Wind Beyond Shadows

Normale Version: Kaffeetatamirunen - Kaffee für Blondies?
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Mairtin Connolly

Der Tag war mal wieder recht chaotisch und ich hatte eine echt fiese, gemeine Sitzung mit Jeremiah heute Morgen gehabt. Verdammt anstrengend, um genau zu sein. Wir hatten uns zum ersten Mal eine Dokumentation über den Krieg angesehen. Dann noch Videos über das Innere eines Flugzeugs. Normalerweise wollte ich nur schlafen nach solchen Nummern wie heute. Aber genau das ließ Jeremiah für heute nicht zu. Ich wusste nicht, ob es zeitliche Gründe hatte, oder aber ebenfalls ein Teil der Therapie war, oder was auch immer. Aber mir blieb nur eine halbe Stunde. Das reichte zum Duschen und umziehen. Es war auch nötig. Warum? Ich war komplett durchgeschwitzt, so als wäre ich im Meer gewesen oder hätte ein heftiges Fieber gehabt. Warum ich nicht die Zeit bekam? Vielleicht sollte ich lernen, dass ich auch mal etwas Druck kriegen sollte, positiv wohlgemerkt und damit ich lernte, dass es immer etwas Gutes am Tag gab, auch wenn es anstrengend war. Mir war noch immer etwas schlecht, sodass ich zumindest eine Banane futterte und etwas Datteln. Zucker, Energie reinstopfen. Das benötigte ich auch. Denn in der vergangenen Nacht hatten mich wieder Alpträume gequält. Wirklich üble Alpträume, die ausgelöst wurden von Flugzeugen, die über das Institut hinwegdonnerten und umgeleitet worden waren. Irgendwann war ich ins Bad gestürzt. Ich hatte mich dann in die Wanne verzogen. Jeremiah hatte mich aufgetrieben heute Morgen.

Nein, ich sollte jetzt etwas schönes machen. Raus, nicht in den Stall. In die Stadt. Mit Begleitung. Doch manches davon wusste ich nicht. Erneut wechselte der Babysitter für mich, aber das ahnte ich noch nicht. Der andere war krank geworden – Lungenentzündung. Der Auftrag dazu kam von oben. Ich war noch immer empfindlich in Sachen sehr starke Veränderungen. Und ich musste auch lernen, wieder mehr im Alltag zurechtzukommen. Ganz normale Geräusche aushalten. Die öffentlichen Nahverkehrsmittel oder dergleichen nutzen. Und heute würde so einiges stattfinden. Es war noch immer recht kalt, sodass ich einen wollenen Pullover anzog. Merinowolle. Irisch. Dazu Boots. Ich gelte kurz noch ein wenig die Haare zurück, aber nicht so, dass es einen Helm gab. Es war nur wenig. Ein Klopfen an der Tür. „Herein“ rief ich. Zum Glück war es ordentlich. Militärisch genau wie bei der britischen Armee früher. Das hatte ich mir beibehalten. Ich schnappte mir Schal, Mütze und Rucksack. Für manche war das wohl übertrieben, aber da mein Immunsystem noch immer nicht super stabil war, wohl das bessere. Der Stress, die PTBS und dergleichen sorgten dafür, dass ich Vitamine und Nährstoffe nicht so gut aufnahm. Aktuell hatte ich ein Gewicht von 86 Kilogramm und konnte das etwa halten. Ich drehte mich um und merkte, dass es nicht der selbe Mann wie das letzte Mal war. Nun eine Frau. Was wurde denn das jetzt? Wer war sie? Europäisch oder amerikanisch. Das war klar. Blond. Vielleicht war die andere Herkunft der Grund, warum man uns zusammenstopfte. Wenigstens nicht diese Isabelle Lightwood. Die war mir bisher nicht allzu sympathisch, weil sie schließlich nur geglotzt hatte. Ich vermutete, dass Xiao da auch seine Finger im Spiel hatte. Der würde kaum zulassen, dass diese Isabelle die Verantwortung für mich bekam. Vorher würde er sie höchstpersönlich als KLOBÜRSTE verwenden. „Und Sie sind?“ Ich fühlte mich etwas herumgereicht. Am liebsten war ich bei Xiao oder auch bei Devilstar.

Mit 191 Zentimetern war ich eine imposante Erscheinung, erst recht, da ich langsam zulegte. Dunkelblond. Meeresgrüne Augen, die zwischen grün und türkis changierten. Ich sprach mit dem für mich so typischen, irischen Akzent. Ich ahnte nicht, was das hier werden sollte ...
Sie war voll in ihrem Training. Seit drei Stunden trainierte sie am Stück. Rennen, Springen, Stocktraining, Dolche werfen. Den armen Boten hatte sie beinahe einen Dolch unter die Nase gehalten als dieser ihr eine Mitteilung überreichte. Sie war heute für einen von Jeremiahs Patienten zuständig. Die Blondine hatte schon gehört dass rotiert wurde wenn die Hauptaufpasser nicht können. Ein Seufzen überkam ihren Lippen und sie steckte die Dolche weg. Babysitten, sie hatte gehofft sie wäre dieses Thema los geworden. Also ab zum Duschen und anziehen. Das würde ihren gesamten Tagesplan durcheinander bringen. Wobei es hieß man soll mit ihm raus unter die Mundies gehen. Klang in ihrem Kopf wie Gassi gehen mit dem Hund. Also würde das was sie noch zu erledigen hatte dann wunderbar hin bekommen. Und wer weiß, vielleicht war der Patient auch ein ganz netter Zeitgenosse. Und ganz vielleicht war er ja die Liebe auf die sie so lange wartet.

