Wind Beyond Shadows

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Pearl Currington

Es war früher Abend in New York und Pearl wanderte weiter durch die Straßen New Yorks. In Gedanken lies sie die Geschehnisse der Tage sich wieder holen. Seit sie hier angekommen war, hatte sie nach einem Job gesucht und jede Zeitung durchforstet. Sie war sich für keine Arbeit zu schade, solange diese, führ ihre Verhältnisse, gut bezahlt wurde. Doch egal wo die junge Frau hin ging, wurde sie abgewiesen. Leise lies sie ein Seufzen ihren Mund verlassen und grub ihre Hände weiter in die Hosentaschen. Sie verstand einfach nicht, warum es so schwer war hier etwas zu finden.
Als sie an einer kleinen Bäckerei vorbei kam holte sie sich erstmal ein Brötchen und heißen Kaffee zum Abendessen und setzte sich dann auf eine Bank, die in der Nähe stand. Während sie aß, beobachtete sie die Menschen, die an ihr vorüber gingen. Obwohl London eine große Stadt war, hatte sie noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen. Und auch so unterschiedliche. Einige waren Geschäftsleute, die unterwegs zu einem Termin waren, andere waren Mütter, die genervt ihre Kinder hinter sich herzogen oder auch der ein oder andere Obdachlose, der versuchte etwas Geld zu bekommen. Mit ihrem halb aufgegessen Brötchen und dem halb leeren Becher Kaffee stand sie auf und ging zu dem Obdachlosen hin. Mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht gab sie diesem das Brötchen und den Kaffee. Der Man strahlte über das ganze Gesicht und bedankte sich herzlich.
Die Blondine ging die Straße weiter entlang und entdeckte an einer Bar den Aushang, dass eine Kellnerin gesucht wurde. Sie überlegte nicht lange und betrat diese. Sie brauchte einen Moment, um sich an die Lichtverhältnisse anzupassen und steuerte dann die Bar an. Sie erblickte eine junge Kellnerin und sprach diese dann einfach mal an. Die junge Frau lächelte sie freundlich an und sagte ihr, dass sie einen Moment warten solle. Während die Frau verschwunden war, konnte sich Pearl in Ruhe in Bar umsehen. Trotz der frühen Abendstunde war diese schon recht gut besucht und schien ein Anlaufpunkt für Menschen verschiedenster Altersstufen zu sein. Aufgrund ihrer Vergangenheit schaute sie bei der ein oder anderen Gruppe genauer hin, um jegliche Überraschungen zu vermeiden. Auch beobachtete sie die anderen Mitarbeiter der Bar und wie die Gäste mit diesen Umgehen. Schnell wurde deutlich, dass die Frauen hier eher das Kellnern übernahmen und die Männer hinter der Theke als Barkeeper tätig waren.
Nach etwa 5 Minuten kam die junge Frau zurück und führte sie nach hinten zum Büro des Besitzers. Pearl trat ein und mit einem schnellen Blick sah sie sich im Raum um, bevor sie sich setzte. Der Barbesitzer hatte schon ergrauendes Haar und musste wahrscheinlich in den Mitfünfzigern sein. Da er saß, konnte sie schlecht sagen wie groß er war, aber sie schätzte, dass er nicht größer als 1,70 m sein konnte. Und sein Körperfülle lies darauf schließen, dass er ein gutes Leben hatte. Er hob seinen Blick zu ihr und Pearl schaute in taubengraue Augen. Sofort begann dieser das Gespräch und fragte sie viele Dinge. Darunter war auch die Frage, ob sie schon Erfahrung im Kellnern hatte. Dies musste sie leider Verneinen aber sagte auch gleich dazu, dass sie schnell erlernen konnte. Der Besitzer schien zu frieden mit ihrer Antwort und wollte sie gleich zum Probearbeiten dabehalten. Pearl war total begeistert darüber, endlich eine Chance zu bekommen und nahm das Angebot an. Sie ging wieder in den Bar bereich und wurde dann der jungen Frau zugeteilt. Diese erklärte ihr die Abläufe und teilte ihr ihre Tische zu.
Nach einigen Startschwierigkeiten hatte Pearl dann schnell den Dreh raus und bediente ohne weitere Zwischenfälle die Gäste. Sie spürte die neugierigen Blicke der Stammgäste und der ein oder andere versuchte auch aus ihr Informationen heraus zu holen, aber Pearl gelang es immer wieder diese freundlich abzuweisen. Auch wenn die junge Frau sie darauf hinwies, doch die eine oder andere Frage zu beantworten, tat sie es nicht. Sie verstand auch nicht, warum die Kellnerin dies von ihr verlangte und auch selber tat. Immerhin gab sie damit fremden Männern eine gewisse Macht über sie und Pearl hatte schon lange gelernt davon Abstand zu nehmen. danach verlief dann der Rest der Schicht ohne Zwischenfälle und um 4 Uhr morgens wurde die Bar dann geschlossen. Der Besitzer war zu frieden mit ihr und wollte sie auch am nächsten Abend wieder bei sich sehen. Mit einem Lächeln im Gesicht verließ sie die Bar und machte sich auf den Weg in ihr Hotel. Doch während sie die Straßen lang lief, die zu so später Stunde wie ausgestorben waren, stellten sich ihr die Nackenhaare hoch. Sie kannte ein ähnliches Gefühl schon aus London und Pearls Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich. Doch dieses Gefühl war irgendwie anders. Hektisch blickt die Blonde hinter sich, doch konnte sie nichts erkennen außer eine Zeitung, die vom Wind in dem Moment über die Straße geweht wurde. Sie drehte sich wieder um, zog ihre Jacke enger um sich und ging mit schnellen Schritten die Straße weiter entlang. Doch egal wie weit sie ging. das Gewühl blieb an ihr Kleben. Bevor sie um eine Ecke bog, schaute sie noch mal die Straße runter und kniff ihre Augen leicht zusammen. War da eben eine Gestallt im Schatten verschwunden? Sie war sich nicht ganz sicher und eine Gänsehaut über zog nun auch ihre Arme. Dann ging sie um die Ecke und lief mit etwas schnelleren Schritten weiter. Doch noch immer war dieses Gefühl da. Pearl bekam nun doch etwas Angst und schluckte mehrmals. In ihrem Kopf rasten die Gedanken, was sie nun als nächstes tun sollte. Und dann erstarte sie. Sie hatte das Gefühl, als ob ihr jemand kalte Luft in den Nacken gehaucht hatte. Und in diesem Moment übernahmen ihre Instinkte. Ohne groß nachzudenken begann die junge Frau zu rennen, ohne zu ahnen, dass sie sich gerade zu einem Spielzeug gemacht hatte.
Nachdem sie schon 5 Minuten gerannt war, spürte sie, wie ihr die Luft ausging und wollte sich in ein Gebäude retten, dessen Tür offen stand. Doch bevor sie überhaupt dieses erreichen konnte, wurde sie am Arm gepackt und zurück geschleudert. Ein Schrei löste sich aus ihrer Kehle und Pearl landete hart auf dem Boden und stieß sich an einem Mülleimer den Kopf an. Sie setzte sich auf und hob eine Hand an ihre Stirn. Dabei konnte sie die Feuchte fühlen und wusste sofort, dass es Blut war. Und als sie sich gerade hochrappeln wollte, wurde sie am Kragen ihrer Jacke gepackt und gegen eine Wand gedrückt. Da ihr kurz Schwindlig wurde, musste sie die Augen schließen. Doch als sie diese wieder öffnete und in das Gesicht, oder eher in die Fratze, ihres Angreifers sah, wurde sie Kreidebleich. Sie verstand, dass sie gerade definitiv in Gefahr war, doch konnte ihr Kopf nicht richtig erfassen und aufnehmen, was ihr gegenüberstand. Wie sollte sie auch, da sie mit solchen Kreaturen nie in Berührung kam. Und plötzlich hörte sie ein verzerrtes Lachen aus der Kehle des Wesens, dass sie erschauern lies. Und dann wurde aus einem verzerrten Lachen plötzlich vier und schien von allen Seiten zu kommen. Und da wusste sie mit hunderprozentiger Sicherheit, dass sie verloren war.
