Wind Beyond Shadows

Normale Version: Über den Wolken...
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“Wieso sind hier so viele Menschen? Die fliegen doch nicht etwa alle?” Ein, im roten Hemd und weißer Hose angezogener, Engel, sah zu seinem Freund auf und klammerte sich an seinen Koffer. Sie hatten nicht viel mitgenommen, weswegen sie nur mit einem gemeinsamen Gepäckstück reisten, das Augst sich nach der Ankunft sofort als eher mentalen Support geschnappt hatte. Sie standen vor der Gepäckabgabe, da Cris bereits auf magische Weise online eingecheckt hatte und nun hieß es sich von dem Koffer zu trennen, der ihn auf eine besondere Art und Weise Sicherheit gegeben hatte. Es war nicht so, dass ihn die vielen Menschen nervös machten, nein, eher das massive, beflügelte Metallteil, dass sie - wie auch immer - von hier nach Italien bringen sollte. “Und du bist dir sicher, dass dieses Ding uns alle sicher nach Italien bringt? Es ist gigantisch! Und schwer!”, fragte er seinen Freund, dem er bis jetzt nicht von der Seite gewichen war, denn auch wenn er mit einer Hand brav den schwarzen Koffer hinter sich her zog, so klammerte er sich mit der freien Hand an das Shirt des anderen, um ihn ja nicht zu verlieren, denn das wäre sein Tod gewesen. Alleine, mit diesen vielen Menschen und diesen ganzen Abläufen, die er gar nicht nachvollziehen wollte. Bis sie hier angekommen waren, dachte er, dass sie sofort zu diesem Flugzeug spazieren und ihr Gepäck irgendwelchen Mitarbeitern geben würden, die es an einem sicheren Ort verstauten und ihnen bei der Landung wieder reichten. Stattdessen sah er zu, wie Cris ihm den Koffer abnahm und auf ein Laufband legte, neben dem eine lächelnde Dame in eleganter Kleidung stand und ein Band an den oberen Henkel befestigte. Dann, verschwand er, einfach so, hinter einer Luke und August sah wieder entsetzt hoch zu seinem Freund, als wäre Zeuge eines furchtbaren Mordes gewesen. “W-was passiert mit ihm? Wo landet er? Was ist, wenn sie ihn verlieren?”, fragte er leise, jedoch nicht weniger panisch. Entsetzt von diesem Ereignis, klammerte er sich nun noch mehr an seinen Freund, an dem er nun praktisch klebte. Ihm war das hier alles suspekt. Irgendwelche Laufbänder die ihr Gepäck fraßen, riesige, tonnenschwere Metallvögel, die in die Luft stiegen, ...Das passt einfach nicht! Er selbst konnte kaum mit einer anderen Person im Schlepptau fliegen. Und dann noch mit anderen Menschen, einer ganzen Crew und deren Gepäck. Das konnte doch gar nicht funktionieren!
“Cris, ich weiß nicht… wollen wir nicht irgendwohin fahren? Dieses Ding… das ist doch dazu prädestiniert abzustürzen. Das kann uns doch niemals alle sicher ankommen lassen…!” Er zupfte nervös am Saum des Shirts des Dämons und sah sich um. Niemand schien sich auch nur im geringsten so unwohl zu fühlen wie er und das besorgte ihn ebenfalls. Die Tickets waren bereits gebucht und abgesehen davon, dass sie sich für die erste Klasse entschieden hatten, waren sie noch teurer als sonst gewesen, da sie im letzten Moment zwei Plätze nebeneinander wollten. Jemand musste den Sitzplatz wegen ihnen tauschen, aber das war dem Engel egal, denn acht Stunden von seinem Freund in dieser Maschine zu sitzen hätte er nicht überlebt, niemals! “Ich traue dem ganzen nicht…”, murmelte August und drückte sein Gesicht an die Schulter des anderen, der sich wohl oder übel für die nächsten Stunden an das Klammeräffchen gewöhnen musste.

