Wind Beyond Shadows

Normale Version: Ein wenig Tetris für Große?
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Mairtin Connolly

Wir waren auf dem Weg nach Großbritannien und hatten einen langen Einsatz in Afghanistan hinter uns. Ich war nun 21 Jahre alt, frisch gebackener Lance Corporal. Ich war jung für diesen Rang, sehr jung. Einige Privatiers, die ich befehligte, waren älter als ich. Na bingo. Das war nicht unbedingt leicht für mich. Zudem war ich eine empathische Person, wild bis verspielt, aber der Captain hatte erkannt, was in mir steckte. Ich musste gefordert sowie gefördert werden. Wie bei einem besonders wilden Pferd, bei dem Genialität und Wildheit nah beieinanderlagen. Ein Tier, das sich seine Beschäftigung suchte, wenn es zur Unterforderung kam. Eigentlich sollte es mit direktem Weg nach Hause gehen, aber unsere Maschine hatte einen Triebwerksschaden, sodass wir in Belgien zwischenlanden mussten, auf einem NATO-Stützpunkt landen durften. Es war der erste Einsatz, bei dem ich als Scharfschütze unterwegs gewesen war. Auch für einen solchen war ich außergewöhnlich jung in der britischen Armee. Aber ich war verdammt gut, hatte Bestnoten erreicht, auf einem Niveau, wie es schon Jahre nicht mehr in dem Kurs gesehen worden war. Mein Captain hatte stolz gegrinst, als ich mit der Urkunde für den bestandenen Kurs wieder rauskam. Er kannte den Leiter der entsprechenden Militäreinheit und hatte mich trotz meines jungen Alters untergebracht, als noch Plätze frei waren. Ich war dem Captain schon zuvor als starker Schütze aufgefallen, sodass er meinte, es wäre schon an der Zeit, mich da hereinzustecken. Ich hatte nicht enttäuscht. Doch wie kam es nun zu diesem Stopp in Belgien?

Zurück zur Maschine: Wir mussten zwischenlanden, da unsere Maschine Probleme machte und obendrein ein dicker Sturm aufzog. Also hieß es für uns raus aus der Maschine und Zeit vertreiben. Ich ahnte ja nicht, dass wir hier noch auf weitere Einheiten von verschiedenen Militäreinheiten treffen sollten. NATO, Amerikaner, andere Briten, Deutsche und alles Mögliche. Ich ahnte ja nicht, in was für einer Scheiße wir in wenigen Stunden stecken sollten. „Auf geht’s Jungs. Verlassen wir mal diese olle Sardinenbüchse“ trieb ich meine Privatiers an, das Ding zu verlassen. Ein Sturm war im Anmarsch. Einer von der Sorte, die unsere Maschine jetzt nicht überstehen würde. Ergo für uns hieß es ab in den Stall. Och neee, ich wollte wohl nach Hause. Mein Freund Colby war ebenfalls Teil unserer Einheit, aber wir konnten uns natürlich kaum offen einander hingeben. Das ging erst zu Hause. Heilige Scheiße, ich war rattig und mir juckten die Eier. Doch nach außen hin konnte und durfte ich keinen der Jungs etwas merken lassen. Homosexualität war ein Problem in der Armee, konnte schnell zu Mobbing und dergleichen führen. Also ein riesiger Sack an Problemen.

Gerade als frisch gebackener Lance Corporal. Ich hatte schon genug Schwierigkeiten mit einem der Privatiers. Der war zwei Jahre älter als ich und meinte, dass ihm der höhere Rang zustehen sollte. Doch der Captain zweifelte an der persönlichen Eignung, sodass ich vorgezogen worden war. Dies wiederum weckte die Eifersucht des Mannes. Im vergangenen Einsatz hatte ich eine ziemliche Ansage machen müssen. Das setzte mir irgendwie zu. Denn ich hatte auch Colby dabei maßregeln müssen. Nach außen hin ließ ich nichts verlauten. Hier war alles ein riesiges Chaos. Der Sturm war ganz plötzlich aufgezogen, dementsprechend durcheinander, ging es hier zu. Immer wieder rüttelte es schon an den Fenstern. Beim Aussteigen merkten wir auch genug davon. Irgendwelche Deutschen sagten wohl dazu steife Brise. Ich wusste, dass diesen Begriff Leute aus der deutschen ehemaligen Handelsstadt Hamburg benutzten. Die ganze Frisur hatte mir dieser Wind schon durcheinandergebracht. PUFF. Nachlässig fuhr ich mit der rechten Hand da durch, um es wieder halbwegs in Ordnung zu bringen.

Wir und da war es zu einer lustigen Doppelbelegung einer Unterkunft gekommen. Mikail und seine Leute kamen ins Zimmer, das wir gerade bezogen hatten. Wenn wir es allerdings clever anstellten, könnten wir die Betten entsprechend zusammenrücken, sodass alle Soldaten noch ein Plätzchen zum Schlafen fanden. Ich war der ranghöchste unserer Einheit hier in dem Zimmer. Wir belegten drei Zimmer insgesamt. Unserem Captain stand ein Einzelzimmer zu, auf das er aber verzichtete und die Notlage anerkannte, indem er mit ein paar anderen Captains übernachten würde. Austausch fördern und so. In so einem Chaos neigten MÄNNER schon mal zu Kompetenzgerangel sowie Schwanzvergleiche. Da ich hier der ranghöchste von uns war, hatte ich auch die Aufgabe nun die Verhandlungen um Betten, Matratzen und Laken zu übernehmen. Auf zum Duell mit den Laken sowie ein kleines Tänzchen und hoffentlich hatten alle noch ihren Hüftschwung im Gedächtnis.

„Hey“, ich richtete mich zur vollen Größe auf. Ich runzelte die Stirn. „Was gibt es?“ Doch dann war mir klar, was los war. Hier kamen noch mehr Soldaten mit all ihrem Gerödel rein. „Wer hat Euch das Zimmer zugeteilt? Das ist eigentlich schon voll“ maulte Thomas aus meiner Einheit und wollte noch etwas zusetzen, doch ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Es war Thomas, der die Probleme mit mir in meiner Position hatte. Einer von Mikail Leuten knurrte, „ey, was willst Du?“ Mir lag jetzt nicht an Streit.

„Mal ganz ruhig, alle samt... Mir ist klar, Männer, ihr seid müde. Aber dann bringt Streit uns gewiss nicht schneller in die Federn. Noch hilft es jemanden von uns in dieser Notlage. Der Sturm wird sich nicht verpissen, nur weil wir pissig sind“, versuchte ich die Wogen zu glätten und sah dann zu Mikail. Der Mann war der größte im Raum, mehr als zwanzig Zentimeter größer als ich. Na prima, das würde ja lustig werden. „Das Zimmer hier wurde uns von Sergeant Maes zugeteilt“, sagte ich schlicht.
Der dunkelhaarige Riese an Mann stand an der obersten Stufe zu dem Zugang der Quartiere. Seine Arme hatte er streng vor seiner breiten Brust verschränkt und verbarg somit sein gesticktes Namensschild. Die Nase hatte er in den Wind gehoben. Dieser roch regelrecht nach dem Salz der nahen See, wobei diese etliche Kilometer entfernt war. Ein Zeichen, dass diese starken Winde, die durch sein kurzes, braunes Haar wirbelte, wohl Ausläufer eines sich zusammenbrauten Sturmes auf See waren.

Menschen huschte über den Platz der Middle School schräg gegenüber von ihm. Suchten Schutz vor dem stark pfeifenden Wind zwischen den älteren Gebäuden, die auch schon einmal bessere Tage gesehen hatten. Die Wind zerrte bereits an den gehissten Fahnen der Nation und deren Halterungen schlugen so laut im Wind gegen die Masten, dass er selbst hier dieses Geräusch vernehmen konnte.