In Jeans, langarm Shirt, Lederjacke, Boots und Schal, allesamt in Schwarz, machte sie sich auf zu dem Zimmer des Herren. Sie hatte die Augen mit einem schwarzen Eyeliner und schwarzer Wimperntusche geschmückt, die Lippen nur mit einem roten Lipgloss und ansonsten hatte sie sich nicht viel Mühe gegeben. Dazu die blonden Haare in einem französischen Zopf geflochten, um auf alle Fälle vorbereitet zu sein. Als Shadowhunter wusste man nie wann der nächste Dämon um die Ecke kam. Nur hoffte sie dass sie dann nicht gerade zu beschäftigt war. Wäre ja Schade um den Moment.

Leicht genervt, ihr fehlt einfach Frühstück und vor allem Zucker, ging sie zu dem Zimmer und klopfte an die Türe an. Fest, laut. Sie hatten viel vor und keine Zeit zu verlieren. Ein Herein kam und die Vorstellung eines japanischen Herren löste sich auf wie Zuckerwatte im Wasser. Vielleicht wurde auch sie nur deswegen ausgewählt. Also öffnete die Blondine die Türe und lehnte sich lässig am Türrahmen an. Er sah aus wie ein Vikinger. Ziemlich nordisch, dunkelblond, grüne Augen. Vielleicht auch Schottisch. Wer wusste schon wo seine Wurzeln her kommen. Und er war groß. Ein Schrankgroß. Er würde wohl aufpassen müssen mit den Türen in Japan. Und den Balken. Und den Decken.
Auf seine Ansprache hin wurde Amelia von ihren Gedanken wo der Gute sich seinen Kopf anschlagen würde und ob dass der Grund war wieso er in Behandlung war, herausgerissen. "Amelia Rosecross. Deine Babysitterin. Und wir haben heute viel vor. Wie soll ich dich nennen?", meinte Amy und richtete sich etwas auf. Okasan hätte ihr wahrscheinlich für die ungehobelte Vorstellung den Kopf gewaschen. Ein Blick zu seinem Aufzug. "So kalt ist das da draußen nicht", meinte sie. Zumindest im Vergleich mit Zürich. Gott, sie vermisste ihre Heimat. Sie wollte zurück in ihre Heimat. Zu dem was sie kannte. Es war klar das sie wegen Okasan und Vater hier her gezogen ist.

Amelia drehte sich um. "Hopp hopp", kam es über ihre Lippen und ging los. Sie brauchte Tee, und was Süßes. Die Rosecross wusste schon wo sie dass her bekam. Hoffentlich musste sie den Herren nicht aus dem Institut ziehen. Nicht dass sie es nicht tun würde. Nur um an sein Ohr zu kommen müsste sie wahrscheinlich springen.

Mairtin Connolly

Ich musste mich zusammennehmen, nicht explodieren, alles gut, sagte ich mir in Gedanken. Die Frau trug ein langes Shirt, Lederjacke, Jeans, Boots und einen Schal. Schwarz. Dass die junge Frau ziemlich schlechte Laune hatte, weil sie erstens kein Frühstück hatte und dann noch den Babysitter spielen sollte, wusste ich nicht. Nein, wie toll. Ich hatte eben auch mein Frühstück hochgewürgt. Stress. Diese Entwicklungen gefielen Jeremiah nicht und er überlegte auch mit Xiao zu reden, um dessen Eindruck zu holen. Aber vielleicht war Rausgehen das richtige und morgen sähe es schon besser aus. Es gab auch wieder andere Anzeichen zur Hoffnung. Denn heute Morgen hatte ich mich unter der Aufsicht einer Person des medizinischen Personals selbst rasieren können. Den Rasierer hatte ich wieder abgegeben. Aber allein DAS war ein Fortschritt, ein großer! Das Personal war direkt neben mir gewesen. Ich hatte kurz danach auch gezittert.

Ich spürte die musternden Blicke der Frau. Die Blondine stellte sich als Amelia Rosecross vor. „Mairtin Connolly“ sagte ich als Antwort und warf ihr einen funkelnden, giftigen Blick auf das Wörtchen Babysitter zu. „Wie kalt es ist kannst Du gern meiner Einschätzung überlassen“ antwortete ich mit kühler Stimme. Militärisch. Ich ließ erkennen, dass ich durchaus mit Untergegebenen zu tun gehabt hatte. „Hopp, hopp? Seh ich aus wie ein Zirkushund oder Zirkuspferd, oder was?“, konterte ich. „Sagt der Golden Retriver? Obwohl, das passt nicht zu Ihrer Größe. Also, Vorschlag?“ In diesem Moment kam der zweiundzwanzigjährige, freche, dreiste Mairtin wieder zum Vorschein. Für einen kleinen Moment. Ich war aufgekratzt durch die Sitzung, zickiger gestimmt und konnte mit all den Gefühlen, die in mir tobten nicht grade gut umgehen, musste aber lernen damit klarzukommen. Aber ich benötigte auch wieder etwas zu Essen. Energie rein. Ich hielt mich dennoch einigermaßen gut zurück. Immerhin! Mein Magen spielte Verräter und knurrte vernehmbar. Super. Danke. Doch ich sagte dazu kein Wort. Als Scharfschütze hatte ich einiges ausgehalten und kam damit klar. Ich ahnte nicht, was das hier werden sollte.
Mairtin oder Mayrtin, Amelia würde ihn einfach Connolly nennen, da war sie auf der sicheren Seite. "Bist also auch nicht von hier", stellte sie fest und schaute auf das Handy um die Uhrzeit zu bestimmen. Dann giftete er dass sie ihm die Einschätzung der Kälte überlassen sollte. Naja wenn er unbedingt schwitzen wollte. War ihr egal. Sie hatte ihn an der Backe und die aussage dass er ein ganz umgänglicher Zeitgenosse war konnte sie definitiv nicht bestätigen. Hoffentlich musste sie das morgen nicht nochmal machen. Und sein Autoritätsgehabe konnte er sich sonst wohin schieben. Er war nicht ihr Vorgesetzter und sie war nicht seine Marionette die so sprang wie er es gerne hätte.
Wieder ein gemecker. Er fragte ob er aussah wie ein Zirkuspferd. "Dafür sind Sie zu groß, und konnte ja nicht ahnen das Sie zum Lachen in die Katakomben gehen.", meinte die Blondine und rollte mit den Augen. Mit seiner Größe war er eher die Zirkuszeltstange, doch das behielt sie lieber für sich. Hoffentlich merkte der Herr dass sein Autoritärton blödsinn war. Zumindest bei ihr.
Kurz schnaubte sie als er sie ein Golden Retriver nannte. "Hey, die Golden Retriver sind süß und knuddelig, also Vorsicht. Und als was Sie mich bezeichnen wollen ist mir egal.", antwortete Amy. Es wäre nur ein Spitzname von vielen. In ihrem Leben war sie schon mit einigen Bezeichnungen für sich konfrontiert gewesen, die einen netter, die anderen eher nicht so, also was machte noch ein weiterer Namen einen Unterschied.

