Wind Beyond Shadows

Normale Version: I've been nearly to death door
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Mairtin Connolly

Ich wusste nichts mehr davon, wie Xiao mich in das Auto geschafft und getragen hatte. Trotz meines Gewichtsverlusts wog ich noch immer knapp über 80 Kilogramm. Kurz um, kein leichter Mann. Dennoch hatte ich mich ganz brav auf den Beifahrersitz setzen und anschnallen lassen. Zu dem Zeitpunkt war ich beinah tot gewesen. Nur am Rande nahm ich das Institutsgebäude in seiner Pracht wahr. Aber die Kopfschmerzen sowie das Fieber vernebelten meinen Verstand derart hart, dass ich nichts mehr verstand und es mir eher wie ein Traum vorkam. Ich bekam nichts davon mit, wie sie mich in ein Krankenzimmer schufen, auszogen und wuschen. Schnell wurden der Personalausweis Michael Connollys, aber auch die Soldatenmarke gefunden. Ebenso das Handy und die gelöste SIM-Karte. Alles wurde aufbewahrt. Kaum dass ich nackt dar lag, zeigte mein runenfreier Körper doch einige Überraschungen: Deutlich mehr Narben als für einen normalen Zivilisten üblich war, egal woher er kam, ob Europa oder hier aus diesem Land, Japan. Es waren einige Schusswunden. Der neueste Streifschuss wurde direkt versorgt. Zum Glück war es wirklich nur ein Kratzer und daher nicht weiter besorgniserregend. Zum Glück war meine letzte Tetanusimpfung kurz vor meinem letzten Einsatz in Afghanistan erfolgt, also noch aktiv. Das war gut.

Auf der Brust hatte ich eine feine Narbe von einem Messer, fast nicht zu sehen, nur ertastbar. Auf dem rechten Schulterblatt war eine weitere, ebenso feine Narbe. Eine weitere an der rechten Seite, ebenfalls Überbleibsel eines Streifschuß, der sich aber entzündet hatte und daher etwas besser zu sehen, als die anderen. Deutlich sichtbarer war die Narbe auf meiner linken Hinterbacke, ein Querschläger hatte mich damals lahm gelegt. Es war die erste Verletzung innerhalb eines Einsatzes gewesen und mir damals saupeinlich gewesen, denn ich war gerade einmal 18 Jahre alt, als es dazu kam und die Hosen herunterlassen vor den Kollegen, war mir unangenehm gewesen. Einige Sprüche waren mir auch sicher gewesen. Die schlimmste aller Narben, oder die, die mich am meisten traumatisierte, lauerte zwischen meinen Hinterbacken. Ein 'Andenken' an Nelson und seine Tat im Flugzeug. Etwas, das er am liebsten wiederholt hätte, nur, dass ich das in diesem, aktuellen Zustand eventuell nicht überlebt hätte.

Das hier war nicht der Körper eines Zivilisten, wie es mein eineiiger Zwillingsbruder gewesen war, Michael Connolly. Das hier war der Körper eines Soldaten. Doch noch aufschlussreicher oder verwirrender als der Widerspruch zwischen dem Anblick meines Körpers und den Ausweispapieren sowie der Soldatenmarke waren meine Träume. Verängstigt hatte ich mich auch nach Leibeskräften immer wieder mal gegen die Behandlung gewehrt. Ich hatte mich unruhig hin und her geworfen, gewälzt, im Delirium noch immer irgendwie die stillen Brüder wahrgenommen, die mit meiner medizinischen Versorgung betraut waren. Herrje, ich hätte es viel lieber mit dem Rätsel, als den fiebrigen Alpträumen aufgenommen: In diesem Alptraum, der mich immer wieder seit drei Jahren quälte, war ich wieder in dem verdammten Flugzeug. Nelsons widerliche Stimme, der Atem. Der Kampf, und wieder und wieder verlor ich, egal, was ich versuchte. Und dann der brutale Schmerz durch die Vergewaltigung. Ich schrie gequält im Schlaf, soweit ich das konnte, mit meiner malträtierten Stimme.

Das Fieber war zu stark gewesen, als dass ich mich an die letzten Tage erinnerte. Es war knapp gewesen, und ich wäre fast gestorben. Die Stillen Brüder hatten eine schwere Bronchitis sowie eine Lungenentzündung diagnostiziert und mich erstens irgendwie beruhigt sowie die bitterbenötigte Medizin verabreicht. Schon am ersten Abend hatte ich großen Anlass zur Sorge gegeben, denn das Fieber war auf 41 °C gestiegen! Von Wadenwickel, die abzustrampeln ich viel zu schwach war, bis hin sonst was alles, hatte ich die maximale Dosis gebraucht. Auch zum alleinigen Trinken und Schlucken war ich zu schwach, sodass es ein Wunder war, wie sie irgendwelche Medikamente in mich hineinbekommen hatten. Es waren andere Wege gewählt worden. Husten war ebenso anstrengend gewesen, aber sie gaben mir auch etwas, das mir beim Atmen half und mit etwas Unterstützung durch Cremes auf meiner Brust sowie dem Rücken, begann ich das Abhusten des zähen Schleims.

Meine Träume hatten nichts davon gezeigt, dass ich wusste, was Stille Brüder waren, oder Runen, oder Shadowhunter, geschweige denn Werwölfe oder Dämonen. Dennoch hatten die Entführung sowie die Vergewaltigung dämonische Züge. Es war eine pure Folter gewesen. Ebenso die Folter selbst, nach der Entführung. Aber da drin war noch immer der Soldat Mairitin Connolly. Ich wusste, wer ich war, Mairitin. NICHT Michael. ICH war MAIRITIN! Und das war gut. Ich war verängstigt, traumatisiert, aber allein die Tatsache, dass ich noch wusste, WER ich war, war gut. Ein Zeichen, dass ich mich eventuell berappeln könnte. Durch die Träume bedingt, ließ ich mich auch nicht einfach in der Intimgegend waschen. Jedes Mal hatte ich gewimmert vor lauter Angst und anschließend waren die Träume heftiger geworden. Irgendwann hatten sie mir auch was zur Beruhigung verpasst.

