme. Warum sollte ich auch? Klar haben wir womöglich alle Zeit der Welt und müssen es nicht überstürzen, aber… Ich will den Rest meines mit Glück ewigen Lebens mit dir verbringen. Also gibt es keinen Grund, dazu kategorisch Nein zu sagen", versuchte er ihn zu beruhigen, als er das leichte Schmollen sah. Zusätzlich beugte er sich weiter zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, um seine Worte noch zu bekräftigen.
Was es bedeutete, wirklich ewig zu leben, darüber hatte er sich noch keine allzu großen Gedanken gemacht, denn ohne August wäre es dazu sehr wahrscheinlich ohnehin nicht gekommen. Dafür war er zu draufgängerisch und er hatte zu dieser Zeit im Grunde auch nichts zu verlieren - wenn man von seiner Hoffnung einmal absah. Nun sah die Sache ein wenig anders aus. Er hatte das, was er sich in seinem Leben am meisten gewünscht hatte genau wieder da, wo es hingehörte: an seiner Seite. Und alleine das reichte aus, um zumindest zu einem kleinen Grad vorsichtiger zu sein, was seine Chancen auf ein ewiges Leben beträchtlich erhöhte - inklusive allem, was dies mit sich brachte. Doch im Moment war nicht der richtige Augenblick dafür, sich über alle Konsequenzen den Kopf zu zerbrechen. Das konnte er irgendwann später immer noch machen.
Die Überraschung, die er für den Schwarzhaarigen noch in petto hatte, war derzeit auch um einiges interessanter für seine Aufmerksamkeit und er konnte ein weiteres Grinsen nicht zurückhalten. Es wäre wohl gelogen, wenn er behauptete, er würde es nicht genießen, August dermaßen auf die Folter zu spannen, was er allerdings auch nur tun konnte, weil er ganz genau wusste, dass diesem gefallen würde, was er ihm später zeigen wollte. Immerhin konnte er dabei für den Rest des Fluges vergessen, dass er sich an Bord eines Flugzeugs einige Tausend Meilen über dem Ozean befand und das über mehrere Stunden hinweg. Genau aus diesem Grund hatte er auch extra geschaut, ob es einen Nachtflug gab, denn andernfalls wäre es vielleicht trotz seiner Überraschung schief gegangen.
"Das unerwartete ist ja auch der Sinn einer Überraschung, aber vertrau mir einfach, okay? Es wird dir mit Sicherheit gefallen", versuchte er ihn erneut ein wenig zu beruhigen und hoffte darauf, dass er das mit dem Vertrauen auch in diesem Punkt tatsächlich tat. Immerhin sollte sein erster Flug nicht in einer Katastrophe enden. Ganz besonders weil sie nach ihrem Urlaub auch wieder zurück mussten - selbst wenn er daran momentan noch nicht denken wollte.
Weniger Gefallen fand er selbst an dem älteren Herren, der nicht weit von ihnen saß und sie ansah, als stammten sie von einem fremden Planeten. August sprach ihm alleine mit seinem arrogantem Idioten aus der Seele, da er es genauso empfand und das Gesicht verzog.
"Dafür muss man auch keine Gedanken lesen. Das würde jeder Blinde sehen", grummelte er leise, während er den Mann weiterhin, dem es offensichtlich doch irgendwann zu unangenehm wurde, die beiden anzustarren. Ganz besonders da ihn eine der Stewardessen fragte, ob denn alles in Ordnung sei. Crispin war erleichtert, als er sich daraufhin wieder herumdrehte und es sich an seinem Platz gemütlich machte und er konnte es kaum erwarten, bis sie an die Taschentücher herankamen.
Zuvor mussten sie jedoch noch die Sicherheitseinweisung über sich ergehen lassen, bei der er schon jetzt ein mulmiges Gefühl hatte, wenn er daran in Verbindung mit Augusts Flugangst dachte. Bis dahin mussten sie aber wohl ebenfalls noch etwas warten und die Frage, welche Fähigkeiten auf ihn warten könnten, war ablenkend genug, um sich nicht jetzt schon den Kopf darüber zu zerbrechen, wie sein Freund wohl auf diese Pflichtprozedur reagieren würde.