Niemals hatte er geglaubt, dass er noch einmal in dieses Drecksloch zurückkehren würde. Und nun stand er doch erneut wieder hier, fassungslos, wie der General ihn dazu wieder überreden hatte können. Von einer Notlage war die Rede, dem Schutz der Zivilbevölkerung, vor dem, was sich dort auf hoher See aufstaute und nun in den nächsten Stunden entladen würde. Ein Armageddon – so die Befürchtung der Meteorologen, was ihm lediglich ein grollendes, bitteres Kopfschütteln entlockte.

Ein Freundschaftsdienst, mehr nicht, würde dies hier sein. Dem Mann sich verpflichtend fühlend, der sein Geheimnis bewahrte. Dem Mann, den er einst in seiner Zeit als Ausbilder unter seinen Fittischen hatte und der nun, weit über 50 Jahre Berufserfahrung, fest in dem Posten des Generals sass. Wohl wäre der Fay niemals wieder in den Dienst des Militärs eingetreten, selbst wie jetzt nicht, lediglich nur für wenige Tage. Nur – zum Schutz der Zivilbevölkerung. Waren nicht eigentlich die Feuerwehren für diesen Mist zuständig? Zu wenig Kräfte, hiess es nur von entsprechender Stelle.

Missmutig presste er die Lippen aufeinander. Er war bereits schon einmal hier gewesen. Kurz vor seinem Einsatz beim Dessert Storm und schon damals hatte er diese graue Stadt innerhalb der Zäune der NATO gehasst. Supreme Headquarters Allied Powers Europe – kurz SHAPE – schimpfte sich dieser Ort, den man deutlich die Jahre seiner Existenz ansah.
Leise knurrend wandte er sich von der Sturmfront ab, die sich bereits düster am Himmel abzeichnete und schloss die Türe hinter sich. Seine schweren Stiefel quietschten auf dem hellen und gebohnerten Gang, der ihn zu den Mannschaftsquartieren führte. Allein von weiten hörte er die lautstarken Briten, die eben noch mit einer Maschine zur Landung gezwungen waren und nun glaubten hier den *Dicken* markieren zu müssen. Mik zog seine Nase angewidert kraus. Vorlaute Pisser, die laut grölend bereits jetzt durch die Gänge wanderten! Tief sog er die Luft ein, schloss seine Augen knapp. Der gestrige Abend war lang und vor allen Dingen feucht fröhlich gewesen. Die Italiener waren Bastarde und vor allen Dingen erstaunlich trinkfest, weswegen ihm nun noch der Schädel brummte.

Ohne auf die anderen zu achten, drückte er sich in das Zimmer, warf seinen Sack auf eines der Betten. „Ich.“, war lediglich seine knappe Antwort, als jemand fragte, wer den wohl den Amerikanern diese Schlafstätte zugewiesen hatte und schien sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. In einer Seelenruhe öffnete er den Sack. „Ein Problem?“ und warf einen seiner Leute einen düsteren Blick zu, als dieser ausfallend werden wollte. Hitzige Jungspunte!

Einer von ihnen versuchte die Lage zu beruhigen, was Mik lediglich leicht seinen Kopf zur Seite neigen liess. „Und?“, hob Mik lediglich leicht sein bärtiges Kinn. „Was bringt das dir nun?“, schien er ihn beinahe herausfordern zu wollen, doch keine Angriffslust stand in seinen Augen. „Schau das du deine Testosteron-gesteuerten Männer unter Kontrolle bekommst. Sonst tu ich es!“ , schoben sich dunkle Augenbrauen bei diesem Rat hinauf.

Mairtin Connolly

Wir waren noch nicht lange am Boden, aber mit jeder Minute schien der Sturm an Kraft zu gewinnen, sodass wir alle froh waren, festen Boden unter den Füßen zu haben. Ich grummelte vor mich hin, war angepisst und genervt, aber zu sehr durfte ich es nicht nach außen dringen lassen. Ich war immerhin ein Vorbild. Jetzt war ich hier obendrein gefordert. Unser Captain war irgendwo, nur nicht hier. Selbiges traf auf den zweiten Lance Corporal sowie den Corporal zu, sodass von unserer Truppe nur die Privatiers und ich hier waren. Damit war ich der Ranghöchste von uns, sodass mir auch die Klärung der ganzen Scheiße hier zufiel. Ich ließ mich von dem Riesen nicht einschüchtern. Es war nur selten, dass ich Männern begegnete, die signifikant größer waren als ich. Derzeit war es unklar, in welchem Umfang, wir die Feuerwehr unterstützen würden.

Für mich war das kein Problem. In der Not mussten die Menschen nun einmal zusammenstehen. Der Amerikaner vor mir schien noch mieser gelaunt zu sein als ich. Es war wohl pures Glück, dass ich nicht aussprach, was ich dachte: Da hat jemand mindestens eine Gurke im Arsch nötig, um sich zu entspannen oder einen Apfelkuchen. Wie war das mit American Pie? Seine Laune ob des Betragens der Briten war ihm direkt anzumerken. Aber hey, wir hatten wohl einen Ruf zu verteidigen. Das galt im Urlaub, wie auch unter Armeen innerhalb eines Stützpunktes wie hier. Ich begriff mich jedoch selbst als Nordiren. Mir entging nicht die kraus gezogene Nase. Uh, ganz schwierig. Ich merkte, wie sich die anderen Jungs formierten. Wenn es dumm lief, würde das ganz schnell in Richtung einer Schlägerei kippen und ich wäre dann garantiert dran. Das war mir klar wie Kloßbrühe.

„Dann beweg Deinen Arsch und hilf, die Betten zu rücken. Oder hast Du dafür zu viel gesoffen und drohst uns hier reinzukotzen?“, konterte ich trocken sowie herausfordernd. Ich hob das Kinn. Der Mann, welcher nun seine Sachen auf ein freies Bett warf, sah so aus, als hätte er letzte Nacht ein wenig zu tief ins Glas geschaut. Das war aber sein Problem. Dann erkannte ich, dass er es nicht böse meinte. Daher gab ich Thomas die Anweisung, sich zurückzuhalten. Allerdings war das, bevor der letzte Satz fiel. „Was glaubst Du eigentlich, wer Du bist?“ Ich atmete tief ein, ließ mich aber nicht bis zur Gewalt provozieren. Noch als Privatier hätte das anders ausgesehen. Jetzt hielt ich die Arme vor der Brust verschränkt, hatte die Beine kampfbereit in den Boden gestemmt. Mir war bewusst, dass ich im Nachteil war. Der Typ war größer und massiger als ich. Nicht einmal Nelson, der die Truppe aber schon verlassen hatte, war so gebaut gewesen. Nelson hatte mich sexuell belästigt. Meine Anzeige beim Captain hatte die Entlassung des Riesen zur Folge. Ich ahnte nicht, dass ich ihn wiedersehen sollte. Sogar schon relativ bald – in einigen Wochen. „Wie viele kommen hier noch rein?“ Jetzt offenbarte ich einen strategischen Geist, der schon ein wenig Tetris spielte. Plötzlich wurde alles NOCH komplizierter: Colby kam vom Örtchen und war direkt angepisst, dass wir noch Besuch hatten. Ich kam in eine sehr schwierige Lage, denn Colby ließ durchblicken, er war zickig, biestig und sauer. Wohl untervögelt, würden manche behaupten. „Boah, müssen wir einander jetzt alle hier die Schwänze streicheln? Wir sind doch keine verfickte, italienische Sardinenbüchse!“ Ich knurrte. „Macguire! Ich weiß genau, wer nun die Betten räumen darf und dann die Waffen putzen. Alle wohlgemerkt“ orderte ich mit kalter Stimme. Er warf mir einen verletzten Blick zu. Na vielen Dank auch. Erst blamierte er mich vor diesem Fremden und jetzt dieser Blick, der mir sagte, dass er es nicht mochte, wenn ich ihm so einen Befehl erteilte. Es blieb zu hoffen, dass der Amerikaner nicht kapierte, was eigentlich ablief. Unsere Kameraden taten es bisher nicht. Aber wie lange würde das so bleiben?
Der eisige Wind, der bereits nach dem Salz der See roch, zerrte bereits an den Fenstern der Quartiere. Böen peitschten zunächst nur einzelne Tropfen der nahenden Sturmfront gegen Wände und Verschalungen der Gebäude, die wohl einst zur Dämmung angebracht worden waren, ehe sich mit einem Mal der Himmel zu öffnen schien. Ein Wetter das so launisch war, wie der Fay nun selbst, der sich dem jungen Mann gegenüberstehen sah, als er sich nun weiter aufrichtete, während die Kommentare eben dessen Männer nun an seiner Geduld zerrte, wie der Sturm nun an den Türen, die man besser nicht nun öffnen sollte.