Ein Magen gab ein untrügliches Zeichen mit Essen versorgt zu werden. Und es war nicht ihrer. Die Blondine musste sich hart zusammenreißen um nicht loszugrinsen. "Na wie gut das Starbucks auf der Liste steht", meinte sie in einem fast schon mütterlichen Ton. Und damit ging es los.
Amelia trat schnell aus dem Tor heraus und ging auch schon gleich nach links. Sie mussten schnell sich in die Umgebung einfügen. Es wäre nicht gut wenn die Mundies sich wundern würden wie zwei Blondschöpfe aus einem alten, verlassenen, für die Öffentlichkeit gar nicht zugänglichen Schrein kamen. "Wie hat es Sie nach Kyoto verschlagen", wollte Amelia wissen, damit es kein Gang des Schweigens wurde. Zwar hatten sie es nicht weit bis zum Starbucks, aber ein paar Gassen würden es schon werden. Vor allem wenn sie mit der Masse gingen würde es etwas dauern bis sie beim Heißgetränkehändler ankommen würden. "Wie alt, welches Institut waren Sie davor?", kamen weitere fragen. Die Fragen nach Liebesleben ließ sie gleich mal aus. Das hatte er sich mit seinem giftigen Ton gleich versaut bei ihr.

Die kalte Winterluft war frisch und sie mochte wie die Sonnenstrahlen die Gegend erleuchtete. Aber die Luft hatte einen Nachteil. Bis sie zum Starbucks ankamen war ihre Nase recht kalt geworden. Also nix mit to go sondern Getränke und Essen drinnen. Sie mochte diese Lokalität. Es war in einem alten Kyomachiya untergebracht, sie hatten auch drinnen so weit wie möglich die alte Substanz erhalten. "Achtung Kopf", warnte sie als sie die Türe aufschob. Sofort kam ein Irasshaimase ihr entgegen als sie den Starbucks betrat und Amelia lächelte die Verkäuferin an. Für sich selbst bestellte sie erstmal einen Milchtee Latte, ein Stück Kuchen, in Schokolade getauchte Erdbeeren und ein Sandwich. Sie war nun froh das Okasan sie dazu genötigt hatte Japanisch zu lernen, denn so konnte sie hier bestellen ohne wie ein dummer Tourist vor sich hin zu stammeln. Dann sah sie zu Connolly und wartete ab ob er was wollte und was er wollte. Nicht dass sie nicht für ihn übersetzen würde, aber Gedankenlesen konnte sie nicht. "Und was darf es für den Herren sein?", fragte sie ihn auf Englisch.

Mairtin Connolly

Dass ich nicht von hier war, war wohl offensichtlich. Ich nickte bestätigend. „Ja. Offensichtlich. Nordirland“ antwortete ich ruhig. Daher kam auch mein Akzent. Anstelle des typischen englischen My sprach ich es Mi aus. Das typisch englische th sprach ich auch nicht. Sie glaubte offenbar, dass ich davon nur schwitzen würde oder dergleichen. Nein, ich brauchte es tatsächlich wärmer. Ich hatte auch ein paar Kopfschmerzen, aber ignorierte auch dies. „Nein, zum Lachen geh ich nicht in die Katakomben“ konterte ich trocken. Ich bemerkte schnell, dass sie Hunde offenbar süß fand. Zudem waren ihr Spitznamen egal. Schön, gut. Okay, vielleicht war es auch mein Glück. Ich hatte auch schon einige bekommen: Kobold, Frechdachs oder Flummi waren nur einige davon. Ihr entging nicht das Knurren meines Magens. Mein Körper war leicht unterzuckert, ich brauchte einfach ENERGIE und dann war ich doch schon etwas friedlicher. Das war klar. Ich war auch als Soldat schon mal eine Zicke gewesen. Aber ich war nicht immer der einfachste Charakter. Sie wollte zu Starbucks. Meinetwegen. Immerhin bedeutete das, dass ich relativ einfach etwas finden konnte, und nicht einer größeren Sprachbarriere gegenüber stand. Check. Noch konnte ich nicht die Landessprache, kam aber in vielen Fällen auch mit Englisch weiter, ergo eine meiner Muttersprachen. Die andere war Gälisch, genauer nordirisches Gälisch.