"Ja, schon", murmelte er, nachdem ihm versichert wurde, dass er eben noch jung war und das alles seine Zeit brauchte, bis sich seine Fähigkeiten zeigten. Beruhigt war er allerdings nicht so richtig. Eher im Gegenteil. Wenn er an die Dämonen dachte, die schon um einige Jahrhunderte älter waren als er, kam er Neid als Zuversicht in ihm auf und er schaute für einen Moment aus dem Fenster in Augusts Richtung.
"Ich verlange ja auch nicht, dass ich gleich aus den Vollen schöpfen kann. Zwei Jahre sind eben keine lange Zeit, aber so etwas wichtiges, wie den eigenen Feind zu erkennen, sollte doch etwas früher einsetzen. Immerhin ist das überlebenswichtig und dass ich vor dir wohl an keinen anderen Engel geraten bin, war vermutlich einfach nur Glück", machte er ihm leise seine Bedenken klar und sah wieder zu ihm. Zumindest die Berührung an seinem Oberschenkel tat gut und löste das in ihm aus, was die Worte des anderen alleine nicht geschafft hatten und was zusätzlich eine Erinnerung in ihm auslöste und ihm etwas bewusst machte. "Das einzige, was ich noch vor dem Kennenlernen von Aspen wahrnehmen konnte, warst du", gab er genauso leise wie zuvor zu und blickte ihm zögernd in die Augen, da er sichergehen wollte, dass ihn sein Gefühl gerade nicht trog. "Ich glaube aber, dass das nichts mit den Auren allgemein zu tun hat, denn die von Engeln hinterlassen eher ein unangenehmes Gefühl, was dabei aber nicht der Fall ist. Nur hab ich dem nie weitere Beachtung geschenkt."
Jetzt im Nachhinein bereute er das ein wenig, denn abgesehen von Augusts Engelsaura nahm er es unterschwellig auch jetzt wahr - als würde es die negativen Aspekte seines Wesens bei ihm kompensieren.
"Aber was die Fähigkeiten betrifft, kann somit alles mögliche auf mich zukommen, ohne dass eventuell jemand sagen könnte, was genau."
Ein Seufzen entwich ihm, denn in diesem Punkt konnte er die Abneigung seines Freundes gegenüber Überraschungen durchaus verstehen. Er wüsste gerne vorher, was auf ihn zukam, anstatt es vielleicht von einem Tag auf den anderen am eigenen Leib zu spüren zu bekommen und das vielleicht auch noch mitten in der Öffentlichkeit, wo es sich womöglich schwer verstecken ließ. Sich selbst verstecken, wollte er sich deswegen aber auch nicht. Er wollte keiner dieser alten verbitterten Unsterblichen werden, die sich nicht mehr vor die Tür trauten oder einfach keine Lust darauf hatten, weil sie lieber im Selbstmitleid versanken. Die vier Tage, in denen August unterwegs war und am liebsten wollte, dass er sich zu Hause verkroch, um die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass ihn etwas zustieß, waren schlimm genug und schon da hatte er es nicht ausgehalten.
Der sanfte Kuss auf seiner Nasenspitze sorgte dafür, dass er seine eher trüben Gedanken vergaß und ein kurzes und schwaches Lächeln huschte über seine Lippen. Sein Freund wusste eben, wie er ihn ablenken konnte. Bereits im nächsten Moment schien es endlich voran zu gehen, denn er hörte, wie sich die Flugzeugtüren schlossen und eine der Stewardessen nahm ihren Platz ganz vorn ein, wo sie alle sehen konnten, während sie die Sicherheitseinweisung durchführen würde. Nun war der Moment gekommen, bei dem Crispin nicht genau einschätzen konnte, wie der Schwarzhaarige wohl reagierte, doch die Antwort erhielt er prompt, als dieser erneut begann, in Panik zu verfallen.