Kein Rangabzeichnen kennzeichneten ihn als das was er war. Wozu auch, war er doch bereits seid Jahren aus der Armee ausgetreten und eigentlich nur als Zivilist hier anwesend. Und doch hatte ihn der General regelrecht ermahnt, seine Dienstgrade verlor man eben nie. Ein Fakt, den der Dunkelhaarige geflissentlich ignorierte. Ging ihm dies doch am Arsch vorbei, wie nun die Meinung der Briten zu der Zimmeraufteilung. Soweit er die Lage einschätzen konnte, würden sie so oder so kaum Zeit in den Betten verbringen. Wozu dann diese wertvollen Minuten der sogenannten „Ruhe vor dem Sturm“ an unnötigen Diskussionen vergeuden, nur um übereifrige Jungspunte in ihre Grenzen zu weisen, die unbedingt beweisen mussten, wer die dicksten Eier in der Hose hatte.

Der junge Mann vor ihm bildete in seinen Augen kaum darin eine Ausnahme, der letztlich seinen gut gemeinten Rat auszuschlagen schien und mit einem trockenen Kommentar antwortete, der ihn leicht seine Augen zu Schlitzen verengen ließ. Beinahe rang sich der Dunkelhaarige zu einem düsteren Lächeln durch – wenn der Junge doch nur wüsste. „Ob ich kotze oder nicht, ist immer noch eine reine Bauchentscheidung meinerseits.“, schob er sich nun näher und begegnete diesem herausfordernden Blick mit einem schlichten Zucken seines rechten Mundwinkels, während sein Arm nun auf der obersten Schiene des Etagenbettes lehnte.

*Was glaubst du eigentlich, wer du bist?*, knallte ihm ein Satz von einem etwas überheblichen Briten entgegen und ließ ihn tief einatmen, ehe er nun seine Arme vor der Brust verschränkte. Das eben noch warme Braun seiner Augen schien sich langsam zu verdunkeln, als würde sich in seinen Iriden sein wachsender Zorn widerspiegeln. „Gesunder Menschenverstand ist kein Geschenk, nicht wahr?“, schob sich nun letztlich sein Mundwinkel weiter hinauf zu einem schiefen, beinahe schon bösartigen Grinsen. Dennoch schien er sich vollkommen unter Kontrolle zu haben. „Eigentlich ist es eine Strafe.“, stellte er nun schief grienend fest, den plärrenden Thomas ignorierend. „Denn man muss mit all denen klarkommen, die keinen besitzen.“, zuckten nun zusätzlich seine dunklen Augenbrauen hinauf. „Mikail Johanson, Chief Warrant Officer der U.S. Marines.“, war er es nun der lediglich Mairtin mit seinen Blicken fixierte. Sollte der Junge doch mal zeigen was er konnte.

„23 Mann, davon 6 Italiener und 8 Deutsche.“, warnte er vor, da er das Konkurrenzgehabe der Nationen bereits jetzt nicht abhaben konnte. „Keine Sorge. Es gibt genügend Betten. Auch wenn es kuschelig werden sollte.“, brummte er düster jedoch mit einem vielsagenden Grinsen. Er ahnte bereits, dass die Briten nicht bereit waren mit den Deutschen in einem Zimmer zu schlafen. Was wohl auf Gegenseitigkeit beruhte. „Dieses Quartier müsst ihr entweder mit mir und meinen Männern teilen oder eben mit den Deutschen.“, neigte er nun ein wenig seinen Kopf zur Seite, um den jungen Mann vor sich eindringlicher anzusehen. „Was ist dir lieber?“, schob sich nun sein Kinn vor, ehe er von einem Satz unterbrochen wurde, der ihn knapp seine Augen schliessen liess, wohl um seine Fassung erneut zu gewinnen oder um die Worte schlicht sacken zu lassen. Er wusste, dass die Briten durchaus obszön sein konnten, doch so? Es waren wohl die wenigen Worte, die nun das Fass bei ihm zum Überlaufen brachten und damit zumindest einen Strang seines sonst so dicken Geduldfadens laut platzen ließ. „Hey, Prinzessin, brennt bei dir der Tamponfaden oder warum sind wir so zickig?“, knurrte er laut wütend zurück, wobei ein kühles Lächeln auf seinen Lippen lag. Hatten diese Jungs den absolut keinen Anstand? „Schon vergessen wozu ihr hier seid?“, hätte er nun am liebsten zu diesem Prollgehabe seien Kopf geschüttelt. Doch zumindest schien der Junge vor ihm wach geworden zu sein, denn das erste Mal schien er nun zu zeigen, dass er Eier in der Hose hatte. Wobei der Blick, den er von Macguire zugeworfen bekam, nicht unbedingt Gutes erahnen ließ. Doch wer machte sich schon bei der Androhung von Strafe bei seinen Männer beliebt?

Mairtin Connolly

Immer stärker rütteltete der Wind an den Fenstern, als ob er sie am liebsten aufreißen und uns besuchen möchte, schoss es mir durch den Kopf. Zum Glück hielt die Kleidung der Armee entsprechend warm. Welchen Rang der Amerikaner bekleidete, war mir zunächst unklar. Doch die Art und Weise, wie er auftrat, verriet mir, er war jetzt nicht der allerkleinste Floh, den die zu bieten hatten. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn er überragte mich ja doch noch um mehr als 20 Zentimeter. Na bingo. Doch deswegen zog ich nicht etwa den Kampf ein. Das wäre ja noch schöner. Ich musste mich ebenso wie die anderen jungen Männer beweisen. Damit hatte ich etwas mit Mikails Gefolge gemeinsam, die ebenso meinten, den Platz markieren zu wollen. Sie wurden angetrieben von den anderen Trupps, die hier lagerten. Die Luft war praktisch schwanger von dem ganzen Testosteron. Dann hatten die Deutschen und Italiener im Kampftrinken den Ton angegeben. Das war schon eine echte Hausnummer. Na Bingo. Und der Amerikaner sah ziemlich versoffen aus. Wenn ich mich nicht täuschte, war mindestens das letzte Bier oder der letzte Whiskey schlecht gewesen. Ob ich wohl sticheln würde? Vielleicht. Er schien nicht allzu erbaut, hier größeren Einsatz zu zeigen. Ach, er wollte sich auch noch den Arsch hinterhertragen lassen?