Sie schien zu wissen, wo wir lang mussten und ich folgte ihr schnellen Schrittes. Bisher kannte ich mich nicht allzu gut in der Stadt aus, was auch an meiner PTBS lag. Aber die Gegenden, wo ich schon war, konnte ich wiederfinden und auch den Weg zurück zum Institut. Gut. Doch einfach war es nicht, wenn man die Sprache nicht beherrschte. Sie wollte wissen, wie ich nach Kyoto gekommen war. „Ich sollte ursprünglich etwas als Geschäftsführer für das Unternehmen der Familie regeln, ehe ich durch Zufall die Flucht schaffte und über das Institut stolperte“ fasste ich kurz zusammen. Dass ich bisher nicht Teil der Schattenwelt war, wussten die meisten ohnehin im hiesigen Institut. Denn die Geschichte, wie Xiao mich reingeschleppt hatte, halb tot, war inzwischen eine kleine Legende. Es war etwas Außergewöhnliches, das nicht grade oft passierte. Das waren Geschichten, die sie sich schnell über mich beschaffen konnte. Vielleicht bekam sie auch schnell mit, dass es einige Weiber gab, die auf mich standen und versuchten, meine Aufmerksamkeit zu bekommen, für gewisse Dinge. Aber ich war da schlicht blind und blöd.

Ich konnte das Institut und alles sehen, war kein Mundi mit dem zweiten Gesicht, sondern besaß Nephilimblut. Das hatte eine DNA-Analyse offenbart, während ich schlief und das medizinische Personal um mein Leben kämpfte. Darüber würde sie kurz oder lang wohl ein wenig hören. Ich hatte mir noch eine Jacke gegriffen. Gut so. Für sie war es möglicherweise nicht kalt, für jemanden in meinem Zustand war das aber eventuell anders. Zudem war ich in der Wüste im Einsatz gewesen, da kannte ich auch andere Temperaturen. Bisher war meine tatsächliche Herkunft im Verborgenen geblieben und man suchte noch. Aber davon wusste ich nichts. Doch während wir hier liefen, fanden die Techniker neue Spuren. Spuren, die die Blondine und mich bald miteinander verbinden sollten.

Sie wollte auch wissen, wie alt ich war. „Meinetwegen können wir die Förmlichkeiten auch wieder runterfahren. Ich weiß, dass ich eben nicht grade freundlich war,“ bot ich etwas zerknirscht an, aber immerhin realisierte ich, dass ich eben vielleicht doch ein wenig sehr zickig war. Ups. Komischerweise tat ich das gegenüber Xiao am wenigsten. Jeremiah amüsierte sich darüber köstlich. „Was bringt Dich in die Stadt?“, fragte ich und bemühte mich um einen besseren Tonfall als eben noch. Nun wollte sie wissen, wie alt ich war. „25 Jahre und Du?“ Ich konnte mit meinen langen Beinen ihr Tempo locker halten, ohne Probleme auch jetzt, wo ich noch nicht wieder vollständig fit war. Außerdem wollte die kleinere Blondine wissen, in welchem Institut ich zuvor war. Ich atmete kurz aus. „In keinem. So wie aussieht, bin ich aus irgendeinem Grund in der Welt der normalen Menschen aufgewachsen und wurde Teil der britischen Armee. Scharfschütze, Lance Corporal“ deutete ich ruhig einen Teil meiner Vergangenheit an. „Und wo kommst Du her? Ebenfalls Europa?“ Kurz darauf hatten wir Starbucks erreicht. Da es zu kalt war, um draußen herumzulaufen mit dem Zeug gingen wir rein. Beim Eintreten musste ich tatsächlich mal wieder den Kopf einziehen. Amelia bestellte einen Chai Latte, Kuchen, Schokolade in Erdbeeren und ein Sandwich. Okay, sie hatte wohl ebenso Hunger wie ich. Bei der Bestellung benötigte ich kurz etwas Zeit, da ich die Zutatenliste durchsuchte. Es war etwas mehr als drei Jahre her, dass ich beim Starbucks gewesen war und ich kannte mich nicht mehr so groß aus. Aufgrund meiner Allergie musste ich so genau sein. Ich entschied mich für eine heiße Schokolade, ebenfalls einen Karottenkuchen und Rustico Schinken und Käse. Nach einigen Minuten bekamen wir beide unsere gewünschten Sachen. Zum Glück kamen hier so oft Touristen her, dass es kein Problem war, etwas auf Englisch zu bestellen. Auch wenn Japanisch gewiss die schönere Variante war. Wir fanden außerdem ein Plätzchen auf einer Empore, etwas ruhiger gelegen. Gut für mich. Am Platz angekommen legte ich den Schal ab und entblößte den nackten Hals. Auf meiner Haut gab es keine einzige Rune.
Irland. Na da hatte sie also sich einen Irren angelacht. Pardon, Iren. Wahrscheinlich brauchte der erstmal ein paar Guiness bevor er erträglich wurde. Aber was solls drum, morgen war sie ihn sicherlich wieder los und den einen Tag würde sie schon überstehen. Wichtigere Frage war ja eher ob er den Tag mit ihr überstand. Nur weil er bei den stillen Brüdern ein und ausging würde sie nicht die Samthandschuhe anziehen. Mairtin meinte er ging nicht zum Lachen in die Katakomben. Naja, eine Frohnatur war er aber auch nicht.

Es war also wahr. Ein Mundie der kein Mundie sondern ein Nephilim war. "Hört man auch nicht alle Tage", meinte sie als Mairtin erzählte wie er eigentlich auf einen Geschäftstrip war. Es gab Geschichten und Gerüchte über Nephilim-Kinder die nicht in der Schattenwelt zur Welt kamen. Sei es weil die Eltern de-runed wurden, oder sich für sich und die Kinder was anderes vorstellten als ewigen Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Aber so ganz planlos groß zu werden war gefährlich. Die Unterweltler und Dämonen merken ja was man ist und spüren das Engelsblut in den Adern. Vielleicht meinte er damit die Flucht.