Crispin Cipriano

Engel und fliegen. Eigentlich sollte man meinen, dass dies das normalste der Welt war, denn immerhin hatten sie ihre Flügel nicht nur als Dekoration. Allerdings musste Crispin feststellen, dass es scheinbar etwas ganz anderes war, wenn besagte Wesen nicht selbst flogen, sondern sich dafür in ein Flugzeug setzen sollten. Vielleicht lag es aber auch nur an einem ganz bestimmten unter ihnen, der sich an seinen Arm klammerte und nicht nur mit moderner Technik nicht gerade viel am Hut hatte, sondern allem Anschein nach auch mit einer der modernsten Formen zu reisen. Dass er zumindest noch nie auf einem Flughafen war, zeigte sich gerade deutlich. Doch anstatt August wie viele andere Passagiere, die sie beide mitbekamen, irritiert anzusehen, entlockte es ihm eher ein amüsiertes Schmunzeln. Es war wie so oft, wenn sein Freund mit etwas überfordert war, was es zu seiner menschlichen Zeit noch nicht gab, heute aber absolut selbstverständlich war.
"Nein, die sind nur hier, damit der Flughafen nicht so leer ist", versuchte er ganz trocken und ernst von sich zu geben, wofür er sogar die Augenbrauen leicht zusammenzog, doch bereits ein paar Sekunden später konnte er das Zucken in seinen Mundwinkeln nicht mehr unterdrücken. Dafür hatte er einfach viel zu lange darauf verzichten müssen, den anderen auf diese Weise zu ärgern. Um ihn milde zu stimmen und ihm hoffentlich auch ein wenig die Panik zu nehmen, hauchte er ihm einen Kuss auf die Wange.
"Keine Sorge, erstens fliegen die nicht alle mit demselben Flugzeug wie wir und rein statistisch gesehen ist zu fliegen der sicherste Weg zu reisen."
Ob die reine Logik den Schwarzhaarigen beruhigen würde, wusste er nicht zu sagen, aber Crispin war in diesem Moment froh, dass er sich dazu entschieden hatte, bereits online einzuchecken und nebenbei noch die First Class zu buchen. Somit sparten sie nicht nur jede Menge Zeit, die sie beim Check-In verbracht hätten, da sie direkt zur Gepäckabgabe gehen konnten, sie waren auch allgemein nicht so lange am Flughafen und während des Fluges würden sie nicht ganz so beengt sitzen wie in der Economy, sodass sie hoffentlich auch nicht allzu nervige Mitreisende hatten.
Beim Gepäckband warteten sie nun darauf, dass sie ihren einzelnen Koffer abgeben konnten. Die Mitarbeiterin, die ihn entgegennahm und den gelben Aufkleber daran befestigte, staunte im ersten Moment nicht schlecht. Es kam wohl nicht häufig vor, dass zwei Leute mit nur einem Koffer reisten, aber im Großen und Ganzen brauchten sie nicht viel und sollten sie doch etwas Wichtiges vergessen haben, hatten sie immer noch die Möglichkeit, dies in Italien zu kaufen. In solchen Fällen war es eben doch nicht so schlecht, zum besser gestellten Teil der Gesellschaft zu gehören, auch wenn er sonst keinen großen Wert darauf legte. Daher schenkte er der Frau auch keine weitere Beachtung und konzentrierte sich lieber auf seinen Freund, der sich nun, da er den Koffer nicht mehr zum Festhalten hatte, noch mehr an ihn klammerte und ihrem Gepäckstück wie ein kleines Kind nachsah, das gerade das erste mal einen dieser billigen Zaubertricks sah und nicht verstand, was vor seinen Augen eigentlich geschah.
"Der Koffer kommt jetzt wie alle anderen in die Sicherheitskontrolle für das Gepäck und wird anschließend unserem Flug zugeordnet und verladen. Der gelbe Aufkleber sorgt dafür, dass er im richtigen Flieger landet", versuchte er ihm das Ganze kurz und knapp zu erklären, wobei er es vermied, zu erwähnen, dass es durchaus vorkam, dass Koffer falsch zugeordnet wurden. Zudem war er froh, dass August nicht mehr als Dämonenjäger arbeitete, da er sonst womöglich nur für den Fall der Fälle irgendeine Waffe dabei hätte - egal, ob nun im aufgebenen Gepäck oder am Körper. Beides wäre absolut unpraktisch und problematisch.
