Blick in die Vergangenheit
Meine Eltern starben recht früh an einer grassierenden Epidemie, von der ich heute nicht mehr zu sagen weiß, welche dies war. Mein Leben, kaum hatte es begonnen, stand vor einem Scheideweg. Sterben oder Leben. Einem Zufall habe ich es zu verdanken, das sich ein Samurai sich meiner annahm. Seine Frau kümmerte sich um mich, jedoch nur mit der Bedingung, dass ich ebenfalls zu einem Samurai erzogen werden sollte, um die Familie, in der ich nun lebte, dienen zu können. Ihr Mann stimmte zu.
Meine Ausbildung begann, kaum, dass ich drei Jahre alt war. Sie war durchzogen von Drill, Entbehrungen, Disziplin und Härte. Sie schulte meine Körperbeherrschung und die Unterdrückung des Schmerzes.
Als ich 5 Jahre alt wurde, lehrte man mir das Lesen und Schreiben und schickte mich in ein nahes Kloster. Ich wusste, dass die Familie dadurch einige Entbehrungen hinnehmen musste, so strengte ich mich besonders an, um den Leistungen gerecht zu werden, nein, um der Beste zu sein! Ob es half, Tag ein Tag aus, Jahreszeit um Jahreszeit barfuß zu laufen, kann ich heute nicht mehr sagen. Es wurde eine Vorliebe von mir, ohne Schuhe zu gehen. Selbst heute noch. Was ich jedoch nicht mehr mache, mit gefesselten Armen und Beinen zu schwimmen. Wasser ist ohnehin eine Sache, die ich nur aufs Trinken und waschen reduziere, da dies nicht mein bevorzugtes Element ist. Zudem war es ein Teil meiner Ausbildung auf Friedhöfen zu verharren. Das machte mir weniger aus, als ich zu Anfang dachte. Es machte mir sogar Spaß, immer gab es etwas zu entdecken und nicht eben selten spielte ich mit dem Gedanken ein Grab zu öffnen um die Reste eines Menschen auszuheben und die verschiedenen Stadien der Verwesung zu betrachten. Ein Gedanke der Ethik hielt mich zurück, zudem durfte ich keine Schande über meine Familie bringen.
Mit sechs lernte ich schließlich Kampfsport (ich zu wehren und zu töten, ohne Waffen zu gebrauchen) und den Umgang mit Waffen. Dazu zählte das Bogenschießen, Schwertkampf und auch das Fechten. Letzterem konnte ich nie viel abgewinnen, dennoch gab ich mein Bestes um der Familie Kanagawa, die mich aufzog, Ehre zu erweisen.
Kato, der Vater der Familie begleitete mich in der Ausbildung, unterstützte, wo er es nur konnte. Ich war der zweite, den er in die Lehre nahm und auch der Letzte. Als ich schließlich meine Ausbildung beendete, legte ich meinen Kindsnamen ab, von dem ich heute nicht mehr weiß, wie dieser lautete. Das war dann auch die Zeit, in der mein neues Leben begann, doch ich greife vorweg… kaum, dass ich meine Ausbildung beendete, bracht der Boshin Krieg aus.
Japan stand vor einer neuen Ära. Die Zeit einer neuen Regierung stand an und ich war mitten drinnen.
Mein Mentor war ein Shishi, ein Rebell der einer sehr kleinen Gruppierung angehörte, die untereinander zerstritten waren. Wie es von mir erwartet wurde, kämpfte ich im Krieg an seiner Seite.
Nur eine Gemeinsamkeit schmiedete uns zusammen, wir waren gegen die Öffnung Japans und forderten Übergabe aller Macht vom Shogunat an den Kaiser. Wir verübten Attentate an Ausländer und hohe Amtsträger, die wider unsere Ansichten handelten. Dies war unser wichtigstes politisches Ziel.
Ich starb, als ich ein Attenat gegen einen Franzosen verüben wollte. Er erschoss mich auf offener Straße und flüchtete.
Es war der 27.03.1869 als ich in den Armen Kato Kanagawa starb. Ich dachte, ich sterbe.
Bevor ich meinen letzten Atemzug machte, biss mich mein Meister in den Hals und rettete mir das leben. Doch zu welchen Bedingungen? Das er seinen Clan vergrößern wollte, erfuhr ich erst viel später.