Ihr Begleiter meinte nun dass sie die Förmlichkeiten wieder streichen konnten. Er sagte sogar das er vorhin nicht die freundlichste Person war. Amelia musste sich es stark verkneifen zu sagen dass Einsicht der erste Weg zur Besserung ist. Sie hatten ja noch viel vor. "Ich bin in der Stadt wegen meinem Halbbruder, der wird in Kyoto unterrichtet. Und meine Stiefmutter findet dass eine Familie beisammen sein sollte.", wahrer könnte ihre Aussage ja nicht sein. Nur dass es nicht Einzahl sonder Mehrzahl ist. Aber davon hatte die Blondine keine Ahnung. Woher auch. Es gab einfach ein Kapitel in ihrem Leben wofür sie noch nicht die Schlüssel in den Händen hielt. Und die Engel mögen der Seele gnädig sein der ihre Mutter von ihr entzweit hatte und die Engel mögen ihrer Mutter Seele gnädig sein. Sollte sie jemals einen der Beiden treffen, dann mögen die Engel bitte ihrer Seele gnädig sein denn sie würde für nichts mehr garantieren können. "nächsten Monat sind es 26 Jahre", meinte die Schattenjägerin. Sie hatte nie groß ihren Geburtstag gefeiert, ihr Vater hatte daran kein Interesse gehabt. Meistens machte sie sich einen schönen Tag in Idris oder mischte sich unter die Mundies.
"Soldat? Na das erklärt einiges", meinte Amelia und musterte den Herren neben ihr nochmal. "Muss wohl ein Schock für dich gewesen sein dann bei uns zu landen.", wollte sie irgendwie wissen. Ein Tag noch Zuckerwatte Mundie Leben und im nächsten Moment Dämonen, himmlischer Krieg und Unterweltler. Er fragte nun nach ihren Wurzeln. "Geboren in London, aufgewachsen in Zürich, Auslandsaufenthalt in London und Mumbai.", meinte Amelia und war etwas stolz auf sich dass sie in der hinsicht zwei Auslandsinstitute vorweisen konnte. Nun gut, jetzt waren es drei.

Die Bestellungen kam und Mairtin schlug den Weg zu den kleinen Emporen im oberen Stockwerk an. Für sie war es was leichtes ihre Schuhe auszuziehen bevor sie auf die Tatami-Matten gingen, auch wenn sie die Hände voll hatte. Okasan, die für viele Dinge Schuld war die Amelia hier sehr gut konnte, hatte sie eine sehr lange Zeit gedrillt. Mit Büchern auf Kopf und in den Handflächen. Mehr als einmal hatte sie ihre Boots verflucht und verstand warum sehr viele Frauen, Zori, Geta oder Ballerinas trugen. Aber jetzt war das kein Problem mehr. So elegant wie man es ihr eintrainiert hat setzte sie sich auf eines der Kissen auf dem Boden und stellte ihre Bestellung auf dem Tisch ab. Mairtin war schon dabei sich zu entkleiden. "Tatsächlich. Keine Runen", meinte Amelia. Somit war das Gerücht auch wahr dass niemand ihm Runen verpassen wollte weil er zu schwach war. Wobei Amelia ja eher glaubt das man ihn für zu zart besaitet hält. Sie hingegen hatte auf der rechten Seite am Hals die Rune für Heilen. Alle anderen waren unter dem Langarmshirt versteckt. "Nach dem Starbucks muss ich noch in ein Bekleidungsgeschäft.", warnte sie Mairtin vor, während sie von ihrem Milchtee trank. Auch wenn ihr Kopf schon damit ratterte wie die Bestellung nun fertiggestellt aussehen würde, so versuchte sie den Moment mit ihrem Getränk und ihren Schokoladeerdbeeren zu genießen.

Mairtin Connolly

Ich wartete ab, was das hier wurde und dann nickte ich. „Schon mitbekommen“, murmelte ich leise. Ein paar der Gerüchte hatten auch mich erreicht. Natürlich. „Ungefähr so auffällig wie der Big Ben, würde man ihn kurzerhand hier her verpflanzen“, ergänzte ich dann mit einem trockenen Schnauben. Was in ihrem blonden Kopf vorging, ahnte ich nicht. Sehr wohl aber war mir bewusst, dass ich bisher 25 Jahre lang in gewissen Gefahren durch übernatürliche Wesen und dergleichen gelebt hatte. Wirklich Angst bereitete mir das nicht. Warum? Weil meine Psyche noch zu sehr durch das Trauma, welches mir mein Vater und Nelson angetan hatten, belastet war. Zudem hatte ich mich auch im Krieg bewegt – im Afghanistankrieg. Panzerfäuste und dergleichen waren ebenso tödlich sowie gefährlich. Dass es doch hin und wieder andere Menschen gab, die eine solche Abstammung hatten, aber in der normalen Welt lebten, wusste ich nicht. Dennoch, es war selten.

„Es klingt fast, als hättest Du lieber wo anders dein Lager aufgeschlagen, anstatt auf Heile Familie zu machen“ antwortete ich. „Manche Familien, nun ja, ich kann es nachvollziehen.“ Ich hatte es ja auch erlebt und mich hin und wieder irgendwie abgekapselt. Vor meiner Entführung. Als Soldat hatte ich dazu recht gute Möglichkeiten. Ich nickte knapp, als sie bekannte, dass sie etwa ein Jahr älter, als ich war. Na prima. Im dümmsten Fall noch ein Grund auf sie zu hören, wenn es hart auf hart kam. Dass es da noch mehr Gründe gab, wusste ich nicht. Dass ich Soldat gewesen war, schien sie zu überraschen und wahrscheinlich wurde ihr nun klar, woher mein Tonfall eben kam. Armee. Das stimmte, ins Schwarze getroffen. Yep. Ich schnaubte ob der nächsten Bemerkung.