Crispin griff nach der Hand des Kleineren und zog ihn weiter mit sich, während er aus einer seiner hinteren Hosentaschen bereits ihre Bordkarten und seinen Pass holte, die sie gleich brauchen würden. Für die vorgesehene Passkontrolle schaute er sich nach einem der SB-Terminals um, da er keine Lust hatte, sich in die Schlange der Leute einzureihen, die dafür einen der Beamten brauchten, weil sie entweder zu faul oder zu dumm für die Terminals waren. Er selbst musste zwar ebenfalls schauen, wie es funktionierte, da sein letzter Flug schon einige Jahre her war, doch nach einem Moment fand er sich zurecht und ließ seinen Pass mit der Bordkarte abgleichen, auf der deutlich Cyrians Name stand. Eine Tatsache, die ihm schon bei der Buchung der Tickets Bauchschmerzen bereitet hatte, doch anders ging es nun einmal nicht. Als er mit seinen Dokumenten fertig war, wandte er sich an August, der wirkte, als wäre er mit allem mal wieder vollkommen überfordert, was seine Aussagen auch deutlich zeigten, da er ihn schon beinahe darum bat, dass sie statt zu fliegen nicht vielleicht irgendwo hinfahren könnten. Dabei schüttelte er leicht den Kopf, während er einen Arm einfach um ihn legte.
"Wir werden schon sicher ankommen. Bei der Fahrweise mancher Leute ist es wahrscheinlicher auf der Straße einen Unfall zu haben. Außerdem bin ich schon mehrfach geflogen und lebe immer noch. Es reicht also vollkommen, wenn du mir vertraust", versuchte er ihn ein wenig zu beruhigen, konnte sich ein leicht amüsiertes Lächeln dennoch nicht verkneifen, das er jedoch durch einen Kuss versteckte, den er August auf die Schläfe drückte.
"Ich brauche aber mal deinen Ausweis für die Passkontrolle", lenkte er das Ganze wieder auf die Formalien, die sie noch vor sich hatten. "Danach kommt nur noch die Sicherheitskontrolle und dann hätten wir erstmal alles geschafft, bis wir ins Flugzeug können."
Ein kurzer Blick auf sein Handy verriet ihm, dass sie bis dahin noch fast eine Stunde Zeit hatten, doch am Flughafen war die Devise besser zu früh als zu spät da zu sein, da man nie wusste, wie lange alles dauerte.
August hatte vor so ziemlich nichts Angst. Wenn man hauptberuflich gegen die Kinder der Hölle kämpfte und dann auch noch mit einem dieser Gattung durchbrannte, musste man so ziemlich jeden Tag um sein Leben bangen - sei es jetzt wegen anderen Dämonen oder wegen seinen eigenen Brüdern. So schlimm war es zwar gerade nicht, vor allem wenn man die momentane Umstände beachtete, aber dennoch durchfuhr ihn eine Panik, wie er sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Crispin machte es mit seinen Scherzen nicht unbedingt besser und erntete ein gewollt böses, aber dann doch eher frustriert aussehendes Schmollen und anschließend ein sanftes Boxen in die Rippen, bevor er ihm nahezu wieder in die Arme fiel und sich auf die Wange küssen ließ. Nicht einmal wenn er wollte, hätte er ernsthaft böse auf den anderen sein können, aber gerade wünschte er sich mehr Erklärungen und weniger Scherze, denn das war alles neu für ihn. In Filmen hatte er das alles zwar schon gesehen, aber man kannte es ja: in Echt war alles… anders. Abgesehen davon waren die einzigen zwei Filme die er gesehen hatte Flight und Snakes on a plane - beide nicht unbedingt positiv für jemanden der sowieso eine komplizierte Beziehung zur modernen Technik hatte und August hatte auch definitiv vor das Flugzeug umgehend zu verlassen, sobald er auch nur das leiseste Zischen einer Schlange hörte.
“Mir wäre etwas auf vier Rädern auf der Straße viel lieber.”, murmelte er an die Brust des anderen und drückte sein Gesicht an die warme Haut. Crispins Duft beruhigte ihn etwas und er nahm sich einige Momente, in denen er einfach nur an ihn geheftet dastand. Ihm war durchaus bewusst, warum sie sich in dieses Metallmonster setzen mussten. Italien erreicht man nicht einfach so, durch ein Fingerschnippen oder einem himmlischen Flügelschlag. Sommer, Sonne, Strand und Meer gab es eben nur, wenn man sich seinen Ängsten stellte und 10 Stunden gefangen in einem Flugzeug über den Atlantik brauste. Bei der Vorstellung verkrampfte er sich wieder etwas, die Worte des anderen ließen ihn dann allerdings ruhiger werden. Wenn Cris es bis jetzt geschafft hatte, dann konnte es wirklich nicht so schlimm sein… allerdings war der Größere auch ein Ass was so ziemlich alle Technologien anging und sein Freund… eher nicht. In der ersten Uniwoche hatte er unabsichtlich den Schulserver lahmgelegt und einer der Lautsprecher im Tonstudio funktionierte wegen ihm auch nicht mehr. Bis er merkte dass es nichts brachte, wenn man auf die Dinge eintrat oder einschlug dauerte es also und schon bald machte er es wie die anderen: er zeigte auf und rief seinen Dozenten oder fragte seine Kollegen wenn irgendetwas nicht funktionierte.
