Wind Beyond Shadows

Normale Version: It's just dirty - oder Strafe muss sein
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Isabelle Lightwood

Ich hatte keine Ahnung, was denn jetzt schon wieder los war. Aber meine Laune war noch schlechter geworden, als gestern. Die rote Pest machte mich selbst zu einer Pest und einer Plage für die Menschheit. So viel war klar. Aus irgendeinem Grund wollte mich nun der stellvertretende Leiter des hiesigen Instituts sehen. Heute war eigentlich ein Tag, an dem ich mich nur im Bett verkriechen wollte – mit einer Wärmflasche. Aber das fiel wohl aus. Ich hatte mir also eine Tablette reingeworfen, gefrühstückt und angezogen. Gerade jetzt achtete ich auf eine umwerfende, modische Erscheinung. Ein schwarzes Kleid mit Rollkragenpullover, welches mit seinem bleistiftengen Rockteil bis zur Mitte der Oberschenkel reichte und dazu ein schmaler, aber tiefer Ausschnitt, der das Holz vor der Hütte so in Szene setzte, ohne zu heftig zu sein. Dazu kamen High Heels. Hinzu kamen knallrote Lippen und hochgesteckte Haare. Über dem Kleid trug ich eine wärmende Jacke. Natürlich konnte ich so kämpfen, wenn ich wollte. Beim Ankommen merkte ich schnell, dass das Outfit seine Wirkung nicht verfehlt hatte: So mancher Jäger blickte mir hinterher und die Teenager trauten ihren Augen ebenso wenig. Mancher Kerl bekam hier gerade heimlich Stielaugen. Einer hatte sogar glattweg ein Problem in seiner Hose, doch ich tat so, als hätte ich nichts bemerkt. Andernfalls würde er das nur als Einladung verstehen. Und aktuell wollte ich nichts von so etwas wissen. Zum Glück wusste ich wo das Büro des Mannes, war und ich achtete darauf, pünktlich zu sein. Pünktlichkeit war den Leuten hier noch wichtiger als drüben in New York. Ich schritt an den Wachen vorbei, sagte meinen Namen und das ich einen Termin hatte. Das stimmte ja auch. Doch selbst anklopfen durfte ich nicht. Was war das denn Krankes? Eine der Wachen übernahm das und ich musste hier nun warten wie ein kleines Kind. Nichts, was meine Stimmung nun verbesserte, und ich war geladen wie Spitz Lumpi. Dann ging die Tür auf, ich durfte eintreten und ich stiefelte auf meinen 10 Zentimeter hohen High Heels hier herein. Klack, klack, klack, machten die Absätze und mit jedem Schritt zeigte ich, dass ich stinksauer war. Doch ich bemühte mich um einen höflichen Ton – für meine Verhältnisse in dieser Lage. „Sir“, weiter kam ich nicht, was tat denn der Mundi von gestern hier? Pah, scheinheiliges Pack. Hier war doch alles sooo perfekt nach den Regeln – okay, Familie Lightwood war da nicht anders, immer fein nach den Regeln von Mami und Papi hieß es da – aber wer tiefer blickte, der fand eine Menge Mist. Und hier rannte ein MUNDI rum! So viel zur Geheimhaltung. Die sollten besser mal vor der eigenen Tür kehren. „Sie wollten mich sprechen, Mr. Yun?“ Männer!

Mairtin Connolly

Es hatte etwas gebraucht, bis ich mich an die Frau im Schwimmbad gestern erinnert hatte. Aber dann war es mir doch noch klar geworden, dass wir gestern Besuch gehabt hatten. Verdammt. Das war mir mehr als unangenehm gewesen. Es war mir alles andere als recht, so schwach, hilflos und wehrlos gesehen worden zu sein. Von absolut fremden Personen. Personen, die nichts anderes taten, als gaffen. Ich hatte als Soldat zwar früher niemals mit PTBS direkt zu tun gehabt, aber Verletzungen im Einsatz waren mir schon untergekommen und da galt es nicht glotzen, sondern dem Betroffenen so gut es ging, zu helfen. Manchmal direkt, manchmal mit beruhigen und ablenken und in anderen Fällen war es wichtig, das Team zu sichern, sich um die Angreifer zu kümmern und beispielsweise das Feuer zu erwidern. Ich war kein Truppenarzt oder Sanitäter, aber eine Wunde abbinden, das hatten wir alle gelernt.