„Schock? Ja, in diese Welt zu kommen, von der man nichts wusste, mit fast 40 Grad Fieber wieder wach zu werden und dann Jeremiah zu entdecken ist schon nicht so ganz ohne. Erst recht nicht, wenn man nicht weiß, wie man da hin kam. Hätte ich die Kraft gehabt, wäre ich wohl aus dem Bett gesprungen, ging nur nicht. Dass ich überhaupt wach wurde hab ich Jeremiah wohl zu verdanken. Ich schätze, ich wäre ohne ihn gestorben.“ Ich nickte noch einmal, als sie meinte, dass sie in London geboren wurde, aber in Zürich aufwuchs und auch in Mumbai unterwegs gewesen war. Also waren internationale Aktivitäten genauso in dieser Welt üblich, wie ich es auch aus der kannte, in der ich groß geworden war. „Das klingt abenteuerlich. Soweit ich mich erinnere, ist Indien auch nicht unbedingt ein ganz leichtes Land. Andere Kulturen sind immer schwierig. Wenn dann noch Krieg dazu kommt, yippiekajeh. Ich kenn das. Afghanistankrieg. Scharfschützen wie ich sichern oder schleichen hinter die Linien“, deutete ich meine eigene internationale Erfahrung an, aber auch, dass ich nicht gerade unbeschrieben war. Soldat konnte alles heißen. Koch oder so etwas kam ja ebenfalls in Frage. Ich kramte in meinem Gedächtnis nach einigen Informationen rund um Indien. „Ich schätze mal, in Indien gab es einen ganzen Haufen zu tun, wenn auch nur die Hälfte der Sagengestalten und dergleichen tatsächlich herumhüpfen, oder?“

Auch ich hatte die Schuhe ausgezogen. Das ging im Armeetempo. Zum Glück verzichteten meine Füße auf ein Käsearoma. Ich kannte tatsächlich Soldaten, deren Füße und Schuhe benötigten einen eigenen Waffenschein. Okay, ich hatte so etwas auch schon selbst gehabt. Wer drei Wochen auf Mission im Einsatz war und nicht ins Lager kam, der hatte nicht immer Gelegenheit, sich zu waschen. Wasser hatten wir in der Wüste rationiert und meistens zum Trinken verwendet, oder mal, um den Nacken zu benetzen. Richtig schlimm wurde es, wenn das Wasser ausging und die Männer gezwungen waren, den eigenen Urin zu trinken, um zu überleben. Geil war anders. Solche Nummern blieben Jägern wohl erspart, dankenswerterweise! Beim Heimkommen ins Lager hatte es zwar keine stundenlange Dusch- und Badeorgie gegeben, aber jeder hatte das Waschen doch unheimlich genossen. Dann nach Hause zu kommen war wie der Himmel. Ich hatte mit Freuden eine Arschbombe in den Pool zuhause gelegt und gemütlich planschen.

Wie es schien, schmeckte uns beiden die jeweils getroffene Auswahl. Ich seufzte kurz, entspannte etwas. Das war aber nicht allzu einfach – doch wie hieß es so schön? Schokolade macht glücklich. Ihr Blick fiel auf meinen Hals und meinte dabei ‚tatsächlich. Keine Runen.‘

Ich nickte, während ich einen Schluck von meinem Getränk nahm. „Bis es die gibt, kann es noch etwas dauern. Ich muss erst noch gesund werden.“ Wer unglücklicher wäre, wenn es frühzeitiger zu so etwas käme – Jeremiah, Xiao oder ich – stand in den Sternen. Unglücklich? Vielleicht war dies nicht das richtige Wort. Besorgt traf es wohl besser. Amelia wollte noch ein wenig shoppen und ich nickte ruhig. „Kein Ding. Mach nur. Es gibt viel schlimmeres. So schnell jagst Du mich nicht ins Boxhorn. Hättest Du wohl gern. Und glaub mir, ich bin erfahren genug. Es gibt Momente, in denen Frau einfach Frau sein will, sein soll und darf und einen menschlichen Packesel aufs Maximum austesten will. Schon klar.“ Das hatte ich in den letzten Jahren genügend gelernt. Außerdem war ich in Sachen Turnierkleidung fürs Pferd und mich auch nicht gerade allzu einfach. Da konnte ich auch schon mal ein bisschen ausrasten, wobei ich meinen Tieren nie Glitzerzeug verpasst hatte.
Mairtin wollte das Thema etwas vertiefen. "Hör mal, ich will nicht abweisend sein. Aber meine Mutter hat mich verlassen, kaum war ich auf der Welt. Das Thema Familie ist für mich kein Small-Talk und nur für deine Information, wir Schattenjäger haben eine ganz eigene Definition von Familie.", sagte Amelia und hoffte dass er nun das Thema ruhen lassen würde. Natürlich steckte noch mehr dahinter. Die Ablehnung ihres eigenen Vaters weil sie an die Schande ihrer Mutter erinnerte. Das nicht kennen von Familiärer Zuneigung, die nächste Abweisung weil er sie eigentlich nach Idris abschieben wollte. Wenn sie darüber so nachdachte war es wirklich Okasan's Werk dass sie nun zumindest im Ansatz als Familie funktionierten.

"Naja, selbst ohne Gesundheitliche Einschränkungen kann ich mir weitaus besseres vorstellen als Jeremiah als erstes zu sehen.", meinte die Blondine etwas belustigt. Auch wenn sich die meisten an die stillen Brüder gewöhnen, so hatten sie dennoch manchmal etwas furchteinflössendes. Und wie sie plötzlich im eigenen Kopf sprechen.
"Es gehört zur Ausbildung dazu. Andere Länder, andere Vorgehens- und Kampfweisen.", meinte sie und verputzte noch eine Erdbeere. Ihr Gegenüber war also in Afghanistan. "Auch deren Kampfweise gelernt?", fragte sie nach.
Sie trank gerade von ihrem Milchtee als Mairtin fragte ob sie in Indien sehr viel zu tun hatte. Leise prustete sie etwas und sah ihn dann an. "Das Mumbai Institut ist groß. Wir waren genug. Und nicht alle Sagengestalten muss man jagen. Im Gegenteil, manchmal können diese auch unsere Verbündeten sein.", versuchte die Rosecross es zu umschreiben. Ihr Gegenüber hatte noch einiges zu lernen. Doch wie würden sie als ganzes Institut es hin bekommen all dass was andere in Jahren lernten in kürzester Zeit beizubringen.