Was ihn in die Kneipe zog konnte er selbst nicht erklären. Mied er doch normalerweise rigoros alle Ansammlungen wo er von viel zu vielen Menschen umgeben war, mehr als nur schwierig wenn man bedachte das er sich mitten in einer Grossmetropole befand und es innerlich in ihm nur danach schrie von hier weg zu gehen, wieder zurück in die Wälder und all dem was ihm nur all zu vertraut war und wenigstens ein wenig dabei half die Dunkelheit in ihm in Schach zu halten. Viel zu gross waren die Verlockungen. Doch nicht etwa Frauen oder irgendwelche andere Eskapaden. Nein, die Verlockung zu töten, den kurzen Rausch wenigstens für wenige Sekunden eine Art Gefühl zurück zu erhalten nachdem er seit Jahrhunderten zu keiner Gefühlregung mehr fähig war wurde immer grösser und grösser, nistete sich als ständige Mahnung in seine Gedanken ein, ohne das sie wieder verschwanden. Somit also definitiv kein Ort den er sich freiwillig wählen würde und doch hatte er Magnus ein Versprechen gegeben. Hatte er sich doch endlich überwunden das Gespräch mit ihm zu suchen welches schon so lange überfällig war. Nicht weil er gerne darüber sprach, oder sich mitteilen wollte. Nein, hier ging es um sehr viel wichtiger Dinge. Ging es doch darum das er niemand anderem kannte der ihm helfen konnte wo andere gnadenlos scheitern würden. Ok, vielleicht konnte man es auch nicht wirklich als Hilfe ansehen, denn helfen konnte ihm nur noch ein Wunder, ein Wunder auf das er so lange gewartet hatte und nun war es zu spät. Hatte er so lange er konnte an den verblassten Erinnerungen fest gehalten, an seiner Ehre und Pflicht fest gehalten und nun war er müde. Unendlich müde und des Lebens das er führte leid. War es doch eigentlich gar kein Leben. Wie konnte man es auch als Leben bezeichnen wenn er seit Jahrhunderten ununterbrochen auf der Jagd nach den Nosferatu war, den Abtrünnigen die der Dunkelheit nicht länger hatten widerstehen können und nun würde er den Preis dafür zahlen, auch wenn er hoffte das er sein Leben mit Anstand und würde und einem letzten Blick auf die aufgehende Sonne beenden konnte und somit den Gefallen den er Magnus abgerungen hatte schlussendlich nicht doch abfordern musste.
Noch einen letzten Tag wollte er auf dieser Erde wandeln, ein letztes Mal den Tag durch stehen und sich selbst beweisen das er stärker war als die Dunkelheit tief in ihm. Einen letzten Tag eh er mit Freude die aufgehenden Strahlen der Sonne begrüssen und all dem ein Ende setzen wollte. Magnus hatte er natürlich nicht von dem Vorhaben unterrichtet, würde dieser doch nur versuchen auf ihn ein zu reden, ihn dazu bewegen noch ein klein wenig länger durch zu halten und weiter nach seiner Gefährtin zu suchen, welche imstande war ihn zu erlösen. Doch an solch ein Wunder glaubte er nicht mehr, hatte er viele Jahrhunderte damit verbracht nach ihr zu suchen, war durch die ganze Welt gereist und hatte immer wieder nach ihr Ausschau gehalten, nur um wie so viele Männer seiner Rasse enttäuscht zu werden. Gab es sie überhaupt ? Eine Frage die ihn immer wieder beschäftigte je mehr Jahre, je mehr Jahrzehnte, je mehr Jahrhunderte an ihm vorbei zogen und er doch nicht fündig wurde. Vielleicht war es ja auch nur eine Geschichte die man allen Männern erzählte damit sie sich bemühten der Dunkelheit zu widerstehen ? Ein Gedanke der immer weiter genährt wurde und doch wusste er das dem nicht so war. Erinnerte er sich auch nur noch wage an seine Eltern, an sein Volk. So wusste er doch das es diese einmalige Seelenverwandtschaft gab, das es die Eine gab die zu ihm gehörte, die das zweite Stück zu seiner Seele war, das Licht in der Dunkelheit und doch war ihm das Glück sie zu finden nicht vergönnt gewesen.
Somit hatte er also eigentlich mit seinem Leben, wenn man es denn nennen wollte abgeschlossen und einen Plan entworfen, nur um nun verwirrt vor einer Kneipe zu ändern. Planlos schaute er sich ein wenig umher, aber hier in dieser Gegend war er noch nie gewesen, so das es auch nicht verwunderlich war das er absolut keine Ahnung hatte wo er sich befand und vor allem wie er hier her gekommen war. Obwohl auch das eigentlich keine Bedeutung hatte, war es doch eigentlich vollkommen egal wo er seinen letzten Abend verbringen würde, vielleicht würden ihm die Menschen dort drinnen wenigstens einen Hauch von Gesellschaft geben können und Erinnerungen wecken die er schon längst begraben hatte und die ihm die Zeit bis zum Aufgang der Sonne vertreiben würden. Bevor er es sich noch anders überlegen konnte betrat er kurzentschlossen die Bar und wurde sofort von einer Mischung aus Alkohol, Holz und anderem nicht wirklich berauschenden Gerüchen empfangen. Normalerweise ein Grund sofort um zu drehen, allein schon weil sich die Blicke wie automatisch alle auf ihn richteten. Kein Wunder, war er doch alles andere als unauffällig mit all den Tattoos und Zöpfen und dem bodenlangen Ledermantel welcher seine Waffen vor neugierigen Blicken verbarg. Wirkte er doch gleichzeitig eiskalt und bedrohlich und zugleich doch auch wieder exotisch oder gar anziehend. Ohne sie jedoch eines Blickes zu würdigen trug ihn sein Weg zu einem der hinten gelegenen Tische. Weit weg von den neugierigen Blicken und Tuscheleien die natürlich nicht ausblieben. Fernab vom Geschehen und doch mittendrin. Natürlich kam die Bedienung sofort hinterher, auch wenn ihr an zu sehen das er ihr alles andere als geheuer war. Dennoch bemühte sie sich um ein freundliches Lächeln und fragte ihn nach seiner Bestellung. "Ein Wasser bitte" bestellte er mit seiner rauen Stimme die schon so mancher Frau unter die Haut gegangen war. Das er dieses nicht anrühren würde, das verriet er ihr nicht, aber fiel er so schon mehr als nur genug auf und würde es wohl noch viel mehr wenn er in einer Kneipe hockte und nichts bestellte. Somit das er doch dazu gezwungen war den Schein zu wahren. Natürlich würde er das Wasser am Ende verschwinden lassen sobald die Aufmerksamkeit der Menschen sich wieder auf andere Dinge gerichtet hatte und sie nichts mehr mitbekamen. Wie viel Zeit er am Ende in der Kneipe verbracht hatte wusste er gar nicht mehr und doch bemerkte er den Unterschied. Waren am Anfang doch nur vereinzelte Gäste da gewesen, die sich im Laufe des Abends immer mehr und mehr zusammen drängten, so das nicht nur der Geruchspegel anstieg, sondern auch der Lärm welchen sie veranstalteten. Dennoch stellte sich bei ihm fast eine Art Ruhe ein, wenn er denn den Ruf der Dunkelheit komplett ausblendete. War er doch Mitten drin im Geschehen, auch wenn er abseits sass und einfach nur beobachtete. Nicht das die ein oder andere Dame, zu mindestens nahm er an das es welche waren, teilweise war es echt schwer bei all dem Make Up und der komischen Kleidung dies genau aus zu machen, es nicht versucht hätte seine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch alle wurden enttäuscht indem sie einfach rigoros ignoriert wurden. Hatte er weder die Lust auf ein nichtssagendes Gespräch, geschweige denn eine von ihnen mit ins Bett zu nehmen. Wollte er doch einfach nur die wenigen Stunden welche ihm noch blieben in Ruhe verbringen und beobachten, statt sich selbst aktiv ein zu bringen oder gar zu beteiligen.