Und ich hatte so etwas auch schon getan. Ich hatte viel Glück gehabt gestern, oder aber es lag einfach daran, dass Xiao mir irgendwie Sicherheit gab, und ich war ohne großen Schaden aus der letzten Panikattacke hervorgekrabbelt. Ohne dass es mir bewusst war, war ich sogar stärker geworden dabei. Wie sich das bemerkbar machte? Bis vor kurzem hatte ich lieber gebadet, statt geduscht. Unter Aufsicht, damit ich mich nicht ertränkte. Anders war es nicht gegangen. Der normale Duschstrahl hatte mir unglaublich Angst gemacht. Seit ein paar Tagen akzeptierte ich einen ganz weichen, plätschernden Strahl des Duschkopfs, aber noch lange keinen harten. Und dann war diese verdammte Düse gekommen, der Alptraum pur. Das Ergebnis? Mit etwas Ruhe und Geduld konnte ich nun auch unter einem normalen Duschstrahl stehen. Diesen Fortschritt hatte Jeremiah ebenfalls erfreut bemerkt und Xiao wissen lassen, dass es etwas Gutes hatte.

Xiao hatte mich gezwungen, in die Realität zurückzukehren und meine Umgebung wahrzunehmen, dazu gebracht, mich gegen die Gedanken zu wehren. So schwer es auch war und so unheimlich mir die Düse auch war. Ich musste wohl lernen, Reize wieder auszuhalten, statt alles zu vermeiden, und vor allem wahrnehmen, was es wirklich war. Ohne Xiao hätte ich in dem Moment wirklich ertrinken können beziehungsweise wäre auf die Reflexe und Reaktionsfähigkeit der Frau angewiesen, die da nur herumgestanden und gegafft hatte, soweit ich das wusste. Ob sie das geschafft hätte? Kein angenehmer Gedanke. Xiao hatte mich wissen lassen, dass er mit ihr reden wollte und ich dabei sein sollte. Damit folgte er gewiss nicht dem Standardprotokoll, indem er mich einbezog. Aber hier ging es nun einmal auch um mich. Ob Jeremiah da ein Wörtchen mitgeredet hatte wusste ich auch nicht. Doch war es dem stillen Bruder zuzutrauen – und so war es auch. Er hatte Xiao darin unterstützt, der von selbst gefragt hatte, ob das klug sei. Die Antwort? Ja, denn es gibt ihm wieder ein weiteres Stück Kontrolle über sich selbst. Und Du hast die Situation gut gehändelt, sehr gut sogar. Ich hab länger gebraucht, ihn das letzte Mal herauszuholen. Obendrauf hast Du kein Beruhigungsmittel gebraucht. Das würde nicht klappen, ohne Vertrauen. Jeremiah hatte auch von Soldaten mit PTBS gehört, die so kaputt waren, dass sie sich und andere umgebracht hatten. Angesichts dieses Wissens machte ich mich seiner Einschätzung gar nicht mal so schlecht. Und so stand ich jetzt hier. Ich war eine viertel Stunde vor Terminbeginn aufgetaucht und eingetreten, sobald Xiao die Erlaubnis gegeben hatte. Pünktlichkeit durch und durch.