Drei Tage dauerte das Ringen um Leben und Tod. Der Tage endloser Qualen in Zeiten des Krieges. Ich schrie, ich bettelte, ich flehte… Ich glaubte von innen her zu verbrennen. Zellen zerfielen und ließen nichts als den Tod zurück. …bis ich nicht mehr konnte und in einen Schlaf hinüberglitt, den man wohl als Koma bezeichnen konnte.
Weitere drei Tage, ehe ich die Augen aufschlug und meine Umgebung in einer Intensität war nahm, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.
Ein inneres Band zwischen uns entstand auf eine Weise, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Noch heute würde ich es als eine hingebungsvolle Liebe bezeichnen, die durch nichts zerstört werden konnte.
Er wollte mich mit dem Blut unserer Feinde füttern, was ich zuerst verweigerte, doch eine ungeahnte Gier erwachte, wurde stärker, bis ich es nicht mehr Kontrollieren konnte. Ich brach aus dem Keller aus, in dem er mich versteckte und tötete den ersten Menschen, der mir über den Weg lief. Es war unser Dorfvorsteher…
Mein Meister Kato musste ihn beseitigen, noch in der Nacht verschwanden wir von dort, reisten von einem Ort zum anderen, während er mich lehrte, mit der Gier, die wie eine unaufhörliche Flamme in mir loderte, umzugehen. Ich lernte auch, dass Katos Frau, die mich all die Jahre aufgezogen hatte, ebenfalls eine Art 'Kind' von ihm war. Dass er sie vor einer Seuche, und ebenfalls vor dem Tod bewahrte, wie mich. Wir jagten in der Nacht und schliefen auf verlassenen Höfen, bis ich mich halbwegs unter Kontrolle hatte.
Am 27. Juni 1869 endete der Boshin Kireg. Es begann die Meji-Restauration.
Wir ließen uns in Edo (das heutige Tokio) nieder und ernährten und von Verbrechern. Ich liebte es, sie zu jagen, sie zu hetzen, bis sie um ihr Leben wimmerten… erst dann tötete ich und verbrannte ihre Leichen.
Der Samurai-Status wurde zugunsten einer modern-westlichen Armee aufgehoben und von nun an 'Shizoku' genannt.
1876 wurde uns untersagt unsere typische Tracht zu tragen und ein Schwert zu führen. Handelte man dem Gesetz zuwider, wurde man schwer bestraft. Auch unsere Privilegien wurden uns entzogen. Viele verarmten, verhungerten und gingen vor die Hunde.
Ich, in meinen noch jungen Jahren, sah mich als Erlöser, in dem ich ihnen vorher das Leben nahm und meine Gier stillte. Willfährige Bauernfänger, wie ich sie nenne, versuchten im Namen des Kaisers zu bestrafen, doch waren sie auch nicht besser dran, als wir. Ehemalige Samurai, die nicht mehr wussten, was sie mit ihrem Leben anfangen sollten.
Rebellionen entstanden, wurden aber immer wieder niedergeschlagen. Das Geschlecht der Kanagawa jedoch, überlebte. Wir bildeten uns weiter, wie es seit je her unsere Aufgabe war, neben dem trainieren unseres Könnens und konnten mit Stolz von uns sagen, das wir hohe Posten in der Regierung erarbeiteten.
Dann kam der Zweite Weltkrieg. Ein Überangebot an Futter, wenn man es denn so nennen wollte. Viele Tote und es fiel nicht auf, wenn zufällig noch mehr starben. Diesmal hielten wir uns von den eigentlichen Kämpfen fern und verbargen uns, bis alles vorbei war. Dies war kein Kampf mehr, Mann gegen Mann. Schusswaffen. Bomben, nicht gerade das, wogegen wir noch ankamen. Ob nun Mensch oder Vampir.
Als Deutschland besiegt war, beschlossen wir nach Amerika zu gehen, dort, wo alles besser, toller und größer sein sollte. Doch wir wurden enttäuscht.
Nichts war so, wie wir es uns vorstellten. Und doch blieben wir, passten uns an und zogen weiter, wenn es zu heikel wurde, wenn unsere Lebensspanne zu lang andauerte und es auffiel, das wir nicht alterten. Obwohl ich inzwischen 166 Jahre zähle, sehe ich noch immer aus wie mit 23 Jahren.
Wir kamen schließlich n die Stadt der Engel und führten unser kleines Imperium fort. Mein 'Vater' und Mentor wurde hatte sich für ein Leben eines Managers entschieden ich hingegen kaufte Clubs, baute sie auf und war stiller Teilhaber und sicherte mir ein regelmäßiges Einkommen.