Hier hatte er Cris, der ihm in Ruhe alles erklärte und er konnte nichts anderes tun, als seinen Worten zu folgen. Was blieb ihm sonst auch übrig? Seinen Ausweis hatte er in seiner Brusttasche des Hemdes gesteckt und er reichte diesen an den Fachmann weiter. Besser Cris machte alles und er hielt solange die Klappe während er innerlich mit seiner Panik zu kämpfen hatte. Als sie auch diesen Prozess beendet hatten, stellten sie sich für den letzten und wahrscheinlich längsten Punkt an: den Security-Check. Neugierig beobachtete der Engel, wie die Leute nacheinander durch einen Torbogen marschierten, der in seltsamen Farben leuchtete oder blinkte. Sie wurden auch von irgendwelchen Mitarbeitern abgetastet oder mit einem taschenlampenartigen Gegenstand von oben bis unten bedroht. August schnaubte und wandte sich an seinen Freund: “Das nennen die eine Sicherheitskontrolle? Wenn ich wollte, könnte ich problemlos mit meinem Waffenarsenal durchkommen, mal abgesehen davon dass andere gar keine Waffen brauchen um Schaden anzurichten.” Der Herr vor ihnen drehte den Kopf etwas in ihre Richtung und sah August verwirrt an, bevor er sich wieder abwandte.
“Mal ehrlich, das bisschen Anfassen, das reicht doch niemals. Und was macht dieser Torbogen überhaupt? Sortiert der etwa aus wer gefährlich ist oder nicht?”, fragte er und fand seine Ansätze absolut legitim, obwohl sie auf Außenstehende bestimmt seltsam wirkten, wie zum Beispiel den Herrn, der sich noch einmal kurz umdrehte und August mit einem fragenden Blick ansah, dem es nun negativ auffiel und der es sich nicht nehmen ließ sein Kommentar zu unterdrücken. “Was glotzen Sie so? Noch nie geflogen oder was?”, schnauzte er in die Richtung des Mannes, der sich sofort wieder abwandte und die beiden in Ruhe ließ. “Mensch, wenn wir mit solchen Leuten in dem Ding sitzen, gebe ich mir die Kugel.”, dramatisierte er und klammerte sich wieder an seinen Freund, von dem er sich für die Kontrolle bald kurzzeitig trennen musste.

Crispin Cipriano

August zu ärgern, gehörte eindeutig zu einer seiner liebsten Beschäftigungen, wenn man es nicht sogar als seine Lebensaufgabe betrachten konnte, für die er nun eine ganze Ewigkeit Zeit hatte und er müsste wohl lügen, wenn er behauptete, dass das nicht ein Aspekt der Unsterblichkeit war, der ihm, neben der Tatsache, dass er somit auch genauso lange mit der Person zusammen sein konnte, die ihm alles bedeutete, mit am meisten gefiel. Immerhin konnte er sich auch sicher sein, dass der andere es nicht falsch auffasste. Selbst dann nicht, wenn er dafür einen Stoß in die Rippen kassierte, der ihm ein weiteres Grinsen entlockte. Zudem sorgten diese kleinen Sticheleien im Moment hoffentlich dafür, dass August seine Panik für kurze Zeit vergaß, denn er spürte den Wechsel zwischen An- und Entspannung deutlich, wenn sich der andere entweder mehr in sein Shirt krallte oder etwas lockerer ließ.
"Beim nächsten Mal darfst du unseren Urlaubsort und die Art zu reisen aussuchen. Selbst wenn das bedeutet, dass wir stundenlang in einem Bus oder ähnlichem sitzen", versprach er ihm, um ihn ein wenig zu besänftigen, während er seinen Arm weiterhin um ihn gelegt ließ. Crispin konnte nicht abstreiten, dass er es gerade doch sehr genoss, wie August bei ihm Halt suchte, auch wenn sonst er es war, der von ihm beschützt und umsorgt wurde. Es war, als hätten sie die Rollen getauscht und es war eine Erfahrung, für die er jederzeit wieder bereit wäre, da sie deutlich zeigte, dass der Engel ihm vertraute.