Ich trug eine schwarze Jeans sowie einen hochgeschlossenen, schwarzen Rollkragenpullover. Die Haare waren leicht zu einer kleinen Spitze hoch gegelt. Ich hatte die Arme vor der Brust verschränkt, stand breitbeinig und fest dar. Abwartend. Die Tür ging auf. Mit klackernden Absätzen betrat die Frau namens Isabelle Lightwood den Raum, die mit ihren zehn Zentimeter hohen Absätzen nun sogar größer als ich war. Mit 191 Zentimetern war ich wahrlich kein kleiner Mann. Sie wollte wissen, was los war.
Xaio hörte das Geräusch der Absätze schon von weitem, was ihn zum innerlichen aufstöhnen brachte. Warum mussten es denn immer solche Schuhe sein…? Nur gut, das es hier nicht viele Frauen gab, die darauf zurückgriffen, andernfalls würde das irgendwann in einer Lärmbelästigung enden. Man konnte an den schritten den abstand zu seinem Büro sehr gut abschätzen. Irgendwie gefiel ihm das nicht. Angst vor der Konfrontation hatte er nicht, im Gegenteil, wollte er ihr doch die Leviten lesen. Es war einfach ein störendes Geräusch.
Einen letzten Blick auf Mairtin, ohne ihn direkt in die Züge zu sehen, dann erfolgte auch schon das Klopfen, welchem er erlaubte, die Tür zu öffnen. Eigentlich war er kein solch Prinzipienreiter, aber in dem Fall konnte Schikane recht amüsant sein, auch wenn ihm nicht zum Lachen zu Mute war.
Mit dem Blick auf die junge Frau, die nun eintrat, als könnte sie sich ihr fehlverhalten nicht erklären, besann er sich auf gestern. Die Situation war gut zu händeln zu wesen, jedoch alles andere, als angenehm. Was alles hätte passieren können, wollte er sich gar nicht ausmalen.
„Setzen Sie sich Miss Lightwood.“, begann er das Gespräch und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Bastet, die schwarze Katze, die eben noch in einem Blumentopf gelegen hatte, sprang auf. Eigentlich war die Palme ihr Lieblings Ort, von dem sie alles beobachtete, doch heute schien ihr das nicht auszureichen, denn sie suchte sich im Bücherregal einen neuen Ort, von dem sie alles überblicken konnte. Xiao nahm die Bewegung nur aus den Augenwinkeln wahr. Mairtin hingegen stand da, wie ein Fels und ließ keinen Zweifel daran über, was in ihm schlummerte.
„Eigentlich hatte ich Sie immer für eine gute Soldatin gehalten, Miss Lighwood, doch gestern ist ein Eindruck ins Wanken geraten. Grade Sie, mit einer solch Angesehen Familie, sollte wissen, das man befehle zu befolgen hat, wenn man sie erteilt bekommt. Ihr Ansehen, wie das der Familie hat durch ihr Fehlverhalten abgenommen. Wie soll man sich noch auf Sie verlassen, wenn Gefahr im Vollzug ist?“, fragte er in sehr sachlichem Ton, der umso deutlicher machte, wie ernst die Lage war. Wenn sie auch nur ein bisschen so schlau war, wie hübsch, sollte sie wissen, worauf Xiao anspielte.
Abwartend blickte er sie an, obwohl noch so viel anzusprechen war, doch vorerst wollte er ihr die Gelegenheit geben, sich zu rechtfertigen, damit es nicht wie eine Standpredigit wirkte, die man nicht ernstnehmen braucht. Viele Schüler vertraten nämlich die Ansicht, den höhergestellten erst mal reden zu lassen und dann, wenn der Dampf verraucht war, konnte man sich rechtfertigen. Aber da war man bei ihm an der falschen Adresse.
„Vielleicht sollten Sie noch einmal den Kurs besuchen, in dem traumatische Erfahrungen behandelt werden, um diese zu erkennen? Oder den Grundkurs, das man Befehle zu befolgen hat, glich wie unsinnig sie einem erscheinen?“ Eigentlich nur rhetorische fragen, doch die Idee, sie genau zu so etwas zu verdonnern, würde ordentlich an ihrem Ego kratzen, insbesondere, wenn Xiao einen Anwesenheitsnachweis verlangte. Die talentierte Miss Lightwood bei der Nachhilfe der Anfängerkurse… Doch wahrscheinlich würde sie den männlichen Nachwuchs nur vom Lernen abhalten.
Abwartend blickte er die junge Frau an. Sich die Anwesenheit Mairtins durchaus bewusst seiend, war er froh, das dieser nun hier war. Zunächst war ihm nicht wohl dabei, zu wissen das er an der Besprechung teilhaben sollte. Da es aber um ihn ging, hatte er das recht dazu. Selbst das er dessen Anwesenheit und Sicherheit absolut nicht nötigt war, beruhigte es ihn. Ein absurder Gedanke, der auch irgendwie erschreckend war. Dieser Kerl gewann mehr und ehr Einfluss…
"Sein Name ist Mairtin Connolly.", stellte er sie einander vor. "Und das ist Isabelle Lightwood."

