Wind Beyond Shadows

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Mairtin Connolly

Langsam war ich immer ruhiger geworden und die guten Tage waren deutlich mehr geworden. Dabei half mir mein Hengst Devilstar. Ein Warmblut von 1,90 Metern Stockmaß. Er hatte eine ganz andere Gestalt als die anderen Pferde hier, die alle eher gewaltige Kaltblüter waren. Zwar besaß mein Holsteiner nicht deren Kraft, war dafür aber schneller, wendiger und sprungstark. Auch das war kein Wunder. Er war auf bestes Springblut gezogen und entstammte einem starken Leistungsstamm. Nicht immer ganz einfach, verstand, der kluge Hengst es auch in die Luft zu gehen, wenn ihm etwas nicht passte oder er sich erschrak.

Das ging sehr schnell, denn seine Mutter war eine Halbblüterin, ebenso eine Großmutter. UPS. Englische Vollblüter brachten viel Geschwindigkeit mit rein, aber mitunter gingen sie auch hoch wie Raketen. Der dunkelbraune sprang ganze Häuser, war aber auch ein Quatschkopf. Er passte damit bestens zu mir. Heute hatte der Hengst wieder einen Clown gefrühstückt und beim Hufeauskratzen grabbelte er mir über den Rücken, massierte mich sozusagen. Dabei zog er mir den Pullover hoch, bis die Nieren beziehungsweise ein großer Teil des Rückens frei lagen und eine der ganz feinen Narben zu sehen war. Ups.

„Na? Bist Du wieder auf der Suche nach Leckerchen? Vergiss es, Dickerchen. Noch nicht. Wenn Du so viel bekommst, wie Du willst, wirst Du noch fett.“ Ich setzte den Huf des Holsteiners wieder ab, während der meinen Rücken genau untersuchte. Dabei nahm ich mir den nächsten Huf. Er sah von den Hufen her gut aus, aber die Muskulatur gefiel mir nicht richtig, der Hals sah nach Rollkur aus. Da würde ich arbeiten müssen. Aber es war nicht unmöglich und ich ritt ihn wie früher – reell. „Wehe du sabberst mir gleich den Arsch voll“ und kurz darauf sattelte und trenste ich auf.

Heute stand eher Dressurarbeit an und dann noch etwas ausreiten, je nachdem. Ich ahnte ja nicht, dass wir gleich noch Gesellschaft bekommen sollten. Ein Geräusch ließ mich aufsehen. Noch jemand kam hier her und genau in diesem Augenblick schob mein Pferd mir die Nase zwischen die Beine, brachte alles zum wackeln und suchte nach Leckerchen. Der Hengst bekam eine immer längere Oberlippe, weil da war ja was. Nur das war kein Leckerchen, das waren meine Eier! Ding, Dong, und da rutschte alles von der einen Nüster zur anderen. Bei dem Pferd konnte ich manches kurzzeitig vergessen, kam runter.

„Ey! Devilstar!“ Ich schob ihn zurück – ein bisschen Ganzkörperorigami war dazu nötig. „Lass das sein.“ Toll, danke, da mach ich gleich den besten Eindruck. Der kleine Quatschkopf lugte dann unter meinem Arm hervor und lachte. Herrje, ich würde heute Abend richtig baden müssen. Wenigstens war er nicht schon dabei so richtig zu sabbern, wie nach dem Reiten oder Fressen. Dabei konnte er sabbern wie ein König. Erst jetzt sah ich auf, während ich den 4-Punkt-Helm aufsetzte. Ich ritt gewohnheitsmäßig weiter mit Reithelm, Handschuhen, sowie den fairRider Sporen, die unscharfe, abgerundete Bügel besaßen statt Dorne.

„Guten Morgen“ begrüßte ich freundlich und grade noch unsicher, wie ich auftreten sollte. Gestern saß mir noch etwas im Nacken und ich war mir bewusst geworden, dass ich hier Ausländer war. Ich fühlte mich schlichtweg wie ein Pferd auf dem Eis, das aber bitteschön eine S-Dressur gehen sollte, mit fliegenden Wechseln, Pirouetten, rückwärts richten, Levaden und allem. In meinem Kopf ging so einiges hin und her. Der Hengst drehte sich neugierig um und begrüßte die fremde Person von oben. Das war eine Schnupperattacke von oben und obwohl er nicht die Muskelmasse der Kaltblüter hier besaß, war er eine elegante, hoch aufgeschossene, langbeinige Erscheinung.
Chiaki hatte es gesehen und sich schock verliebt. Ihm war es gleich, das dieses Warmblut nicht so groß war, wie andere, oder so massig. Es würde auch gar nicht zu ihm passen. Andere werte spielten eine viel wichtigere Rolle. Das sensible Tier war anhänglich und doch wild, flink und wendig. Arashi der Marwari, passte einfach perfekt zu seinem Besitzer, gab es doch in ihren Wesen so viele Parallelen, die nicht von der Hand zu weisen waren. Hier schien sich Besitzer und Tier gesucht und gefunden zu haben, denn sie passten wie Arsch auf Eimer. So hatte der freche Wirbelwind auch die Aufgabe der Erziehung übernommen und auch wenn er vieles schon wusste, griff er gern auf das Wissen Xi's zurück, der dahingehend mehr Erfahrung hatte. Das war die Bedingung dafür gewesen, das Tier zu bekommen. Was das anging waren sich sein Opa und Xi einzig gewesen. Wenn er ein Tier besitzen wollte, so war er voll und ganz dafür verantwortlich. Manchmal nicht leicht, dennoch machbar, denn er stand ja nicht alleine da.
Heute war wieder Zeit, sich um ihn zu kümmern, so hatte er sich in seine Reitkleidung geworfen, die Stiefel ohne jegliche Art von Sporen über gezogen und machte sich auf den Weg. Wenn es nach ihm ging, würde er ohne alles reiten, aber dann würde man ihm wegen der Unfallgefahr die Ohren lang ziehen. Selbst wenn Xi nicht da war, hatte er recht. Manchmal war es zum Mäusemelken, aber er würde sich nicht beschweren. Besser so, als drauf verzichten müssen, wie er fand.
Noch In Gedanken versunken seinen Mochi kauend, sah er den Fremden schon von der Ferne. Natürlich hatte er die Gerüchte längst gehört. Ein Fremder Europäer fiel hier nun mal auf, wie ein bunter Hund. In den Unzähligen Gesprächen war er knapp 2,5m groß, was vollkommen übertrieben war. Zwar sah er von hier aus schon groß aus, jedoch nicht so übertrieben. Ein bisschen dünn für die Größe, aber soweit okay, wie er fand.
Arashi jagte über die Weide, als würde es dafür eine Belohnung geben oder versuchte er die Maße zu nehmen? Vielleicht versuchte er auch am schnellsten von A nach B zu kommen. Der dreieinhalbjährige konnte es nicht erwarten, das es los ging. Ungeduldig wie immer, was Chiaki grinsen ließ. Statt jedoch zu ihm zu gehen, hielt er bei dem Fremden an.
„Hi, du bist also der Neue, von dem alle reden?“, begrüßte er ihn ohne Umschweife und musterte ihn. „Und Verstärkung hast du auch... solltest ihm vielleicht was geben? Dann frisst er dich vielleicht nicht auf?!“, schlug er vor und beobachtete aus den Augenwinkeln den Wirbelwind, der tatsächlich zu überlegen schien, das größere Tier anzuspringen, doch ehe er die Schnappsidee umsetzte, sprengte es auch schon wieder wiehernd davon, um seinen Schatten zu jagen. Dabei sprang und rannte er, das es fast an einem Wunder grenzte, das er sich nichts brach.
Chiaki zog eine Möhre aus der Tasche, hielt sie dem großen Tier zu und kraulte ihm die Nase, als er knusperte. Anschließend rieb er ihm ein bisschen über die Blässe. Nein, Berührungsgsängste hatte er keine, gleich wie groß und massig das Tier war. Seit er Klein war hatte er Pferde um sich. Schlimmer waren Ziegen. Besonders die eine, die auf dem Hof seines Opas lebte und die ihn hasste. Sie würden in diesem Leben nicht mehr grün werden und das nur, weil er mal über das Tier gestolpert war! Was stand sie auch in der Gegend herum?!
„Na, ich hab nichts mehr.“, redete er dem großen Tier zu, musste sich aber gefallen lassen, das es seine Hand anschlabberte, er könnte ja zwischen den Fingern etwas versteckt haben.