So verging Minute um Minute, Stunde um Stunde bis die Kneipe schloss und er seine Wanderung durch die mittlerweile einsamen Gassen fort setzte. Eigentlich interessant wenn man bedachte das diese Stadt eigentlich nie zu schlafen schien. War es doch egal zu welcher Tageszeit man unterwegs war, immer strömten einem die Massen entgegen. Doch scheinbar war dies nur auf den bekannten Strassen der Fall. Hier ein wenig fernab der Touristenmeilen war doch tatsächlich die Nacht herein gebrochen und ausser dem gelegentlichen Bellen eines Hundes, dem typischen Geräusch fahrender Autos oder dem Ton seiner Schritte auf den Asphalt war nichts zu hören. Es war mehr als nur friedvoll. Zwar immer noch nicht zu vergleichen mit der Stille in seiner Jugend, den freien Landschaften mit den vereinzelten Bauernhöfen welche sich harmonisch in die Gegend einfügten. Dennoch wohl eine Art Frieden der modernen Zeit, sofern man dies so bezeichnen wollte. Ein friedlicher Abschluss den er so nicht voraus gesehen hatte. Doch natürlich kam es wieder ganz anders als geplant. Zerstörte doch ein plötzlicher Schrei die friedvolle Stille jäh. Ein Schrei der ihn vollkommen erschütterte. Keine Ahnung warum dieser ihn ansprach, warum er darauf reagierte und doch, eh er auch nur halbwegs nachdenken konnte setzten sich seine Füsse schon instinktiv in Bewegung. Eilten diesem Schrei nach, als würde dieser Ton eine Wendung geben, eine Wende in seinem Leben, eine Wende die er sich nicht wirklich erklären konnte. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er in der richtigen Seitengasse einbog und doch erschien sie ihm wie die Unendlichkeit. Eigentlich amüsant das, wenn man bedachte das er über 1000 Jahren nun auf dieser Erde umher streifte und dann ausgerechnet diese Situation mit der Unendlichkeit verglich. Dennoch konnte er sich gegen diesen Gedanken nicht erwehren.
Die Situation war schon auf den ersten Blick klar, strömte ihm die Verderbtheit doch geradezu entgegen, wie der Gestand einer Mülldeponie. Dennoch musste er einen klaren Kopf behalten und durfte nicht voreilig handeln. Mit dem Blick des Kenners erkannte er das der Nosferatu sich erst vor kurzem der Dunkelheit ergeben hatte, dennoch waren sie gerade dann mit am gefährlichsten. Das Opfer interessierte ihn nicht wirklich, hatte es der Vampir doch vollkommen verdeckt, so das er nicht einmal sagen konnte ob es ein Mann oder eine Frau war. Trotzdem wusste er dem Schrei nach das es eine Frau sein musste, nur eine Frau sein konnte. „Schämst du dich nicht einen so ruhigen Abend zu ruinieren ?“fragte er in einem leisen und dennoch eiskalten Ton. Genau darauf bedacht die richtige Tonlage zu halten um die Aufmerksamkeit des Nosferatu auf sich zu lenken und sich so seine Aufmerksamkeit zu sichern. „Nicht nur das du ein ehrloser Hund bist, nein du störst auch noch meine Ruhe“ fuhr er weiter fort. Jede noch so kleine Bewegung des Nosferatu im Auge behaltend der sich schliesslich doch endlich seiner Stimme zu wandte, der Verlockung seiner Stimme nicht weiter wieder stehen konnte. „Ich habe sie zuerst gefunden !!! Sie gehört mir allein!“ fauchte er ihm wütend entgegen. Als ob er auch nur das geringste Interesse an einem Menschen hatte. „Wir können es uns ganz einfach machen“ sprach er ruhig und gelassen, fast als würde er sich mit einem alten Freund treffen, obwohl er diesen Grünschnabel noch nie gesehen hatte. „du kannst kurz und schnell sterben und so wenigstens noch ein klein wenig Ehre erhalten oder du gehst mir wirklich verdammt auf die Nerven und zierst dich wie ein Mädchen und verärgerst mich nur noch weiter“ Das er sterben musste stand ausser Frage. Durften diese Monster doch nicht frei unter den Menschen wandeln und ganz nach Belieben morden und damit die Aufmerksamkeit auf sie lenken. Somit war der Tod unausweichlich und doch lies er ihm die Wahl. Einen Tod in Würde oder den Tod eines Feiglings. Welche Wahl er traf interessierte ihn nicht, würde dies doch der letzte Dienst an seinen König und die Welt sein eh er in die Sonne ging. Natürlich kam es wie es kommen musste. Statt wenigstens noch einen letzten Funken Ehre zu zeigen riss er die Frau zu sich herum, legte seine Klauen um ihren Hals und presste sie wie ein Schutzschild vor sich. „Willst du tatsächlich für den Tod eines Menschen verantwortlich sein Jäger ?“ drohte er ihm, scheinbar sicher das ihn das auch nur irgendwie interessieren würde. Würde es normalerweise nicht und doch erstarrte er für den Bruchteil einer Sekunde als die verängstigten und flehenden blauen Augen der Frau auf ihn trafen. Wie eine Schockwelle überollte es ihn und verschaffte dem Nosferatu einen kostbaren kleinen Moment in der der Jäger nicht das vollkommene Abbild von Tugend und Selbstsicherheit war. Ein Moment in dem er nicht er eiskalte und berechnende Jäger war, sondern einfach nur ein Mann. Ein Mann der viel zu viele Jahrhunderte erlebt hatte, viel zu viel durch gemacht hatte, nur um jetzt mit Bestimmtheit sagen zu können das die junge Frau vor ihm strahlend blaue Augen hatte. Fast erinnerten sie ihn an das Meer, wenn sie Sonne langsam aufging und sich ihr Schein alles zum glitzern und funkeln brachte. Blaue Augen nach denen er so lange vergeblich gesucht hatte, nur um sie dann zu finden wenn es zu spät war. Zu spät um ihr das Leben zu ermöglichen was sie eigentlich verdient hätte, ihr der Partner zu sein als der er für sie vorgesehen war. Über tausend Jahre und doch hatte er die zweite Hälfte seiner Seele an seinem letzten Abend gefunden, in den Klauen eines Nosferatu.

Pearl Currington

Pearl schloss wieder ihre Augen in dem Wissen, dass ihre Zeit abgelaufen war. Die Gesichter ihrer Familie kamen in ihre Gedanken und auch die vielen schönen Momente. Doch als auch diese Gedanken sie nicht mehr ablenken konnte, roch sie wieder diesen Geruch und wunderte sich, dass noch nichts geschehen war. Dann erklang eine leise und eiskalte Stimme. Pearls Haare auf ihren Armen stellten sich sofort auf. Noch nie hatte sie jemanden so reden hören. Nicht einmal ihr Vater konnte diese Tonlage und diesen Effekt erreichen wenn er wütend war. Doch sobald die Kreatur sprach, lief es ihr eiskalt über den ganzen Körper. Dir Stimme tat ihr in den Ohren weh und die Klauen hielten sie mit einem mal etwas fester, sodass sie die spitzen Enden der Nägel deutlich spüren konnte. Sie schluckte leicht und versuchte nicht in Panik zu verfallen. Sie begriff dann, so lange der Fremde mit dem Wesen sprach, würde sie vielleicht noch eine Chance bekommen, sich aus dieser Lage zu befreien. Schnell ging ihr Blick umher, um eine Möglichkeit der Flucht zu bekommen. Als der Fremde aber weiter sprach, versuchte ihr Blick die Person auszumachen. Aber er musste hinter der Kreatur stehen und auch verstand Pearl nicht, warum sie die Stimme so sehr anzog. Doch plötzlich wurde sie von der Wand weg gerissen, herum gedreht und Klauen an ihren Hals gedrückt. Kurz war sie geschockt von der Reaktion des gruseligen Wesen, doch dann konnte sie wieder klar sehen. Etwas weiter weg stand ein beeindruckender Mann. Nur schwer konnte sie einschätzen, wie groß dieser war und so nahm sie blitzschnell den Rest von ihm zur Kenntnis. Er hatte lange Zöpfe und die seiten wahren glatt rasiert und mit Tattoos verziert. Er trug einen langen Mantel und es schien, als ob Waffen darunter hin und wieder vorblitzten. Als der Mann wieder sprach spürte sie, wie die Kreatur den Griff enger schloss und die Krallen leicht in ihren Hals drückten. Sie schaute den Fremden flehend an, dass er etwas machen soll. Doch plötzlich schien es, als würde er sie anstarren. Immer mehr kam die Angst in ihre Knochen zurück, als er sich einfach nicht rührte. Ihr Herz schlug immer schneller und mit großer Anstrengung konnte sie erst den Blick von ihm lösen. Warum dies so war, war ihr erstmal egal. Nun hatte wieder ihr Überlebenswille gesiegt und sie blickte mit den Augen die Straßen lang. Sie wägte in Gedanken ab, wie groß die Verletzung an ihrem Hals sein würde, wenn sie sich irgendwie los riss. All dies passierte nur innerhalb von Sekunden und Pearl entschied sich lieber im Kampf zu sterben als sich wie ein Opferlamm zu fühlen.