Isabelle Lightwood

Ich hatte ja keine Ahnung, in welche Scheiße ich mir hier eingebrockt hatte. Aber sie war groß, riesengroß, wie mir schien. Sonst ließe mich Yun kaum antanzen. Wir waren uns seit dem ich hier war nur einmal begegnet: Gestern. Also musste das wohl in Zusammenhang damit stehen. Ich gehorchte der Einladung mich zu setzen und schon war mein Größenvorteil gegenüber den beiden Männern dahin. Das war klare Absicht. Der blonde Riese schien mich zu Boden starren zu wollen: Na das konnte er ja mal gerne versuchen. Ich würde ihm den Arsch versohlen, wenn es nötig wurde. Ich wollte schon zu einem Danke ansetzen, doch ließ mich Mr. Yun kaum zu Worte kommen und er appellierte an meinen Familiensinn sowie deren Ansehen. Oh ganz linker Move, Mann, dachte ich und machte die Augen schmal. Was wurde das hier? Ich warf den Kopf ein wenig Stolz in den Nacken, sodass ein Lichtstrahl kurz meine schwarzen Haare aufblitzen ließ. Eine Katze wechselte ihren Platz und kletterte derweil auf ein Bücherregal, doch ließ ich mich davon nicht ablenken.

"Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Mr. Yun" versuchte ich einen halbwegs verbindlichen Tonfall, "aber was hat das nun miteinander zu tun? Gefahr in Verzug? War da ein Wasserdämon, der mir entgangen war? Dann sollten Sie sich allerdings andere Sorgen machen, als um mich" setzte ich dann zu meiner Verteidigung an, die aber auch ein Angriff war. Typisch für Isabelle Lightwood, die gern mit dem Kopf durch die Wand wollte, egal wie dick die Wand war. Doch ich spürte sehr wohl, dass die Lage ernst war. Mein Blick fiel kurzzeitig wieder auf den blonden Riesen in den Jeans und dem Rollkragenpullover. "Ich bin gelinde gesagt verwirrt, was ein Mundi hier im Institut tut. Das ist den Statuen nach eigentlich verboten und Sie regen sich ernsthaft meinetwegen auf?" Männerego! Die hatten alle wohl juckende Eier zurzeit! Ein bisschen rubbeln sollte helfen! Scheinheiliges Pack! Oh, hätte ich mal besser die Fresse gehalten. Jetzt kam noch ein Spruch zu den Anfängerkursen. Boah, Mistkerl, dachte ich. Was bildete der sich eigentlich ein?! Ich hatte Mühe, nicht aufzuspringen und meinem explosiven Temperament, für das ich bekannt war, freien Lauf zu lassen. Mir war wohl nur zu Gute zu halten, dass ich von Mairtins Fall nicht wissen konnte und jemand - ein Mensch genauer gesagt - ohne Runen in diesem Alter mehr als nur ungewöhnlich war, etwas, das man nicht erwartete. Ich nickte dem Riesen zu. Bisher hatte er kein Wort gesagt. Stumm? Blöd? Männer. Mal wieder. Ich atmete tief durch, da musste ich wohl Geduld haben. "Hallo Mr. Connolly."
Xiao ließ sich weder von ihr beeindrucken, noch ließ er sich auf ihre Spielchen ein, sondern wartete schlicht ab, bis sie ihre gebärden von allein einstellte. Flink sollte sie merken, das sie hier damit nicht weiter kam. Die Fakten lagen auf dem Tisch und er würde sich auch nicht von eventuellen Ausflüchten beirren lassen. Er hatte zu viele Schüler erlebt, deren Ausflüchte, deren ausweichen, deren Rechtfertigungen. Nicht nur hier, sondern auch daheim in China. Izzy hatte mit ganz anderem zu Kämpfen, denn die Enttäuschung über ihr Verhalten wog schwer.
„Die Lage ist nicht so, wie Sie es sich ausmalen. Zugegebenermaßen, eine akute Gefahr bestand nicht, jedoch rechtfertigt es nicht, einen Befehl zu missachten.“, hielt er ruhig dagegen. „In solchen Situationen einen Befehl zu verweigern, lässt den Schluss zu, das Sie in Akuten Situationen, wenn Gefahr um Leib und Leben besteht, ebenso handeln könnten. Was dann? Sie verweigern Befehle, weil sie die Sinnigkeit nicht einsehen und gefährden damit Leben anderer?“, fragte er provozierend. „Ihr verhalten ist nicht tragbar.“, brachte er es auf den Punkt und sah sie direkt an. Die Absicht, sich auf ihre Spiele einzulassen, hatte er nicht, sie sollte die Lage der Dinge erfassen, so friedlich die Situation auch zu sein schien. Es änderte nichts an ihrem Verhalten.
„Obwohl es Ihnen nicht zusteht, meine Entscheidungen in Frage zu stellen, kläre ich Sie gern auf.“, lächelte er nun. Xiao war noch immer entspannt. „Er ist kein Mundi, es wird also gegen keine Statuen verstoßen. Zumal ich es war, der ihn hier her brachte, haben Sie etwas dagegen einzuwenden?“ Eine weitere rhetorische Frage, denn es war offensichtlich, das sie zu dem Thema kein Mitspracherecht hatte. Zudem stand es auf einem anderen Blatt, was seine Anwesenheit anging. Unter anderen umständen hätte er es ihr sicher mitgeteilt, so jedoch… Er kannte sie persönlich nicht, aber hatte schon einiges von ihrer Familie gehört. Die Lightwoods waren nun mal keine Unbekannten. Ihr kleines Universum wurde von großen Familien beherrscht, die Yuns waren also ebenso beteiligt, wie die ihre. Aber nun wollten sie keine Familienstammbäume studieren.
„Was also haben Sie zu Ihrer Rechtfertigung zu sagen? Warum haben sie den direkten Befehl verweigert?“, fragte er sie erneut. Ja, es bestand keine Gefahr, umso unsinniger war es, den Befehl zu missachten. „Sie haben weder Hilfe geleistet, noch sind Sie gegangen? Geschieht was auf einem Einsatz, bleiben Sie dann auch sehen und starren Löcher in die Luft?“ Nun, das war nun wirklich eine Provokation. Kein Soldat wäre so dreist und würde sich am Schaden ergötzen, aber auch wenn er sie nicht verurteilen wollte, was konnte man von einem kleinen reichen Mädchen erwarten? In solchen Dimensionen dachte er nicht, sowas war nicht fair. Und doch gab sie gerade genau dieses Bild ab. Ein kleines reiches Mädchen, das alles nach ihrem Gutdünken entschied. Passte es nicht in ihr gemaltes Bild, rebellierte sie und provozierte, sich darauf verlassend, das man schon ihren Arsch retten und gegeben falls Nachsicht haben würde. Noch wollte Xiao diesen trumpf nicht ausspielen und erwähnen, das es hier keine Eltern gab, die sie schützen würden. Hier musste die sich selbst beweisen. Bis jetzt scheiterte sie darin.