Mairtin Connolly

Die Stimme eines jungen Mannes ließ mich aufsehen. 'Hi, du bist also der Neue, von dem alle reden?' Es war für mich noch immer ziemlich verwirrend, aber ich hatte mich daran etwas gewöhnt. In den ersten Wochen war ich SO sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, dass es mir kaum auffiel. Mein Zustand war zu ernst gewesen. Erst krank, dann psychisch. Jetzt begann ich langsam aufzuwachen. Langsam. Die verrückte Nuss namens Devilstar half dabei. Ebenso das Essen, dank dem ich nun endlich ganz, ganz langsam zu nahm. Im gesunden Maße. Viel war es aber noch nicht und ich wog noch immer weniger als zu meinen Einstiegszeiten in der Britischen Armee. "Hey, hm, ja, scheint so. Ich bin Mairtin, und Du?" Mein irischer Akzent war deutlich und kaum zu überhören, aber ich war nicht so unverständlich wie manch alter, irischer Opi, den Ausländer nun wirklich nicht mehr verstanden, wenn er Englisch redete. Von hinten heran jagte der auffällige Schecke mit den lustigen Öhrchen. Ein Rassepferd, Marwari. Indien also. Es gab nur sehr wenige außerhalb des indischen Staates, da die Ausfuhr der Tiere sehr strengen Auflagen unterlag oder mitunter sogar oftmals verboten war. Der Schecke war ganz aufgeregt, versuchte gegen Devil zu springen, überlegte sich es aber anders und wirbelte wieder davon. Er war schnell. Ich lachte ob des nächsten Kommentars. "Ich bezweifle, dass es ihn abhält vom Quatsch machen, dafür kenne ich ihn zu gut. Erstens, er ist verfressen wie eine trächtige Stute, ohne fett zu werden und zweitens, als er mich gesehen hatte, schlabberte er mich ab, dass man meinen könnte, er wollte mich duschen schicken."

Pferde hatten ein großartiges Erinnerungsvermögen und konnten Personen sogar auf Fotos wiedererkennen, sowie deren Stimmung einschätzen. Diesen Umstand wussten auch nicht allzu viele. Devilstar genoss das Kraulen und senkte kauend den riesigen Kopf. Gegen die Kaltblüter aber war er eher schmal. Ihm fehlte beispielsweise die Ramsnase und auch das Maul war nicht so gewaltig, sodass ich ein kleineres Gebiss hatte. Ich ritt kein gebrochenes Trensengebiss, das im Pferdemaul immer hin und her rutschte, irgendwo unbequem drücken musste. Das war einfache Physik. Ich ritt entweder gebisslos, Stangengebiss oder Kandare. Letztere gehörte gewiss nicht in Anfängerhände. Wirklich erfahrene Reiter konnten damit pferdefreundlich reiten, wenn sie wollten. Heute hatte ich ein einfaches Stangengebiss drin. Gebisslos ritt ich nur in bekannter Umgebung, da er mit unter schon mal recht heiß werden konnte. Er schleckte die fremde Hand frech ab, flehmte und suchte nach noch mehr. Der junge Mann hatte jedenfalls keine Berührungsängste vor dem großen Tier.