Eigentlich wollte er ihm erklären, dass es sich bei dem, was die Frau Ihnen gegenüber tat, lediglich eine Routinemaßnahme war, damit sie im Fall der Fälle Bescheid wussten, was sie zu tun hatten. Dazu kommen tat er allerdings nicht, denn als er gerade dazu ansetzen wollte, hielt ihn August bereits davon ab, etwas zu sagen und überraschte ihn damit, dass er wüsste, was zu tun sei. Damit hatte er tatsächlich nicht gerechnet und sah ihm dabei zu, wie er verzweifelt nach etwas zu suchen schien.
"Was suchst du denn?", fragte er daher, bekam seine Antwort jedoch nicht verbal, sondern in Form einer Papiertüte, die ihn stutzen ließ. Was wollte er denn damit? "August?"
Perplex sah er ihm dabei zu, wie er hektisch in die Tüte atmete, als würde er hyperventilieren. Crispin konnte im ersten Moment überhaupt nicht reagieren, weil er viel zu überrascht war, fing sich dann aber und griff nach der Tüte, um sie ihm wieder abzunehmen.
"Keine Sorge, ihm geht es gut", versuchte er nebenbei die Stewardess loszuwerden, die bereits besorgt zu Ihnen kam und ihn bei dem Versuch skeptisch ansah.
"Ihre Begleitung sieht aber nicht danach aus."
"Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich kümmere mich um ihn."
Mit diesen Worten nahm er August endgültig die Tüte ab und griff anschließend nach dessen Hand, um ihn in die Höhe zu ziehen. So wie es aussah, musste er seine Überraschung doch schneller enthüllen, bevor Augusts Wissen aus dem Fernsehen und von Filmen noch gefährlich für ihn selbst wurde.
"Komm mal mit", wandte er sich an ihn und führte ihn unter den noch immer skeptischen Blicken des Bordpersonals und auch des Mannes vom Flughafen in den Bereich der First Class, in dem sich die Schlafkabinen befanden. Als er eine von ihnen erreichte, öffnete er die Tür und schob seinen Freund hinein, nur um kurz darauf die Tür wieder zu schließen.
"Du machst Sachen. Was sollte das werden?"
Ein Kopfschütteln folgte, denn vermutlich wäre die Erklärung typisch August, der den Großteil seines Wissens nun einmal aus Filmen bezog.
"Naja ein Gutes hat es wohl. Du musst nicht länger auf meine kleine Überraschung für dich warten."
Er schenkte ihm ein Schmunzeln und klaute sich zudem einen kurzen Kuss, um ihm zu zeigen, dass er es ihm nicht übel nahm, auch wenn sie ihre Papierkugelaktion damit wohl verschieben oder ganz vergessen mussten.
“Möglicherweise liegt es genau daran, dass du damals eher in geschützter Umgebung aufgewachsen bist? Nicht jeder Dämon hat den Luxus in einem vertrauten Umfeld aufzuwachsen. Viele werden einfach auf die Erde geworfen und das war’s. Da setzen die Überlebensinstinkte früher ein. Manche haben auch einen Mentor oder sowas, der sie trainiert. Das kommt immer auf den Dämon an, der einen auf seine Seite zieht.”, erklärte er und musste dabei an Rixon denken, der Cris nicht aus dem Grund verwandelt hatte, um ihn zu seinem persönlichen Bodyguard oder sonst was zu machen. EIne Verwandlung konnte sehr viele Gründe haben und nicht immer iel sie positiv für den Verwandelten aus. “Du hattest damals quasi nur mich als deinen Feind. Und wir wissen beide dass das keine richtige Bedrohung für dich war.”
Selbst wenn er gewollt hätte...den einzigen Menschen, der ihm je etwas bedeutet hatte ernsthaft zu verletzen und ihn auszulöschen,... das war nie eine Option gewesen, selbst wenn er sich selbst versucht hatte darauf zu drillen. “Du musst dir deswegen also keine Sorgen machen. Dir wird nichts geschehen solange ich bei dir bin. Ich bin doch immer noch dein Schutzengel.” Komme was wolle. Sobald Aspen aus dem Weg war, mussten sie sich auch keine Gedanken mehr machen, denn wen interessierte schon ein Engel und ein Dämon, beide ausgestoßen aus ihren Welten? Es ging niemanden etwas an, was für eine Beziehung sie zueinander hatten. Was auch immer geschehen mochte, für August gab es immer nur eine Seite auf die er sich schlagen wollte und das war die seines Freundes. Wo auch immer Cris sein wollte, August ging mit ihm, Seite an Seite - Hand in Hand.