„Was?“, knurrte ich, als der Amerikaner die Augen zu zwei schmalen Schlitzen verengte. Wer genau hinhörte, merkte, ich war gerade in einer ziemlich zickigen Stimmung, musste es aber unterdrücken und tat es gegenüber meinen Männern auch. Ich hatte schlichtweg ordentlich Dampf auf dem Kessel. Ein düsteres Lächeln legte sich auf die Lippen des Dunkelhaarigen. „In der Tat, Du weißt ja wohl hoffentlich, wo das Bad ist“ konterte ich trocken. Das wusste ich jedenfalls schon. Und es war ein kleiner Hinweis, dass ihm eine Dusche durchaus helfen konnte, wieder fit zu werden. Es gab Kerle, die für den Spruch schon eine Schlägerei anfangen würden. Erst recht, bei solchen Zusammenkünften. Ich atmete tief ein, bemüht um Verbindlichkeit. Ich hatte nichts von einem Zuständigkeitskrieg. Er auch nicht. Der Amerikaner beanspruchte offenbar eines der oberen Betten, na, wenn er Lust auf eine Kletterpartie hatte, bitteschön. Ich knurrte leise ob des Angriffs meines Mannes, aber auch ob des Konters. Das würde noch lustig werden. „Ja, und alles weiter befeuern, bis alle stinkig sind, ist auch nicht gerade die klügste Aktion, oder?“, konterte ich trocken. „Eben noch hatte ich den Eindruck, dass Du die Karte älter und erfahrener sowie ranghöher spielen willst.“

Noch kannte ich den Rang nicht, aber ich vermutete, eventuell stand er über mir. Alt genug wäre er dafür. Doch ich war nicht damit einverstanden, komplett zu katzbuckeln. Da konnte er mich gernhaben. Ich war schon aufgepeitscht von dem ganzen Hormoncocktail in meinen Adern. Macguire war nicht gerade hilfreich, denn der spielte eindeutig beleidigte Leberwurst. Langsam taten sich Kopfschmerzen auf, scheiße, das wurde jetzt bitte nicht doch noch eine fucking Migräneattacke, oder? Hoffentlich nicht! Die konnte ich kaum gebrauchen. Zum Glück hatte ich es bisher nie besonders heftig in der Armee gehabt. Wenn überhaupt, nur einen Abend auf dem Stützpunkt oder so. Tablette und Bett hatten das dann schon erledigt. Doch in diesem Augenblick konnte ich mir keine Tablette reinpfeifen. Das würde ich erst tun, wenn ich mich unbeobachtet wähnte. Jetzt erfuhr ich den Namen sowie den Rang. Als Chief Warrant Officer der U.S. Marines war er in etwa einem Lieutenant gleichgestellt. Gott, auf dem Schiff wurde mir wohl eher schlecht. Dieser wiederum war einem Lance Corporal, und damit meinem Rang, überlegen. Das dürfte ihm ebenso klar sein, wie mir. „Mairtin Connolly, Lance Corporal“ nannte ich meinen Namen und Rang. Beides war durch Körperhaltung und meine Positionierung am Bett verdeckt gewesen. Ich nickte knapp, zeigte wieder Zeichen der Entspannung sowie Ruhe. Das wirkte sich auch etwas auf Thomas und Colby aus. „Soll das heißen, die machen im Kampftrinken direkt weiter?“ Ach herrje, das würde ja lustig werden. Denn meine Jungs waren auch nicht gerade zartbesaitet in diesen Dingen. Thomas schnaubte und sagte, „die sauf ich locker in die Tasche, wenn es sein soll.“ Na prima.

Ich legte die Fingerspitzen an die linke Schläfe, um sie zu massieren. Das half mir beim Nachdenken und entspannte etwas. Wir hatten also die Wahl zwischen den US-Männern oder den Deutschen. „Herrje, rein mit euch und wir schauen mal, wie wir das nun geregelt kriegen. Briten und Deutsche auf einen Haufen - genauer in einer Unterkunft – das kann manchmal richtig übel ausgehen.“ Das passierte immer dann, wenn das Thema Fußball aufkam oder auch Nationalsozialismus. Und mit mir mischte man dann noch einen Nordiren dazu. Eine explosive Mischung. Darauf hatte ich absolut keinen Bock. Es dauerte nicht lang, bis das erste Hochbett im Rahmen der Tür erschien. Wir würden diese Diskussion auf später schieben müssen. Vielleicht ließ mich Colby auch im Bett bezahlen. Na prima. Der Ami hatte dann doch keine Geduld mehr und fragte meinen Mann, warum er so zickig war. Ich stellte mich mit einem passenden Konter schützend vor meine Männer. „Und selbst wenn, immerhin dürfen wir die verwenden. Ihr seid doch eher beim Team Binden, ergo halbe Pampers, weil zu klein. Schusswundkanäle können wir jedenfalls bestens stopfen.“ Puh, damit hatte ich ja selbst bestens Erfahrung machen dürfen. Jetzt aber trat auch ein freches Funkeln in meine meeresgrünen Augen, deren Farbe man hier im etwas dunklen Raum nicht ganz erkennen konnte, sofern man keine Augen besaß. „Sind wir nun fertig mit dem Spruchwettbewerb?“

Ich gab nebenbei an, wohin die Betten sollten. Es ging tatsächlich auf, aber es würde irgendwie gehen, mit etwas klettern. Es stellte sich nämlich heraus, dass irgendwer würde über mich klettern müssen, um aus dem Bett zu kommen. Anders ginge es nicht. Aber immer noch besser, als auf dem Gang pennen zu müssen. Oder doch gemeinsam mit deutschen, jungen Soldaten. Für letztere waren meine einfach zu aufgekratzt.
Der Junge vor ihm schien genauso beständig zu sein, wie der Sturm der immer mehr an dem verschalten Gebäude rüttelte. War es etwas Amüsement in den Augen des Dunkelhaarigen, als sich der Jüngere nun vor ihm aufbaute, ihn gar mit einem *Was* herausforderte? Womöglich. Denn offensichtlich schien Mik in dem Briten den Anschein zu erwecken, dass er aufgrund der durchzechten Nacht nicht mehr klar bei Sinnen war. Ein Trugschluss. Doch das sollte der Brite wohl im Laufe der kommenden Stunden wohl selbst erfahren. „Wenn es notwendig sein sollte es aufzusuchen, aye.“, griente er nun schief bei dieser Zustimmung und auch diesem dezenten Wink mit dem Zaunpfahl des Blonden. Doch wohl selbst eine Dusche würde nicht unbedingt zu einer blühenden Stimmung bei ihm sorgen. Zumindest im Moment nicht, in der deutlich die Anspannung der Männer in der Luft lag, ob aufgrund des nahenden Sturmes und damit der Unberechenbarkeit ihres zu erwartenden Einsatzes, oder eben aufgrund des vielen Testosterons. Dies vermochte macht schlicht nicht zu sagen. Letztlich war es sicherlich eine brisante Mischung von allem.

Etwas, das Mik mehr wie bewusst war, wie auch die Tatsache, dass es womöglich einen Moment geben konnte in den nächsten Stunden, an dem sie einander brauchen könnten, vielleicht sogar sich aufeinander verlassen mussten. So schuf der Sturm ein gänzlich eigenes, unbekanntes Kriegsgebiet, mit seinen eigenen Regeln und seiner eigenen Armee. Das schiefe Grinsen auf dem Gesicht des Dunkelhaarigen blieb, selbst unter seinem rauen Kommentar, dass in seinen Augen jeder Soldat abhaben können musste. „In Teilen gebe ich dir Recht.“, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Blonden zu. „Gerade da du diese Karte offensichtlich nicht in deinem Deck hast, solltest du meinen Rat beachten und deine Männer besser im Griff haben.“, würde er sich da nicht viel reinreden lassen und wandte sich sogar um, um nach seinem Beutel zu schauen, dessen Kordel er nun seelenruhig öffnete um eine Edelstahlflasche hervorzuziehen. Noch während er sprach, dem Briten endlich seinen Namen und Rang verriet, öffnete er diese, schnupperte daran, verzog leicht das Gesicht, ehe er davon trank. Wohl schien das Gebräu nicht unbedingt das Beste zu sein, den seine Miene wurde nicht besser.

Grollend schloss er die Flasche, noch während er den Jungspunt mit seinen braunen Augen fixierte. Zustimmend nickte er mehrmals. „Dann hätten wir das wohl geklärt, Mairtin.“, schnaufte er halb amüsiert und wollte sich gerade wieder seinen Sachen zuwenden, als erneut ein Spruch von der Seite kam. Abschätzend schob sich sein Kinn etwas vor. „Die Italiener sicher. Die Deutschen weniger. Die haben eher Schiss vor der MP mit der sie es sich vergeigt haben.“, kräuselten sich dann doch leicht seine Mundwinkel, ehe dieses bei dem weiteren Kommentar von Thomas verflüchtigte. „Wenn ihr überhaupt die Zeit dafür bekommen. Geniesst lieber noch die Ruhe vor dem Sturm.“, mahnte er, während er aus dem Augenwinkel noch sah, wie sich der Blonde mit den Fingerspitzen die linke Schläfe massierte. Katerstimmung – par excelence. Das konnte ja heiter werden.