Nun, am 15.12. wurde ich halbwegs wach. Nicht schlecht. Die Medikamente schlugen also an und das Fieber war knapp unter 40 Grad gesunken. Panisch erhob ich mich tretend und die Soldatenausbildung wurde einmal mehr klar. Dass ich grade nackt war, entging mir. Sonst hätte mich das vielleicht auch gestoppt. Ich hatte Angst, verstand nicht, was hier los war. Was die Nummer ausgelöst hatte? Die Hand eines Stillen Bruders die leider ähnlich groß war, wie die von Nelson, der mich eigentlich nur hatte waschen wollen. Es war ein klassischer Flashback. Ich bemerkte, dass die Münder zugenäht waren, keine Augen. Das war gruselig genug. Was war das für ein Ort?!
Xiao hatte sich nach der Abgabe in sein Büro verzogen und sich in die nie enden wollende Arbeit gekniet. Berichte, Auflistungen, Pläne, es gab immer was zu tun. Zudem trafen immer mehr Hunter im Institut ein, sodass es langsam wie ein brummender Bienenstock wirkte. Neben kurzen absprachen mit Xi und diversen Berichten über den her gebrachten Patienten, passierte nicht viel und doch hatte er genug zu tun, das keine lange Weile aufkam. Und doch schaufelte er sich hier und dort ein paar Minuten Zeit frei, um diesen zu besuchen.
Viel bemerkte der Patient zwar nicht, aber Xiao fand es besser, sich selbst von diversen Dingen zu überzeugen und Orten einen Besuch abzustatten, als sich blind auf andere zu verlassen. Sein verhalten hatte nichts mit mangelndem vertrauen oder mutwilliger Kontrolle zu tun, er machte es schlichtweg für sich. Oft half es die Gedanken zu sortieren, in dem man sich von A nach B bewegte.
So auch heute. Den Bericht, wie es Mairtin ging hatte er längst auf dem Tisch. Was das Anging lief alles Reibungslos ab, und doch wollte er sich heute mal wieder selbst von dem überzeugen, was er längst gelesen hatte. Heute stand nichts wichtiges an, das er sich ruhig 30 Minuten nehmen konnte. Vieles deutete darauf hin, das er in der nächsten Zeit erwachen würde. Fragen hatte der Chinese viele, doch würde er ihn nicht damit überfallen. Manche würden sich ergeben, andere bedurften dringende Antworten, wieder andere würde er nicht ansprechen, denn die Dinge, die er erfahren hatte... darüber würde wohl niemand freiwillig sprechen wollen, schon gar nicht mit einem fremden. Zudem besaß er genug Feingefühl und Respekt, um die Distanz zu wahren. Anderes musste zunächst geklärt werden und dafür nahm er den Weg auf sich, um ihn zu sehen. Anschließend, wenn die wichtigsten Entscheidungen gefallen waren, würde man weiter sehen.
Ein kurzes Klopfen, ehe er eintrat.
Einer der Stillen Brüder war da, kümmerte sich um den Patienten, eigentlich der Moment, wo Xiao unter normalen Umständen den Raum wieder verlassen hätte, doch auch wenn es den stillen Bruder nicht weiter kümmerte, ob er Anwesend war oder nicht, blieb er.
Der Blick des anderen sprach mehr als tausend Worte, daher trat er an die andere Seite des Tisches.
„Es ist alles in Ordnung, er kümmert sich um diene Wunden und deine etwas... außer Kontrolle geratene Erkältung.“, meinte er in seinem so ruhigen, typisch für ihn, warmen Ton. „Es wird dir besser gehen, wenn er fertig ist.“ Um seine Worte zu bestätigen, beendete der stille Bruder die Behandlung und zog sich dann vorerst zurück. Erst, als die Tür wieder ins Schloss gefallen war, holte Xiao, der nun in seiner typischen Shadow Hunter Uniform steckte, einen Stuhl, auf den er sich anschließend setzte. Es herrschte noch immer genug Abstand zwischen ihnen, um kein beklemmendes Gefühl zu hinterlassen.
„Mein Name ist Xiao Yun und bin der Verwalter und stellvertretende Leiter des Instituts“, stellte er such vor und verneigte sich kurz. „In wie weit kannst du dich an das, was passiert ist, erinnern?“ Er sprach langsam, um sicher zu gehen, das man ihn auch verstand. Zwar hatte man ihm mitgeteilt, dass das Fieber soweit zurück gegangen war, dennoch wollte er auf Nummer sicher gehen. Es mangelte ihm nicht mal an zeit, sodass er ihm diese gab, um die Worte wirken zu lassen, ihn zu verstehen. Die Krankheit war nicht leicht gewesen und der Körper wird trotz der Heilkünste noch einige zeit benötigen, um zu regenerieren.
„Du bist hier in Sicherheit.“, fügte er dennoch hinzu, da diese Mitteilung unter den Geschehnissen am Tempel wohl die wichtigsten waren, neben denen, das er die Sache überleben würde. Da sie sich jedoch nun ansehen konnte, schien letzteres offensichtlich genug, um es nicht noch extra zu unterstrichen. Offensichtlichkeiten extra anzusprechen war nicht gerade das, was er mochte.
Sein Blick glitt mal wieder über ihn, jedoch nur soweit, die es die Höflichkeit zuließ. Untere Regionen wurden von einem Betttuch verdeckt, worüber er doch recht froh war. Die Dinge, die er hatte erfahren müssen, sollten nun keine Rolle spielen, nicht, so lang sein gegenüber sie nicht selbst ansprach. Es war viel zu persönlich.

Mairtin Connolly

Ich wusste nicht, dass der Inhalt meiner Alpträume dem medizinischen Personal bekannt war. Manchmal hatte ich im Fieberschlaf auch geredet - alle drei Sprachen, die ich beherrschte, englisch mit irischem Akzent, dann wieder gälisch und dann wieder etwas Spanisch. Das passierte mir öfter, wenn ich krank war. In meiner Vergangenheit als Soldat war das ab und zu der Fall gewesen. Als ich nicht schlucken konnte, hatte ich die nötigen Medikamente über den Tropf oder auch unten herum reinbekommen, um das Maximum der Wirkstoffe in meinen Körper zu pumpen, eben weil ich jedes, kleines Bisschen benötigte. Als Soldat war ich natürlich immer mal wieder verletzt worden. Aber die vergangenen drei Jahre hatten ihre Spuren gelassen. Ich hatte an Gewicht verloren, mein Immunsystem war durch. Und ohne ein Milligramm weniger hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft. Mit viel Unterstützung durch die Medikamente hatte mein Immunsystem die nötige Feuerkraft erhalten, die Stadttore vor dem apokalyptischen Reiter des Todes zu verteidigen und ich war dem Hades entronnen. Auch wenn es viel Kraft gekostet hatte. Vielleicht lag das aber daran, dass mein Unterbewusstsein die Ruhe hier spürte. Die Ruhe und die Tatsache, dass ich die Zeit bekam, die ich benötigte. Dabei halfen auch die Medikamente. Es reichte dafür, dass ich aus dem Abgrund gekrabbelt kam.

Bevor ich aber so richtig auffahren konnte, klopfte es an der Tür und ich kam etwas aus dem Konzept. Ich zitterte wieder vor lauter Angst. Eigentlich hatte ich angreifen wollen, aber mir fehlte die Kraft. Denn schon beim Aufrichten merkte ich, wie sich alles drehte. Mein Kreislauf war nicht allzu gut. Ich benötigte einfach Energie, Essen und etwas zu trinken. Der Stille Bruder nickte dem stellvertretenden Leiter des Instituts zu und verließ das Krankenzimmer. Er hatte meine Angst bemerkt, denn ich hatte mich ans Ende des Betts verkrochen, unter die Decke. Zitternd. Der Stille Bruder hatte noch einmal Xiao zugenickt. Das war nun ein Fall für Worte. Mit mir Kontakt aufzunehmen auf seine eigene Art wäre nicht unbedingt die beste Wahl. Wahrscheinlich würde ich explodieren wie eine Granate. Damit war ich eine Gefahr für meine Umstehenden, aber auch für mich selbst, denn mir fehlte die Energie, um wirklich loszulegen, und damit war ich eine Gefahr für mich selbst. Zumindest nahmen das die Stillen Brüder an.

Die Verbände um meine Handgelenke waren nicht verborgen geblieben und auch diese Wunden waren versorgt, desinfiziert sowie neu verbunden worden. Meine Erinnerungen, welche die Stillen Brüder gelesen hatten, sowie die Soldaten Marke legten mein wahres Schicksal nahe: eine Entführung aus dem Einsatz. Vergewaltigung, Erpressung und unter Zwang dieses verdammte Unternehmen geleitet. Ich hatte wenige Minuten auch von einem grauenvollen Meeting geträumt. Es war widerwärtig und brutal, dass ich für meine Eltern nichts mehr als mein Genmaterial wert war. Gene, die ich weitergeben konnte, genau wie mein Bruder, der verschollen war und mit dessen Ehefrau ich an der Stelle meines Bruders ein Kind hatte zeugen sollen. Als Schwuler. Ekelhaft. Ich war ja eine Krankheit für meine Eltern. Für die Wunden schämte ich mich, immerhin war ich Soldat. Und ich war es den toten Soldaten schuldig, am Leben zu bleiben. Wenn ich also DIESEN Weg gewählt hatte, musste die Folter wirklich richtig übel gewesen sein. Leider würden Narben bleiben, die mich immer daran erinnern würden. Aber die Ruhe hier half, dass der Wunsch danach verschwand, noch bevor ich aufgewacht war. Ich wurde also sicherer sowie stabiler.