Die blasse adrige Hand suchte die etwas größere des Dämons und umschloss sie zuversichtlich, um das Gefühl der Sicherheit zu verstärken, wenn sie auch kurze Zeit später wieder gezwungenermaßen die Rollen tauschen mussten, denn der tapfere Schutzengel musste sich mit den Konsequenzen seiner eigens beigebrachten Überlebenstechniken für Flugzeuge auseinandersetzen. Der Sauerstoffmangel, den er sich selbst zuzusprechen hatte, machte sich fast durch einen Ohnmachtsanfall bemerkbar, aber sowohl die Stewardess als auch Crispin griffen rechtzeitig ein, sodass er die Tüte von seinem Mund nahm und mit verschwommenen Blick zu seinem Freund sah. Womit hatte er falsch gelegen? In all den Serien und Filmen lief es doch genauso..oder zumindest so ähnlich ab. Die Tüte half beim Atmen, dennoch fühlte er sich jetzt umso mieser und ihn war furchtbar schwindelig. Deswegen erfolgte auch gar kein Protest seinerseits, als der Größere ihn hochzog und ihn in ein anderes Abteil führte, welches er erst beim zweiten Blick als eine Art Schlafkabine identifizieren konnte. “Wo sind wir?”, fragte er leise und setzte sich dann auf das Bett. Die Kabine sah aus wie...alles andere als die Flugzeugsitze vorhin und nichts außer der kleine Bildschirm an einer der Wände deutete darauf hin dass sie sich in der Luft befanden. Das Fenster war auch noch abgedunkelt und wenn es nach ihm ging, konnte es auch so bleiben, denn der Anblick von Wolken hätte ihm wahrscheinlich wieder die Übelkeit, die langsam zu verschwinden schien, augenblicklich aufsteigen lassen. “Das ist eine tolle Überraschung. Du kennst mich zu gut. Wieso habe ich sowas noch nie im Fernsehen gesehen? Betten im Flugzeug? Uff…”, stöhnte er und ließ sich zurückfallen. “Mir ist noch so schwindelig... Wieso machen Leute das mit den Papiertüten? Ich dachte das hilft! Ich habe es doch gesehen. Oder hätte ich auf diese Masken von der Decke warten sollen?” Er verstand die Welt nicht mehr. Aber jetzt...jetzt fühlte er sich sicher. Seine Finger krallten sich sich etwas in die Decke und er seufzte anschließend. “Hier ist es gut. Können wir hier bleiben? Ich will nicht wieder dort hinaus…”, murmelte er schäfrig und drehte sich auf die Seite, das Gesicht in eins der Kissen gedrückt, bevor er sich noch einmal kurz aufrichtete um seine Schuhe auszuziehen und zu Crispin hoch zu sehen. “Kommst du auch?”
Ohne auf seine Antwort zu warten, zog er den anderen bereits zu sich und wartete mehr oder weniger geduldig, bis auch dieser sich die Schuhe ausgezogen und sich neben sie gelegt hat. Ausgelaugt von seiner Panik kuschelte er sich schläfrig an den Jüngeren. Es dauerte danach auch keine zehn Minuten bis August in den Armen seines Freundes eingeschlafen war und für die nächsten Stunden still sein und hoffentlich nichts mehr von de Flug mitbekommen würde.

Crispin Cipriano

Crispin ließ sich die Erklärung seines Freundes einige Momente durch den Kopf gehen. Vermutlich hatte August recht mit dem, was er sagte, und das verzögerte Einsetzen seiner Fähigkeiten war darauf zurückzuführen, dass er in keiner wirklichen Bedrohungslage steckte und sich auch anderweitig nicht besonders umgewöhnen musste. Im Gegensatz zu anderen konnte er sein altes Leben mehr oder weniger so weiterführen, wie er es vor seinem Tod getan hatte. Durch Cyrian blickte ihm nicht einmal ein fremdes Gesicht entgegen, wenn er in den Spiegel sah, an das er sich erst hätte gewöhnen müssen. Einer der wenigen Unterschiede war, dass er seine eigene Wohnung besaß und ihn seine Eltern nicht mehr nervten, doch das sah er keineswegs negativ. Ganz im Gegenteil. Selbst die Einsamkeit, die ihn in dieser Zeit umgab, war im Grunde nichts Neues für ihn, auch wenn er durch August wusste, wie es sich anfühlte, jemanden an seiner Seite zu haben, auf den er sich verlassen konnte.