"Ich vermute mal, der Schecke", er lief buckelnderweise gerade wieder her, "gehört Dir, oder? So wie er angerauscht kam. Ein schönes, auffälliges Tier. Wie heißt er? Das hier ist Devilstar," stellte ich meinen Hengst vor und ließ ihn ein wenig wenden, gab dem jungen Tier etwas Platz. Vielleicht traute er sich eher ran, wenn ihm nicht gerade die große Hinterhand des Dunkelbraunen entgegenstand. Und so war es dann auch. Die beiden Hengste beschnüffelten sich nun neugierig. Devil war kein rangniedriges Tier, aber auch nicht unbedingt immer der Chef. Der Schecke scharrte ungeduldig mit den Hufen, kam heran und schob den Kopf heran, um ebenfalls gekrault zu werden. Und dann machte er kurzen Prozess, er schleckte seinem Herrn quer durch das ganze Gesicht, samt über den Mund. Ich prustete los."DAS kenne ich. So sah das auch aus, als er hier ankam." Ok, eigentlich war Devilstars vollständiger Name Casino Devilstar, aber Casino klang irgendwie zu langweilig. Der Schecke wusch seinen Herrn weiter.
Chiaki behielt sein Tier kurz im Blick, scheinbar schien dieser schon wieder zu überlegen, was er anstellen konnte, drehte dann aber wieder ab, um formvollendete Bocksprünge zu vollführen. So ein Spinner. Und dennoch war er froh, ihn zu haben, zu wissen, das es ihm so gut ging. Erst, als er hörte, wie der andere sich vorstellte, blickte er ihn wieder an.
„Chiaki.“, antwortete er und musterte ihn nun eingehender. Sein Akzent war nicht zu überhören, aber daran störte er sich nicht, im Gegenteil, klang es doch ganz lustig. Sein eigener Akzent im englischen war zum Glück nicht so ausgeprägt, was wohl daran lag, das er einige Jahre in den USA gelebt hatte. „Hmm verfressen, das sieht man.“, stimmte er zu. „Aber hier gibt’s nur das, was angemessen ist.“ An sich ganz gut, denn auch, wenn alle ihre Bewegung haben, würden sie zu schnell ansetzen und das musste nicht sein. Sollte einer trotz allem noch hunger haben, musste er mit der Weide vorlieb nehmen, oder darauf hoffen, das irgendwer aus Mitleid eine Möhre oder Apfel vorbei brachte.
Da er heute auf weitere Leckereien verzichten musste, rieb Chiaki sanft die Nüstern des Tieres und wurde mit einem Wiehern belohnt. Grund genug, für den Spring-ins-Feld wieder heran zu stürmen, sich gegen das andere Tier zu drücken und einen Schritt nach vorn zu machen. Die volle Aufmerksamkeit Chiakis wurde verlangt, was ihn lachen ließ. Er rieb Arashi die Blässe und zauberte eine weitere Möhre hervor, die jedoch geschnappt und wie eine Trophäe davon getragen wurde. Erst in sicherem Abstand wurde sie verschlungen, als bestünde Gefahr eines Raubs.
„Spinner!“, kommentierte er mit einem leisen lachen und gab die letzte Möhre an das Pferd des Fremden. Zum Glück ungesehen, sonst wäre der Wirbelwind wohl erneut heran gestürmt, um zu sehen,ob es noch einen leckeren Nachschlag gab. Da die Taschen aber nun leer waren, hätte er Chiaki sein Tier vertrösten müssen.
„Ja... ich glaube, es ist offensichtlich!“ Andernfalls hätte der Wirbelwind Chiaki wohl ignoriert, wie die anderen. „Arashi. 3,5 Jahre, frisch in der Ausbildung.“ Das sein Name Sturm bedeutet, dafür brauchte man keinen Übersetzer, präsentierte er sich doch zu gern als genau das. Keine Minute schien zu vergehen, wenn er mal stand, es sei denn, er suchte etwas auf dem Boden, was man futtern konnte. Da er wohl nichts fand, kam er wieder angerannt, um sein Glück bei Chiaki zu versuchen. Da es jedoch nichts gab....
Chiaki schüttelte sich. Machte einen halben Schritt zurück und wischte sich über das Gesicht. „Na ob du noch mal einen Apfel bekommst...“ seufzte er theatralisch, hob die Hand und kraulte seinem Tier zwischen den Spitzen Sichelohren, die er so sehr liebte. Dabei konnte er kein Grinsen verkneifen.
„Willst du ausreiten oder nur besuchen?“, fragte er und blickte ihn an, obwohl er die Kleidung des anderen natürlich bemerkt hatte. Aber nur, weil er so aussah, musste er es nicht vorhaben. Manche trugen so was vielleicht aus Vorsicht, weil sie auf die Koppel gingen?
„Soll ja einige geben, die ihr Pferd besuchen...“, stichelte er frech. „Kuchen dabei?“ Grinsend ging er zum Gatter hinüber, schlüpfte hinein und holte seinen Wirbelwind heraus. Obwohl das Tier noch eben so wild herum gesprungen war, ging es doch recht folgsam am Zügel, welche Chiaki ihm umgelegt hatte. Dies hatten sie lang und ausgiebig geübt, sodass Arashi nun wusste, die 'Arbeit' kam auf ihn zu. „Arbeit in Sinne von Ausreiten und üben. War er hingegen 'nackt' konnte er machen, was er wollte.

Mairtin Connolly

Der Rappschecke schien genauso ein kleiner Quatschkopf zu sein wie mein Holsteiner. Na da hatten sich wohl bald zwei gefunden, denn Devil schaute genau zu. Ich lachte, "das sind Muskeln. Glaub mir, der steht gut im Training von dem Reiter, der ihn drei Jahre hatte. Aber teilweise gefällt mir nicht alles. Der Hals ist falsch bemuskelt" und dabei strich ich über die Partie, die ich meinte. Ich ahnte auch, dass die Rückenmuskulatur bei mir früher besser ausgebildet war. Das würde etwas Zeit brauchen, bis das alles wieder richtig war. Es hieß viel Vorwärts-abwärts, Rücken aufwölben und all diese Dinge. Auch Traversalen sowie Versammlungslektionen würden ebenso dabei unterstützen.

