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Higashiyama-ku a multicultural cocktail with a side of history - Druckversion

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RE: a multicultural cocktail with a side of history - Mael-Benoit Sanson - 01.05.2024

Das was der Burgherr sagte und das, was er zuvor getan hatte, widersprach sich zwar ziemlich, doch Mael wusste es besser als es anzusprechen oder ihm unter die Nase zu reiben. Ein leichtes Nicken auf die Aussage war also alles, was der Blonde zustandebrachte. Natürlich würde Mael nicht jedes Familiengeheimnis ausplaudern, immerhin war ihm klar, dass alles, was er hier von sich gab mit Sicherheit an die Kunden dieses Museums weitergetragen wurde. Demnach würde er sich darauf beschränken das, was er erfahren hatte, zu berichtigen und eventuell hier und da noch ein paar knappe Anekdoten anbieten. Es gab sicher noch andere spannende Themen, die in den Gängen angesprochen wurden, unendlich viel Zeit würde der Kerl eh nicht haben, um die Gäste mit stundenlangen Geschichten zu den Sansons zu belästigen. Und ehrlich gesagt wäre es Mael auch nicht unbedingt recht, dementsprechend war es doch ganz gut, dass er zum Teil kontrollieren konnte, was die Leute wissen sollten und was nicht. Und dem Fremden genug vertrauen, ihm mehr zu erzählen als das nötigste und darum zu bitten, es für sich zu behalten ... nein, das tat er sicher nicht.

Nachdem Mael sich und seine Familie als die womöglichen Henker der Freunde des Burgherrn geoutet hatte, indem er das Medaillon hervorgezogen hatte, tat der andere es ihm gleich. Doch um was für einen Anhänger es sich bei jenem handelte, den er um den Hals trug, konnte der Franzose nicht mit Bestimmtheit sagen, auch wenn er es mit einem sehr neugierigen, konzentrierten Blick betrachtete.
"Nun", begann er und atmete tief ein, bevor es in einem leisen Seufzen mündete. "Im Normalfall wird unsereins nur auf jene angesetzt, die 'zu gefährlich' werden. Was jedoch in diese Kategorie eingestuft wird und mit welchen Kriterien dies geschieht, kann ich leider nicht sagen, das geschieht auf höherer Ebene." Es war natürlich nicht viel, was er an Informationen für die Gründe liefern konnte, aus denen man die Freunde des Burgherrn gerichtet hatte, doch zumindest wollte er jenem einen knappen Einblick in ihre Aufgabe und die Wahl ihrer Ziele geben, ob ihn das nun zufriedenstellen konnte, blieb ihm überlassen. Friedfertige Wesen und jene, die ihre Mächte nicht zu mehren suchten, waren meist kein besonders priorisiertes Ziel, wenn das Schicksal nicht noch irgendetwas Besonderes mit ihnen vorhatte.

"Ich kann wirklich nicht sagen, ob irgendetwas Paranormales am Brodequin hängt, soweit ich weiß, fanden nicht unbedingt viele ihren Tod in der Kontraption, maximal in der Folge. Mein Ahne fertigte es damals mit eigenen Händen, um eine stabilere Variante zu kreieren. Wie ich bereits erwähnte, war Pergament damals ein weitaus populäreres Material für das Brodequin. Dieses aus Holz und Lederriemen gefertigte Exemplar jedoch fasste auch breitere Beine. Dazu die eisernen, breiteren Pfähle, die in sich ein Vorteil zum sonst genutzten Holz waren, das splitterte und abgenutzt und brüchig wurde. Es ist also wirklich nur des Handwerks unseres Ahnen wegen ein 'Artefakt', ein von Menschenhand gefertigtes Objekt. Ich bezweifle, dass etwas Übernatürliches an ihm hängt, aber für genauere Aussagen bin ich noch nicht lang genug in dessen Anwesenheit."
Langsam strich er sich ein paar Strähnen nach hinten und ging ein paar Schritte, auch um über die weiteren Fragen nachzudenken und natürlich über seine Antworten.

"Es verbreitete sich in der damaligen Zeit ein Gerücht, dass Pierre Jouënne seine eigene Tochter in das Brodequin geschnürt hatte, um ihr den Namen ihres Liebhabers zu entlocken und, dass jener diese Szene wohl durch ein Loch in der Tür beobachtet hatte. Es gibt keine Aufzeichnungen, die das belegen könnten und doch hielt sich dieses Gerücht auch in unserer Familie. Wissen Sie ... Scharfrichter zu sein war in der damaligen Zeit gleichzeitig eine Ehre und doch war es etwas, das die Sansons an den Rand der Gesellschaft gestoßen hatte. Manche Nachkommen benötigten etwas 'Motivation', um das Amt aufzunehmen, da es in jenem Teil Frankreichs, in dem die Sansons damals residierten, Gesetze gab, durch die das Amt innerhalb der Familie vererbt wurde. Einige zukünftige Henker sollen in dieses Brodequin geschnürt worden sein, um ihren Widerwillen zu brechen und sie zu belehren, damit sie sich nicht sträubten, das Amt aufzunehmen, wenn sie alt genug waren. Nicht unbedingt liebevolle Erziehung, doch es schien seine Aufgabe zu erfüllen. Wirklich zur Folterung genutzt wurde dieses Brodequin außerhalb der Familie jedoch nur in der ersten Generation, durch Pierre Jouënne selbst. Sie sagten, dass die Sansons sowohl Henker als auch Foltermeister waren, doch stimmt das leider nicht. Sicherlich gab es ein paar der Zweigfamilien, die es nicht zum Henker schafften und in die Folterkammer verbannt wurden, doch ein Henker hat niemals das Werk eines Folterers ausgeführt. Im Gegenteil, Charles-Henri Sanson beispielsweise versuchte sogar, die Hinrichtungen so schmerzfrei wie möglich zu vollziehen und war kein Verfechter der damaligen Tradition, Hinrichtungen als Volksereignis aufzuziehen." Mael schwieg für einen Moment, immerhin hatte er gerade so einige Informationen preisgegeben. Natürlich konnte er zu allem mehr in die Tiefe gehen, doch ob das nötig war, oblag seinem Gesprächspartner, der es sich auf einem Stuhl nahe einer Wand gemütlich gemacht hatte.