Zu all dem kam hinzu, dass er sich nicht auffälliger verhielt als zuvor. Anders als andere Dämonen hatte er keinen Spaß daran, anderen das Leben schwer zu machen oder sie gar zu töten. Wenn er sich prügelte, geschah das aus denselben Gründen, wie zu seiner Zeit als Mensch. Wer ihn nervte und provozierte musste eben damit rechnen, dass er sich das nicht bieten ließ und dies auch deutlich zeigte. Lediglich seine Kraft hatte zugenommen, sodass er diese Auseinandersetzungen in der Regel als Sieger beendete, wenn er nicht durch Zufall doch an ein anderes Wesen geriet.
Du hattest damals quasi nur mich als deinen Feind. Und wir wissen beide dass das keine richtige Bedrohung für dich war.
"Ich hätte dich niemals töten können, auch wenn ich immer versucht habe, mir das einzureden", murmelte er leise genug, dass kein anderer Passagier oder eine der Stewardessen ihn hörte, denn alleine dieser Satz würde unangenehme Aufmerksamkeit erregen, die sie nicht gebrauchen konnten. Dennoch war es laut genug für den anderen, der auch mit dieser Aussage ins Schwarze getroffen hatte. Zumindest aus heutiger Sicht war ihm deutlich bewusst, dass August nie eine wirkliche Bedrohung für ihn war, denn sie waren beide unfähig, dem jeweils anderen derart zu schaden, dass sie ihn endgültig verloren hätten. Alleine die Vorstellung schmerzte und Crispin war froh darüber, dass sie sich nie so sehr provoziert hatten, dass einer von ihnen doch aufs äußerste ging - wenn auch eher unbeabsichtigt.
Somit war Aspens Auftauchen und seine erste indirekte Begegnung mit diesem wohl der Auslöser für seine Fähigkeiten. Der letzte Schubs, den er brauchte, damit sich diese langsam entwickelten. Mit Sicherheit war er auch schon zuvor anderen Engeln begegnet, die sich genau wie August unentdeckt unter den Menschen bewegten, doch sein Unterbewusstsein nahm erst den ehemaligen Freund des Schwarzhaarigen als wirkliche Bedrohung wahr. Eine Bedrohung für sie beide, die er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht richtig einschätzen konnte, doch selbst wenn, hätte er nichts gegen den Jäger ausrichten können, denn trotz seiner erhöhten Stärke war er gegen jemanden wie Aspen machtlos.
Umso wärmer wurde ihm ums Herz, als er hörte, dass August noch immer sein Schutzengel war. Die Konstellation von einem Dämon und einem Engel war ohnehin schon seltsam, aber wenn jemand wie er einen eigenen echten Schutzengel, der auch noch im Kampf ausgebildet war, sein Eigen nennen durfte, war dies doch sehr skurril. Ein Lächeln huschte bei den Worten über seine Züge.
"Das bist du und wirst es auch immer bleiben. Nur bei den Tücken des modernen Alltags bin ich wohl derjenige, der dich beschützt", gab er mit einem Schmunzeln und abgelenkt von seinen Bedenken von sich und musste das Gesagte bereits wenig später auch schon in die Tat umsetzen, als sein Freund drohte, sich selbst in die Ohnmacht zu befördern. Zwar wäre dies eine Möglichkeit, um einen Teil ihres Fluges nicht mitzubekommen, doch ihn störten schon jetzt die Blicke der anderen Leute, die sofort auf ihm lagen, sobald auch die Stewardess bemerkte, dass etwas nicht ganz stimmte. Vor allem da er hier niemanden anfauchen konnte, damit sie sich um ihre Probleme kümmerten.