Mairtin Connolly

Die junge Frau, welche in etwa so alt sein musste wie ich, vielleicht etwas älter, wurde von Xiao aufgefordert, sich zu setzen. Sie gehorchte und bemühte sich zunächst um einen verbindlichen Ton. Ruhig verfolgte ich den aufkommenden Schlagabtausch. Doch es war die junge Frau, die sich wirklich aufregte. Xiao blieb ruhig, eröffnete, was er eigentlich von ihr erwartet hatte. Ihre Familie schien ein gewisses Gewicht in dieser Welt zu haben und dementsprechend lagen die Erwartungen höher. So etwas kannte ich auch aus der Britischen Armee. Doch sie hatte dem eindeutig nicht genügt. "Ms Lightwood", sagte ich schlicht. Mit der Anrede Ms stellte ich klar, dass ich nicht wusste, ob sie verheiratet war oder nicht. Es war eine neutralere Anrede. Xiao hakte nach, was die Befehlsverweigerung sollte und schlug den Besuch eines der Anfängerkurse vor. Uh, eine unterschwellige, geschickt platzierte Beleidigung im Deckmantel dessen, was angemessen war, wenn man sich die gesamte Situation näher ansah. Xiao war ein geschickter Taktiker und die junge Frau ging ihm voll auf den Leim. Sie hatte Feuer unter dem Hintern, das hatte ich schon vorher vermutet, nun kam aber auch die Bestätigung. Meistens ritt man sich damit aber nur tiefer in die Scheiße. "To your information young Ms Lightwood - it is absolutely nothing of your concern how mi status is defined if you are not allowed to know about." ((Zu Ihrer Information, junge Miss Lightwood - es geht Sie überhaupt nichts an, wie mein Status definiert ist, wenn Sie das nicht wissen dürfen.)) schaltete ich mich nun selbst ein. Ich achtete nun ganz genau auf meine Betonung auf die Worte absolutely und nothing sowie your und mi status fallen. Zum ersten Mal gab es einen Eindruck davon, wie ich auch als Lance Corporal mit einem Rekruten oder Privatier gesprochen hatte, wenn es nötig wurde, meistens, wenn sie scheiße bauten. Zwar war ich selbst ein Kobold, ein Scherzkeks, aber wenn es darauf ankam, konnte man auf mich zählen und leistete mir nicht solche Eskapaden. Anfängerin.