Ich lachte, "ohh ja, Spinner, Quatschkopf, alles Spitznamen, die ich ihm schon gegeben habe. Und das mit vollem Recht. Weiße Reithose und grünes Sabbermaul. Super. Wenn dem langweilig ist, wird es lustig. Ich habe schon gehört, dass er das Stallpersonal auf Trab hält und schneller aus seiner Box ausbricht, als sie es je gesehen haben. Er stand wohl heute Morgen auf der Stallgasse. Außerhalb seiner Box. Die Tür war geschlossen." Ich ahnte, wie der Dunkelbraune das gemacht hatte. Aus dem Stand herausgehüpft. Er hatte auf manch so einem Turnier auch die Deko verputzen wollen. "Ich schätze, um ihn in Form zu halten, werde ich einfach regelmäßig mit ihm springen. Dann geht das schon." Die Art und Weise wie der stürmische Schecke dann seine Möhre mit nahm, damit Devil nichts klauen konnte, war echt witzig. Und der große Holsteiner bekam direkt noch eine. "Oho, sieh an Devil. Morgen gibt es keinen Hafer" scherzte ich weiter und kramte etwas aus meiner Hosentasche. Die Bananenchips nahmen beide Tiere direkt mit. Die langen Oberlippen verrieten es schmeckte.

Ich runzelte die Stirn, "Reiten und was ist mit Dir?" Aber wieso sprach er jetzt von Kuchen? Jetzt war ich vollkommen verwirrt. Vielleicht hatte das ja etwas unter den hier einheimischen zu bedeuten, was ich wiederum nicht verstand. Ich war ja hier buchstäblich in einer ganz anderen Welt gelandet. Eine Welt, mit der ich noch nicht unbedingt wirklich gut zurechtkam. Die Kultur war eine andere, dann noch diese Symbole und Wesen die es geben sollte. Die Bronchitis und Lungenentzündung, mit der ich vor den Toren des Instituts zusammengebrochen war, während Nelson mich gestellt hatte, hätte mich beinah umgebracht. Ohne Xiao wäre ich wahrscheinlich in den Fängen Nelsons sowie meines Erzeugers gestorben. Zu kaputt war mein Immunsystem und ich hatte zu viel Gewicht verloren. Wahrscheinlich hätte ich auch noch weiter abgenommen.

Xiao hatte mich da im wahrsten Sinne herausgeholt, ohnmächtig sowie sehr hoch fiebernd hier hereingetragen und es hätte wirklich nicht mehr viel gefehlt, bis ich trotzdem noch unter den Händen der Stillen Brüder verreckt wäre. Ich beruhigte mich, aber immer mehr, wurde klarer und die Angst nahm ab. Die PTBS-Symptome wurden besser und ich damit stabiler. Damit ich nicht direkt wieder krank wurde, war ich noch warm eingepackt. Wollenes Unterhemd, Schal, Trainingsshirt, Pullover, Jacke, Schal, Thermoreithose und Kniestrümpfe sowie eine passende Jacke. Dazu eine Mütze. Die anderen benötigten unter Umständen weniger. Bei mir aber? Nein, das Immunsystem war noch immer geschwächt genug und wenn ich nicht aufpasste, kickte mich eine neue Erkrankung direkt wieder aufs Bett.

Chiaki saß auf und ich tat selbiges. Dieses mal ohne Aufstiegshilfe, ich wog ja nun etwas weniger. Aber normalerweise würde ich immer mit aufs Pferd steigen, um den Rücken zu schonen. Ich machte regelmäßig beides, um mein Pferd daran zu gewöhnen. "Ich vermute mal, Du willst ausreiten, oder? Dürfen wir uns anschließen?" Devil stand mustergültig da, bis ich mit unsichtbaren Hilfen das Signal gab, zum Losgehen. Ich hatte einen absolut ruhigen, feinen Sitz sowie eine entsprechende Hand und das Bein lag ganz ruhig am Pferdebauch. Ich musste nicht ständig jeden einzelnen Schritt heraustreiben, aber ich spürte noch immer, wann er welchen Huf bewegte. Der Schnee knirschte unter den Hufen. Ich war dankbar um die Eisstollen in den Hufeisen des Hengstes, denn sie gaben dem großen Tier mehr Halt. Devil war bisher ziemlich cool.
Chiaki betrachtete das Pferd und nickte nur hier und dort. Für den Pferdesport an sich hatte er sich nie interessiert. Das Tier sollte gesund sein und gut ausgebildet, das reichte ihm schon, es zu Höchstleistung zu treiben kam allenfalls mal bei einem Ausritt zu Gute, doch sonst... Aber vielleicht änderte sich sein Denken im Laufe der Ausbildung noch. Eines wusste er aber, das er bei keinen Turnieren antreten würde, um was zu gewinnen, das nur im Schrank lag. Davon hatte er genug von Wissenschaftsbewerben, da musste er nicht noch im Pferdesport mitmischen.
„Von denen, die hier alles auf Trab halten, gibt’s einige hier.“, schmunzelte er, dachte an das eigene, dann an Anubis, welcher Xiao gehörte... Chiaki hatte ja einiges an Pferdeerfahrung, doch dort ließ selbst er die Finger, auch wenn es ein wunderschöner schwarzer Hengst war, den er gern mal anfassen würde. Seine Finger waren ihm aber zu wichtig, als das er sie sich abbeißen lassen wollte.
„Springen klingt immer gut, am besten über Stock und Stein, wenn es nach Arashi geht, aber zum austoben reichen auch unsere Bahnen hier...“ Dort gab es einiges, was man aufbauen konnte. Irgendwann wollte er das mal ausprobieren, aber erst, wenn sein Tier soweit war und Xi auch zeit hatte. Etwas zu wissen war was anderes, als es auch umsetzen zu können. Manchmal war es gut von Außen ein paar Rückmeldungen zu bekommen.
„Tja, Diät essen, arbeiten... du armes Tier!“, sprach er mit dem großen Pferd und lachte leise. Der konnte einem fast schon leid tun, jedoch nur fast. Der Besitzer schien nicht wirklich mit der Form zu Frieden zu sein. Was vorher war, was zu dieser Form geführt hatte, konnte er nur erraten.
Chiaki holte es dann von der Koppel, um ihn Reitfertig zu machen, sah dann aber zu dem Fremden und hielt mit gerunzelter Stirn inne. Er hatte doch gesagt was er meinte, konnte es dennoch sein, das der andere ihn nicht verstanden hatte? „Na wenn du nur zum Pferd besuchen da bist, hättest du auch Kuchen und Kaffee mitbringen können. Dein Pferd hätte sich gefreut.“, präzisierte er seine Worte und spielte darauf an, das Mairtin vielleicht nur hier an der Koppel war, um das Pferd zu besuchen.
Dann aber schien die Erkenntnis einzusetzen, als die Frage kam, ob sie mit konnten. „Darauf hab ich es angelegt, ja!“, grinste er und lief im Schritt zu den Ställen, wo er wieder abstieg, sein Pferdchen fest machte und die Sachen holte, die er brauchte. Erst wurde er ein bisschen gestriegelt, ehe Sattel und Zaumzeug folgte.
„Die richtige Pflege bekommst du nachher.“, versprach er seinem Tier, da er die Hummeln in dessen Hintern schon jetzt spürte. Ihn nun ruhig zu halten, bis alles soweit war, wie es sein sollte, wäre zu nervenaufreibend. Am ende war es dann sein Tier, welches hier herum fegte und in Gängen stand, wo er nicht sein sollte. Mit Blicken sah er immer mal wieder zu Mairtin hinüber, ob er soweit klar kam. Nach den Infos, die er hatte, war dieser krank gewesen, was genaues wusste er jedoch nicht.
Als er soweit war, räumte er alles wieder auf, ehe er aufsaß und ging im schritt los. Es war noch nicht so leicht, ein Gefühl für das Tier zu bekommen, da Arashi immer wieder ausbrechen wollte, doch Chiaki schaffte es, ihn unter Kontrolle zu behalten und ruhig zu gehen. Wenn sie den entsprechenden Platz erreicht hatten, durfte er rennen, doch bis dahin...
„Wie gefällts dir bis jetzt bei uns?“, fragte er und dachte daran, das es hier doch recht militärisch zu ging. Selbst hatte er sich inzwischen daran gewöhnt, doch ein außenstehender? „Hast du schon viel gesehen?“ Wichtiger war es zu wissen, wie oft er sich in den Gängen schon verlaufen hatte, aber diese frage shcob er dann doch auf später.