Um dem Risiko zu entgehen, dass er dies doch tat und um seinen Freund aus dem Blickfeld der anderen Mitreisenden - vor allem dem des älteren Typen - zu bringen, bugsierte er ihn kurzerhand in eine der Schlafkabinen und somit in seine Überraschung, die er für den Älteren hatte.
Crispin war froh, dass der andere dabei nicht protestierte oder sich gar wehrte, wobei er für beides wohl zu benommen war, denn die Auswirkungen seiner kleinen Aktion waren ihm deutlich anzusehen und besserten sich auch erst einige Momente nach ihrem Eintreffen in dem Schlafabteil. Die Optik des Ganzen, die nicht darauf schließen ließ, dass sie sich in einem Flugzeug befanden, trug mit Sicherheit dazu bei, genau wie die Aussicht, die nächsten Stunden schlafend zu verbringen.
"Wenn ich mir das mit der Papiertüte ansehe, hast du dir vermutlich auch nur Katastrophenfilme in der Richtung angesehen, wo die Flugzeuge schlussendlich beinahe abgestürzt sind."
Crispin schüttelte leicht den Kopf, denn eigentlich hätte er es sich wohl denken können müssen, dass auch auf ihn irgendeine Überraschung wartete - wenn auch in diesem Fall eher eine der negativen Sorte. Er kannte seinen Freund, wusste, dass er die Führung nur ungern aus der Hand gab und es noch viel mehr hasste, wenn er etwas nicht wusste und er dies nicht kaschieren konnte. Somit hätte er es wohl vorhersehen müssen, dass so etwas passieren könnte.
"Aber ja, das Schlafabteil war mit einer der Gründe, lieber in der First Class zu fliegen, um dir deinen ersten Flug so angenehm wie möglich zu machen und zusammen mit dem Nachtflug haben wir somit in Italien auch keine Probleme mit dem Jet lag", erläuterte er seine weiteren Gründe für das Ganze und grinste ihn dabei an, während er beobachtete, wie sich August bereits auf dem Bett zusammenrollte. Die ganzen Überlegungen und wann und wie sie schlussendlich flogen hatte er jedoch nicht nur wegen dem anderen auf sich genommen, sondern auch für sich selbst. Sie hatten noch jede Menge Zeit zusammen vor sich und er hatte - wenn er ehrlich war - nicht vor, diese nur in Amerika zu verbringen oder die Welt mit einem Schiff zu bereisen - bei dem er sich bildlich vorstellen konnte, dass seinem Freund auch diese Art zu reisen, vielleicht nicht unbedingt gefiel, da er auch dort keinen festen Boden unter den Füßen hätte.
"Das mit den Papiertüten ist nur dafür da, wenn man hyperventiliert und da du das nicht getan hast, hatte es eher einen negativen Effekt. Und eine von den Sauerstoffmasken hättest du auch nicht gebraucht, denn es war alles in Ordnung. Die Stewardess hat lediglich gezeigt, was in einem Notfall zu tun wäre, aber die Wahrscheinlichkeit, dass das nötig wird, ist gering", erklärte er weiter und trat sich die Schuhe von den Füßen, denn die Frage danach, ob er sich zu August legen würde, brauchte es nicht, damit er genau das tat. Wenn er ehrlich war, hatte er insgeheim selbst schon ungeduldig auf diesen Moment gewartet, in dem er mit dem Schwarzhaarigen alleine sein würde, denn obwohl in der ersten Klasse kaum Leute saßen, genoss er die Zeit mit seinem Freund alleine doch weit mehr, um nicht so viel wie möglich davon zu haben.
Nachdem Crispin ebenfalls im Bett lag, in das er recht ungeduldig gezogen wurde, schlang er beide Arme um August und zog diesen noch ein Stück näher zu sich.
"Schlaf gut. Wenn du wieder aufwachst, sind wir sicher schon in Italien", murmelte er leise gegen den schwarzen Schopf und drückte einen Kuss darauf, bevor er ebenfalls die Augen schloss und nur wenig später einschlief.