Kühl, ruhig, beherrscht, punktgenau und doch kam mein Akzent etwas stärker durch. Das hieß, ich sprach mi statt my und das o etwas mehr gedehnter, andere Buchstaben verkürzte ich. Meine Halsschlagader pochte, doch wurde das von dem Rollkragenpullover verborgen. Die junge Frau war stinkwütend. Das war ihr anzusehen. Xiao stellte klar, dass ich kein Mundi war und er selbst mich hier hereingetragen hatte und schon verwandelte er dies in eine rhetorische Frage. Erneut verlangte er zu wissen, was sie zu ihrer Verteidigung zu sagen hatte. Weiber. Die hatten sich manchmal auch ihr Hirn aus dem Kopf ficken lassen, oder? Doch das sagte ich nicht laut. Es war mir recht lieb, dass sie sich selbst in die Scheiße geritten hatte. Es war mir ja selbst peinlich genug, dass sie mich so schwach gesehen hatte. Und ihre abschätzigen Blicke mir gegenüber waren mir nicht entgangen. Wahrscheinlich glaubte sie, dass ich dumm wäre oder so. Oh falsch gewickelt Trulla. In diesem Moment hatte ich den Eindruck, dass sie eine verwöhnte, junge Göre war. Vielleicht lag es auch daran, wie sie die Unterlippe vorschob. Xiao provozierte weiter, hart sogar.

Isabelle Lightwood

Boah, was für ein verkackter, verstockter Paragraphenreiter dieser Yun doch war. Der sollte sich mal besser ganz schnell den Kaktus aus dem Arsch ziehen und Spielzeug reinstopfen, schoss es mir durch den schwarzhaarigen Kopf, welchen ich wieder stolz erhob. Ach, es hatte keine akute Gefahr bestanden, dann konnte es ja wohl nicht so schlimm sein. Er hatte es ja wohl im Griff gehabt. Ich rief mir den Anblick wieder ins Gedächtnis und blieb bei meiner Einschätzung, der runenlose Typ war ziemlich komisch. Zumindest war klug genug, meine Gedanken nicht nach außen dringen zu lassen. "Wie bitte? Nicht tragbar? Sind Sie ersoffen? Keine Sorge, ich hätte Sie beide im Notfall aus dem Wasser gezogen, auch wenn Männer meistens mehr wiegen als wir Frauen. Oder haben Sie Angst? Dann ab ins Wasser. Gar kein Problem" reagierte ich zickig und war in dem Moment froh, dass ich einen OB trug - ein Hoch auf die Freiheit der Frauen. So schwer konnte dieser Mr. Yun ja nicht sein. Und das Wasser half ja auch. Auch der Blondschopf machte nicht den Eindruck 100 Kilogramm zu wiegen.

"Wenn es um Leib und Leben geht, agiere ich wie gelernt: Schnell und sofort. Verlassen Sie sich darauf. Ich war lediglich verwirrt von dem doch sehr seltsamen Anblick" gab ich zu. Eine Schwäche, die mir nicht passte, die mich aber menschlich erscheinen ließ und hoffentlich zum Vorteil gereichte. Offenbar soll ich die falschen Schlüsse geschlossen haben, ach wer es glaubt, wird seelig, dachte ich und auch der Riese hatte einen Kommentar dazu. Nämlich, dass sein Status mich rein gar nichts anging. Blöde Scheißkerle, nur weil ich Titten hab oder was? Aber im Hurenhaus seid ihr dann hinter jedem Rock her oder was. Oh ich war die Pest, wenn ich meine Tage hatte und es forderte gerade all meine Energie nicht zu explodieren. Der Stellvertretende Leiter meinte mich vorzuführen.