Nun erfuhr ich von dem jungen Mann in meinem Alter etwas mehr. Er versuchte, mich zu beruhigen. Erst war ich kaum zugänglich, sah wie ein geschlagenes Tier in eine Ecke und erinnerte damit an einen misshandelten Gaul. Aber als der Tonfall sich nicht ins Aggressive verkehrte und ich etwas mehr Kontext bekam, beruhigte ich mich etwas. Das lag auch an dem Medikamentencocktail, den ich immer noch bekam. Es waren Sachen, die etwas halfen, eine Panikattacke oder Angst abzuschwächen, denn die psychischen Wunden waren tief, aber tief da drin hatte ich nicht vergessen wer ich war. Mairtin. Dieses Bewusstsein hatten die Stillen Brüder ebenso wahrgenommen und in den Bericht einfließen lassen. Oben drein hatte ich schon bei meiner Ankunft eine Runde Blut bekommen. Auch das unterstützte mein Immunsystem. Mein Gehirn verarbeitete die neuen Informationen, der Soldat in mir war erwacht. Dennoch brauchte ich etwas Zeit, denn das Fieber verlangsamte mich noch immer. Aber es war immerhin unter 40 Grad. Das erste Mal. Ich ließ es zu, dass die Wunden und dergleichen versorgt wurden und dann nickte ich. Kein einziges Zusammenzucken. Als Soldat hatte ich einfach zu viel gesehen. Bevor ich fragen konnte, welches Institut gemeint war, kam direkt eine neue Frage, die ich dann als erstes beantwortete. "Ich erinnere mich an Dich Xiao" und ging sofort auf das Du ein. Mit meinem irischen Akzent sprach ich seinen Namen etwas anders aus. Ob er von hier war? Das wusste ich nicht. So tief kannte ich mich kaum in der Namensgebung aus. Einem Instinkt folgend sagte ich dann, "Ich bin Mairitin Connolly." Und erst einmal musste ich wieder durchatmen, ehe ich ein oder zwei Schlücke trank

"An die Brücke und... das Nelson da war... aber dann.." Weg. Ich nickte wieder nach einigen Minuten, als er meinte, ich wäre hier in Sicherheit. An den Kampf konnte ich mich zunächst nicht erinnern. "Institiut?", fragte ich stirnrunzelnd, während ich versuchte, mein fiebriges Hirn in Gang zu setzen. Militärische Informationen abgleichend suchte ich nach einer Lösung, welche Instititution gemeint sein könnte, aber eine passende wollte mir nicht einfallen. Soweit ich wusste, saßen die japanischen Militärbasen an anderer Stelle. Das passte nicht richtig zusammen. Die Musterung entging mir dieses Mal nicht und ich wurde etwas neugieriger, antwortete nicht mehr nur zitternd wie Espenlaub. Die Medikamente, aber auch die Stimme Xiaos schienen zu helfen. Instinktiv agierte ich, nahm Schwingungen des Friedens und der Ruhe wahr. Wieder fielen mir diese Zeichen an Xiaos Hals auf. Also keine Einbildung des Fiebers und mein Blick der meeresgrünen, noch immer fiebrig glänzenden Augen blieb kurzzeitig daran hängen.

"Ich kann mich an keine Basis in dieser Gegend erinnern. Aber meine Informationen sind drei Jahre alt... Dennoch ich bin verwirrt, noch gesteigert dadurch das du ein Zeichen am Hals trägst das so aussieht wie die die ich seit zehn Jahren sehe aber sonst keiner."
Xiao ließ ihm die Zeit, die er brauchte. Das Fieber schien noch immer in ihm zu wüten und den einfachsten Gedanken zu verhindern. Dabei war das, was hier besprochen wurde, so wichtig, daher war es wichtig, mit bedacht vorzugehen, ab und an inne zu halten bis die Worte zu ihm durchgedrungen sind, das er sie verstand. Wenn er ihm hier, selbst liegend, zusammenbrach, war niemandem geholfen, daher wartete der Chinese geduldig. Um ihm die Angst zu nehmen, sortierte er die Themen neu. Das, was Mairtin am meisten Schwierigkeiten machte, musste als erstes geklärt werden, damit dieser sich entspannen konnte und er zugänglicher für das Folgende wäre.
„Wir sind keine Militärbasis...“, berichtigte er ihn ruhig und überlegte, wie er ihm plausibel machen konnte, was hier vor sich ging, ohne wie ein Verrückter zu klingen. Dinge, mit denen er aufwuchs waren für normale Menschen unvorstellbar. Wer würde glauben, das es Dämonen gab? Vampire, Schattenwesen, die es zu bekämpfen gab?
„Diese Zeichen, die ich trage, sind Runen und werden von unseren Soldaten getragen, damit sie besser gegen Dämonen, Vampiren und andere Wesen kämpfen, die die Menschheit bedrohen.“, entschied er sich für die Wahrheit, da er vom Lügen selbst nichts hielt. Was nutzte es, wenn er die Dinge, um die es hier ging, beschönigte, es Mairtin jedoch nur verwirrten und neue fragen aufwarfen? Am Ende würde er ohnehin weiteres Wissen wollen, wenn Xiao dann erst mal anfangen würde, sich zu erklären, wäre es einfach nur noch verwirrend. Das Kind beim Namen zu nennen war daher die beste Lösung.
Das er sich an ihn erinnerte, ließ ihn leicht Schmunzeln, gefolgt von einem kleinen Nicken. Das war schon mal gut, das er sich an dieses winzige Detail erinnerte. Selbst konnte er nur erahnen, wie es sein konnte, in einer Umgebung aufzuwachen, mit der er nichts anfangen konnte, unter den Blicken der schweigenden Brüder oder anderen Menschen, die man nicht kannte. Die Entscheidung, zu ihm zu kommen, stellte sich als richtig heraus. Wenigstens etwas vertrautes, wenn auch nur ein kleines Detail in dieser Informationsflut, die auf ihn einbrachen.
Keine einfache Situation.
„Da du diese Zeichen sehen kannst, bist du wohl einer von uns, auch wenn du wohl keine Kenntnis davon hast.“ sein Blick richtete sich wieder auf dessen Züge, die verständlicher Weise ein wenig verwirrt drein schauten. Doch noch mehr ins Detail zu gehen, konnte warten, bis er soweit war oder ihm diverse fragen eingefallen waren, die Klarheit in den Berg von Ungereimtheiten bringen würden.
Xiao erhob sich, füllte das Wasserglas nach, von dem Mairtin ein paar schlucke genommen hatte und setzte sich wieder – nun selbst ein Glas in den Fingern haltend, an dem er ab und an nippen konnte. Kaffee oder Tee wäre ihm lieber gewesen, aber das wäre hier wohl zu anspruchsvoll. Zudem wollte er nun niemanden los scheuchen, um ihm seinen Wunsch zu erfüllen, wenn es Wasser eben so ausreichte. Hier war nicht der Ort für ein Kaffeekränzchen.
„Mairtin...“ wiederholte er, wobei selbst er mit seinem fast Akzentfreien englisch Probleme mit dem R hatte. Zudem war die Anordnung der Buchstaben nicht grade erträglich für die Asiatische Zunge. Aber wer wäre er, wenn er sich davon abschrecken lassen würde. Ein freund von Spitznamen war er nicht wirklich. Xiao bevorzugte Klarheit.
„Dieser Mann wird dich hier nicht finden, wenn er niemand von uns ist. Das menschliche Auge kann das Institut nicht wahrnehmen. Ein zauber schützt es vor dessen Blicke. Selbst wenn er es wider erwarten sehen kann, kommt er nicht hinein ohne einen Alarm auszulösen. Und all die Soldaten, die er dann aufscheucht...“ Dabei waren es keine normalen Soldaten, aber das erwähnte er nun nicht, denn es spielte keine Rolle. Wichtig war, das Mairtin sich erst mal erholte und er sicher war.
„Dieser Mann ist mehrmals ins Wasser gefallen, wo ich auch dessen Waffen versenkt habe... er wird wohl einige zeit beschäftigt sein, als dich zu suchen...“ Das Nelson sich einfach neue Waffen besorgte, war möglich, doch dafür würde er Japanisch sprechen, und sich mit der Mafia anlegen müssen, denn in Japan an Waffen zu kommen...
„willst du noch irgendwas wissen?“, fragte er ruhig, nippte an seinem Glas und ließ den Blick derweil auf ihm ruhen.

Mairtin Connolly

In meinem dunkelblonden Kopf sortierten sich einige Gedanken. Allzu einfach war das nicht mit dem Fieber. Doch immerhin sah der Kopf nicht mehr ganz so rot aus, auch wenn der Schweiß mir noch immer auf Stirn und Brust standen. Dass es mir aber tatsächlich besser ging, war offensichtlich. Warum? Meine Brust pumpte nicht mehr ganz so heftig wie ein Blasebalg, der Atem hörte sich nicht mehr so rasselnd wie noch vor ein paar Tagen an. Kurz um, die Medikamente waren genau das Richtige und schlugen an. Keine Militärbasis also. Was aber dann folgte, hätte ich niemals vermutet. Meine Augen wurden größer. Das war nicht etwa ein noch wirrerer Fiebertraum, oder?