„Ich sehe dich schon das Quadrat in Tetris in alle Richtungen drehen, damit es besser passt. Nur - Besser wird es nicht.“, erinnerte der Riese an die Aufteilung, die er bereits vorgenommen hatte. Letztlich war es für die Briten die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wobei sie bei den Italienern wahrscheinlich in ihren Quartieren versacken und sich mit den Deutschen eher in die Haare bekommen würden. „Belass es bei meinen Männern und den deinigen. Achte lediglich darauf, dass sie sich nicht die Köpfe einschlagen vor lauter Tatendrang.“, riet er ihm und zog dabei eine Decke aus seinem Rucksack und legte diese ordentlich gefaltet auf das unterste Bett, ehe der Sack dann folgte.

Bei dem nun folgenden Wortgefecht jedoch, neigte Mik seinen Kopf musternd ein wenig zur Seite. „Ich wusste, dass der Tag Scheiße wird. Aber da habe ich noch nicht mit euch gerechnet.“, folgte ein beinahe schon böses Grinsen bei diesem Eingeständnis. Trotz seines Zorns lag wohl Erkennen in den Augen des Fay, als der Blonde sich beinahe schon beschützend in die Schusslinie warf um dem anderen offensichtlich beizustehen. „Ich wusste es schon immer. Die Monarchie färbt auf euch ab! Alles Prinzessinnen hier!“, knurrte er, während er gleichzeitig ironisch grinste. Offensichtlich war dies nicht so ganz Ernst gemeint. Dennoch trat er nun Mairtin direkt gegenüber. „Kalte Duschen sollen offensichtlich helfen.“, nickte er über dessen Schulter hinweg zu dem Mann hinter ihm und grinste. „Weiss nicht. Sag du`s mir.“

Metall scharrte, hell quietschend, um sie herum und der Fay schien weiter die Ruhe zu bewahren. Mit einem Schnaufen, dann dem Grinsen, wandte er sich ab, griff erneut nach der Flasche und diese Mairtin in die Hände. „Trink das. Dann geht es dir besser.“, trat er nun an ihm vorbei, klopfte ihm auf die Schulter und sah dann nach seinen eigenen Männern. Er brauchte nur wenige Worte, um seine Befehle durchgesetzt zu wissen. Eine Eigenart, die ihm irgendwie im Blut zu liegen schien. Dennoch war er sich, trotz seines Ranges, nicht zu fein davor mit anzupacken und mit wenigen freundlichen Worten in Italienisch diese Nation geschickt in das andere Zimmer zu manövrieren.

Würde Mairtin die Flasche öffnen, würde der scharfe Geruch von Alkohol gänzlich fehlen, ihm jedoch der Duft von frischen, schwarzen Kaffee entgegenschlagen. Womöglich anders, als er es vermutlich zuvor erwartet hatte? Doch etwas roch anders an dem heißen Getränk, dass man so stark gebrüht hatte das man problemlos einen Löffeln hineinstellen konnte. Begleitete der runde, herber und zugleich warme Geruch, etwas säuerliches. Es war frischer Zitronensaft, der nun ein perfekten Kater-Kaffee abgab.

Mairtin Connolly

Wenn mich nicht alles täuschte, amüsierte sich der Amerikaner heimlich über die ganze Szenerie und über mich. Na prima. Ich musste jetzt mächtig auf die Bremse treten. Sonst gingen mit mir doch noch alle Pferde durch. Das passierte schon mal, wenn sich eine Migräne langsam ankündigte, ich aber auch keine Zeit hatte, zum Arzt zu gehen oder ich der Meinung war, es unterdrücken zu müssen. Und genau das war hier der Fall. Es würde noch genug Kraft brauchen. Da hieß es jetzt anpacken, Arschbacken zusammenkneifen und durch. Dass der andere aber eventuell Schotte war oder entsprechende Wurzeln hatte, bekam ich noch mit. Das aye war verräterisch genug. Ich selbst hatte nordirischen Hintergrund und damit war die Aussprache nicht unähnlich. Ulster eben. Er wollte nicht die Keramikabteilung für eine größere Ganzkörperbehandlung (auch Dusche genannt) besuchen. Jeder, wie er wollte. Ich blieb verhältnismäßig ruhig und bildete damit ein Vorbild für meine Männer. Der Captain hatte schnell bemerkt, dass es das richtige war mich entsprechend zu fördern und zu fordern.

Seitdem ich Lance Corporal und Scharfschütze war, wurde ich ruhiger und ich hatte nicht mehr so viele absolut dreiste Aktionen drauf. Ich nahm meine Rolle an beziehungsweise ernst genug. Teilweise gab er mir in meiner Annahme recht und verwies im selben Atemzug noch einmal auf seinen Ratschlag. Ich hatte tatsächlich nur die entsprechende Erfahrung mehr als die anderen ja. Aber sie waren nun mal zum Teil älter als ich. Das machte es nicht leichter. Zudem hasste ich es grundlos jemanden eine überbraten. Es widerstrebte mir einfach und da kam wohl einfach der Reiter in mir durch. Meine Kiefer pressten sich aufeinander, atmete tief ein und aus. Er konnte ja kaum wissen, dass ich jünger als ein Teil meiner Männer war. Zugeben oder nicht? Ich wusste, dass seine Analyse unter Umständen sogar auf gewisse Weise zutraf. Normalerweise nahm ich Ratschläge von Höhergestellten an. Mein Captain meinte, ich gleiche manchmal einem Pferd, bei dem Frechheit und Genialität nah beieinander lagen. In meinem Kopf arbeitete es mächtig. Der Chief Warrant Officer entnahm seinem Beutel eine Edelstahlflasche, um etwas daraus zu trinken und anschließend seine Einschätzung bezüglich der Italiener sowie der Deutschen abzugeben. Dann kam eine weitere Empfehlung: Wir sollten alle die Ruhe vor dem Sturm genießen.

Ich eröffnete, “eigentlich wollen wir nur nach Hause. Wir kommen grade aus einem monatelangen Einsatz in Afghanistan.” Das erklärte wohl ein wenig unsere Launen. “Erst warm und Wüste, Sand und Steine. Und jetzt nass, Sturm und wahrscheinlich noch mehr Sand und Schmodder? Eine einzige Sauerei. Eine Schlammschlacht der anderen Art. Sexy geht anders.” Colby warf mir dabei einen funkelnden Blick zu. “Was habt ihr mit euren MPs gemacht, dass die Deutschen schon den Schwanz einziehen?” hakte ich dann frech nach. Je nachdem ließen sich daraus Launen ableiten, mit denen wir zu rechnen hatten. Oder war doch noch etwas anderes gemeint? Gott, wenn ich mich nicht täuschte, schäumte mein Freund vor lauter Eifersucht.

Mir entging die weitere Musterung Mikails Johnsons. Die Tatsache, dass ich mir die Schläfe massiert hatte, war garantiert nicht unbemerkt geblieben. Eventuell glaubte er, dass ich selbst unter einem Kater litt. Das nächste konnte ich kaum aufnehmen, scheiße, das wurde jetzt nicht ernsthaft schlimmer, oder? Ich grummelte vor mich hin. Mir war klar, dass Mikail wohl uns selbst als die noch netteste Option auserkoren hatte. Um das ganze ein wenig zu überbrücken, packte ich nun mit an und half dabei Colby. Das war gleichzeitig ein kleines Friedensangebot, wenn er denn wollte. Allerdings bezweifelte ich, dass er es peilte. Ich bemerkte das fast fiese Grinsen und den Spruch, aber da war auch eine Spur Spaß dabei.