Sie spürte, dass die Kreatur noch von dem Mann abgelenkt war und wollte den Überraschungsmoment nutzen. Mit ihrer ganzen Kraft trat sie hinter sich und traf das Knie. Durch diesen unvorhergesehen Angriff lockerte sich seine Klaue und Pearl riss ihren Kopf nach unten. Dabei wurde eine Kratzspur über ihr Gesicht gezogen. Obwohl diese nicht ganz so tief waren, tat es höllisch weh und Pearl stieß einen kurzen Schmerzensschrei aus. Damit hatte sie nicht gerechnet und der Schmerz lähmte sie für kurze Sekunden. Doch für den Vampir war es Zeit genug sich zu sammeln und riss Pearl am Arm wieder hoch, wobei die Krallen diesmal sich in ihre Haut bohrten. Ein gellender Schrei ließ die Straße erzittern und Pearl funkelte Ragnar böse an. "DU VERDAMMTER IDIOT!!! BEWEGE DEINEN VERFLUCHTEN HINTERN UND MACH WAS ODER VERPISS DICH DAMIT DIESES SCHEIß VIEH ENDLICH FERTIG WIRD!!!!" Schrie sie ihn dann einfach an. Noch nie hatte sie solche Schmerzen gehabt und noch nie war sie so hilflos gewesen, dass sie wirklich den Tot herbei sehnte. Es war als würde ein Feuer durch ihre Adern laufen.
Wie lange er einfach nur erstarrt dort gestanden hatte wusste er nicht, wahrscheinlich waren es nur wenige Sekunden gewesen in denen vor seinem Augen Bilder liefen, welche ihm zeigten was alles hätte sein können, was sie alles hätten erleben konnten, nur um dies nun nicht mehr tun zu können. Sekunden in denen sich die junge Frau doch tatsächlich nicht lumpen lies um zu einer Gegenattacke aus zu holen. Diese Frauen von heuteging ihm kurz durch Gedanken und dennoch brachte es ihr unbewusst ein wenig Respekt ein. Gab es doch gestandene Männer die vor Angst erstarrt wären wenn sie in solch einer Situation gewesen wären und doch flackerte ihr Lebenswille auf, ihr Kampfwille lebend wieder hier heraus zu kommen. Viel brachte es ihr natürlich nicht. Erlosch doch der Bann welcher seine Stimme um den Nosferatu gesponnen hat schnell sobald er nichts mehr sagte. Doch selbst als er wie wieder in seinen Krallen hatte erlosch ihr Kampfwille nicht, stattdessen hatte sie doch glatt sie Dreistigkeit ihre Wut auf ihn zu verlagern. Schrie sie ihn doch tatsächlich an und beschimpfte ihn. Hätte er auch nur einen Funken Emotionen in sich, so hätte er diese Situation wohl amüsant gefunden. War seine Ausstrahlung doch allein meist schon genug das ihm die Menschen auswichen und seine Gesellschaft mieden. Nicht so jedoch bei ihr, nicht so bei seiner Gefährtin.
Noch einmal nutzte er die Gunst und lies seinen Blick kurz über sie streifen, eh er seine volle Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete, diesmal noch sehr viel auf seine Stimmlage achtete um den Nosferatur endgültig zu bezirzen.
"Was willst du mit dem armseligen kleinen Menschlein ??? Hast du doch direkt vor deiner Nase einen uralten Jäger. Eine Jäger mit reinem Blut das dir wohl sehr viel mehr munden sollte als das armselige Blut eines Menschens" verlockte er ihn. Wusste er das dieses Angebot doch nur all zu verlockend für ihn sein würde. Dennoch musste er kurz warten eh er wieder dessen volle Aufmerksamkeit hatte und er den Kopf hin und her legte, fast als könne er sich nicht entscheiden was ihm nun lieber wäre. "Willst du nicht die Herausforderung ? Das Prestige ? Endlich einmal wieder Blut kosten das dich länger als nur ein paar wenige Stunden nähren wird ?" lockte er ihn weiter. Kurz den Blick zu der Frau gleiten lassend und ihren Blick suchend. "Bleib ganz still und wenn er dich los lässt bewege dich ganz langsam. Ansonsten wirst du dir wünschen das ich nicht hier wäre"drohte er ihr und unterstrich dies mit einem gefühlslosen Blick. Das er herbei die ganz private Kommunikation seiner Rasse nutze war nur all zu verständlich für ihn. Wenn sie wirklich die Eine war, so konnte er sie ohne all zu grosse Probleme erreichen und hoffentlich so zur Mitarbeit anregen damit nicht noch grösserer Schaden als eh schon angerichtet wurde. Erst als er ein fast zögerliches Nicken sah richtete sich sein Blick wieder auf den Vampir der immer noch viel zu unentschlossen war, wenn er auch langsam den Griff zu lockern schien. "Du willst es .... gesteh es dir ein" lockte er ihn weiter, zog einen kleinen Dolch aus seinem Mantel und zog es blitzschnell über sein Handgelenk, so das das reichhaltige Blut in dicken Tropfen aus der Wunde quollen und die entscheidende Wende brachten.
Wie von einer Furie gestochen schmiss er die Frau beiseite, galt sein Interesse doch nun einzig und allein seinem Blut. Ein schwerer Fehler. Seine scharfen Zähne schlugen sich in sein Handgelenk, zerrten gierig an dem Fleisch um so schnell wie möglich mehr zu bekommen. Zischend zog er den Atem ein, verbrannte ihm der giftige Speichel des Untoten doch die Haut und doch schob er den Schmerz beiseite und zielte direkt auf seinen Brustkorb und vergrub sich tief in diesem. Ein kurzes Aufflackern von Überraschung war noch auf dem Gesicht des Untoten zu sehen, als ihm auch schon die verkohlten Überreste seines Herzes heraus gerissen und in eine Ecke geworfen wurde. "Finde auf der anderen Seite deinen Frieden" sprach er leise, fast zärtlich, eh er ihn am Hals packte, von seinem Handgelenk riss und ihn beiseite schob. Nur um ihm nächsten Moment einen Blitz herauf zu beschwören welcher direkt in den schwarzen Klumpen hinein fuhr und dann auf den nun mehr kreischenden Nosferatu über ging. Ohne ihm auch nur einen weiteren Blick zu kümmern, nachdem er seine Hände kurz in die reinigende Kraft des Blitzes gehalten hatte um sich vom ätzenden Blut des Nosferatu zu reinigen, oder sich gar um seine Wunde zu kümmern ging er fast zögerlich auf die junge Frau zu und half ihr auf. "Wie heisst du ?" fragte er während sein Daumen fast sanft über den Kratzer an ihrem Hals fuhr. Beschämt darüber das er nicht schnell genug war um ihr diese Wunde zu ersparen.

Pearl Currington

Sie wusste nicht, was sie geritten hatte ihn anzuschreien. Doch niemals würde sie es zurück nehmen. Pearl konnte sehen, wie er sie musterte und fragte sich nun kurz, ob sie ihm überhaupt trauen konnte. Aber so schnell wie dieser Gedanke kam, war er auch schon wieder weg. Denn irgendetwas, sie konnte nicht sagen, was sie so sicher machte, sagte ihr, dass er sie retten würde. Dann erklang auch schon wieder seine Stimme mit diesem besonderen Klang. Ihr lies dieser Klang die Haare auf den Armen zu Berge stehen, doch der Kreatur schien er zu gefallen. Trotz der starken Schmerzen versuchte sie alles gesagte aufzunehmen. Sie hörte, wie herablassend er über sie sprach, doch vergaß sie dies schnell wieder. Denn ihrer Aufmerksamkeit galt vielmehr die Aussage, dass die Kreatur sein Blut trinken solle, und er ein uralter Jäger sei. Pearls Gedanken wirbelten nur so umher und nicht einen konnte sie richtig fassen. Immer wieder versuchte sie dem Gehörten einen Sinn zu geben, doch scheiterte sie jedes Mal daran. Und dann war da plötzlich seine Stimme und doch bewegte er seine Lippen nicht. Sie schaute Ragnar mit großen Augen an, die deutlich zeigten, wie verwirrt sie war. Doch die Drohung war deutlich zu hören und so nickte sie sehr zögerlich. Sie wollte nur noch weg und würde jede Chance nutzen. Sekunden nach dem sie genickt hatte, zog der Fremde auch schon seinen Dolch und verletzte sich selber. Pearl zog dabei leise die Luft ein und spürte dann auch schon im nächsten Moment, wie sie zu Boden sank und die Kreatur an dessen Handgelenk saugte. Sofort schoss ihr das Wort Vampir in den Kopf und sie krabbelte etwas weiter weg von der Szene. "Das kann nicht sein. Diese Wesen gibt es nicht. Das sind nur Märchen." ging ihr durch den Kopf und ahnte nicht, dass auch Ragnar ihre Gedanken hören konnte. Nicht eine Minute sah sie von der Szene weg und wurde Zeuge, was der Fremde mit dem Wesen machte. Als der Blitz dann auch noch einschlug, zuckte Pearl heftig zusammen. Wie hypnotisiert schaute sie in die Flammen und bemerkte somit nicht, dass er zu ihr kam. Erst als er ihr hoch half und seine Hand an ihren Hals legte, hatte er ihre Aufmerksamkeit. Blitzschnell sprang sie von ihm weg und fauchte leise: "Fass....fass mich nicht an." Ihre Blicke bohrten sich in sein Gesicht und zuckten kurz zu seiner Wunde hinunter und dann zu dem Häufchen Asche auf der Straße. Anders als seine Art konnte sie ihre Mimik nicht steif halten und so konnte er alle Gefühlsregungen erkennen. Sie reichten von Schrecken, Schmerz, Unglaube, Angst bis zu Ablehnung.