Die Gedanken rasten in meinem Köpfchen. "Ähm, Moooment... Dämonen.... Vampire....? Das gibt es doch nur in F...." Wir steckten hier doch nicht in Twilight oder so. Wie ich überhaupt von den Filmen wusste? Ganz einfach. Wenn Du in Afghanistan auf Mission bist und eine Soldatin einen, die halbe Nacht lang während des Marsches zuquatscht, bleibt irgendwie etwas hängen. Erst recht, wenn Du der jungen Soldatin gleich zweimal nonverbal die Leviten lesen musstest, da absolute Stille verlangt worden war. Am Ende hatte ich sie mit ihrer eigenen Käsesocke geknebelt, damit wir schlafen konnten. Normalerweise war es nicht so, dass ich keinen Spaß verstand oder dergleichen.

Ich stoppte, machte die Augen schmal, nahm seine Erscheinung in mich auf. Er wirkte zu ernst, auf dem Boden der Tatsachen angekommen und Kampffähigkeiten hatte er auch, soweit ich mich erinnerte. Der Soldat in mir nahm wieder die Fakten auf, setzte die Informationen zusammen und ich schluckte. Das ganze traf mich mit einer Gewalt eines Backsteinziegels, der auf den Hinterkopf prallte. Wie war das? Ein Löwe versuchte sich durch die Katzenklappe zu quetschen. Durch die Katzenklappe für Hauskatzen oder so etwas. Ich überlegte kurz. Das passte aber auch zu dem Auftauchen dieses Personals. Die wirkten nämlich auch nicht wie die Standardausgabe von Doktoren oder so. Ich erfuhr aber immerhin mehr über diese Zeichen. Runen nannte Xiao sie.

In der nordischen Mythologie waren es wohl auch Schriftzeichen. Die sahen aber anders aus. Offenbar trugen diese hier tatsächlich eine mythische, mystische Bedeutung und tatsächlich eine gewisse Kraft. Der Mann strahlte das Selbstvertrauen dafür aus, so verrückt das war. Naja, in Afghanistan hatte ich auch einige Idioten erlebt. Nur der hier wirkte nicht wie ein Idiot. "Und gleich erfahre ich, dass hinter jedem zweiten Pitbull oder irischem Wolfshund ein Werwolf steckt?", versuchte ich einen Scherz, ohne zu ahnen, wie nah ich der Wahrheit gerade kam.

Ich war aktuell erst einmal nur froh, Nelson und dem Dreckskerl, der mein Vater war, entkommen zu sein. Mit viel Glück. "Was.... wie einer.... von euch...? Ich bin Sohn eines Oberst.... Soldat der britischen Armee, Lance Corporal." Das Fieber sowie die Ruhe und die Bestätigung hier in Sicherheit zu sein, führten dazu, dass ich ein wenig mehr Informationen über mich preis gab, als mir zunächst klar war. In meinem Kopf rasten die Gedanken mit der Geschwindigkeit und der Energie eines verdammten Kampfjets hin und her. Dann merkte ich, was ich eben gesagt hatte und ich biss mir kurz auf die Lippe. War das gut? Schlecht? Eine neue Welle der Angst wollte sich aufbauen. Dabei fiel mir nun auf, dass meine Sachen nicht da waren. Oder ich konnte sie nicht sehen. Erst nach ein wenig umsehen entdeckte ich die Soldatenmarke. Das war das einzige, was mir Wichtig war und ich streckte mich ein wenig, um das Ding zu schnappen.

Die Marke, Hundemarke, wie sie manchmal auch genannt wurde, diente der Identifikation eines toten oder verwundeten Soldaten, wenn der Zustand des Körpers oder der Uniform dies nicht mehr zuließen. Manchmal war eine Soldatenmarke die einzige Möglichkeit, die Überreste eines Toten zu identifizieren, sodass die Hinterbliebenen zumindest etwas bekamen, das sie an den Verstorbenen erinnerte, wenn kaum etwas zum Begraben blieb. Es war schmerzhaft, mich dem nun wieder zu stellen. Aus irgendeinem Grund machte es mir Angst. Ein Zittern durchlief mich wieder. Xiao sprach meinen Namen eher englisch aus, weniger Betonung auf dem R und es lenkte mich etwas ab. Dann sagte er, dass Nelson mich hier nicht finden konnte. Oder mein Vater und dabei trank er selbst. Damit war mir auch klar, dass die Getränke nicht vergiftet waren. Allerdings wäre es eh zu spät oder? Ich hatte ja schon getrunken und wenn sie meinen Tod wollten, hätten sie mich ja nur liegen lassen. Ich begann also tatsächlich etwas zu entspannen. Ob der Griff nach der Soldatenmarke dabei half? Vielleicht.

"Unfreiwillig planschen, nicht schlecht. Das war ein Tritt in sein Ego" sagte ich dann mit schwacher Stimme und ließ den Blick schweifen, bis mir ein weiteres Zeichen über der Tür auffiel. Es war in einem ähnlichen Stil, wie das auf Xiaos Hals, sah allerdings trotzdem anders aus. Das hieß, eine andere Bedeutung. Mein Kopf versuchte weiter einige Dinge zu sortieren, ohne zu wissen, wie viel sie schon über mich wussten, noch dass dieses medizinisches Personal den Inhalt meiner quälenden Träume kannte. Die Augen waren noch immer gerötet, die Schleimhäute blass. Man sah es mir an, dass ich noch immer krank war. Allerdings nicht mehr so heftig, wie noch vor ein paar Tagen und fast dem Tod geweiht. "Soldaten... gegen .... Vampire und Dämonen also? Eine Art Geheimgesellschaft?" hakte ich nach und fasste die wenigen Informationen zusammen, brachte sie auf den Punkt.

"Das wird er wohl wirklich nicht so einfach schaffen. Er spricht die Sprache nicht und er wird Angst haben, mein Abhandenkommen zu beichten, dürfte ihm nicht schmecken." Ich dachte kurzzeitig nach. Was wollte ich eigentlich nun? Also, was wollte ich tun? Wie viel wussten sie von mir? Sollte ich mich öffnen? Hilfe annehmen? Es wäre nicht schlecht, eventuell jedenfalls. Ohne dass ich es bemerkte, sprach ich, "es macht keinen Sinn, in die Armee zurückzugehen. Da werde ich wieder Freiwild. Die Erklärung werden meine Vorgesetzten, sofern sie leben, nie glauben, noch können sie eine erneute Entführung verhindern." Damit bewies ich einen analytischen Verstand, einen taktischen Verstand und mir waren trotz des Fiebers die Möglichkeiten klar, etwas Neues anzufangen. Andererseits wollte ich auch, dass der alte Sack bezahlte, abrechnen. Auch dieser Wunsch zeigte mein Gesicht nur allzu deutlich.

Und dann spuckte ich noch etwas anderes aus, das mir im Kopf herumgeisterte. "Ich verstehe nicht, wie oder wieso ich Teil dieser Welt sein könnte oder soll. Keiner in meiner Familie kann diese ... Runen sehen... Soweit ich weiß. Bei meinem Bruder weiß ich es nicht." Das war eines der wenigen Geheimnisse, die ich vor meinem eineigen Zwillingsbruder gehabt hatte.