Mairtin Connolly

Ich lachte leise, als Chiaki sagte, es gäbe einige, die hier alles auf Trab hielten. Interessant. Mein Hengst speicherte Chiaki schon als freundlichen Möhrchengeber im Hirn ab. "Jep, springen macht am meisten Spaß, wenn auch das Pferd Spaß dabei hat. Klar kann man jedes Pferd springen, Cavalettis oder so. Es ist sogar sinnvoll, hier und da ein paar kleine Sprünge zur Gymnastik." Das Tier musste dabei ganz andere Muskelgruppen beanspruchen und blieb besser beweglich. In der Natur kam es schließlich auch vor, dass sie mal über einen Baumstamm hüpfen mussten. Devilstar war ein starker Springer, konnte hoch, weit und schnell und er war auch ausdauernd. Dressur hasste er dagegen eher, aber reell hatte ich ihn trotzdem ausgebildet, um die Durchlässigkeit zu erhalten. Die war ja auch beim Springen wichtig.

Ich lachte, "oh keine Sorge. Er wird nicht mager werden. Genauer, er kann genauso viel verputzen, wie eine hungrige, trächtige Stute, ohne fett zu werden. Dabei beugte ich mich zu meinem Pferd, um es zu umarmen. Es war mir noch immer wie ein Märchen, dass er wieder bei mir war und das Tier freute sich ebenso über mich. "Ich glaube, die Bahnen muss ich mir auch mal ansehen" und vielleicht würden wir ein paar Stangen drauflegen. Denn Devil hasste einfach zu niedrige Hindernisse, die er nach einer gewissen Zeit mit Vorliebe demolierte. Das hatte ich schon oft genug erlebt oder er sah erst gar nicht ein, zu springen, verweigerte und war im Begriff, einen allein rüber zu schicken. So einfach war das. Der Holsteinerhengst war dahingehend einfallsreich und markierte eine Persönlichkeit. Chiaki scherzte und bemitleidete den Hengst ein wenig.

Ich prustete noch einmal los. "Glaub mir, Kaffee und Kuchen? DER hier schmiert dir alles ins Gesicht, auf Brust, Arsch, Sack und danach kann man ein Bad brauchen. Oder besser gleich den Hochdruckreiniger. Schon nach einem Eimer Mash sieht er aus wie ein Erdferkel." Ein niedliches, wieherendes Erdferkel um genau zu sein. "Wer nur zum Gucken kommt, den bestraft er auch auf andere Weise. Dem fällt immer etwas ein." Ich genoss es, den Hengst zu umarmen, während wir warteten. Er war da bei mir auch entspannt. Und mir tat die kleine Atempause auch ganz gut. Hier oben war es schön warm. Chiaki machte den Schecken schnell fertig, sodass wir gemeinsam vom Hof schritten. Ich hustete noch einmal kurz, aber das war normal und es dauerte ein paar Tage, bis ich den Reiz vollständig loswurde, aber es trat nur noch manchmal auf. Die Lungen selbst waren frei. Es blieb nur zu hoffen, dass ich mir nicht erneut etwas einfing, aber auch das wäre wohl typisch angesichts der Tatsache, wie kaputt mein Immunsystem war. Das baute sich nicht so schnell wieder komplett auf. Aufgrund meiner Psyche aber auch dem Zustand, in dem ich hier ankam, war ich noch immer unter der medizinischen Aufsicht und verstecken konnte ich da nichts. Chiaki wollte nun neugierig wissen, wie es mir hier gefiele.

"Es ist völlig anders als ich es aus meiner Heimat kenne, aber es gefällt mir gut. Das sind jedoch mehr kulturelle Unterschiede. Allerdings habe ich bisher nicht viel gesehen oder an das wenige, was ich gesehen habe, bevor ich hier vor die Tore kam und da zusammenbrach, naja, daran kann ich mich kaum erinnern." Das war ja auch kein Wunder, war ich doch krank gewesen und hatte zudem unter sehr hohem Fieber gelitten. Es war der militärische Tonfall, der mir dann noch am ehesten bekannt war. "Ich schätze, ich habe nicht mal die Hälfte gesehen." Kaum das wir den Hof verlassen hatten, verfielen wir schon nach ein paar Minuten in einen lockeren Trab. Ich begann leichtzutraben, damit ich warm blieb. Mir war ja jetzt schon leicht kalt. Dabei ließ ich Devilstar recht locker traben, trieb nicht jeden Schritt an und das Bein blieb ruhig am Bauch. Langsam suchte er dabei den Weg in die Tiefe, kaute ans Gebiss heran. Aber es dauerte. Auch ich taute etwas auf. "Wie lange bist Du schon hier? Ich seh schon, Du bist mindestens so neugierig, wie...."