Bis vor kurzen hatte sie noch ein normales Leben mit normalen Sorgen und Ängsten. Doch mit einem mal waren aus Märchen scheinbar Realität geworden und in Pearls Kopf vermischte sich gesehenes mit überlieferten. Immer weiter wich sie vor ihm zurück ihr Blick huschte immer wieder die Straße entlang. "Du...du bist genau wie diese Kreatur....sonst...sonst hättest du es nicht töten können mit bloßen Händen." Obwohl die Chance nur gering war ihm zu entkommen, drehte sie sich um und rannte los. Doch sie unterschätzte ihre Wunden und noch bevor sie die nächste Ecke überhaupt erreichen konnte, fiel sie auf den Boden und schrie auf. "Es brennt....es brennt so furchtbar überall !!" Sie krümmte sich auf dem Boden zusammen und rieb mit ihren Händen immer wieder über ihre Gesicht, ihren Hals und ihren Arm, wo der Vampir sie verletzt hatte. Da sie nicht verstand was es mit der Kommunikation über Gedanken auf sich hatte, lies sie ungefiltert und ungewollt Ragnar daran teilhaben.
Im Nachhinein war ihr Wutausbruch nur all zu verständlich, war viel zu viel auf ihr menschliches Gehirn herein gebrochen, als das es dies verarbeiten oder gar realisieren konnte. Waren die Menschen doch im allgemeinen dafür bekannt das sie alles was sie nicht verstanden, alles was ihre beschränkte Sichtweite nicht verstand sofort verdrängte. Es als Hirngespinst ab tat oder gar als kreative Einbildung welche so gar nicht statt gefunden hatte. Teilweise wirklich praktisch. Ersparte es ihm doch das herum wühlen in ihren Gehirnen um die Erinnerungen an das was passiert war zu löschen und ihnen neue Erinnerungen zu erschaffen. Eine Fähigkeit die er nur nutzte wenn es denn unbedingt nötig war, immerhin reichte schon der geringste Fehler aus um den betreffenden Menschen verrückt werden zu lassen. Doch hier war die Lage nur um so komplizierter. Handelte es sich hier doch nicht einfach nur um irgend einen Menschen, irgend eine Frau. Nein es was die Frau, die Frau nach der er sein Leben lang Ausschau gehalten hatte und ausgerechnet an seinem letzten Abend, seiner letzten Nacht lief sie ihm über den Weg. Ein Umstand der nicht gerade dafür sorgte das er mit seiner üblichen Gelassenheit auf die Jagd ging, das er erbarmungslos und herzlos vor ging, sondern sich doch glatt Mühe gab es so harmlos wie möglich zu beenden. Ein Umstand den sie wohl kaum zu würdigen wusste, nicht in Anbetracht dessen was sie beobachtete während sie doch glatt dachte versuchte irgendwie eine Erklärung für alles zu finden. Im Gegensatz zu ihm hatte sie ihre Gedanken nicht abgeschirmt, so das er jeden einzelnen Gedanken von ihr folgen konnte. Am lächerlichsten war ihr Vergleich mit einem Märchen. Nicht das er grossartig Ahnung davon hatte oder sich gar damit beschäftigte, aber in das Bild des strahlenden Ritters in glänzender Rüstung, welcher auf einem Ross daher geritten kam um die Jungfrau in Nöten zu retten, nur um hernach mit ihr glücklich bis ans Ende seiner Tage zu leben ... Nun ja, da war er wohl eher das komplette Gegenteil von all dem. War er gefährlich, stur, eigensinnig und alles andere als feinfühlig oder gar sanft. Eigenschaften die er nie besessen hatte und von denen er ausging das sie wohl eher einem Weibe standen, denn einem gestandenen Krieger.
Das sie Angst vor ihm hatte war förmlich riechbar. Überlagerte er doch den feinen Geruch nach Vergissmeinnicht welcher sie geradezu zu umhüllen zu schien. Überlagerte alles andere, so das ihre Angst und auch ihre Panik schon regelrecht greifbar war. "Vor mir musst du keine Angst haben" versuchte er sie wenigstens ein wenig zu beruhigen, auch wenn es nicht viel half. Sorgte es doch eher dafür das sie vor ihm zurück wich und in ihrer Unwissenheit annahm das er selbst eine solch scheussliche Kreatur war. Ganz so Unrecht hatte sie leider nicht, war er doch nah, sehr nah daran zu eben solch einer zu werden. Nur im Gegensatz zu ihm ergab er sich nicht einfach willenlos der Dunkelheit, ergab sich der Verlockung eines Versprechens das nur eine Illlusion war, sondern klammerte sich weiter standhaft an seine Ehre. Fakten die sie nicht wissen konnte und doch traf es ihn zutiefst solche Worte aus ihrem Munde zu hören. Wie ein Blitz schossen die Schockwellen durch ihn und erschütterten ihn bis ins Mark.
War er tatsächlich schon so weit ?
Hatte er den richtigen Zeitpunkt verpasst ?
War es zu spät ?
Fragen die auf ihn hernieder prasselten und fast in die Knie zwangen. Frage welche dafür sorgten das er für einen kurzen Augenblick abgelenkt war. Ein Augenblick nur und doch nutzte sie ihre Chance und flüchtete. "Vergleiche mich nie wieder mit solch einer Kreatur" befahl er ihr, wieder den intimen Kontakt suchend, da ihm die Worte nicht über die Lippen kommen wollten. Worte die kaum in Gedanken ausgesprochen waren als er sie auch schon wimmern hörte. Ein Laut der ihm schier das Herz zerriss und eh er sich versah war er auch schon um die Ecke gelaufen. Wie wild rieb sie mit ihren Händen über ihre Arme, ihren Hals, ihr Gesicht ... erst da kam ihm die Erkenntnis was los war. War sie doch keine der ihren und konnte sich heilen, sondern war vollkommen auf ihn angewiesen. Langsam bückte er sich zu ihr herunter, schob seine Arme unter ihren zierlichen Körper und stand mit ihr auf den Armen in einer fliessenden Bewegung wieder auf, um sie zurück in die Dunkelheit der kleinen Gasse zu bringen. "Bleib ganz ruhig mo chridhe" murmelte er leise, diesmal bewusst den Singsang seiner Stimme benutzend um ihre Aufmerksamkeit zu erhalten und sie zu beruhigen. " bleib ganz ruhig .. ich helfe dir" sprach er weiter mit ihr, während er sich an einer Wand nieder lies. Noch immer nicht fassend das er sie tatsächlich in seinen Armen hielt, das er sie tatsächlich gefunden hatte, nur um sie solch einer Qual aus zu setzen. "Das Blut der Nosferatu ist ätzend, es brennt sch wie eine Säure ein, doch ich werde dir helfen mo chridhe"switchte er wieder auf die viel intimere Kontaktaufnahme um. Teils einfach weil er es unbedingt wollte, teils um den Bann zu verstärken damit sie still hielt während seine Lippen sanft über die zahlreichen Wunden auf ihrer Haut glitten. Jeder noch so kleine Kratzer würde sorgsam mit seiner Zunge umfahren, um den heilenden Speichel seiner Rasse auf ihr zu verteilen. Wahrscheinlich in den Augen vieler ekelhaft und doch würde sie schon bei der ersten Berührung bemerken wie das Brennen nach und nach nachlassen würde, die Kratzer wie von Zauberhand verschwanden, als wäre nichts passiert. Odin sei Dank war alles nur oberflächlich gewesen, so das ihr kein wirklicher Schaden entstanden war, von den psychischen Folgen einmal abgesehen. " Wie heisst du mo chridhe ?" fragte er schliesslich nach, nachdem er alle Wunden versorgt hatte und sein Blick noch einmal musternd über sie glitt um bloss nichts zu übersehen. Das er sie hierbei noch immer auf seinem Schoss sitzend und wie ein Kind an sich geschmiegt hielt versuchte er zu ignorieren. War er sich ihrer Weiblichkeit doch nur all zu sehr bewusst und wusste nicht ob er an sich halten konnte, ob er dem widerstehen konnte wenn er die Vorsicht aufgab und sie als das was sie war wahr nahm.