Fähige Hacker könnten eventuell mithilfe meiner Soldatenmarke auch an die dazugehörige Akte über den seit drei Jahren verschollenen Lance Corporal Mairitin Connolly gekommen sein und mithilfe von Google die Geschichte der Familienfirma sowie dem Zwillingsbruder, der kurz zuvor verschwunden war, aber etwa drei Wochen nach meinem Verschwinden wieder in der Wirtschaftswelt auftauchte, gefunden haben. Letzteres war aber ICH gewesen, nicht Michael. Offiziell war der Geschäftsführer in einem etwas längeren Urlaub und Kuraufenthalt gewesen.
Ein leises schnauben war es, was er von sich gab. Eine natürliche Reaktion von seinem Gegenüber, mit der er zweifelsohne gerechnet hatte. Erzählte man von Dämonen, Vampiren, war das Erste, was sie dachten, a Filme, Bücher. Das diese Wesensgestalten natürlich auch irgendwo ihren Ursprung hatten, bedachte keiner. Oder ging alles und jeder davon aus, das es irgendwann mal einen Verqueren Geist gegeben hatte, der alles erfand? Wohl kaum und doch konnte er ihm diese Reaktion nicht mal absprechen, hätte er doch auch so ablehnend reagiert, wäre Xiao selbst nicht mit all dem aufgewachsen. So blieb es ihm nur, sich zu gedulden, bis Mairtin es für sich verdaut hatte, das all das hier, kein Scherz war. Aber eines musste man den Menschen zu Gute halten. Wenn sie noch immer so naiv auf die Eröffnung reagieren, das die dunklen Wesen aus den Geschichten, echt waren, mussten sie ihren Job ja richtig machen.
Wäre die Situation nicht so ernst und gefährlich, wäre das Mienenspiel, welchem er zeuge wurde, tatsächlich lustig, so aber wartete er ab. Mit dem, womit er sein Leben verbrachte, machte Xiao keine Scherze, zu ausgedünnt waren ihre reihen da es nun mal mit sich zog, das sie recht früh starben. Die Wesen aus der Schattenwelt schienen einfach kein Ende nehmen zu wollen. Aber das war Stoff für schlaflose Nächte oder endlose Nachtschichten, nicht aber um jemanden zu beruhigen und zu vermitteln, das er sicher war.
„Nicht unbedingt, aber möglich ist es.“, stimmte er der Vermutung mal pauschal zu. Zu sagen das die Häufigkeit so groß war, wäre aus der Luft gegriffen, aber dennoch möglich. Ohne passende Ergebnisse konnte Xiao keine verlässlichen Ergebnisse bieten, auch wenn es Nahe lag.
„Irisch.... dann kommst du aus Irland?“, fragte er rundheraus, denn auch wenn er die Akten gelesen und studiert hatte, gab es manche Dinge, die man besser persönlich klärte, als sie von nacktem Papier abzulesen, welches zwar viele Fakten bot, jedoch keine Emotionen. Daher also der Akzent, der sich so amüsant anhörte. Vorerst machte er sich gedanklich einen Vermerk, um gegeben falls später darauf zurück zu kommen oder für eine kleine Annehmlichkeit aus der Heimat zu sorgen, doch das war vorerst nicht wichtig.
„Du musst entweder das zweite Gesicht haben, um die Runen zu sehen, oder Nephilim Blut in dir haben. Das eine schließt das andere nicht aus. Das heißt, selbst wenn du bei den Menschen ein Soldat warst, kannst du es in dir tragen. Wenn man es dir als Kind nicht beigebracht oder gar vor die geheimgehalten hat...“ Er brauchte den Satz nicht zu beenden, denn es war offensichtlich, was er meinte. Lernte man als Kind nicht, was man war, erfuhr man es nicht, bis man auf diejenigen traf, die involviert waren. „Irgendwer in deiner Familie muss Engelsblut haben oder das zweite Gesicht und es verborgen haben.“ Nur weil man eines von beidem besaß, bedeutete es nicht, das man kein normales Leben führen konnte. Schlecht für die eigenen Reihen, aber nicht für den Betreffenden selbst.
Xiao beobachtete, wie der Patient nach seiner Marke angelte, ohne sich auch nur einen Deut zu bewegen. Dein Eindruck, das er nicht an die eigenen Sachen durfte, wollte er nicht vermitteln, schließlich war er kein Gefangener.
„Deine restlichen Sachen sind dort im Schrank verwahrt. Es ist alles noch da.“, versicherte er ihm mir ruhiger, warmer Stimme. Hier gab es niemandem, der am Besitz anderer Interesse zeigte, jeder respektierte den anderen.
„Ja, so gesehen... wir sind Soldaten und bewahren die Menschen vor Dämonen und eben all das, was sich von ihnen ernähren will..“, stimmte er der Frage zu, nickte sogar leicht. Wir wachsen alle schon als Kinder mit dem Wissen auf, welches dir fehlt. Die Menschen wissen nichts von uns und das ist auch gut so...“ Er drehte das Glas ein wenig in den Fingern und ließ den Blick dabei auf Maritin ruhen. Was in diesem vorging, konnte er nur raten. Wissen von Jahrzehnten verdaute man nicht eben in ein paar Minuten insbesondere nicht, wenn man erfuhr, das es neben der normalen, bekannten Gesellschaft noch eine magische existierte, von der man bis jetzt nie etwas geahnt hatte. Selbst wenn man aus Irland kam, wo die Magie und das mystische Feingefühl ausgeprägter war, als im Rest er ganzen Welt.
Als erneut dessen Stimme erklang, hob er den Blick von der weißen, fein gestreiften Bettdecke, deren Streifen sich farblich an den Rest anpasste. Sein Blick richtete sich auf dessen Züge. „Nimm dir erst mal Zeit, gesund zu werden. Niemand wird dich vor die Tür setzen, dafür sorge ich schon.“ Selbst wenn er gesund war, gab es noch genug Zimmer, auf denen man ihn unterbringen konnte. Wichtig war, das er zur Ruhe kam, dann konnte er sich Gedanken um die Zukunft oder eventuelle Rache machen, von der Xiao nichts hielt. Aber das war nicht seine Entscheidung.
„Etwas zu wissen und für sich zu behalten, ist etwas, das manche zu ihrem Schutz entscheiden. Unglaube? Eigenes Unwissen, es gibt viele Möglichkeiten. Du hast eine Entführung erwähnt.. denkst d jemand, der einen anderen entführt, gibt einfach Geheimnisse preis, die ihn schwächen können?“ Leicht schüttelte er den Kopf. „Es ist schwer, aber werde erst einmal gesund, bevor du dir wegen so was den Kopf zerbrichst.“ Die Entscheidungen oder Wege anderer zu verstehen oder nachzuvollziehen war selbst im gesunden und wachen Zustand nicht leicht. Fakt war, irgendjemand musste es in der Familie geben, andernfalls würde er die Runen nicht sehen können.
Um ihn von den trüben Gedanken zu lösen, fiel ihm etwas anderes ein. „Erzähl mir von Irland. Ich war noch nie dort.“, forderte, jedoch in einem leicht neugierigen Ton, der zwar fordernd war, jedoch auf keine negative weise.

Mairtin Connolly

Mir entging nicht, wie ernst es dem Mann mit den Dämonen und Vampiren war. Das war kein Scherz, sodass meine Natur als Soldat wirklich von Vorteil war. Warum? Ich schluckte die Kröte leichter, denn ich kannte es aus meinem Job, mit ungewohnten oder besser surrealen, schrägen bis weilen auch sehr brutalen Situationen umzugehen, die die meisten Menschen in ihrem Leben kaum erleben würden. In Afghanistan war ich in Kontakt mit Bomben, Raketenwerfern und Co gekommen, hatte auch die Leichen von zerfetzten Soldaten gesehen. Oder sterbende Soldaten, denen Beine oder Arme fehlten oder Teile der Gedärme aus dem Körper hingen. Eingehende Anschauung der menschlichen Anatomie hatte ich hinter mir. In mehrfachen Akten, um genau zu sein. Auch Soldaten, die sich die Hosen vollschissen oder pinkelten waren mir nicht fremd. All diese Erfahrungen halfen mir nun, das hier zu verdauen. Immerhin stand hier kein nach Blut dürstender Vampir oder ein Werwolf, der auf der Suche nach seinem XXL-Pedigree to go war. Ich vermutete, beide Spezien hätten deutlich größere Probleme, als mich. Denn aktuell war ich noch nicht kampffähig. Absolut nicht. Das wusste ich und auch Xiao schien dies bewusst zu sein. Ich spürte, wie die Kopfschmerzen wieder etwas stärker wurden. Was sie an Medikamenten verpasst hatten, musste mächtig viel gewesen sein. Denn ich fühlte mich besser. Auch wenn es noch ein Weg zu gehen war, auch wenn ich schon dabei war. Kurz um, ich war von den Zehen bis zu den Haarspitzen vollgeblasen mit dem Zeug war.