Er meinte dass es noch dauern würde bis es die ersten Runen gab. "Ich weiß ja nicht, aber würde nicht ein Iratze dir helfen gesund zu werden?", fragte sie nach. "Vielleicht etwas dass du mit Jeremiah besprechen könntest." fügte sie hinzu. Es würde sicherlich etwas Eindruck erwecken wenn er sich mit den Runen auseinander setzte.
Sie grinste und biss sich hart auf die Innenseite ihres Mundes als Mairtin meinte das Frau eben Frau sein wollte und deswegen shoppen ging. Zu gerne hätte sie ihm entgegen geworfen dass wenn sie eben Frau sein wollte sie sich etwas zum horizontalen Sport suchen würde. Aber das konnte sie hier nicht so einfach raus hauen. Zu öffentlich, zu unsittlich. Sie wollte keine Aufmerksamkeit auf sie beide ziehen. "Nun gut, dann können wir ja loslegen", meinte sie und erhob sich. Sie stellte das benutzte Geschirr in den dafür vorgesehenen Bereich und zog die Schuhe wieder an. Sie würden wahrscheinlich noch einige Male die Schuhe aus- und anziehen. "Nächster Stop, Kimono Geschäft", sagte sie und ging mal wieder vorraus.

die Straße draußen war etwas voller geworden. Nichts wildes für sie, aber sie hatte da schon eine Befürchtung warum man ihn nicht gleich mit Runen verzierte. Gesundheit das eine, aber jede Rune kostete auch der Seele etwas ab. Stärke, denn hey, es tat weh sich so eine Rune zu verpassen. Was wenn seine Seele nicht ganz heil war und deswegen ihm nicht mal die Iratze Rune geben wollte. Sie bog in eine andere Gasse ab, dann ein paar Stufen hoch, links, links, rechts, und standen dann vor einem alten japanischem Haus. Am Eingang hing ein Art Vorhang. Amelia ging da hindurch und kam zu einem Art Hof. Ein Zen-Garten war in der Mitte angelegt mit moosbedeckten Steinen und Kies dass in Form gerecht worden ist. Linker Hand befand sich der Eingang, auf den die Blondine auch direkt zusteuerte. Wieder eine Begrüßung. Wieder Japanisch. Während die Angestellten sie am liebsten gleich in den Nebenraum gebracht hätten um den Iromuji den Okasan für sie bestellt hatte gleich zu zeigen, sah Amelia nachdenklich zu Mairtin. "Willst du lieber hier warten oder willst du lieber mit rein?" fragte sie ihn. Im Gegensatz zu den vielen japanischen Frauen hatte die Blondine kein Problem ihr Körper zur Schau zu stellen. Es gab an ihr sicherlich nichts was er nicht eh schon wo anders gesehen hat.

Mairtin Connolly

Ich nickte knapp und verstand. Familie war kein gutes Thema, da konnte ich wohl nur zustimmen. Allzu viel wollte ich auch nicht über die Drecksleute rausrücken. Von diesen Dingen wussten Jeremiah und Xiao. Manches stand in meinen Akten des Instituts. Ich runzelte die Stirn – eigene Definition? DAS klang mal wieder seltsam, aber ich vermutete, Tradition, Tradition und noch mehr Tradition. Manches davon kannte ich selbst. Aber wie viel eigentlich? Bisher ahnte ich nicht, dass ich adoptiert war. Doch die Akten darüber hatten sie endlich gefunden. Insofern war es Ironie pur, dass wir Halbgeschwister waren, ohne es zu ahnen. „Wenn Du dann noch neu in der Welt bist, ist die Freude ganz besonders groß, glaub mir“ sagte ich ironisch. Die Ausbildung im Ausland war wohl Standard bei den meisten Jägern. Interessant. „Ja, verschiedene Dinge. Säbel unter anderem. Verschiedene Scharfschützengewehre und dergleichen ebenfalls.“ Messerkampf auch, aber das war nicht meine Hauptwaffe. Doch wenn ein Scharfschütze von Nahem plötzlich angegriffen wurde, war es wichtig, wechseln zu können. Pistolen oder auch Kampfmesser kamen dann durchaus zum Einsatz. Ich verputzte das Essen ohne Probleme. Es dauerte bis, ich über den Tag genügend Kalorien zu mir genommen hatte, brauchte die Energie aber auch dringend. Durch die PTBS nahm ich Nährstoffe und die ganze Energie nicht immer gut auf. „Es ist doch immer so, dass es so viele Abstufungen gibt, oder?“ In Indien war ich bisher nie gewesen.

Irgendetwas schien im Kopf der Blondine vorzugehen. „Es gibt nie immer nur gut und immer nur böse. Das sind die ersten Gesichter des Krieges, die man verstehen muss“, murmelte ich leise und dachte kurz zurück. Mit den Explosionen und all dem kam ich klar. Ich hatte von einem Kameraden auch mal nur noch einen Stiefel wieder gefunden, aus dem noch der Fuß und ein blutiger Teil des Schienbeins herausragten. Mehr gab es nicht zum Beerdigen. Doch diese Erlebnisse hatten die PTBS nicht bedingt. Dann hakte sie nach, ob eine bestimmte Rune nicht helfen könnte, gesund zu werden. Amelia schlug vor, es mit Jeremiah zu besprechen. „Nein, bei mir, zu komplex“ deutete ich meinen Fall an, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Ich ahnte nicht, dass sich das noch ändern würde. In naher Zukunft sogar. Ich ahnte nicht, dass was sie gerade dachte bezüglich Frau sein. Das war mir ohnehin zu hoch. Ich merkte ja nicht einmal, wenn das weibliche Geschlecht auf mich stand. Ich zog als blonder Mann, die Aufmerksamkeit so mancher Mädels auf mich, Teenager und junger Frauen. Ich war da tatsächlich, blond, blind und blöd. Doch es gab jemanden, der mein Interesse besaß und mit dem ich wie durch ein Wunder zusammen war: Xiao Yun, der stellvertretende Leiter des Instituts.