“Hm, fürchtest Du nun, ein paar Wissensbrocken über Großbritannien zusammenkratzen zu müssen?”, konterte ich daher mit der Geschwindigkeit einer MP. So konnte ich zumindest über die eventuell kommende Migräne hinwegtäuschen. “Keine Sorge, wir giften nicht herum, wegen zu süßer Cola oder Fanta, die beinah radioaktiv aussieht.” Ein kleiner Seitenhieb. Thomas wollte noch einen draufsetzen, “ach und Du k….” Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, sodass er es bleiben ließ. Danke. Ich hatte eigentlich weder die Laune noch die Kraft, da jetzt groß hochschaukeln oder meine Männer später aus der Scheiße zu ziehen. Das fehlte mir noch, dass ich hier jetzt noch die Platte machte.

“Ich bin absolut für eine Dusche zu haben” ließ ich durchblicken. “Wenn es bedeutet, eine Prinzessin zu sein, weil man sich nach einer Dusche sehnt, nach dem langen Einsatz da drüben, dann ist das so. Holt die Seife raus.” Thomas hielt glücklicherweise doch die Schnauze und Colby ebenso. Ob er bemerkt hatte, dass da noch etwas anderes war. Als ich mich unbeobachtet genug wähnte - zumindest von meinen Männern - suchte ich in meinem Rucksack nach dem Medikit. Da drin enthalten waren auch Schmerztabletten. Ibuprofen und Paracetamol. Da hörte ich ein ‘Trink das, dann geht es dir besser’.

Ich sah auf. “Danke.” Ich öffnete die Flasche. Manche hätten es als gutgläubig betitelt, aber wahrscheinlich war ich gerade schon zu durch und an meinen Grenzen. Ich drückte gleichzeitig mit der anderen Hand direkt zwei Tabletten aus dem Blister. Hoffentlich half das. Erst warf ich die bitteren Pillen ein und nahm dann einen Schluck zum Nachspülen. Das Schulterklopfen ließ ich ebenso zu. Der Geruch überraschte mich und noch mehr der Geschmack. Was zur Hölle war denn das? Okay, keine Frage, es schmeckte definitiv besser, als die bitteren Ibuprofentabletten. Vielleicht sollte ich zukünftig wieder die Sticks besorgen, die sich auch ohne Flüssigkeit einnehmen ließen und nach Orange schmeckten. Aber die Tabletten hatten den Vorteil, dass ich etwas dazu trinken musste. Im Einsatz vergaß man das manchmal und das resultierte auch schon mal in Kopfschmerzen. So ging es jedem Soldaten. Kaffee mit Zitronensaft war definitiv eine verwirrende Erfahrung.

Mikail kümmerte sich nun um seine Männer und keine zehn Minuten später war klar, wir hatten hier eine Sardinenbüchse voller Testosteron. Wir würden uns irgendwie durchquetschen müssen. Super, das wurde ja immer lustiger. Und lauter auch. Ich schnappte mir mein Handtuch und Waschzeug, grade da als wir die Information hielten, dass wir ein oder zwei Stunden Zeit hätten. Anschließend sollten wir in einen Besprechungsraum kommen. Welcher oder wo, das wusste aber auch niemand. Ich schnaubte, “das wird jetzt aber nicht die Suche nach der Schatzinsel, oder?”
Der musternde Blick von Mik traf den Blonden vor sich, der nun zu zögern schien, als er ihn ermahnte auf seinen Rat zu hören. Womöglich besass er die entsprechende Erfahrung seine Männer im Feld zu führen, sonst hätte dessen Captain mit Sicherheit ihm nicht diese Männer anvertraut. Auch war es dem Fay nicht entgangen, um welche Karte es sich gerade drehte und auf welche er eben diesen Rat bezog. Wenn dieser Lance Corporal nicht die Eier in der Hose hatte sich weiteraus erfahreneren und älteren Männern zu stellen, so würde dies mit einer hohen Wahrscheinlichkeit irgendwann Menschenleben kosten. Mik würde sich nicht anmaßen die Entscheidung dessen Führungskraft in Frage zu stellen und erst Recht nicht den Beschluss dessen Captains. Doch musste der Blonde in seinen Augen erst noch lernen, was es hiess eben nicht der *Kumpel* für die anderen zu sein. Von jeher war man, egal welche Armee, egal welcher Trupp, eine eingeschworene Truppe. Ein gut funktionierendes, aufeinander eingestimmtes, Uhrwerk, dass in der Zeit des Einsatzes mehr und mehr zu einem Ersatz für die Familie wurde. Er, egal wie jung er nun war, musste nun lernen eben diese Familie zu führen und aufgrund seines Alters würde er den dafür notwendigen Respekt nur erhalten, wenn er sich eben bewies.

Seine Empfehlung, nun die Ruhe zu nutzen, war wohl überlegt. Es war ein merkwürdiges Gefühl in seinem Magen, dass scharfe Peitschen der Regentropfen gegen die Fenster und das Rütteln des Windes an dem mit Blech gedeckten Dach, der ihn ahnen liess, dass der Anfang des ganzen Ärgers wohl noch wenige Kilometer die Küste hinauf wie ein Monster auf der Lauer lag. Noch würden sie die Zeit besitzen eben solche Wortgefechte auszutragen, doch eben auf Kosten des Wichtigsten was sie eben aktuell hatten – die geringe Zeitspanne bis hier womöglich die Hölle ausbrechen könnte.

„Verstehe.“ Anerkennend, doch mit fehlenden Mitgefühl, nickte der dunkle Riese und schraubte die Thermosflasche erneut zu. „Du hast die einschlagenden Erinnerungen der Bomben und Terroristen vergessen.“, warf er knapp ein und legte die Flasche wieder zurück auf den olivfarbenen, dicken Stoff des Sackes. „Ich kann verstehen, dass die Freude der Heimkehr euch ziemlich arschig versaut wurde. Dennoch seid ihr nun mit euren Ärschen hier gelandet. Wohl, damit ihr eben in Sicherheit später zu Hause ankommen könnt. Ebenfalls seid ihr hier um zu Helfen. Durch den Befehl eures Captains ist dies nun eben euer Job. Demnach gehören eure Ärsche eben *noch* dem Militär.“, liess er dezent durchblicken, dass er die Enttäuschung die der Euphorie über die nahe Heimkehr sehr wohl verstehen konnte, doch eben nicht mehr. Alle in diesem Raum waren mindestens 3 mal sieben Jahre alt und damit erwachsen genug gewesen ihre Unterschrift unter die Einberufungsbefehle zu setzen und in den Einsatz in ein Kriegsgebiet für ihr Land entsendet zu werden. Ein jeder in diesem Raum war ausgebildet, und selbst in dem jugendlichen Wahnsinn des Schwanzvergleiches untereinander, und mehr wie fähig gewesen eben diesen Einsatz zu erfüllen. Dann sollte seines Erachtens genügend Verstand vorhanden sein zu erkennen, dass eben nicht alles eine Pauschalreise gewesen war, deren Flieger nun durch Sturm abgesagt werden musste. Der Fay griente schief, neigte leicht seinen Kopf bei der Erwähnung der Schlammschlacht. „Genug ausgeheult?“, würde er ihm diesen Versuch Mitgefühl oder Verständnis bei ihm zu erregen, nicht nachtragen. Ein netter Versuch, aber auch nicht mehr als das. „Wir mit unseren MP`s? Es ist wohl eher die Frage, was die MP`s mit den Deutschen angestellt haben? Einen ordentlichen Einlauf, um sie anschließend an ihren Eiern zum General zu zerren.“ , griente er nun über diese offensichtliche Verwechslung der Military Police mit den den allseits bekannten Waffen.