"Ja, ich bin aus Irland. Nordirland, um genau zu sein." Sonst wäre ich kaum Teil der britischen Armee. Wieder musste ich husten. Zwar war das lästig und unangenehm, in Anwesenheit eines praktisch fremden Menschen, aber scheißegal. Das ließ ich nicht nach außen dringen. Ich war da ganz anderes gewohnt aus der Armee. Dort hatte ich auch die eine oder andere Verletzung eingesteckt, um Kameraden zu retten. Es war mir wichtiger, den Schleim aus den Lungen loszuwerden, die ohnehin mein Schwachpunkt waren. Die waren auch der Grund, warum ich gewiss kein Kampfflieger oder Fallschirmspringer werden durfte. Die Wahrscheinlichkeit, dass das meine Lungen nicht dauerhaft packten, war recht hoch. Und mir war klar, dieser verdammte Schleim musste raus, schnellstmöglich sogar. Es hörte sich noch heftig und furchtbar an, aber längst nicht mehr ganz so übel wie noch vor einigen Tagen. Es wurde besser. Erneut runzelte ich die Stirn und fragte dann nach, "was sind Nephilim? Und das zweite Gesicht? Letzteres klingt wie eine Fähigkeit, die nicht alle haben und ersteres... Nephilimblut... Vererbung. Genetik", bekam dann aber die Bestätigung. Ich musste kurz überlegen. Da war irgendwo eine Ungereimtheit in meiner Familie, das war mir trotz des fiebrigen Kopfes klar. Warum? Die Antwort lag auf der Hand. Unter dem fanatischen Vater hatte ich die Familienhistorie auf dem Kasten. "Soweit ich mich erinnere, lässt sich die Historie bis zur zwölften Generation rückwärts verfolgen. Das kann ich mir ....." Irgendwo war auch der Adel im Spiel, über eine Bastardlinie, um genau zu sein. Plötzlich wurden meine Augen groß. Denn mir wurde etwas klar. Oh Scheiße. Es gab eine Möglichkeit. UFF. DAS war allerdings ein Brocken, einer, der Übelkeit aufsteigen ließ. Meine Mutter könnte durchaus fremdgegangen sein. Das würde die Unnahbarkeit sowie den Hass des Mannes erklären, der meine Entführung in Auftrag gegeben hatte. Ähnlichkeit zwischen Michael beziehungsweise mir und ihm gab es nicht. "Oder das ganze kann Generationen überspringen, wäre aber seltener in der Vererbung." Dank meines Interesses an Biologie sowie Pferden und der Tatsache, dass ich früher aktiv geritten war - Dressur und Springen - wusste ich genug über die Vererbungslehre.

Aus irgendeinem Grund war mir langsam etwas schlecht geworden. Das war wohl alles trotzdem nicht einfach, grade, weil ich angeschlagen war. Kurz nachdem ich meine Soldatenmarke in den Händen hielt, erfuhr ich auch, wo die anderen Dinge waren. Doch ich schüttelte nur den Kopf. "Das... sind eher Dinge, die... nicht ...MIR gehören." Das Wörtchen mir betonte ich dabei genau, so als ob ich einen Unterschied bedeuten wollte. "Diese Dinge gehören der Person, die ich... darstellen... sollte" und deutete damit an, dass ich dabei war, mich zu lösen, mich selbst zu finden. Mit aller Gewalt und Kraft, die mir nun zur Verfügung stand, versuchte ich in meinem Kopf ein paar Dinge geradezurücken, auch wenn es weh tat, sich noch einmal der Brutalität meiner sogenannten Eltern zu stellen. Aber die Aussicht jetzt alle Zeit zu haben, die ich benötigte, zu heilen, ließ mich diesen Sprung tatsächlich wagen. Wie ein Springpferd, das etwas unpassend ans Hindernis herankam, trotzdem Maß nahm und sich zu einem abartigen Sprung in die Höhe schraubte.

"Ich denke, ich kann verstehen, warum es gut ist, dass die, ähm kann man sagen, normalen Menschen, nichts davon sollen oder müssen. Es verhält sich ähnlich mit den Operationen in Kriegsgebieten und dergleichen." Oder auch die Wirtschaft. Das war alles dasselbe Lied - nur mit unterschiedlichen Takten, bis viele es nicht mehr merkten. Es wurde mit vielen Stimmen gesungen. "Die Folge wären sonst Destabilisierung von Staaten oder sonstiges Chaos." Die schneller pochende Halsschlagader zeigte, wie aufregend das grade für mich eigentlich war, auch wenn ich nach außen hin einigermaßen ruhig war. Schweiß sickerte in die Laken. Kalt war mir nicht. Dass die bestehenden Muskelpartien betont wurden, bemerkte ich nicht und auch wenn ich abgenommen hatte, den Waschbrettbauch hatte ich immer noch. Auch als Geschäftsmann hatte ich ein gewisses Trainingsprogramm durchgezogen, völlig aus der Form gekommen war ich also nicht. Wieder musste ich husten. Dann schnappte ich mir ein Taschentuch, um den Schleim auszuspucken. Schlucken war meistens weniger gut, damit verblieben die Bakterien nur länger im Körper. Ich nickte dankbar, ob der nächsten Aussage, langsam begann ich mehr zu entspannen. Er sagte, dass es eine Schwäche wäre, etwas zuzugeben. Das stimmte.

"Eine Schwäche ja... er würde es als Schwäche seiner selbst ansehen, wenn er nicht.... selbst seine Frau..." Gott der Gedanke drehte mir praktisch fast den Magen um und ich war kurz davor zu kotzen. Sex mit Frauen war mir schlichtweg zu wider und der Gedanke, wie meine beiden Eltern oder auch nicht. IGITT! NEIN. Ich schüttelte kurz mit zusammengekniffenen Augen den Kopf, auch wenn der danach noch mehr wehtat. Xiao fragte nach der Entführung. Ich nickte, nun da ich wach war, in Sicherheit, kam ich nicht umhin, darüber zu sprechen. "Das Familienoberhaupt, also der Mann, der sich selbst mein Vater nennt, ich sage bestenfalls Erzeuger, meistens eher Dreckssack" und damit gab ich zu, vor diesem Mann keinen Respekt zu haben, in meinen Augen stand aber auch Angst, "hatte mich entführen lassen, um mich als Geschäftsführer im Familienunternehmen zu installieren, nachdem der letzte verschwunden war. Der war mein eineiiger Zwillingsbruder. Kurz um, eine brutale Runde Bäumchen-Wechsel-Dich." Erst einmal gesund werden, bevor man sich wieder den Kopf zerbrach. Hm, solche Sachen kannte ich gut genug. Die nächste Bitte lenkte aber ab von der düsteren Familiengeschichte der Connollys.

Ganz unvermittelt wollte Xiao dann mehr über Irland wissen. "Es ist ein Land voller Mythen sagen, so grün, wie Du es Dir kaum vorstellen kannst und manche sagen, wir haben mehr Schafe und Pferde, als Menschen. Wir sind wohl auch immer etwas verrückt. Frech auch, zumindest gegenüber der Krone. In Teilen." Kurz darauf ging die Tür auf und einer der Stillen Brüder kam wieder herein, mit zwei Schalen Suppe. Mittels Gedankenübertragung ließ er Xiao wissen, dass es Zeit wäre zu essen und da Xiao nun einmal hier war, doch etwas mehr Zeit vergangen war und die Stillen Brüder merkten, wie der stellvertretende Leiter des Instituts einen Zugang zu mir fand, so einfach, als sei es nichts, hofften sie, dass ein gemeinsames Essen dabei unterstütze. Außerdem stand ein Wetterwechsel an, ein Schneesturm, der die Temperaturen noch eisiger werden ließ. Grund genug, alle kräftig aufzuwärmen, bevor noch mehr Leute krank wurden. Und da Xiao gerade etwas ausgiebigeren Kontakt zu einem schweren Bazillenmutterschiff hatte, nämlich mir, war es bestimmt nicht das schlechteste, die Abwehrkräfte noch einmal zu unterstützen.