"Wobei ein Roadtrip quer durchs Land sicher auch etwas hätte", fügte er noch hinzu und stellte sich bereits vor, wie sich August über die unbequemen Motelbetten beschwerte, falls sie es nicht bis in eine größere Stadt und somit in ein Hotel schafften. Ein Grinsen schlich sich dabei in sein Gesicht, was jedoch verschwand, als er den Pass seines Freundes bekam und sich somit wieder konzentrieren musste.
Nachdem auch dieser Ausweis mit der Boardkarte verglichen wurde, könnten sie endlich zum Security-Check und mit einem Mal war Crispin wirklich froh, dass sie noch so viel Zeit hatten, bis ihr Flug ging, denn genau an diesem Punkt stauten sich die Leute und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis man selbst mal dran kam. Ganz besonders, wenn das Sicherheitspersonal jemanden fand, den sie noch etwas sorgfältiger überprüfen und damit woanders hinführen mussten. Er selbst kannte die ganze Prozedur schon, doch für August war auch das etwas völlig neues und es hätte ihm wohl klar sein müssen, dass er sich seine eigenen Gedanken zu der Technik machte, die hier benutzt wurde - was er bereits im nächsten Augenblick auch schon deutlich zeigte, indem er seine Bedenken laut aussprach und ganz nebenbei ein Thema ansprach, an das er selbst bereits gedacht hatte. Der Mann, der vor ihnen stand, drehte sich irritiert zu ihnen und Crispin hatte schon fast den Verdacht, dass er die Worte seines Freundes vollkommen falsch auffassen könnte - so wie Menschen das eben taten, die von übernatürlichen Wesen und deren Jobs keine Ahnung hatten.
"Er lebt eigentlich in Arizona", brachte er daher das erste heraus, was ihm einfiel, um die Situation hoffentlich nicht in eine Richtung laufen zu lassen, die ihnen Zeit, Nerven und vielleicht auch ihren Flug kosten könnte - je nachdem wie hartnäckig die Sicherheitsbeamten hier waren, wenn sie es mit jemandem wie August zu tun hatten, der von all dem hier keine Ahnung hatte. Glücklicherweise schien das zu reichen, um den Mann dazu zu bewegen, sich wieder herumzudrehen und er konnte sich darum kümmern, dem Engel auch diese Sache zu erklären.
"Dieser Torbogen ist ein Bodyscanner. Damit wird alles erfasst, was jemand bei oder sogar in sich trägt, für den Fall, dass jemand beispielsweise versucht, Drogen zu schmuggeln. Selbst wenn du so ähnlich wie diese Leute im Zirkus dazu in der Lage wärst, Schwerter im Ganzen zu schlucken, würden sie es merken. Du würdest mit deinen Waffen also keinen einzigen Schritt in den Sicherheitsbereich dahinter setzen. Außer vielleicht in Handschellen und in Begleitung dieser netten Beamten. Und wenn du darauf anspielen willst, was ich glaube…", begann er seinen Satz und überlegte, wie er weiterreden sollte, ohne den Mann vor ihnen und alle anderen in Hörreichweite mit der Nase förmlich darauf zu stoßen, dass es neben den Menschen noch viel mehr gab, doch bevor er dazu kam, drehte sich ersterer ein weiteres Mal zu ihnen um. Was nun auch August zu bemerken schien und ihn prompt anging. Am liebsten hätte er laut gelacht, doch er konnte sich mit Mühe davon abhalten und begann lediglich zu grinsen.
"Glücklicherweise sitzen die meisten Leute in der Economy und nur wenige in der First Class. Ich würde also sagen, dass wir da großteils unsere Ruhe haben werden."
Obwohl sich der Mann vor ihnen eigentlich bereits wieder abgewandt hatte, blickte er nun doch wieder zu ihnen und musterte sie beide von oben nach unten, als könnte er nicht glauben, dass sich zwei Gestalten wie sie Tickets für die erste Klasse leisten könnten, da er wie gewohnt mit zerschlissenen Jeans unterwegs war.