Bei der Landung musste Crispin den hoch euphorischen August gezielt davon abhalten außerhalb des Flughafens den Boden zu küssen. Dieses traumatische Ereignis, das er am liebsten schnell wieder vergessen wollte und sich auch für die nächsten Tage nicht damit auseinandersetzen musste, prägte ihn zutiefst. Seine Wertschätzung für sämtliche andere Transportmittel die nicht in der Luft flogen stieg rapide in die Höhe und bevor er sich kurzfristig wieder in einen Flieger setzen musste, schwamm er lieber über den Atlantik zurück in die Staaten.
Aber gut, sie waren jetzt da, die Sonne schien, die Temperaturen glichen kein bisschen dem oftmals verregneten und düsterem New York und auch wenn er sonst nicht gerne bei warmen Wetter hinausging, so genoss er es gerade sehr. Nicht zuletzt, weil ihn das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit überrumpelte - auf positive Weise natürlich. Crispin hatte ihnen ein Taxi besorgt und nach einer knappen Stunde erreichten sie Livorno und das dort stehende Ferienhaus der Ciprianos. “Wow”, keuchte er überrascht, als sie davor standen und der Größere die Tür aufsperrte, damit sie eintreten konnten. “Also ich wusste bereits, dass das Haus schön sein würde, aber ich bin dennoch gerade ein wenig sprachlos. Dafür hat sich der Flug gelohnt.” Häuser wie diese sah man nirgendwo in den Staaten und wenn, dann vielleicht irgendwo außerhalb und fern von Großstädten. Die Umgebung machte allerdings den Großteil des Charmes aus. Die Olivenbäume, die unebenen Straßen und die Leute, die locker und fröhlich durch die Straßen spazierten - das alles war ganz anders als bei ihnen.
“Was wenn ich nie wieder zurückziehen will? Hier sind wir wirklich komplett abgeschieden.”, alberte er ein wenig herum und erkundete neugierig das Haus, bis er bei der Terrasse ankam und bereits den Pool sehen konnte. “Oh, sieh mal. Dort auf der Liege werde ich liegen, während ich dir beim Schwimmen zusehe. Besser als jedes Fernsehprogramm und ich habe den Vorteil, dass ich den Star der Show sogar anfassen darf.”, scherzte er und zog Crispin an der Hand zu sich, bevor er sich langsam auf die Zehenspitzen stellte und ihm erst einen sanften und dann einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen drückte. “Das wird ein fantastischer Urlaub, das weiß ich jetzt schon.~"

Crispin Cipriano

Die Freude seines Freundes, als sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen hatten, war für Crispin beinahe mit den Händen greifbar und besonders der Mann, der ihnen schon am Flughafen in New York negativ aufgefallen war, warf immer wieder fragwürdige Blicke zu ihnen, als sie ausstiegen. Nach einem warnenden Blick seinerseits gab er aber zum Glück Ruhe. Er hatte keine Lust, die erste Nacht in Italien in polizeilichem Gewahrsam zu verbringen, weil er sich von diesem Typen alleine schon durch die Blicke provoziert fühlte, die er ihnen zuwarf.
Diese Begebenheit war jedoch schnell wieder vergessen, als sie im Taxi saßen. So sehr Augusts Vorfreude und Spannung mit jedem Kilometer, den sie näher an Livorno herankamen, so sehr stieg seine eigene Zerrissenheit. Crispin freute sich auf ihren Urlaub und er hatte nicht ohne Grund genau diesen Ort ausgesucht, da er abgeschieden genug lag, um Ruhe zu haben, aber nah genug an der Stadt, um nicht ewig unterwegs zu sein, wenn sie doch einmal unter Menschen gehen wollten. Auf der anderen Seite drückte die Vergangenheit auf seine Stimmung, die auch die Sonne, die warm und angenehm auf sie herabschien, und auch die allgemeine viel lockere Mentalität der Italiener nichts ändern. Den Höhepunkt dieses Tiefs erreichte er, als sie gemeinsam das Ferienhaus betraten und sich zwar ein Lächeln auf seine Lippen legte, als er die Bewunderung des anderen sah, er seine gedrückte Stimmung aber nicht ganz daraus heraushalten konnte.