Die Suppe war leicht genug für einen Kranken, enthielt aber wichtige Nährstoffe und Vitamine, wirkte dank der Zutaten zudem fiebersenkend beziehungsweise schweißtreibend. Ingwer, der den Kreislauf ankurbeln sollte und den Abwehrkräften half.
Xiao hörte ihm ruhig zu, nickte mal, dann schüttelte er wieder den Kopf, wenn ein Gedankengang nicht stimmte, wie mit dem Nephilimblut. So direkt konnte man es nicht mit den Menschen vergleichen, daher erhob er Einspruch.
„Das Nephlimblut wird in direkter Linie weiter gegeben und ist vorherrschend. Einer deiner Eltern muss es in sich haben. Es überspringt keine Generationen.“, berichtigte er ihn, wobei er ihn ruhig ansah. Nun über Erbfolge und der gleichen zu sprechen, daran hatte er nicht gedacht. Auch war es sicher nicht der rechte Moment dafür, denn geschwächt, wie sein gegenüber war, wäre fraglich, ob er sich über das gesagt morgen noch bewusst war. Und doch verweigerte er sich dem Gespräch nicht und bot Antworten, soweit es ihm möglich war. Nur das konnte Klarheit bringen, Klarheit, die er im Bedarfsfall auch noch mal wiederholen würde, denn das Thema war einfach zu komplex.
Die folgenden Worte, beantwortete Xiao mit eine leicht erhobenen Braue, waren sie doch so kryptisch, das man sie kaum mit irgendeiner Sprache kommentieren könnte, die er kannte. Ob es nun an dem Fieber lag, oder daran, das wirklich etwas in ihm vorging, dessen Kenntnis kein Außenstehender hatte, sei mal dahin gestellt. Mairtin machte nicht den Eindruck, als das er nun Frage und Antwort stehen könnte. Gäbe es düstere Absichten des Chinesen, wäre nun der perfekte Moment, doch wer war er, die Schwäche eines anderen auszunutzen? Informationen wollte er nur dann, wenn man sie ihm freiwillig gab, wenn es sich um keinen Fall handelte, der Leben bedrohte.Zu viel schien im argen zu liegen, was nicht nur mit der Krankheit, eventuelle Schwäche oder Unwissen zu tun hatte. Zudem schien es so viel zu geben, was geklärt werden musste, was den Eindruck vermittelte, das stets neue Fragen auftauchten, als das die eigentlichen beantwortet wurden.
„Hör auf dir darüber den Kopf zu zerbrechen. Wenn es dir besser geht, können wir das alles noch mal besprechen.“, meinte er ruhig, denn jetzt alles auseinander zu nehmen, das es ausreichend verstanden wird, war nicht eben leicht. Auch bei ihrem Volk gab es höhere Politik, die oft noch schwieriger zu verstehen war, als die der Menschen. Dazu Intrigen, eigene Interessen und nebenbei das Wohl des Ganzen. So was verstand man nicht zwischen Tür uns Angel, ganz davon ab, das an es nicht eben erklären konnte, wenn man die Welt an sich nicht kannte. Es gefiel ihm nicht, aber er ließ Mairtin vorerst in dessen Glauben und seinen Schlussfolgerungen, was Operationen und Gebieten anging.
Nur wurde das nächste Thema nicht leichter. Ein Vater, der seinen eigenen Sohn entführte, um ihn als Geschäftsführer einzusetzen, weil der andere Sohn verschwunden war? Leicht runzelte er die Stirn. „Nun in anderen kreise würde man erpresst werden, damit diejenigen ihren Willen bekamen, die die Macht inne haben.“, sagte er sehr leise, wissend, auf welch dünnem Eis er sich bewegte. „Lassen wir das besser.“ Nicht, weil er bedenken wegen Mairtin hatte, sondern weil es hier um den eigenen Hals gehen konnte. Wagen würde es hier keiner, doch konnte es immer den einen oder anderen geben, der lange Ohren machte und Informationen zu seinem Vater brauchte oder eben zu ihren Feinden um weitere Intrigen zu spinnen, macht zu untergraben und den letzten Rest an Einfluss zu nehmen, den die Familie Yun noch hatte. Nicht zu Letzt der Vater Xis, der sich über jegliche Information freuen würde. Familiendynastien stürzen zu sehen war immer eine Freude derer, die grade an der macht waren.
Da war es leichter über ein fernes Land zu sprechen, welches er noch nicht gesehen hatte. „Und neben all dem grün gibt’s diese tiefen Klippen.“, schmunzelte er, da er diese gern mal sehen würde. „Raues Wetter, noch rauere wellen...“ Weiter kam er nicht in der Aufzählungen, denn die Tür öffnete sich. Xiao blickte hinüber und rechnete schon damit, das irgendein Vorfall aufgetreten war, bei dem man seine Aufmerksamkeit brauchte, doch alles, was sie bekamen, war essen. War es tatsächlich passiert, das er die Zeit vergessen hatte? Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihm, das alles noch am Rahmen war, so nahm er die Suppe entgegen und schmunzelte. Gute Udon-Suppe.
Er stellte die eigene Schüssel vorerst bei Seite, stand auf und verstellte das Bett so, das Mairtin sitzen konnte. Es würde das essen erleichtern. Anschließend setzte er sich wieder neben ihn. Das er allein essen konnte, schien soweit zu klappen, sodass er sich um das eigene Wohl kümmern konnte. Geschickt aß er mit den Stäbchen die dicken Nudeln, Der Patient hatte ein nicht ganz so reichhaltiges essen, aber das war wohl ganz gut so in dessen Zustand.
„Soll ich dir richtiges Besteck kommen lassen?“, fragte er, denn ein Europäer und Stäbchen war nicht das, was sich verstehen musste.

Mairtin Connolly

Verwirrung zeichnete sich in meinem Gesicht ab. Kurz weiteten sich die meeresgrünen Augen noch einmal, als ich hörte, dass einer meiner Eltern offenbar Nephilimblut in sich tragen musste und nur eine direkte Vererbung infrage kam. Ich schüttelte den Kopf, ungläubig. "Der Mann... mit dem Namen Connolly... kommt nicht infrage. Aus meiner Sicht." Damit blieb nur meine Mutter oder.... Uff, heilige Scheiße. Oder sie war fremdgegangen. Das war allerdings ein Dinosaurier, der gerade auf mich einkrachte. Das war mir schlichtweg grad zu viel, was man meinem Gesicht auch ansah. In meinem dunkelblonden Köpfchen machte es förmlich BOOOOOOOOOM. Irgendwie versuchte ich das ganze Thema nun erst mal wegzuschieben, dazu ermunterte mich Xiao auch.

Wahrscheinlich war es auch richtig so, denn selbst gesund war das nicht gerade einfach zu begreifen. Man fand ja nicht alle Tage heraus, ein Bastard zu sein. Ob er davon gewusst hatte? Nein, ich war mir sicher, dass das fast nicht der Fall war. Dafür waren beide zu sehr eine Einheit gewesen, oder? Meine ganze Welt stand gerade Kopf und hatte einen doppelten Salto unternommen. Ich war aktuell verdammt schwach, das merkte man mir auch an. Doch ich gewann etwas Vertrauen zu Xiao, eben weil er jetzt nicht hart Druck machte, wie es der alte Sack getan hatte, oder mich zu irgendetwas zwang. Dass ich versuchte Vergleiche zu ziehen war ein ganz normales Verhalten und zeigte die Bereitschaft, sich mehr mit dem Ganzen auseinander zu setzen.

Xiao meinte, dass in anderen Kreisen Erpressung das Mittel der Wahl wäre und wenn es mich nicht täuschte, war da seine Stimme irgendwie gepresst. Aber ich verstand noch nicht warum. Er sprach leise, so als ob er fürchtete, dass jemand weiteres es hören könnte. "Die irische See ist ebenso rau und wild, wie die Steilküste des Cliffs of Moher" kommentierte ich, "aber ebenso schön. Ansonsten" ich machte eine kurze Pause, dachte nach und kurzzeitig stand Wehmut in meinen meeresgrünen Augen, die ebenfalls an die Heimat erinnerten. "Sind wir für unseren bisweilen schwarzen Humor bekannt. Oder die Musik."

Trotz meines psychischen Zustands regte sich da etwas in mir. Musik. Naja, singen würde ich noch nicht können. Die Lungen würden das jetzt nicht hergeben. Aber ich liebte die irische Musik, so vielfältig und mal traurig, mal fröhlich, aber immer mitreißend und inzwischen auch weltbekannt. Bands wie The High Kings oder The Killkennys bewiesen beide, dass es auch wirklich gut und schön klingen konnten. Ed Sheeran war ein weiteres Aushängeschild. Ich selbst hatte auch eine recht gute Stimme, wenn ich nicht gerade krank war. Viele Iren spielten mindestens ein Instrument, sangen oder tanzten auch. Irish Dance war pubulärer denn je. Dabei gab es den Tanz mit Softshoes oder auch Hard Shoes.

Als die Suppen kamen, half Xiao mir, mich besser zu positionieren, sodass es leichter war zu essen. Dabei bewegte er das ganze Bett. Gut, dass das Ding Rollen hatte, sonst wäre es ziemlich schwierig. Ich wog auch immer noch etwas mehr als 80 Kilogramm. Wahrscheinlich wurde es Zeit, dass ich etwas zunahm. Es gab Stäbchen. Geistesgegenwärtig bot Xiao an, anderes Besteck kommen zu lassen. "Hm, wohl besser zur Sicherheit. Ich kann zwar mit Stäbchen essen, aber ich hatte es bisher nicht mit Suppen und Stäbchen in Kombination zu tun. Ein Kampf, den ich zu meiner Schande kläglich verlieren könnte und jeder irische Kobold würde sich noch nie so weit von seinem Regenbogen entfernt gesehen haben" spottete ich über mich selbst. Das war Teil des irischen Humors und die Tatsache, dass er jetzt hervorkam, zeigte, ich war nicht so tot, wie mein Erzeuger - oder wer immer der Mann war - gern gehabt hätte. Und wie ein Dressurpferd, das gelernt hatte vorne zu strampeln, fand ich einen Weg mich aufzurichten, auch mental. Aber es fehlte aktuell der Schub von hinten, ergo die Probleme waren noch immer da, auch wenn ich gut darin war, es zu verbergen.