"Schon mal was davon gehört, nicht vom Äußeren auf alles andere zu schließen?!", knurrte er ihn daher nun ebenfalls an, sodass er erschrocken wieder nach vorn sah und er grummelte leise vor sich hin. "Wie ich sowas hasse…"
Bevor der Störenfried ein weiteres Mal zu ihnen sehen konnte, weil ihm vielleicht irgendetwas nicht passte, was er zu hören bekam, war er endlich an der Reihe und kurz darauf auch er. Crispin nahm kurz Augusts Hand in seine und drückte sie, ehe er einen Schritt vor trat und seine Taschen entleerte, um alles, was sich darin befand, in den dafür vorgesehenen Behälter zu legen. Die Frau des Sicherheitspersonals staunte nicht schlecht, als er dabei neben seinem Handy und Kopfhörern auch ein paar Kirschlollis zum Vorschein brachte. Vermutlich rechnete keiner damit, dass ein beinahe Erwachsener so etwas bei sich hatte, aber bei ihm würde sich das wohl nicht einmal ändern, wenn er 120 war. Daher rollte er lediglich mit den Augen und stellte sich anschließend in den Bodyscanner, nur um ihn kurz darauf auf der anderen Seite wieder zu verlassen und seine Sachen wieder an sich zu nehmen und dorthin zurück zu stecken, wo sie hingehörten. Nun musste es nur noch August durch die Kontrolle schaffen und auch wenn er es süß fand, wie ahnungslos der Engel in all diesen Dingen war, war es ihm lieber, wenn es jetzt nicht allzu deutlich wurde, denn es war etwas anderes, wenn es vor ihm offensichtlich wurde oder er sich damit vor anderen und in aller Öffentlichkeit blamierte - nicht, weil es ihm dann selbst peinlich wäre, sondern weil er nicht wollte, dass ihn die anderen allzu schräg ansahen.
So viele Dinge die er nicht verstand und die für ihn schlichtweg unvorstellbar waren, wie für einen Menschen der das erste Mal mit der übernatürlichen Welt konfrontiert wurde. Ob Cris damals auch so unwissend gewesen war, als er von all den existierenden Wesen erfuhr? Er schlug sich jedenfalls besser damit als August, der gerade damit zu kämpfen hatte alle seine Sachen - hauptsächlich seinen Schmuck - in die dafür vorhergesehene Kiste zu packen, damit er diesen Scanner oder was auch immer problemlos durchschreiten konnte. Anders als sein Freund hatte er sonst nichts dabei, da er kein Handy oder einen Laptop besaß. Nichts davon brauchte er und wenn er etwas für die Uni machen musste, hatte er Zuhause immer noch seinen Rechner, den er gelegentlich verwendete, wenn er auch lieber im Tonstudio arbeitete, da dort immer jemand war, der ihm helfen konnte, wenn etwas nicht funktionierte - anders als Zuhause, wo er die meiste Zeit damit verbrachte frustriert auf den Bildschirm zu starten. Sein Zeug beschränkte sich also nur auf Schmuck und seine Uhr. Proviant hatte er sich auch nicht mitgenommen und wenn er unbedingt Bock auf etwas Süßes hatte, konnte er sich immer noch einen der Lollis von Cris schnappen oder ihn einfach zu sich ziehen und ihn küssen, da er in gut 95% der Fälle nach den Kirschlollis schmeckte.
Er kopierte einfach jede Bewegung des Jüngeren, tat es ihm gleich und ging durch die Sicherheitskontrolle, auch wenn er der festen Meinung war, dass er es schon irgendwie geschafft hätte Waffen durchzuschmuggeln. Wozu gab es Runen? August fielen auf Anhieb sogar drei ein, mit denen er eine Waffe verschwinden lassen konnte. Die Menschen hier waren wirklich naiv, aber ihre größten Probleme waren wohl tatsächlich irgendwelche Drogen und versteckte Revolver. August gab sich größte Mühe dabei keine Miene zu verziehen, als er von oben bis unten abgescannt wurde und anschließend wieder sein Zeug zurückbekam. Die Ringe steckte er sich sorgfältig wieder an und die Ketten legte er auch lässig wieder um. Man konnte fast meinen, dass seine Nervosität komplett verschwunden war, aber der schein trügte natürlich. Das Metallmonster ließ immer noch ein fruchtbar flaues Gefühl in seinem Magen aufkeimen.
Er sah zu seinem Freund, der bereits auf ihn wartete. “Schlage ich mich gut?”, fragte der Engel und zupfte an dem Shirt des anderen, damit Cris ihn ansah und er ihn flüchtig auf die Lippen küssen konnte. “Müssen wir jetzt schon in dieses Ding gehen?” So gern er auch der coole und nonchalante Freund sein wollte...er konnte seine Nervosität nur schwer unterdrücken und es tat ihm auch irgendwo Leid, dass der Jüngere sich mit dieser Seite von ihm rumschlagen musste bis sie an ihrem Ziel ankamen.