"Meine Eltern haben das damals leider ein wenig anders gesehen. Für sie war es zu altbacken, vor allem was die Einrichtung betrifft. Heute glaube ich eher, dass es sie nervte, dass meine Großeltern hier ein wenig bekannter und auch beliebter sind als sie. Immerhin wurde mein Großvater hier geboren und hat viel für die Stadt getan."
Im Gegensatz zu seinen Eltern waren die beiden nicht nur zum Schein und für das eigene Image großzügig, wenn es um wohltätige Zwecke ging und genau das machte ihre Beliebtheit wohl aus, die besonders seiner Mutter ein Dorn im Auge war.
"Allerdings hat es für uns nun etwas Gutes, dass sie das Haus nicht mögen. So müssen wir nicht befürchten, dass sie spontan Lust haben, hierher zu kommen", schmunzelte er nun doch ein wenig und versuchte seine trüben Gedanken etwas zu vertreiben, die in seinem Kopf gerade keinen Platz haben sollten. Schließlich waren sie hier, um abschalten und all ihre Probleme einmal hinter sich lassen zu können. Hier konnten sie für eine begrenzte Zeit einfach nur ein verliebtes Pärchen sein - ganz unabhängig davon, was sie waren, welche Probleme zu Hause auf sie warteten und weit weg von allen, die sie kannten.
Zumindest war es so geplant, dass sie nur für eine - in seinen Augen - viel zu kurze Zeit hier waren, doch wenn er August so sah und zuhörte, gefiel ihm der Gedanke, um einiges länger hier zu bleiben.
"Das Problem ist nur, dass die Sommer hier wirklich warm, schon beinahe heiß sind, und du in deinen langen Sachen vermutlich wegschmilzt", erwiderte er grinsend und zupfte dabei bedeutungsschwer am Ärmel von Augusts Oberteil. "Wobei ich vorhabe, dich dazu zu bringen, dass du wenigstens hier im Haus und im Garten darauf verzichtest. Immerhin sieht dich hier keiner außer mir."
Crispin wusste, wie unangenehm es dem anderen war, zu viel Haut zu zeigen, doch es juckte ihm in den Fingern, dass er wenigstens vor ihm diese Scheu ablegte und das eben nicht nur beim gemeinsamen Baden.
"Dann solltest du aber aufpassen, dass ich dich nicht mal ausversehen ins Wasser ziehe, wenn du dort liegst", gab er ihm genauso scherzhaft zu bedenken, auch wenn er es durchaus ernst meinte, denn der Gedanke, seinen Freund damit zu ärgern, gefiel ihm durchaus. Nur wenige Augenblicke später wurde er von dieser Vorstellung und auch von allem anderen allerdings gekonnt abgelenkt, als er die weichen Lippen von August auf seinen spürte. Für einen Moment war alles andere, worüber er sich Gedanken gemacht hatte, vergessen und er legte seine Hände auf die Hüften seines Freundes, um ihn noch ein Stück näher zu ziehen. Für seinen Geschmack war der Kuss viel zu schnell wieder vorbei, jedoch lief ihm ein angenehmer Schauer über den Rücken, als er bei den folgenden Worten daran dachte, was sie nun, da sie alleine waren und auch von ihrer kleinen Fellnase nicht gestört wurden, unter anderem tun konnten. Bei der Vorstellung erhöhte er kurz den Druck seiner Hände, die noch immer am selben Platz lagen und lehnte sich wieder näher zu dem anderen.
"Da bin ich ganz deiner Meinung", murmelte er gegen Augusts Lippen, bevor er sie erneut miteinander verband und all seine Vorfreude hineinlegte. Kurz darauf löste er sich wieder und blickte kurz auf die Uhr, die in der Nähe an der Wand hing, um zu sehen, wie spät es inzwischen war.
"Bevor wir aber alle Annehmlichkeiten dieses Hauses genießen können, müssten wir ein bisschen was einkaufen, denn nur von Luft und Liebe können wir nicht die ganze Zeit leben."

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Ende…
Oder doch der Anfang...?
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