Dann brach ich ab, ehe ich mich dann doch nicht zurückhalten konnte und fragte, "wie alt bist Du eigentlich? Mir ist jedenfalls klar, mit meinem Aussehen fall ich hier noch mehr als ein bunter Hund auf. Man hätte genauso gut die ganze Saint Patrick's Cathedral aus Dublin hierher pflanzen können. Es wäre nicht weniger auffällig."
Chiaki nickte langsam, selbst war er eher für die Natur zu haben, wusste aber, das man erst gewisse Rahmenbedingungen schaffen musste, ehe man die Natur unsicher machen konnte. Was nutzte das beste Springen, wenn man sich vor einem Rascheln erschreckte, das Pferd einem abwarf und davon rannte, während man selbst mit gebrochenen Knochen dalag? Ein ausgewogenes Training der wichtigsten Sachen, um im der Natur zu bestehen… Immerhin sollte kein Sport Tier aus ihm werden. Interessanter wäre, die Stärken herauszukitzeln, zu fördern und die Schwächen auszugleichen. Genug Unterstützung von Leuten mit ausreichender Erfahrung hatte er ja dabei.
„Nur zu Springen um des Springens willen klingt nicht sehr abenteuerlich….“, gab er zu bedenken und dachte da eher an ein wilden Ritt, bei dem man über die Wiesen und weiden fegen konnte, sprang, während man die Wildheit und die Kraft des Tieres spüren konnte. Sich bewegende, arbeitende Muskeln, der Wind auf dem Gesicht…
„Mit dem Springen ist das noch keine gute Idee. Er hat grade erst mit der Ausbildung begonnen und würde mich eher abwerfen.“ Schlicht zuckte er mit den Schultern Warum etwas markieren, was nicht da war? Jemandem etwas zu beweisen, war das dümmste, was er in dem Stadium tun konnte. Bei Arashi wollte er alles richtig machen, damit er ein gutes Leben hatte.
Hier war alles sehr gut gepflegt, gab es doch entsprechende Angestellte, die sich eigens darum kümmerten, das die Bahnen stets einsatzbereit für das Training der Soldaten waren. Jeder Club wäre neidisch darauf, was es hier für Möglichkeiten gab.
„Tja, futtern mit ganzem Körpereinsatz, es könnte ja einer wegnehmen!“, grinste er, hob die Hand und kraulte das Tier zwischen den Ohren, ehe er sich um das eigene kümmerte, welches nun die für ihn gedachte Aufmerksamkeit einforderte. Ein lautes Wiehern unterstrich das ganze nur noch. Chiaki konnte dem Tier förmlich ansehen, wie schwer es ihm fiel ruhig zu sein, Viel lieber würde es nun los stürmen, das Gelände erkunden um dann eventuell zurück zu kommen, wenn er nichts spannenderes fand. Das scharren des rechten Hufs mutete immerhin recht harmlos an.
Und doch klappte das fertig machen recht gut, damit sie schnell zu dem Iren zurückkehren konnten. Chiaki stieg auf, nahm die Zügel fest in die Hand, um einen Ausbruch zu verhindern, gab jedoch noch genug spiel. Arashi wusste, es gab Grenzen, auch wenn der Wille da war, diese zu testen oder zu überspringen. Der junge Magier wusste, wie sein Tier tickte und war drauf gefasst, das es jeden Moment steigen oder los rennen konnte. Die Energie, die es hatte, wollte abgebaut werden.
„Oje… das kann ich mir vorstellen…“, seufzte er leise. Die kulturellen Unterschiede waren sehr gravierend, dabei ließ sich all das noch steigern, in den man den Iren auf die Welt der Menschen los ließ. „Als ich nach Amerika kam, hatte ich auch so meine Probleme…“, stimmte er zu. „Die waren alle so… naja faul ist das falsche Wort… eher uneffizient. Lassen vieles schleifen.“ Das er schlauer war, als 95% der Schüler an seiner High School hatte das Ganze nicht einfacher gemacht. Wie oft er sich da gelangweilt hatte… schlussendlich war er zum Einzelgänger geworden, wenn auch unfreiwillig, später war er ganz froh darum.
Dann ging es endlich los und Arashi, der es zu spüren schien, wollte gleich los preschen. Chiaki unterband es so gleich, blieb stehen, bis er halbwegs zur ruhe kam und setzte dann in leichten trab und passte sich an das andere Tier an. Auch Arashi schien sich daran zu orientieren.
„Ähm… ein paar Wochen, aber ich habe hier viel Zeit verbracht. Meine Großeltern wohnen nicht weit von hier… ich habe meine Ferien und Feiertage immer dort verbracht.“, erzählte er, musste sich en wenig orientieren, fand dann aber recht schnell eine gute Route, der sie folgen konnten. Nicht zu anspruchsvoll um Arashi nicht zu überfordern oder zu sehr abzulenken, aber man hatte einen guten Rundumblick zu dem, was sie Umgab.
„Ich werde 18.“, sagte er schlicht und konnte ein grinsen nicht verkneifen. Ja, er würde sogar behaupten, der Jüngste im Institut zu sein, aber das behielt er vorerst für sich. „Ach hier kommen so viele her.. auch welche aus Europa… so sehr fällst du nicht auf. Viel mehr, weil du so Unerfahren für das Ganze hier bist. Hier hat alles seine Strukturen, seinen Ablauf und einer, der sich nicht perfekt einfügt, fällt auf.“ Wie ein großer Bienenstock, in dem jeder seine Rolle und den Ablauf kennt. „Aber das wird schon werden.“