Unsicher blickte er zu den anderen Menschen die die verschiedensten Richtungen anstrebten, manche determiniert die ersten zu sein, selbst wenn sie genau wie alle anderen in der Schlange standen und das Flugzeug sowieso nicht ohne alle angemeldeten Passagiere starten würde. “Uns nimmt niemand die Plätze weg oder? Und ich sitze ganz sicher neben dir oder? Ich will nicht am anderen Ende des Fliegers hocken...und das länger als 10 Stunden, das halte ich nicht aus.”, jammerte er und schlang die Arme wieder um die Taille seines Freundes, wie zuvor schon, da er sich so am sichersten fühlte. Ihm war es auch komplett egal, dass es auf andere vielleicht seltsam aussehen mochte. Andernfalls hätte er jetzt wirklich Panik geschoben und das in einem Ausmaß, dass eventuell auch die Security-Guards dazwischen gehen mussten. Doch solange sein Freund ihn im Arm hielt und ihm beruhigende Worte zuflüsterte, gab es vorerst keinen Grund zur Sorge. Was allerdings beim Abflug passieren würde, konnte er selbst noch nicht sagen…

Crispin Cipriano

In der heutigen Zeit war moderne Technik etwas Unabdingbares geworden. Selbst dann wenn man sich wie August strikt dagegen weigerte, sich mit allem zu befassen oder auch nur ein Handy zu besitzen, wurde man über kurz oder lang doch damit konfrontiert und musste sich damit auseinandersetzen. Egal, ob es nun im Alltag war, wenn man eine Fahrkarte für die U-Bahn brauchte oder sich bei McDonald's etwas zu Essen bestellte. Man kam nirgendwo drum herum, außer man zog irgendwo in die Pampa, wo man am Ende aber abgeschieden von der Welt war. Crispin konnte sich vorstellen, dass es August gar nicht so sehr stören würde, irgendwo zu leben, wo man es mit weniger moderner Technik zu tun bekam. Das Problem war nur, dass genau diese Technik vieles sehr viel bequemer und einfacher machte und zumindest ihm würde wohl als Kind der modernen Welt und der Großstadt in diesem Fall so einiges fehlen. Dies war wohl einer der wenigen Punkte, in denen man ihren gewaltigen Altersunterschied merkte, doch das störte ihn persönlich nicht im geringsten, denn was waren ein paar Jahrhunderte, wenn man genau diese Zeitspanne und noch viel mehr ebenfalls zusammen verbringen konnte und sich liebte?
Doch obwohl sein Freund trotz eines Lebens in einer Stadt wie New York nur das Nötigste mit diesem ganzen Kram am Hut hatte, schlug er sich wirklich gut, als er beim Security Check an der Reihe war und seine Habseligkeiten - insbesondere seine ganzen Ringe und Ketten, die er eine nach der anderen abnahm - in den Behälter packte. Crispin bemerkte durchaus, dass er dabei und auch bei der anschließenden Überprüfung einfach versuchte alles so zu machen wie er es bereits vor ihm getan hatte - was unter anderem ein Grund dafür war, dass er vorangegangen war. So musste er sich das Ganze wenigstens nicht von dem Kerl, der vor ihnen stand und sie bereits so skeptisch beäugt hatte, abschauen. Am Ende hätte sein Freund vielleicht an irgendetwas von dem gezweifelt, was dieser hat, aber doch zu dem ganzen Prozedere dazu gehörte - unter anderem das Abscannen mit den kleinen handlichen Metalldetektoren. Doch er beschwerte sich nicht dabei oder gab noch eine Bemerkung darüber ab, dass es für ihn und andere vielleicht recht einfach wäre, Waffen durch die Sicherheitskontrolle zu schmuggeln. Wie er das angestellt hätte, wusste er nicht und in der Nähe der Beamten wollte er auch ungern danach fragen - und das nicht nur, weil es dabei vielleicht um etwas ging, dass er nur als Engel konnte.