Das Mairtin unter einem Kater litt, dass würde Mikail nicht glauben, selbst wenn ihm jemand diese Annahme direkt ins Gesicht gesagt hätte. Es war kein Wunder, dass sich der Stress, den man eigentlich glaubte auf dem Heimflug loszuwerden, in einer solchen Situation doppelt und dreifach zurückschlagen würde. Hinzu kam eben der Druckwechsel bei Start und Landung, als auch eben dieses enorme Tiefdruckgebiet, dass nun den eisigen Sturm zu ihnen trieb. Nein. Es war weder verwunderlich noch unnatürlich, sondern schlicht menschlich. Etwas, was er nicht verurteilen würde. So war er es nun selbst, der mit anpackte, um die Betten entsprechend zu sortieren und ein wenig *Tetris* zu spielen.

Schnaufend schüttelte er seinen Kopf über den kleinen Stich, der indirekten Frage, ob er etwas mit Großbritannien zu tun hatte. Doch mehr würde Mairtin nicht als Antwort erhalten. Wie sollte Mik ihm auch erklären, dass er mehrere Jahrhunderte in Schottland und ein paar in Irland verbracht hatte? Dabei war er weder das eine, noch das andere. Zumindest schien dies, aufgrund seines eher südländischen Aussehens, ersichtlich. „Gut zu wissen…“, knurrte der Fay jedoch mit einem düsteren, breiten Schmunzeln, dass seine Augen nun erreichte, resultierend aus dem eben ausgeteilten Seitenhieb von Mairtin. „…das du dir keinen Fleck ins Höschen machst vor lauter Angst vor dem großen, bösen Mann, Prinzessin.“ Mik brauchte lediglich eine Hand, um ein komplettes Etagenbett nun auf Platz zu rücken, scheinbar mühelos. Erst als es stand sah er auf und grienste dreist, er kannte die Stichelleien unter den Männer und auch er wusste, wie schnell so etwas ausarten konnte. Doch nichts sprach gegen ein wenig Frotzelei, um die Stimmung ein wenig aufzuheitern. Etwas, dass offenbar nicht ein jeder in diesem Raum verstand.

So war es ein düsterer Blick, den Thomas streifte, ehe er Amerikaner mit seiner Arbeit kopfschüttelnd fortfuhr. Was hatte er eben noch Mairtin geraten? Er sollte seine Männer besser im Griff halten. Thomas war dabei das beste Beispiel. Immer und immer wieder würden sie versuchen die Grenzen des Jüngeren Befehlshabers auszuloten. Es war zermürbend, doch augenscheinlich machte Mairtin seinen Job ganz gut, weswegen der Fay diesen knappen Einwurf ignorierte.

Als der Blonde jedoch abwiegelte, dass er lieber eine warme Dusche bevorzuge, war mehr wie erkenntlich, dass er nun einen Weg suchte den Kopf von Colby aus der Schlinge zu ziehen. Der Dunkelhaarige lehnte erneut seinen angewinkelten Arm auf die oberste Matratze des Bettes das er eben noch verschoben hatte. „Ich meine eher, dass eine kalte Dusche gegen Hitzköpfe hilft.“, oder eben, gegen dicke Eier. Letzteres Kommentar jedoch verschluckte er, des lieben Friedens Willens, denn der Blick von Colby sprach bereits Bände. Ebenfalls, als er Mairtin die Edelstahlflasche in die Hand drückte.

Leicht kräuselten sich die Mundwinkel des Riesen, als er die etlichen Fragen in dem Gesicht von Mairtin lesen konnte, nachdem er einen Schluck des Gebräus genommen hatte. „Starker Kaffee mit Zitrone.“, sein Kinn nickte zu dem Medikit, dass erneut in dem Kleinod des Briten verschwunden war. „Hilft besser wie das Zeug.“, schien er sehr davon überzeugt, ehe er sich wieder seinen Männern widmete.

Zwei Stunden? Der Blick des Fay trat durch das Fenster, durch das man vor lauter stürmischen Regen der dagegen prasste, kaum etwas von seiner Umwelt sehen konnte. „Wenn das weiter so geht…“ Er glaubte nicht an diese Zeitangabe, erschien sie doch in seinen Augen als zu eng bemessen. Wobei, letztlich waren sie nicht die Einzige hier vor Ort. Die ersten Helfer waren sicherlich bereits jetzt schon im Einsatz und taten ihren Dienst und dies war nun einmal ein anderer Job, als seiner. „Gut. Ruht euch aus. Entspannt euch, solange ihr könnt. Sofern kein Alarm erfolgt, kommt zu dem Besprechungsraum im Bowlingcenter.“ Wies er auf ein längliches Schild das die entsprechende Richtung im Flur angab. Sie würden nicht durch den Regen marschieren müssen, wenn es soweit wäre. Wie die meisten Gebäude hier, so war auch dieses miteinander verbunden.

Erneut warf er einen musternden Blick in die Zimmer, insbesondere bei ihnen und den Briten, die immer noch grobe Witze miteinander austauschten. Damit ihren Ärger, ihre Enttäuschung, als auch ihre Nervosität abbauten. Mikail kannte dieses Verhalten nur zu gut, zusammen mit dem Frust über die Zwischenlandung, war dies alles ein riesiges Pulverfass. Kritisch verengten sich mit einem Mal seine Augen. „Wo zum Teufel…“, vermisste er den Blonden. „Bei den Duschen!“, lachte ihn einer der Briten an. Der Fay stockte, drehte sich auf dem Absatz um und hielt auf die Gemeinschaftsduschen zu. Alarmbereitschaft? War das dem blonden Briten noch nicht um die Ohren geschlagen worden, was dieses Wort bedeutete?

Mairtin Connolly

Mikail warf mir einen musternden Blick zu, der mir nicht entging. Ich betete, dass die Migräne sich noch ein wenig aufschieben ließ und ich zuhause erst damit vollends geschlagen wurde. Vielleicht konnte ich auch erst einmal mit zu Colby, ehe ich mich meiner Familie mal wieder stellen musste. Sicher war ich aber nicht. So zickig wie der war, war das gewiss nicht einfach. Der Captain hatte mich im Blick, ebenso der Corporal der Truppe. Ich wuchs in die Rolle immer mehr hinein. Puhh, richtig widerlich, diese Migräne. Ich war nicht grade einfach, bot aber einiges an Potenzial, das der Captain nutzen wollte. Mikail nickte, verstand, warum wir ein wenig angepisst waren. Ich nickte knapp. „Jep, davon haben wir auch ein paar gehabt. Die leben allerdings nicht mehr“ deutete ich das Schicksal der Terroristen an. Mikail hielt noch eine kleine Ansprache, dass er verstehen konnte, wieso wir angepisst waren. Aber solange der Sturm anhielt und wir hier waren, gehörten unsere Ärsche halt noch dem Militär. Da hatte er auch recht. Ich machte mir auch Sorgen um Colby. Hatte die Beziehung bestand, wenn er schon so zickte? Ich spürte, dass mir solche Gedanken wahrscheinlich nicht guttaten, aber ich konnte nicht anders. Scheiße, ich musste mich schnell ablenken, nichts meine Männer merken lassen.

Und vor allem Colby nicht. Dummerweise kannte mich Colby Macguire verdammt gut. Er kannte mich in- und auswendig, um genau zu sein. Die Tabletten oder dieser komische Kaffee halfen aber vorerst. So richtig brach es nicht aus. Zum Glück! „Jungs, wir schaffen das auch noch. Mehr als ein bisschen nass kann es nicht werden. Wir sind alle ein wenig zu schwer, als dass wir sofort fliegen gehen. Bisher sind wir alle halbwegs heil, oder wollt ihr mir nun erzählen, dass ihr euch auf den letzten Metern was holen wollt?“ Fragte ich meine Männer, die darin übereinkamen, dass sie NICHTS davon haben wollten. Es kehrte langsam Ruhe ein. Dann sah ich zu Mikail. „Ah, das übliche Rührei also. Ja, wir sind meistens auch für ein schönes Frühstück zu haben. Mit Eiern, Würstchen und Speck.“ Das stimmte zwar auch, aber ich meinte es grade auch ein wenig anders: auch wir konnten die Deutschen praktisch zum Frühstück fressen, wenn wir wollten. Thomas war fertig genug, dass der sich direkt auf ein Bett packte und einfach wegpennte, auch wenn er es nicht wollte. Ein Zeichen dafür, dass wir in den vergangenen Monaten an unsere Grenzen gegangen waren. Zum Glück war das Bettentetris XXL schon abgeschlossen. Das hätte noch gefehlt, Dornröschen mitzuschleppen. Der Mann wog auch nur fünf Kilo weniger als ich. Meine indirekte Frage hatte Mikail nur zu einem kleinen Schnaufen animiert. Also war da irgendwie etwas, dessen Bedeutung mir sich jedoch nicht vollständig erschloss. Ich hatte allerdings auch nicht die Energie dafür, darüber weiter zu sinnieren.