Ich biss die Zähne zusammen und gab dann zu, "selbstverständlich nicht Mr. Yun. Ich bin sicher, dass Sie vollkommen Herr der Lage waren, als Sie den Besuch hier einluden. Und gestern auch, wie mir schien. Also kann das ja wohl nicht SO schlimm gewesen sein. Ich war irritiert und verwirrt. Punkt." Ich schwor mir, dass ich mich erkundigen würde, wie ich dem Yun eine reindrücken konnte. Rache ist süß - niemand legt sich ungestraft mit Izzy Lightwood an. Und aktuell war ich auf das männliche Geschlecht eh schlechter zu sprechen, was an der Trennung von Simon lag. Oh ich ahnte ja nicht, was mir noch blühte. Ich schob die Unterlippe schmollend vor. Was erlaubte er Typ sich hier? Ich war eine Lightwood kein kleines Schulmädchen. "Kein Mundi, so so... Ein Werwolf vielleicht oder ein Vampir? Und international wird dann über New York gemeckert, mein Bruder angegangen, weil wir eine Verbindung mit der Unterwelt eingingen. Schön scheinheilig."
Als seine Stimme erklang, entstand ein kleines Prickeln in seinem Nacken, was Xiao kurz irritierte, ins besondere, als es seinen Rücken hinunter wanderte, jedoch ließ er sich davon weder beeinflussen, noch sich etwas anmerken. Sowas hatte hier gerade nichts zu suchen, daher schob er es vorerst weit in den Hintergrund.
Was nicht eben leicht war, als er mehr ausführte, als die schlichte Anrede, um sich selbst vorzustellen. Ein Tonfall, den er so noch nicht bei ihm gehört hatte, vorgetragen mit einer Ernsthaftigkeit, die kein Zweifel überließen, welche Position er mal bekleidet hatte. Da er Xiaos Ansprache weder untergrub, noch irgendwas preisgab, ließ er ihn gewähren und beschränkte sich vorerst darauf, die junge frau zu beobachten, wie sie das ganze aufnahm. Ja Mairtin hatte schon mit untergebenen zutun gehabt, was auch ihr nun klar werden musste.
„Als ob es darum geht. Sie haben den Befehl verweigert. Fakt. Was Sie eventuell getan hätten oder nicht, steht nicht zur Debatte.“, wiederholte er sich. Blieb nur zu hoffen, das sie es wirklich getan hätte, wie sie behauptete, doch konnte man sich darauf verlassen? Nach ihrem verhalten zu urteilen, könnte sie sich auch davor scheuen, die fein lackierten Nägel schmutzig zu machen. Sein Blick ruhte ruhig auf der jungen Frau. Sie konnte Kämpfen, das wusste er, nur wenn die Frage im Raum stand, was ihr wichtiger war… Über kurz oder lang würde er die karten auf den Tisch legen müssen, allein, weil es schon mit ihrer beschlossenen strafe einhergehen würde. Der Fehler sollte sich nicht wiederholen, da es beim nächsten Mal, bei einem anderem vielleicht das Leben dran hängen konnte. Da nutzte auch ihre Großspurigkeit nicht. Sie war nicht zuverlässig, nur schien sie das nicht zu erkennen.
„Nun vielleicht ging es gestern um genau das?“, warf er in den Raum. Wenn sie im Unterricht aufgepasst hätte, wäre sie sich dessen bewusst gewesen. Aber beweisen konnte man dies nun nicht mehr, zudem hingen zu viele ‚wenn‘ in der Luft, als das er die eigenen Behauptungen untermauern konnte. Daher ließ er sie gleich außen vor.
Dann aber schaffte sie es wirklich, das er die braue hob. „Mrs Lightwood. Es geht um ihre Befehlsverweigerung, eine internationalen Angelegenheiten.“ Sie war nun mal nicht in der Position, als das man alles mit ihr absprechen müsste oder würde, damit musste sie sich abfinden, denn Xiao hatte nicht die Absicht, sie in die Angelegenheiten Mairtins einzuweihen.
„Fernab möchte ich Sie darüber aufklären, was Ihre Strafe beinhaltet.“ Er lehnte sich zurück und musterte sie. „Sie haben gestern etwas mitangesehen, was Sie vielleicht hätten erkennen können. Aber ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, das sie es nicht getan haben.“ Eine kurze Pause, in der er sich die Worte zurecht legte, die nun folgen würden. Auch überdachte er noch mal die Strafe, die er bis jetzt mit keinem besprochen hatte. Vielleicht wäre er dazu geneigt gewesen, Milde walten zu lassen, doch ihr Auftreten hatte es zu Nichte gemacht. Sie hatte es nicht geschafft, das Ruder zu ihrem Gunsten herum zu reißen, stattdessen hatte sie es mit ihrer trotzigen Art verschlimmert.
„Sie haben sicher schon mal von eine Posttraumatischen Belastungsstörung gehört. Gestern wurden sie zeuge dessen. Falls Ihnen das nichts sagt… Es handelt sich um Traumata… Situationen, die durch bestimmte Faktoren ausgelöst werden und den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Unter Umständen kann es tödlich enden. Gefangen im Kopf werden Situationen wieder und wieder durchgespielt, während man nicht in der Lage ist, sich dagegen zu wehren.“, fasste er zusammen. „Befindet man sich in einer solche Episode ist es durchaus unangenehm dabei beobachtet zu werden.“ Weshalb der Befehl ergangen ist, das sie verschwinden solle. Er sah sie nun direkt an.
„Um eine solche Situation das nächste mal zu erkennen und um zu lernen, Befehle zu befolgen, gleich, ob Gefahr besteht oder nicht, werden Sie die Anfängerkurse besuchen. Anwesenheitspflicht, die Sie sich dann auch bestätigen lassen. Und nun zur eigentlichen Strafe.“ Ersteres war wirklich dazu gedacht, um zu erkennen, wenn sich jemand in einer solchen Situation befindet und wie man gegeben falls richtig verhielt. Nicht mal eine wirkliche Strafe, aber sie würde es mit ihrem gekränkten Ego wohl als solches ansehen.
„Sie werden ab morgen einen Monat Latrinendienst verrichten und darüber nachdenken, ob es das wert ist, einen Befehl zu missachten. Schönen Tag noch, Mrs Lightwood.“, schloss er mit einem noch nett formulierten Rauswurf aus seinem Büro.