Pearl Currington

Während der ganzen Zeit, in der sie beobachtete, wie der Albtraum jedes Kindes vernichtet wurde, rauschte Adrenalin durch ihren Körper. So bemerkte sie die Schmerzen, die sie eigentlich haben müsste im ersten Moment nicht. Ohne von den Schmerzen beeinflusst zu sein, hatte ihr Überlebenswille übernommen. Dieser schickte immer wieder und ohne Unterbrechung Signale, dass sie die Beute war und vor ihr die Jäger. Doch dadurch war es auch nicht möglich, dass ihre Seele die Seine als zweite Hälfte erkennen konnte. Als er vorhin vor ihr stand und nichts tat, hatte ihn schon eine gewisse Aura umgeben, die sie aber nicht davon abgehalten hatte, ihn zuerst als Mann zu sehen. Doch nun war aus dem Mann etwas angsteinflösendes geworden und Pearl ging dadurch nun davon aus, dass er sie nicht retten wollte. Dies lies ihre Seele sich von ihm zurückziehen. Doch als er sie dann Ansprach, regte sich das Licht ihrer Seele etwas und wollte zu ihm hin. Für Pearl war es nur ein flüchtiger Gedanke, der sofort von ihrem menschlichen Verstand zurück gedrängt wurde. So hatte er auch mit dem Vampir gesprochen, bevor er diesen eliminierte. Dass seine Stimmlage eine völlig andere war, konnte sie in ihrer Panik nicht erkennen.
Bei der nächsten Chance war sie auch schon weg. Doch erst dann, wurde der Schmerz für den Körper zu viel, als sie zusammenbrach und die Worte nur am Rande wahrnahm. Es war, als würde ihre Haut brennen und sich bis unter ihre Haut und auf ihre Knochen fressen. Nicht einmal der seelische Schmerz vom Verlust ihrer Familie war vergleichbar. In ihrem Wahn von Flammen, rieb sie wild auf ihren Wunden herum. Sie bekam nicht mit, wie er zu ihr kam und sie auf seine Arme hob. Doch sobald seine Stimme ertönte, flackerte ihre Seele sanft auf und brachte Pearl dazu, immer weniger über ihre Wunden zu reiben. Durch ihre Schmerzen war sie kaum noch bei Bewusstsein und auch ihre Augen waren geschlossen. Als er nur über die Gedanken mit ihr sprach, zuckte ihr Bewusstsein etwas zurück und strahlte deutlich Unglaube aus. Es versuchte ihren Körper zur Gegenwehr zu bewegen, doch dieser war durch die Säure mittlerweile zu geschwächt. Doch dann schienen die letzten beiden Worte etwas mit ihr zu machen und auch das Bewusstsein ergab sich seiner Präsenz. Ihr Körper wurde Augenblicklich schlaff und lies sich in seine Arme sinken. Sobald seine Lippen ihre Haut berührten flackerte ihre Seele erneuert auf und schien wie ein aufgeregter Vogel zu flattern. Jedes mal dort, wo er ihre Wunden heilte, erschien auch die Präsenz ihrer Seele. Nach der Hälfte seiner Behandlung kam ein leises Keuchen über Pearls Lippen, ihre eine Hand legte sich auf seine Brust und auch ihr Herz fing an etwas schneller zu schlagen. Wo andere rätseln würden, warum sie nun so reagiert, musste es für Ragnar klar sein, dass ihre Seele langsam anfing Pearls Bewusstsein zu öffnen und sich mit diesem zu vermischen. Doch dann waren ihre Wunden versorgt und sobald der Kontakt abbrach, öffnete Pearl ihre Augen. Im ersten Moment huschten sie ohne festen Blick um her und sie sortierte ihre Gedanken. Schnell waren ihre blauen Augen dann aber wieder auf ihn Gerichtet. Deutlich war ihr anzusehen, wie sie versuchte alles irgendwie zu verarbeiten und zu verstehen. Nicht nur das eben erlebte, sondern auch das, was unterbewusst ihre Seele ihr mitteilte. Als die junge Frau seine Frage hörte, blinzelte sie ihn im ersten Moment nur an. Dann kamen aber leise und etwas zaghaft die Worte über ihre Lippen. "Ich heiße Pearl Currington." sie wusste nicht, warum sie dem drang zu antworten nachgab, obwohl sie dies eigentlich nicht wollte. Dann wurde ihr bewusst, wie sie da saß und versteifte sich etwas. Sie starrte ihre Hand an, die auf seiner muskulösen Brust lag und versuchte zu verstehen, wann sie diese dort hingelegt hatte. An ihrem Rücken konnte sie dann im nächsten Moment seine starken Arme fühlen, unter ihren Beinen seine starken Beine und an ihrer Seite seine Bauchmuskulatur.
Was geschieht hier? Was geschieht mit mir? Warum renne ich nicht weg? Warum ist mir sein Körper so bewusst? Ihre Gedanken wirbelten nur so umher, während ihre Seele auf dem Weg ihrer Gedanken eine Verbindung zu seiner suchte. Doch da Pearl noch nicht verstand was vor sich ging, und nicht auch mit ihrem Bewusstsein zu hundert Prozent dabei war, stieß die Seele immer wieder auf eine Mauer und konnte immer nur ein wenig von seiner Seele streifen.
Was für sie vielleicht ein wahr gewordener Alptraum war, war für ihn leider bittere Realität seit so vielen Jahrhunderten. Keine Ahnung wie viele bekannte Gesichter er in der Zeit wieder gesehen hatte. Wie viele alte Freunde er hatte vernichten müssen um der Gerechtigkeit willen. Es war mühselig und scheusslich und doch half es das er seine Emotionen verloren hatte. Hätte er ansonsten niemals so lange durchhalten können oder gar tun können was von ihm erwartet wurde. Eine Bürde die sich nun unerwartet schwer auf ihn legte. Ihm jeden einzelnen Kampf erneut vor Auge führte und die Last der Jahrhunderte nur noch um so schwerer machte. Eine Last die nicht nur im Inneren schwer wog, sondern auch seine Ausstrahlung wohl noch sehr viel düsterer machte als sie eh schon war.
Schien er doch eher ein Relikt aus alter Zeit zu sein. Zwar präsent aber dennoch nicht wirklich dazu gehörig oder gar der modernen Zeit angepasst. Ein Umstand dem er nie grosse Beachtung geschenkt hatte. Warum auch ? Verbrachte er die meiste Zeit doch viel lieber in den Untiefen der Wälder, umgeben von der Natur und in friedlicher eintracht mit seinem Wolf und seinen Raben. Warum sollte er sich also an die moderne Zeit anpassen ? Mied er sie doch so gut es nur ging, da er teilweise nicht einmal die Hälfte von dem verstand was da vor sich ging und auch gar nicht das geringste Interesse hatte sich damit auseinander zu setzen. Nur Magnus zu liebe verweilte er länger, sehr viel länger in der Stadt. Einer Stadt die ihm die Luft zum atmen abschnürte und ihn vollkommen verloren umher irren lies. Hatte doch nichts mehr auch nur die geringste Ähnlichkeit mit dem Dorf aus seinen Jugendtagen und all die Dinge welche ihm wichtig waren wurden durch Triebe ersetzt welche dafür sorgten das die Menschheit sich nach und nach selber vernichtete wenn sie nicht endlich einmal die Augen öffneten und sich radikal änderten. Umso verwunderlich das er ausgerechnet in dieser Zeit, ausgerechnet in dieser Nacht auf seine Gefährtin gestossen war. War sie doch das Symbol für all das was er nicht war. War sie das Licht während er die Dunkelheit war. Verkörperte sie die Reinheit, während er die Verderbtheit war. Verkörperte sie die pure Unschuld und Liebe, während sein Leben nur aus Gewalt und Tod bestand. So viele Unterschiede, so vollkommen gegensätzliche Einstellungen und doch spürte er den Sog der ihn immer näher und näher zu ihr zog. Den Ruf seiner Seele die sehnlichst wieder mit seiner anderen Hälfte verbunden sein wollte. Natürlich hatte er nicht erwartet das sie ihm sofort um den Hals fallen würde, aber da für ihn keine wirklich sichtbare Reaktion kam war die ganze Angelegenheit doch schon ein wenig ernüchternd. Hätte sie ihn doch ebenso wie er auf den ersten Blick erkennen müssen. Wahrscheinlich nicht mit solch einschneidenden Veränderungen wie dies bei ihm der Fall war, aber dennoch hätte die Erkenntnis in ihren Augen aufblitzen müssen. Zu mindestens ging er davon aus. Schliesslich hatte er nun keine vergleichbaren Erfahrungen oder konnte mal eben um die Ecke zum nächsten Pub gehen und dort einen anderen Kapathianer um Rat fragen. Etwas was ausnahmsweise für diese Situation wirklich mehr als nur hilfreich wäre. So wurde er aber von ihrer Angst und ihrem Unglauben förmlich überflutet und das erste Mal seit keine Ahnung wie lange war er tatsächlich ratlos. Wie sollte er ihr nur verständlich machen was hier vor sich ging, das sie zu ihm gehörte wenn sie doch von all dem keine Ahnung hatte oder erkannte.