Ich hob die Augenbraue noch einmal. „Schätzchen“ begann ich nun in einem ähnlichen Tonfall, „wer hat Dir gesagt, dass ich ein Höschen trage? Oder das du es schaffst, mich zum Einnässen zu bringen? Glaubst Du wirklich, dass ich Angst vor Dir habe, nur weil du augenscheinlich größer bist?“ Colby sah mich so an, als ob er mir gleich auf den Schoß springen wollte. Ups, scheiße, das hätte ich jetzt vielleicht nicht sagen sollen. Wenn das so weiter ging, würde er mir gleich noch eine auf den Arsch knallen. Thomas war einfach nur fertig und schnarchte, als ob er gleich in ein Holzwerk unterwegs wäre. Ein Glück. Ein wenig fuhr ich selbst herunter, beruhigte mich etwas und merkte, dass ich nicht hochfahren musste. „Also gut, ab unter die Dusche“, murmelte ich und machte mich mit meinem Zeug auf den Weg. Es dauerte allerdings nicht lange, bis ich feststellte, dass es nicht allzu viele Duschen gab. Sammelduschen. Na prima. So eine Scheiße.

Was für ein alter, baufälliger und renovierungsbedürftiger Kasten das hier doch war. Auf der einen Seite waren die Bänke, auf der anderen die Duschen. Ich legte mein Handtuch auf einer freien Stelle ab, ehe ich mit Seife und Shampoo zu einer der Duschen schritt. Der Raum war bisher leer. Wenigstens das. Schade, dass Colby nicht hier war. Aber andererseits auch wieder nicht. Denn es wäre höchstens nur ein Quicki geworden. Das wurde uns beiden nach den Monaten im Einsatz kaum gerecht. Sehr viel schöner war es, uns zuhause zu genießen. Ich hatte das Thema Bowlingcenter nicht mitbekommen, sondern versuchte, unter der Dusche wieder zur Ruhe zu kommen. Ich hatte absichtlich einen weichen Strahl gewählt. Das half mir manchmal auch bei einer aufkommenden Migräne. Etwas breitbeiniger stand ich dar, schaffte es so, mein Gleichgewicht zu halten und mit etwas Verzögerung sah ich auf, als die Tür aufging. Ich war in Gedanken gewesen. Es war Mikail, der nun eintrat...
Es war die Art und Weise gewesen, wie auch einige Blicke, die Mairtin diesem einem Typen zugeworfen hatte, die ihn verrieten. Augenscheinlich vermochte man seine Gedanken ihm doch von seinem Gesicht ablesen, ob er es wollte oder nicht. Lag es an der sich anbahnenden Migräne, die er verzweifelt versuchte mit einer Massage der Schläfen zu umgehen, dass der Junge unvorsichtig wurde? Womöglich war dem so. Mik schnaufte leicht – diese Zeit war ihm einfach zuwider geworden. Früher, zu der Zeit seiner Geburt, galt es als gesellschaftsfähig sich einen oder mehrere Sklaven zu sich ins Bett zu holen. Liebe unter Männern, auch innerhalb des Heeres, war keine Seltenheit gewesen und nichts ungewöhnliches. Dahingehend hatte sich die Gesellschaft mehr und mehr in den Laufe der Jahrtausende verändert.

Als Mairtin nun seinen Männern eine kleine Ansprache hielt, in der Erwartung, dass sie wohl nur noch ein wenig nass würden, schoben sich ungläubig die Augenbrauen des Dunkelhaarigen hinauf. Der Junge hatte wohl noch keinen Kerl in einem überschwemmten Gartenteich ersaufen sehen. Denn genau das würde sie erwarte. Straßen und Gehwege würden zu reißenden Flüssen. Kein Rasen, kein Platz würde davon unberührt bleiben, wenn der Meeresspiegel zusätzlich noch stieg oder es eben schüttete, als habe Petrus selbst die Tore des Himmels geöffnet. Eine einzige braune Suppe würde alles überziehen und es schier unmöglich machen zu sehen, wohin man trat. Schlimmer als der prassende Regen war jedoch der Wind, der nur zu gerne Bäume lockerte und umwarf oder auch mal gerne an einer Hochspannungsleitung zerren konnte. „Rechne mal mit mehr, als nur vollgelaufenen Kellern.“, mahnte der Fay aus Erfahrung, die wohl in dem baldigen Aufheulen der ersten Sirenen sich bewahrheiten sollte.

Der Fay griente dunkel, als Mairtin das besondere Frühstück ansprach. „Gebratene Eier und Rührei sind was Feines. Besonders, mit Tabasco serviert.“, schien er ein wenig durchblicken zu lassen, dass die Deutschen dieses Behandlung durch die Military Police durchaus verdient hatten und er offenbar nicht gänzlich seine Hände in Unschuld wusch? Wer wusste das denn schon. Überhaupt war der Fay, selbst seinen Männern gegenüber, verschlossen und liess sich nur recht selten in die Karten sehen.

Mikail lachte düster bei dem amüsanten Konter des Blonden und lehnte sich leicht an das Etagenbett, dass er eben noch auf seinen Platz geschoben hatte, ehe ein dreister Brite sich sofort darauf genüsslich fläzte, um dann sofort einzuschlafen. „Das wird sich dann wohl noch herausstellen, aye? Scheinst ein ganz großes Mädchen zu sein. Ich bin mir sicher, dass du gut auf dich allein aufpassen kannst.“ , bestätigte er ihm lachend mit einem kleinen Kopfschütteln, ehe er mit seiner geballten Faust leicht auf das Gestell des Bettes tippte. Nachdenklich sah er sich um. Die Arbeit war erst einmal getan. Gut. Dann blieb Zeit nachzufragen, wie die aktuelle Lage war. Mit einem knappen Gruß machte er sich auf zum General, so dass er die letzten Worten von Mairtin nicht mehr mitbekam.

Umso entsetzter war er, als er zurückkehrte und die Briten ohne Führung vorfand, da diese sich unter der Dusche gütlich zu tun schien, mitten in einem immer mehr aufbrausenden Sturm. Mitunter konnte man Mikail nun mit diesem vergleichen, zumindest mit der gleiche Wucht stiess er die Türe zu den Sammelduschen auf, nachdem er die Umkleiden passiert hatte. Eine Wolke aus heißen Wasserdampf stiess ihm entgegen als er eintrat. Scham schien der Riese nicht zu besitzen. Ihm war es sogar scheissegal, dass der Typ logischerweise vollkommen nackt unter der Dusche stand. Mitleid oder falsches Schamgefühl hatte hier schlicht keinen Platz. „Hast du die Dusche bereits in Afghanistan zu heiß aufgedreht, dass es dir die Gehirnwindungen weggebrüht hat?“, ging er an den ersten Waschbecken und beschlagenen Spiegeln vorbei. „Oder hat dir irgendwas ins Gehirn geschissen? Du duschst jetzt? Lässt deine Männer alleine? Was verfickt noch einmal hast du an dem Wort *Alarmbereitschaft* nicht verstanden?“, knurrte er zornig und erhob sich nun hinter ihm, außerhalb des Wasserkegels, wie ein mahnender, düsterer Schatten.
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