Isabelle Lightwood

Boah was für eingebildete Kerle. Die dachten alle nur mit ihrem Schwanz und den Eiern. Alle samt. Was Titten hatte, das war von niederer Klasse und niederem Wert. Vielleicht war der Typ auch entrunrt worden und irgendwie trotzdem hier geblieben. Wie weit ich entfernt war von der Wahrheit, wusste ich nicht. Ich knirschte mit den Zähnen. Befehlsverweigerung. Das war doch etwas hochtrabend, eingebildeter Arsch. Ich war bockig. Internationale Angelegenheit? Ach ja, weil ich ja in Japan war, Amerikanerin. Dann bekam ich eine Aufklärung darüber was eine Posttraumatische Belastungsstörung war. Ach das waren doch nur eingebildete Sachen. Etwas für Schwächlinge und es stützte nur meinen Eindruck, das hinter dem Riesen nur Muskeln und kein Hirn war. Ich knurrte fast ob der Strafe. Wie bitte?! ANFÄNGERKURSE? Hatte der den Arsch offen? Und KLOPUTZEN?! Oh sollte ich seinen Kopf dafür nehmen? Den blonden oder den schwarzen Kopf? Und er warf mich auch gleich schon raus. Ich musste aufstehen und den Raum verlassen. Alles andere würde mir nicht zum Vorteil gereichen, das war sogar mir klar und so tat ich genau das. Ich warf den Kopf stolz in den Nacken, bemühte mich um grade Haltung und klackerte festen Schrittes hinaus. Tack, tack, tack. Das schönen Tag konnte er sich sparen, ich tat es und ließ ihn ohne Verabschiedung stehen. Eine kleine letzte Missachtung, anders ging das ja nicht. Was für ein Arsch!

Mairtin Connolly

Xiao handhabte die Situation mehr als angemessen und stellte seine Macht heraus. Die junge Frau stand mit ihren High Heels blitzschnell auf glattem Eis, so dünn und glatt, dass sie es kaum verstand, wie schnell das passierte. Die Frau bekam einen verbalen, gewaltigen Einlauf verpasst und eine Lehrstunde darüber, was posttraumatische Belastungsstörung bedeutete. Sie durfte zudem noch einmal in den Unterricht zurück. Ups. Und dann auch noch Klos putzen! Wie sehr ihr das gegen den Strich ging, sah ich genau. Das dürfte auch Xiao nicht entgehen. Sie verließ das Büro, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. "Sie eirnnert an eine kleine Ziege... Und was meinst Du?" Mit einem kleinen, leicht diabolischen Grinsen sah ich zu Xiao, "wenn sie in Haube und Schürze gesteckt wird?" Da kam der Kobold in mir wieder durch, meine meeresgrünen Augen funkelten. "Das bleibt ihr garantiert in Erinnerung." Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich los musste und so verneigte ich mich kurz, höflich, "danke Dir. Jeremiahs verlangt nach mir. Eine weitere Therapiestunde geht gleich los. Auf bald" und als ich durfte, verließ ich den Raum, um mich zu dem Stillen Bruder zu begeben.