Es gab nur sehr wenige, die etwas wussten oder ahnten, neben Jeremiah. Ich stellte ebenso das Geschirr weg – die Frau konnte definitiv einen Schnellfutterwettbewerb gewinnen, wenn sie wollte, aber gegen Soldaten wurde es schwer. Ich folgte ihr in einen traditionellen, japanischen Laden, der mir in seiner Art absolut fremd war. Ich verstand hier kein bisschen. Daher ließ ich Amelia den Vortritt. Ich war einigermaßen ruhig, obwohl wir hier draußen waren. Das Trennen machte mir aus irgendeinem Grund Angst, zu wenig kannte ich mich aus. Aber mit einer FRAU in einer Umkleide? Sofern ich sie gerade richtig verstand. Nein, das ging für mich auch nicht. Ich hatte mächtig Probleme gehabt, selbst wenn Megan mich medizinisch versorgt hatte. Vor wenigen Wochen war ich auch nicht allzu einfach gewesen, aber sie bekamen mich irgendwie in den Griff. Zu Anfang hatten sie mich auch mit Beruhigungsmittel vollgeblasen, damit ich mich behandeln ließ, und lernte, ein bisschen Vertrauen aufzubauen.

Meine meeresgrünen Augen waren weit aufgerissen und ich schüttelte den Kopf. Sehr offenherzig, die Dame. „Nein, ich warte“, sagte ich und gruselte mich noch immer. Ich bekam ein einen Platz zugewiesen. Doch dann war da ein Geräusch, das mich unter Stress setzte: Es war ein Telefonklingeln. Dummerweise genau der Klingelton, der früher auf dem Handy aktiv war, dass ich für die Firma damals hatte. Etwas, das der alte Sack toll fand. Daher verband ich etwas Schlechtes damit. Ich geriet ins Schwitzen, atmete immer schneller. Meine Halsschlagader pochte wie wild. Es drehte sich alles in mir. Übelkeit stieg in mir auf. Aber ich behielt den Mageninhalt bei mir, schluckte allerdings ein paar Mal. Mein Blick stierte zu Boden, ich war kalkweiß.
Sich aufzuteilen gefiel Amelia nicht. Aber ihn zu zwingen ihr zuzusehen wie sie einen Kimono anzog war ihr auch nicht recht. Er sollte nicht gezwungen. Zumindest haben ihr dass die anderen gesagt. Nicht zwingen, behutsam umgehen, nicht unter Druck setzen. "Ok, dann lass ich mal meine Tasche hier stehen", meinte Lia und ging mit den Damen ins Nebenzimmer. Beim Ausziehen aktivierte die Blondine dabei ihre Hör-Rune. Wenn sie ihn nicht sehen konnte wäre es wohl besser ihm im Ohr zu haben. Wer wusste schon wie der junge Mann reagierte wenn er alleine war. Nicht dass er noch Amok lief. Ausgebildet für so etwas wäre er ja.
Was wiederum für die Rosecross Kopfschmerzen bedeutet. Auf ihn hören, dann die Unterhaltung mit den Damen am laufen halten um nicht unhöflich zu sein, und die Geräusche draußen auszublenden.

Sie hatte gerade den Nagajuban, ein Unterkimono, angelegt als da dieses schrille Klingeln war. Das Telefon klingelte und eine der Damen sprang auf und ging aus dem Raum raus. Amelia nickte kurz und konzentrierte sich auf ihre Begleitung. Wie er atmete, wie sein Puls war, ob er sich im anderen Raum bewegte oder nicht. Und was sie hörte klang nicht gut. Daher ging sie zu der Schiebetüre, öffnete diese und sah zu Mairtin. Sie fragte ihn gar nicht ob alles ok ist. Seine Körperreaktion sagte doch schon alles.
"In meiner Tasche sind Gummibärchen, Schokolade, Lakritz und Wasabi-Nüsse. Keine Ahnung was du davon magst", meinte Amelia und musterte ihn noch einen Moment. Die Lakritze und die Wasabi-Nüsse war von ihrem jüngeren Halbbruder. Wieso er ihr das geschenkt hatte war ihr etwas schleierhaft. Entweder mochte er es nicht, oder aber Okasan hatte ihm mal wieder ein Süßigkeiten und Snackverbot erteilt und um keinen Ärger zu bekommen hat er es ihr gegeben.

"Geb mir noch hm... ich denk so... 5 Minuten und ich bin hier fertig. Wenn du magst kannst du mit rein kommen, der ganze Teil mit Ausziehen ist schon rum.", bot sie ihm an. "Und wenn dir mich in Kimono immer noch zu wider ist, von hier aus hat man einen besseren Blick auf den Steingarten. Es ist auch keine amerikanische Umkleidekabine, ich hab ein ganzes Zimmer voll mit vier Tatami-Boden für mich alleine.", sagte die Blondine und deutete auf einen Platz an einem Bodentiefen Fenster. "Natürlich nur wenn du willst", fügte sie dann hinzu und wandte sich wieder ihrem Kimono zu. Die Schiebetüre ließ sie erstmal offen. Er sollte für sich selbst entscheiden was er machen möchte. Sie hingegen würde nun in ihren grünblauen Kimono schlüpfen um zu schauen dass die letzten Änderungen passten. Mairtin hin oder her aber sie würde vier Tage nicht nach Hause können wenn der Kimono nicht rechtzeitig fertig würde.
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