Scheinbar ein unmögliches Unterfangen und doch keimte ein Funken Hoffnung in ihm auf als sie sich seinem Zwang ergab ohne gross dagegen an zu kämpfen. War es für ihn doch der einfachste Weg um sie so schnell wie möglich von ihrem Leid zu befreien und sicher zu stellen das jede noch so kleine Spur des Nosferatur von ihrer Haut verschwand. Äusserlich war er kühl, routiniert, fast als würde er sie gar nicht wahr nehmen. Doch innerlich tobte ein Wirbelsturm in ihm. Prasselte viel zu viel in viel zu kurzer Zeit auf ihn ein, als das er überhaupt die Chance hatte es zu verarbeiten. Das sie ihre Hand auf seine Brust legte machte es natürlich nicht wirklich besser. Lies diese eigentlich doch so einfache Berührung doch tausende von kleinen Blitzen entstehen welche sich quer in alle Richtungen durch seinen Körper ausbreiteten und ihm nur all zu bewusst unter die Nase rieben wen er da gerade heilte. Davon das sein Herz wie wild zu rasen begann mal ganz zu schweigen.
"Entspann dich Pearl ... du bist die Einzige auf der ganzen Welt die vor mir nichts zu befürchten hat" flüsterte er leise während er seinen Griff nicht lockerte, sondern viel mehr sanft begann sich ein wenig zu wiegen. Nur ganz subtil, so das man es mit dem blossen Auge vielleicht gar nicht sah und doch so das sie es bemerken und hoffentlich etwas beruhigen würde. "Lausche tief in dich hinein. Begreife nicht mit dem Verstand sondern mit dem Herzen und höre ihm zu was es zu sagen hat"wechselte er wieder herüber in die Telepathie um sie langsam daran zu gewöhnen und ihr tiefstes Inneres an zu sprechen, in der Hoffnung das ihr Herz von ganz alleine seinen Weg zu ihm finden würde und nicht vom Verstand vollkommen blockiert wurde. "Tief in deinem Inneren weisst du ganz genau was los ist. Merkst du warum du dich nicht gegen mich wehrst. Du weisst das ich dir niemals ein Leid zufügen kann und dein Glück für mich immer an oberster Stelle stehen wird"ermunterte er sie weiter, während er die harten Barrieren rings um sich herum ein wenig lockerte um ihr so vielleicht den Zugang zu sich selbst ein wenig zu erleichtern. Trotzdem gut darauf achtend die Dunkelheit und all das was er getan hat tief in sich zu begraben und zu verstecken um sie nicht zu verschrecken.

Pearl Currington

Heute morgen noch hatte Pearl geglaubt endlich angekommen zu sein. Der Traum nach einem normalen Leben ohne Angst und Bedrohung. Doch das sich der Abend und die Nacht so entwickelte, damit hatte sie nie gerechnet. Auch nicht damit, dass Märchen zur Wirklichkeit werden kann und sie auch noch mitten drin sein würde. Das einzig gute daran war, dass sie gelernt hatte in scheinbar ausweglosen Situationen einen kühlen Kopf zu behalten. Deswegen ging sie davon aus, aus diesem Grund zuerst den Mann in Augenschein genommen zu haben, bevor sie ihn anschrie. Doch sobald ihre Augen Ragnar sahen, hatte für einen kurzen Moment ihre Seele übernommen und jeden Zoll Mann mit den Augen aufgesogen.
Doch nun lag sie in seinen Armen und wurde sanft gewogen. Als sie dann auch noch plötzlich seine Stimme in ihrem Kopf hörte, schlug ihr Herz wieder etwas schneller und sie versteifte sich. Sofort wurde die Mauer wieder hochgefahren und die Seele dahinter verborgen. Ihre Hände griffen an ihren Kopf und sie kniff die Augen zu. "Nein...das passiert nicht...das geht nicht....sowas geht nicht." murmelte sie immer wieder leise und doch drang immer wieder seine Stimme in ihren Kopf. Und in diesem Moment fing auch ihre Seele an gegen die Mauer zu kämpfen. Auf ihrer Stirn sammelten sich Schweißperlen und ihre Augen waren fest zusammengekniffen. Immer wieder berührte ihre Seele einen Zipfel der seinen und immer mehr bekam ihre Mauer einen Riss. Doch je mehr ihre Seele kämpfte um so schneller ging ihr Herzschlag und auch die inneren Schmerzen nahmen zu. "Das gibt es alles nicht....das sind nur Märchen...."wiederholte die junge Frau immer wieder im Kopf und als Antwort kämpfte ihre Seele noch verbissener. Und immer wieder wenn ihre Seele die seine berührte, wurde deutlich, warum er sie so lange nicht gefunden hatte. Viele Jahrtausende lang wurde die Seele wiedergeboren und starb immer eines frühen Todes. Die Seele war jedes Mal zu stark für den Menschen und erlitt mentale Schäden. Mal war es Selbstmord und mal wurde der Körper getötet. Auch die Seele hatte gelernt, wie sie mit den Körpern umgehen musste. Sie lernte den Körper zu stärken und gleichzeitig zuschützen, indem sie sich zurück zog und nur den menschlichen Teil zu lies. Dann durchfuhr ein Ruck Pearls Körper und durch den anstrengenden inneren Kampf sank sie kraft und bewusstlos in seine Arme. Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und ihr Atem ging sehr flach. Doch durch die schon existierende private Verbindung wusste Ragnar auch, dass ihr nichts lebensbedrohliches fehlte. Als der Ruck durch Pearls Körper ging, hatte ihre Seele die Mauer zum Einsturz gebracht und durch den frei gewordenen Weg flog sie zu seiner und schien Ragnars Seele regelrecht zu um tanzen. Auch ihr Licht schien heller als zuvor zu leuchten. Dann kehrte die Seele wieder zu Pearl zurück und umhüllte sie mit ihrem Wissen. Flutete ihre Verstand mit allen Gefühlen und auch mit allen Informationen. Und je mehr die Seele mit dem Körper von Pearl verschmolz, um so ruhiger wurde das Licht. Es zappelte nicht mehr wie ein Kugelblitz und flimmerte auch nicht, sondern wurde sanfter und das Leuchten wurde immer präsenter. Nach ein paar Minuten öffnete Pearl wieder ihre Augen und schaute Ragnar an. Sie sprach nichts und drückte sich dann von ihm weg. Umständlich kam sie auf die Beine und stützte sich dabei an einer Mauer ab. Sie hatte ihm den Rücken zu gekehrt und hielt eine Hand an den Kopf. Sie fühlte sich, als hätte sie tagelang eine Krankheit gehabt. "All das was geschehen ist, sollte ich eigentlich nicht verstehen. Bis eben habe ich es noch nicht. Doch andererseits scheine ich es doch zu verstehen. Es ist alles so verwirrend und doch ziehst du mich an wie das Licht die Motte. Und scheinbar kann eine Seele doch einen eigenen Kopf haben." Als Pearl das letzte sagte, musste sie leise lachen. "Das klingt so verrückt. Aber andererseits könnte man auch sagen, dass ich die Seele bin und der Körper ein Gefäß für diese?!" Sie hockte sich kurz hin und kicherte wieder. "Okay das klingt noch verrückter." Dann blickte sie leicht über die Schulter zu Ragnar. Deutlich war in ihren Augen zu sehen, wie aufgewühlt sie war, aber auch ein kurzes Aufblitzen von Erkenntnis. Langsam drehte sie sich wieder Weg und nur durch das leichte zucken ihrer Schulter war deutlich zu erkennen, dass sie leise schluchzte. "Was passiert nur hier? Ich habe dich töten sehen und doch habe ich keine Angst. Mein Verstand sagt so etwas wie zwei Seelen können nicht eine sein und doch spüre ich, dass sie es können. Mein Verstand sagt mir, man kann nicht lautlos sprechend kommunizieren und doch tue ich dies gerade instinktiv. Mein Verstand sagt, eine Seele ist nicht unsterblich und doch fühle ich, dass meine tausende von Jahre alt ist. Mir wurde bei gebracht mein Verstand zu benutzen und nun scheint dieser mein größter Gegner zu sein." In jedem Wort war immer wieder ein schluchzen zu hören.