Mairtin Connolly

Ich spürte genau, dass Devil die letzten Jahre kaum draußen in der Natur gewesen war. Das erklärte sein recht schreckhaftes Wesen. Für mich war damit klar, dass wir öfter rausgehen würden, bis er sich erinnerte, dass er eigentlich nicht SO ein Hasenfuß gewesen war, als ich ihn früher gehabt hatte. Mir zog sich das Herz zusammen vor Sorge um das wunderschöne Tier. Was hatten die ihm nur angetan? Da bekam ich ja schon Lust, aus dem letzten Reiter Hackfleisch zu machen. Ob herauszufinden war, wer das gewesen war? Ich kraulte Devil wieder am Widerrist an der Stelle, an der er es besonders liebte. „Puhh, was haben die mit meinem Pferd gemacht?“ Murmelte ich als er wegen einer Katze, die vor uns auf dem Weg auftauchte, praktisch an die Decke ging und einen gewaltigen Satz in die Luft machte. Es dauerte ein wenig, bis ich ihn unter Kontrolle hatte. Mehrfach ging er in die Levade, stieg also auf die Hinterhand. Ich schaffte es, ihn zu kontrollieren, ließ sich im Kreis drehen und forderte ihn dann zur Passage auf. Ich beschäftigte jetzt die Pferdebirne, bis er seine Angst vergas. Das half am meisten bei ihm: Herausforderungen stellen. Dann bot ich ihm an, stillzustehen, sich umzusehen und dann war wohl wieder alles gut.

„Ich glaube fast, er war drei Jahre lang auf keinem Ausritt mehr. Nur Stall, Reithalle, Reitplatz und nicht mehr. Kein Wunder, dass er grade Angst hat vor der Natur“, sprach ich mit leiser wie sorgenvoller Stimme. „Das gruselt mich irgendwie. Armer Flummi.“ Der große dunkelbraune Hengst war zwar schon immer ein heißer Ofen gewesen, aber DAS hier war etwas anderes. Etwas ganz anderes, um genau zu sein. Mein armer kleiner Racker. „Ich glaube, da gibt es nur eine Medizin: ausreiten, ausreiten, ausreiten. Der war mal ziemlich nervenstark, aber auch blütig.“ Ich schüttelte kurz den Kopf. „Verdammt, der würde mir wohl bis ins Bett kriechen vor lauter Angst oder auf den Arm, wenn er denn könnte. Keine Ahnung, was die mit ihm gemacht haben. So war er nicht bei mir.“ In meinem Gesicht spiegelten sich meine Empfindungen, was ich am liebsten mit diesen pferdeunfreundlichen, hirnampurtierten Flachwichsern hätte tun wollen.

„Es kann spannend werden, Wettbewerb, wie die Wege sind, die Hindernisse gestellt. Die Art der Hindernisse oder auch die Zeit, in der ein Parcours geritten werden soll. Dann ist da auch noch die Vielseitigkeit. Dressur, Springen und ein Geländekurs, bei dem gesprungen wird, über Gräben und ins Wasser und so. Früher war ich mit ihm hier auch in Vielseitigkeit unterwegs, bin dann aber ins reine Springen gegangen. Da ist er besser drin. Der geht auch über 1,60 meter hohe Sprünge. Weidezaun? Hält den nicht auf, wenn er nicht will. Ebenso eine einfache Boxentür. Da hüpft der auch aus dem Stand drüber.“ Das ich ins reine Springen gewechselt war, war besser so gewesen.

„Aber das macht man nicht mit einem Dreijährigen. Ich vermute, Deiner ist zwischen drei und vier Jahren, wenn Du sagst, ihr habt gerade erst die Ausbildung begonnen?“, hackte ich neugierig geworden nach. „Das kenn ich noch. Bis ich....“ ich meinte die Entführung, schluckte, „nun bis sich unsere Wege trennten“ umschrieb ich dann, „hatte ich ihn auch selbst ausgebildet. Er kam vom Züchter. Also wer immer ihn die letzten drei Jahre unter dem Arsch hatte, er hat ihn ziemlich maltretiert, wenn er jetzt Angst vor der Natur hat.“ Ich vermutete, sie hatten ihm nicht nur einmal die Gerte übergezogen.

Wir waren glücklicherweise inzwischen im Wald angekommen. Dann stellte sich heraus, dass Chi mir die Verwirrung ob der kulturellen Unterschiede gut nachfühlen konnte, da er selbst einige Jahre lang in den Vereinigten Staaten verweilte. „Amerika ist teilweise auch ziemlich heftig. Und manchmal verzweifelt man dort an der Menschheit. Das gilt auch für die internationale Zusammenarbeit.“ Oh ja, ich hatte im Einsatz schon mal mit einigen Amis zu tun gehabt. Einige davon waren ziemlich dämlich, verdammt dämlich. „Aber nicht nur, manche hatten noch Anlass zur Hoffnung gegeben, um ehrlich zu sein. Es stimmt, die meisten lassen viel schleifen und kennen kaum etwas von der Welt. Da kann man von Glück reden, wenn sie wissen, wo Berlin liegt. Oder wo London liegt. Und Dublin verordnen sie auch nach Wales oder gar Italien. Alles schon gehört. Der Witz ist, viele Amerikaner haben irische Wurzeln. Oder in Großbritannien. Da sollte man doch meinen, man wüsste etwas mehr über die eigene Historie. Und wie war das? Kaffeebecher vorsicht heiß. Ich hätte mich ja fast bepisst vor Lachen, als ich das das erste Mal sah.“