Tatsächlich stellte ich mich nicht allzu blöde an für einen Europäer, der zum ersten Mal die Nudeln und Suppe bekam. Aber trotzdem ging nicht alles gut. Ob ich aber wirklich etwas dafür konnte? Das stand in den Sternen. In der Suppe war dummerweise Zwiebel beziehungsweise etwas, das nahe genug verwandt war. Zunächst begann es mit einem Husten. Doch durch meine Erkältung kam ich selbst nicht drauf, was da drin war und es waren ohnehin viele Geschmäcker, sofern ich etwas schmeckte.

Während des Essens sagte ich noch, "wir sind ebenso Pferdenarren. Und es heißt, es gibt mehr Schafe als Menschen auf der Insel. Es könnte sogar stimmen. Mitunter blockieren die auch schon mal die Straßen auf dem Land. Und in der Stadt? Na ja keine Schafe, würden manche jedenfalls sagen, ich bin mir da nicht immer sicher. Straßenmusiker oder Tänzer gehören immer wieder zu unserem Bild. Und ich empfehle, die irische Angabe von just off the road nicht immer allzu genau zu nehmen. Trag besser bequeme Schuhe. Das können auch ein paar Kilometer sein, also du bist gewarnt, solltest du jemals dort sein."

Und plötzlich machte sich in einem Hustenanfall eine Nudel selbstständig, flog diabolisch zielsicher mitten zu Xiao, über dessen Schüssel hinweg, bis auf dessen Schritt. Grade wollte ich noch sagen, 'den Nudelweitwurf gewinn ich wohl in der Disziplin beim Essen ohne damit, zu rechnen'. "Es tut mir leid" würgte ich irgendwie hervor, schaffte es irgendwie noch ein Tuch zu reichen.

Doch da wurde das Husten schlimmer, wollte nicht aufhören. Es wurde schlimmer und schlimmer, steigerte sich. Ich beugte mich instinktiv vor, um das Atmen zu erleichtern. Doch es nützte nichts. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich spürte, wie sich langsam meine Kehle zuzog. Ich schnappte nach Luft, griff mir instinktiv an den Hals...
An dessen stelle wollte er nicht sein. Klar, Familiendynastien waren anstrengend, vor allem wegen all der Intrigen, dennoch konnte er problemlos alles bis zur x-ten Generation zurückverfolgen. Bis ins 14Jhd oder sogar noch weiter, wenn er wollte. Inkl. aller Fehltritte, eventuellen Verwandten. Da gab es keine Person, die zufällig auftreten konnte, was das Anging waren die Chronisten sehr genau gewesen. Alles hatte mit Ehre und macht zu tun und die wurde nun mal fast schon höher geschätzt als das leben eines Einzelnen. Das wer über Leichen geht, wäre nicht das erste mal.
Wie also die Verhältnisse bei Mairtin waren, konnte er nicht sagen, schon gar nicht von welcher Seite der Familie das Blut kam, daher sollte es auch kein weiterer Gegenstand der Unterhaltung sein. Vorerst zumindest, bis er wieder richtig auf den Beinen war und eventuell Interesse daran hatte, weiter zu forschen. Vom vertrauen, welches er bis dahin aufbringen musste, ganz zu schweigen. Ungelegte Eier, die er vorerst zur Seite schob.
Xiao hatte kein Interesse daran, Druck zu machen, das half keinem weiter, schon gar nicht in dieser Situation. Es war auch nicht seine Art, so an Informationen zu kommen. Lieber brachte er die Geduld auf, bis Mairtin von sich aus erzählte, grade mit diversen Erfahrungen, Erlebnissen und dem, was dieser erlebt hatte. Zumindest insofern Xiao davon Kenntnis erhalten hatte. Bis jetzt hatte er die Akte noch nicht gesehen, die es irgendwo geben musste, doch bis jetzt saßen seine Leute noch immer dran. Sie suchten sie nicht, weil sie Mairtin zu irgendwas überführen wollten, sondern um zu erfahren, was sie sich ins Haus geholt hatte, was er für ein Mensch war und wie sie ggf. weiter mit ihm verfahren würden. Eine schlichte Absicherung ihrerseits, die nicht an die Öffentlichkeit oder an Unbefugte weiter gereicht werden würde. Allenfalls er selbst und Xi würden vom Inhalt erfahren.
„Schwarzer Humor? Nun, mir sagt man nach, ich hätte keinen!“, schmunzelte er, lehnte sich ein klein wenig zurück und musterte ihn. Die Gegend, die er beschrieb, würde er gern mal sehen, das stand außer frage, doch bis jetzt hatte er seinen Urlaub damit verbracht, nichts zu tun. Wenn er denn mal in den Genuss kam, welchen zu nehmen. Oft kam etwas dazwischen, das er diesen abbrechen musste, so kam er selten dazu, weg zu fliegen. Dämonen gab es auch im Ausland, so auch die Arbeit. „Die Musik hingegen ist recht außergewöhnlich... und wild.“, überlegte er, wobei er sich fragte, ob es in diesem Bereich der Musik überhaupt entspannende Klänge gab. Wenn man daran dachte, hatte man eher das Gefühl des Aufbruchs, der Wildheit, man konnte nicht stillsitzen.
Xiao kam der Bitte nach und ließ Löffel und Gabel bringen und wartete, bis alles gebracht wurde, ehe er selbst aß. Es war einfach Höflich und gastfreundlich, selbst wenn das Essen bis dahin nicht mehr ganz so heiß war. Damit konnte er leben.
„Kobold? Regenbögen?“, fragte er verwundert und konnte beides nicht mit dem in Einklang bringen, was Mairtin vielleicht meinte. Vielleicht war das der Beweis, das er wirklich keinen Humor hatte, er konnte es nicht sagen. Lieber nippte er an seiner Suppe und genoss die Wärme, die die Suppe mit sich brachte, dazu der angenehme würzige Geschmack.
Aufmerksam hörte er dann den Erzählungen zu und konnte sich gut vorstellen, was er da beschrieb. „Wir reiten auch.“, warf er ein und wollte das Schmunzeln nicht ganz verbergen. „Mein Pferd steht unten und ist ein Biest, das andere Tottrampeln würde, wenn ich es ließe...“, erzählte, was auch beinhaltete, das es gern um sich biss. Schwierig, da es so nur von sehr ausgewählten Leuten versorgt werden konnte. Dafür genoss Xiao die Ausritte umso mehr. Ungebändigte Wildheit...
seine Gedanken stoben auseinander, als Mairtin plötzlich Husten musste und dessen Nudel, die er hatte essen wollen in seinem Schoß landete. Nicht mit Absicht, das wusste er. Dennoch verfiel er kurz in schweigen, jedoch ohne verlegen zu werden. Das Geschehen glitt von ihm ab. Fast schon, als würde es ihn nicht betreffen, nahm er das Tuch entgegen und entfernte das Überbleibsel, das nichts bei ihm zu suchen hatte. Anschließend wanderte das Tuch im Müll. Wenigstens brachte das ungewollte Geschenk keine Flüssigkeit mit sich. Die Kampfmontur war doch recht Flüssigkeit abweisend, wenn er nicht gleich Literweise abbekam.
„Alles in Ordnung?“, fragte er dennoch, ehe er die eigene Schüssel wieder zur Hand nahm, um die Brühe zu trinken. Da das Husten und Würgen jedoch kein Ende nehmen wollte, stellte er die schale weg und ging zur Tür, wo er einen der Brüder zu sich rief. Kurz fasste er die Lage zusammen, erwähnte die Zwiebel, die wohl in der Suppe geschwommen haben musste und auf die er reagierte. Der Bruder nickte ihm zu und kümmerte sich um den Patienten, erleichterte ihm das Atmen, sodass Mairtin sich beruhigend konnte. Xiao wartete derweil neben der Tür, um nicht im weg zu sein. Effizienz, die ins Blut übergegangen war.
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