Nachdem eine Weile nichts von ihr kam, stand sie auf, drehte sich um und ging langsam auf Ragnar zu. Sie schaute ihm direkt in die Augen und auf ihrem Gesicht waren deutlich ihre Tränenspuren zu sehen. Auch ihre Augen waren leicht rötlich und doch strahlten ihre Augen gleichzeitig. Nun noch mehr, da ihre Seele die Mauer eingerissen hatte. Kraftlos lies sie sich wieder in seine Arme sinken und Atmete dabei aus. Ihr Atem streifte seinen Hals. "Bitte hilf mir" sagte sie mit leiser Stimme und krallte sich etwas in sein Shirt. Einerseits fand sie es schrecklich so machtlos zu sein aber andererseits fühlte sie sich dabei nicht schlecht, sondern es fühlte sich eher natürlich an.
Träume oder gar Hoffnungen hatte er schon lange nicht. Die hatte er schon vor langer Zeit begraben, wie alles andere was ihm am Herzen gelegen hatte und doch hatte ihm das Schicksal ein unerwartetes Geschenk gemacht von dem er nun ehrlich gesagt mehr als nur überfordert war. Hatte er es hier doch nicht mir einer kapathianischen Frau zu tun welche ihren Platz kannte oder gar wusste was von ihr erwartet wurde. Ganz im Gegenteil, wiegte er hier eine zerbrechliche und vollkommen verwirrte junge Frau die keine Ahnung davon hatte das sie der einzige Schlüssel dafür war zu verhindern das er selbst zu solch einem Monster wurde wie dem das er wenige Minuten zuvor getötet hatte. Einem Monster das ihm gar nicht so unähnlich war, das ihm viel zu ähnlich war.
"Ich bin kein Märchen" flüsterte er leise, gut verstehend das ihr Verstand das was hier passierte gar nicht verarbeiten konnte. Kein Wunder. War er doch sonst nur ein Monster das man Kindern aus Büchern vor lass oder ein böser Geist der dafür sorgte das die Kinder sich benahmen oder das verhasste Gemüse aßen. Dennoch war all dies kein Traum, kein Ausgespinst einer verrückt gewordenen Fantasie oder gar die verzehrte Realität innerhalb eines Drogenrausches. Nur wie sollte er es ihr begreifbar machen ? Barg sie selbst doch tief in sich verborgen das notwendige Wissen in sich. Nur wie daran kommen ohne selbstständig und ohne Rücksicht die Mauern ein zu reissen welche sie um sich errichtet hatte, so das er das Leuchten zwar erkennen konnte, dennoch keinen direkten Zugang zu ihr bekam. Während er überlegte wie und ob er ihr überhaupt helfen konnte durchfuhr sie ein Ruck. Ein Ruck der für wenige Sekunden sein Herz zum Stillstand brachte, all das Leid, all die Qual die er hatte durchleben müssen auf sein Gesicht wandern liess. Endlose Sekunden in denen sein Leben vor seinen Augen abzog und alles für immer verloren schien, alles hoffnungslos zu sein schien, bis er das leichte Heben und Senken ihrer Brust bemerkte. Erleichtert und doch überfordert seufzte er auf. Schützend schlang er seine Arme fester um sie, durchforstete die tiefsten und verborgensten Winkel in sich um wenigstens einen Hauch von Hoffnung zu finden, ein Hauch dessen was einmal gewesen war und mit dem er sie umhüllen konnte. Hoffend das es ihr half, das es ihr den Weg zurück zu ihm wies und zudem ihr half zu verstehen was er nicht wirklich erklären konnte. War diese Bindung zwischen ihnen doch so rein, so uralt das es keine Worte gab um zu erklären was passierte.
Wortlos beobachtete er sie als sie endlich wieder zu sich kam, nur um leise zu Knurren als sie sich abrupt von ihm löste. Zu gross war der Drang sie wieder in seine Arme zu ziehen. Kam es ihm doch fast vor als stände er plötzlich wieder alleine da nachdem er einen kurzen Blick auf das Paradies hatte werfen können, nur um dann abrupt heraus geschoben und vor verschlossene Türen gesetzt zu werden. Statt jedoch wieder nach ihr zu greifen versuchte er sich zu beherrschen, versuchte den Drang zu bezähmen und richtete sich langsam auf. Jederzeit bereit sie auf zu fangen oder zu beschützen falls es notwendig wurde und doch versucht ihr den Freiraum zu geben nach dem es sie gerade verlangte. Ein Tanz auf dem Drahtseil für seine Nerven und entgegen all dem was ihn unwiderruflich zu ihr zog und doch verstand er das sie Luft zum atmen brauchte, Zeit um sich zu sammeln und zu verstehen. Zeit die ihm wie Jahre vorkamen und doch nur ein Wimpernschlag im vergleich zu den Jahrhunderten war die hinter ihm lagen. Das leise Schluchzen zerriss ihm schier das Herz. Wusste er doch nur all zu gut das er der Grund für ihren Kummer war, das er die Ursache dafür war. Ein Umstand der ihm nur noch mehr vor Augen führte zu welch einem Monster er geworden war. War es doch seine Aufgabe ihr die Welt zu Füssen zu legen, ihr jeden Wunsch von den Augen ab zu lesen und sie glücklich zu machen und doch stand hier seine Frau vollkommen verwirrt und überfordert und weinend vor ihm und drehte ihm zudem auch noch den Rücken zu. Sekunden wurden zu Stunden, Sekunden in denen er überlegte seinen Plan wirklich durch zu ziehen um sie von all dem zu befreien. Ihr das Leben zu schenken das sie verdient hatte statt sie an ein Monster zu binden das einfach nicht in diese Welt zu gehören schien. Ein Monster das von einer anderen Welt zu sein schien und genau genommen auch war wenn man bedachte aus was für einer Zeit er stammte. Heute gab es nur noch Legenden und Skaldenlieder, Märchengeschichten und total kitschige Filme die nicht den Hauch der Realität wieder spiegelten die einmal gewesen war. Wie konnte er da verlangen das sie alles was sie war, alles was sie kannte hinter sich lies nur um ihn zu retten, einen vollkommen Wildfremden zu retten an den sie gebunden war ohne das sie auch nur das geringste Mitspracherecht hatte.
Hin und her gerissen zwischen dem was er wollte und dem was er tun sollte war er unschlüssig, unfähig sich zu bewegen und doch genau am richtigen Ort als sie sich ihm schliesslich wieder zu wandte. Selbst die Sonne reichte nicht an das Strahlen ihrer Augen heran, erschien es doch eher wie ein billiger und glimmender Abklatsch zu dem was ihm da entgegen blickte. Ohne ein Wort schloss er die Arme um sie als sie sich kraftlos gegen ihn sinken liess. Hüllte sie in die Wärme seines Körpers ein, der Faszination und der Verehrung die er für sie empfand. "Denke mit dem Herzen, nicht dem Verstand"wand er sich schliesslich doch an sie, umhüllte sie mit all dem was er war und was ihn ausmachte, in der Hoffnung das die Mauer nun für immer gesenkt war und sie freiwillig den Bund eingehen würde ohne das er auch diese Entscheidung für sie übernehmen musste. War die Situation so doch schon mehr als nur schwer genug, da wollte er sie auch nicht noch mit Gewalt an sich binden. "Pesämet andam. Uskolfertiilamet andam. Sívamet andam. Sielamet andam."(Ich gebe dir meinen Schutz.
Ich gebe dir meine Treue. Ich gebe dir mein Herz. Ich gebe dir meine Seele.)zitierte er einen Teil eines uralten Bindungsrituales das ihre Seelen für immer miteinander verbinden würde bis sie den Kreislauf vollendet hatten und für immer bis in alle Ewigkeiten verbunden sein würden. Doch auch wenn ihn alles drängte sie sofort an sich zu binden, so versuchte er doch behutsam zu sein und ihre Erinnerungen zu wecken, in der Hoffnung das es ihr helfen würde.
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