Es schauderte mich dabei wirklich. Ich lächelte kurz ein wenig, als sich dann herausstellte, dass Chi noch nicht lange im Land verweilte. Offenbar lebten seine Großeltern hier. Ich war ganze sieben Jahre älter als der Junge. In seinem Alter war ich schon bei der Armee. „Hmm, stimmt, ein paar kommen schon noch woanders her. Und ja, ich verstehe, was Du meinst. Diese Welt ist mir komplett fremd. Das ist der größte Unterschied, denke ich. Ich kenne zwar militärischen Drill und die Strukturen bei einer Armee. Aber sie sind anders graduiert, anders gestaffelt und dergleichen. Die Sprache kommt auch nur noch on top. Das macht viel aus. Ich mach mir auch keine Sorgen, dass das nicht wird. In einem halben Jahr sieht das anders aus. Ganz anders.“ Ich sprach immerhin ohne ein paar Besonderheiten des irischen Englischs. Wir verstärkten Sätze gerne in Verneinungen beispielsweise und nannten ein ‚at all, at all‘ doppelt. Oder eben ähnliches. Allerdings sprach ich ein t mal härter, mal weicher, das the auch eher hart und an anderen Stellen zog ich die Wörter etwas mehr zusammen. Lustig wurde es auch in einigen Begrifflichkeiten, die wir Iren ganz anders verwendeten. Ich vermutete, es würde mächtig Verwirrung erzeugen, wenn ich sagen würde 'stop the lights' und damit meinte 'Moment einmal, sag das noch mal und langsamer'.
Chiaki, der das Zucken des anderen Tieres bemerkte und ahnte, was kam, blieb stehen, fasste die Zügel fest, um das ausbrechen des eigenen Tieres zu verhindern. Er gab ihm eine strenge Sicherheit, vermittelte ihm, das alles in Ordnung war, in dem er sich in einigem Abstand ruhig verhielt. Es gab keinen Grund, der Angst nach zu geben. Immerhin kannte Arashi es schon, wenn das ein oder andere Tier wild um ihn herum wurde und es nicht mit einer Spielaufforderung gleich zu setzen war. Sie waren dabei auf äußerliche Reize zu reagieren bzw. sie zu ignorieren, sodass sich das junge Tier weitestgehend ruhig verhielt, auch wenn die Ohren mal hier hin und mal dorthin zuckten, um die Lage zu sondieren. Beruhigend kraulte der Hexer sein Tier, flüsterte ihm beruhigende Worte ins Ohr, bis sich die Aufregung gelegt hatte.
„Wir sind grade dabei, die Reize zu trainieren.“, antwortete er und konnte die Sorge um das andere Tier nur teilen. Ein Pferd, das nicht in die Natur konnte… Das Ende vom Lied wäre, das es bei jedem Reiz in der Halle zusammenzuckte und sich nicht mehr auf das Eigentliche konzentrieren konnte. Weil es schlichtweg verlernte, etwas zu ignorieren, was selbstverständlich war. Über sowas konnte er nur den Kopf schütteln. „Tja…. Dann schließ dich dem Training von Jungspunden an, um es wieder zu lernen!“, grinste er mit dem Blick auf den älteren Herren, der eigentlich darüber hinaus sein sollte, noch mal in die Pferdeschule zu müssen. „du kannst dich uns gern bei Gelegenheit wieder anschließen.“ Chiaki war lieber in der Natur unterwegs, um das eine oder andere zu üben, aber leider war es nicht immer möglich. Nicht jede Übung ließ sich draußen absolvieren, dennoch versuchte er es, so oft es ging.
Chiaki nickte nur bei den Ausführungen über das Springen. „Ehe wir dahin kommen, zieht noch einige Zeit ins Land, zudem glaube ich nicht, das wir dahin wollen…“, überlegte er laut. Wettbewerbe mit dem Tier auszuführen, war nicht sein Ding. Wenn er Erfolg wollte, würde er sich selbst bemühen, nicht aber das Tier dazu bringen, die Arbeit für ihn zu machen. Für den Spaß wäre das alles kein Problem, nicht aber, um sich über andere hinweg zu setzen. Was nutzte es am Ende, zu wissen, wer das beste Pferd hatte? Selbst sah er keinen Sinn darin.
„Ja, er ist noch recht jung. Mein erstes, das ich ausbilde, aber es gibt genug Leute, die mit ihrer Erfahrung helfen.“, erzählte er. „Und da er keine Meisterleistungen in Wettbewerben bringen muss, kriegen wir das schon hin.“ Viel an Wissen hatte er von seinem Opa mitbekommen und das, was noch fehlte, ergänze Xi ganz gut, sodass er die Tippe, die er bekam auch oft umsetzte oder mit Rücksprache ein wenig abwandelte, je nach dem, was mehr Sinn machte. So konnten sie schlussendlich voneinander lernen, was ihm lieber war, als wenn er Fehler beging, die sich nur schwer korrigieren lassen würden.
„Frag nicht nach Sonnenschein, wie oft ich da wen belehren wollte… und ja, ich hab es auch getan, nicht zur allgemeinen Freude… da lässt es einen wirklich am menschlichen Verstand zweifeln, was man da manchmal erlebte. Viel mehr Schein, als sein.“, brummte er und dachte an diverse Bälle zurück, für die Unmengen an Geld ausgegeben wurde, nur, damit sich am Ende alle betranken. Alles wurde perfekt ausstraffiert und ende schließlich doch im riesigen Desaster. Teenager eben. „Und was die alles mit den Sportlern machen. Strohdumm, werden aber von Stufe zu stufe mit geschliffen, bekommen Stipendien an Unis…“ Und das obwohl der Abschluss mehr als fraglich wäre, hätten sie den Sport nicht, an den sie sich klammern konnten. „Jede Vogelscheuche war schlauer…“ Besonders an einen dachte er da zurück. Mit diesem war er immer wieder aneinander geraten, da machte nicht mal Ironie und Sarkasmus spaß, weil dieser zu dumm war, es zu verstehen.
„Die Sprache, die Hierarchie und dann noch die Eigenheiten der Japaner, die oft Dinge sagen, das Gegenteil aber meinen.“, schmunzelte er, das würde er in keinem halben Jahr schaffen… manche schaffen es nie zwischen den Zeilen zu lesen, an der Tonlage oder Mimik… aber das führte er ihm nicht auf das würde er irgendwann allein bemerken.
„Wie kommt man dazu Soldat zu werden? Ich kann Menschen auch nicht ausstehen, aber das ist sicher nicht dein Beweggrund? Warum entscheidet man sich dazu, Menschen zu töten?“ Sicher spielte auch der Schutz jener eine Rolle, aber das ging nun mal damit ein her, andere zu töten. Fragend blickte er ihn an, wissend, das es wohl Dinge aufrührte, die besser ruhten, aber er wäre nicht er, wenn er nicht fragen würde. Wann hatte er mal einen echten Soldaten vor sich? Xi war auch einer, klar, aber dieser handelte aus anderen Gründen, wurde hinein geboren in die Welt, in der er labte. Er hatte keine wirkliche Wahl gehabt. Dieser Mann schon.
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