Eine himmlische Geschwindigkeit legte er allerdings nicht an den Tag, wie Crispin feststellen musste, als er seinen Freund dabei beobachtete, wie dieser seine Ketten wieder um den Hals hängte und auch seine Ringe einen nach dem anderen ihren Platz wieder an seinen Fingern fanden. Dabei ließ er sich auch nicht von den Personen hinter sich hetzen, die bereits missmutig schauten und darauf warteten, dass er fertig wurde. Er hingegen konnte nicht anders, als sich darüber zu amüsieren. Selbst fand er so etwas auch absolut nervig und hätte sich vermutlich darüber aufgeregt. Umso mehr genoss er es, nun einmal auf der anderen Seite zu stehen und gemeinsam mit August für einen kleinen Stau zu sorgen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ihr gemeinsamer Urlaub und die Zeit nur für sie alleine in Italien langsam immer näher rückte und es kaum etwas zu geben schien, dass seine Laune dauerhaft in den Keller schicken konnte. Zumindest keine Fremden, die im Grunde auch nur dieselbe Prozedur durchliefen wie sie. Dass er mit seiner Gelassenheit bei dem Ganzen jedoch alleine da stand merkte er, denn auch wenn August für alle anderen vielleicht wie die Ruhe in Person wirkte, so blieben ihm die kleinen Hinweise auf seine Nervosität nicht verborgen.
"Man merkt kaum, dass du noch nie geflogen bist", versuchte er ihn daher ein wenig zu beruhigen, als er wieder bei ihm war. Das Schmunzeln konnte er aber doch nicht ganz unterdrücken, denn eigentlich konnte er die Frage des anderen nicht ganz objektiv beantworten. Immerhin wusste er, dass er noch nie einen Flughafen von innen gesehen hatte - wenn man von irgendwelchen Filmen einmal absah. Für den Rest der Passagiere sah es aber mit Sicherheit so aus, als hätte er lediglich Flugangst, so wie viele andere auch.
Um nicht länger im Bereich des Security Checks herumzustehen, nahm er Augusts Hand und zog ihn ein Stück weiter. Nicht, weil er niemandem im Weg stehen wollte, sondern weil er von niemandem der anderen Reisenden angerempelt werden wollte. Als sie an einer Stelle des Sicherheitsbereichs ankamen, wo sie einen Moment lang durchatmen konnten, stellte er sich vor ihn, schlang seine Arme um ihn und zog ihn näher zu sich. Durch ihren praktischen Größenunterschied nutzte er die Gelegenheit und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, nachdem er den des Engels erwidert hatte.
"Nein, ich glaube, wir haben noch ein wenig Zeit", begann er und löste einen Arm von August, um stattdessen nach seinem Handy in der Hosentasche zu angeln. Die Uhr auf der Mitte des Sperrbildschirms bestätigte seine Aussage. "Wir haben noch eine halbe Stunde, bis wir zum Gate müssen. Ich wäre allerdings dafür, dass wir die Zeit nicht unbedingt hier verbringen."
Suchend schaute er sich um, bis er den Wegweiser für die VIP Lounge fand und darauf deutete. "Dort lässt sich die Zeit bis zum Abflug mit Sicherheit besser verbringen."
In der Lounge angekommen, die im Gegensatz zum Rest des Flughafens relativ wenig besucht war, suchte er für sie beide einen ruhigen Platz, der nicht allzu gut einzusehen war, von dem aus er die Infotafel mit den Abflugzeiten aber dennoch im Blick hatte. Hier konnte August hoffentlich ein wenig zur Ruhe kommen, bis sie zu ihrem Flugzeug mussten, denn er konnte sich sehr gut vorstellen, dass die Anspannung spätestens zur Sicherheitseinweisung vor dem Start, wieder ansteigen würde. Im Moment war sie allerdings immer noch vorhanden - genau wie die Unsicherheit, was ihren Flug betraf. Aus diesem Grund gab er ihm einen Kuss auf die Wange, als er leise jammerte, und löste die Hände des anderen von ihm, um ihn anschließend auf das Sofa, das hinter ihm stand, zu drücken und sich kurzerhand auf seinen Schoß zu setzen. Dass die anderen Gäste der Lounge oder die Mitarbeiter seltsam schauen könnten, war ihm gerade egal. Schließlich hatte er nicht vor, hier etwas zu tun, was niemand zu Gesicht bekommen sollte. Es ging ihm nur darum, August ein wenig abzulenken.
Und das tat er, indem er sich einen flüchtigen Kuss klaute, bevor er mit seinen Lippen über die Wange des anderen und zu dessen Hals wanderte.
"Unsere Plätze sind fest gebucht und somit nimmt die uns keiner weg", murmelte er leise zwischen einigen federleichten Küssen gegen die warme Haut. "Die liegen auch direkt nebeneinander. Darauf habe ich geachtet. Und wenn das nicht möglich gewesen wäre, hätte ich mich einfach für die ganze Zeit des Fluges so wie jetzt auf deinen Schoß gesetzt."
Crispin war sich ziemlich sicher, dass ihn spätestens das genug davon abgelenkt hätte, wo sie sich befanden - auch im Inneren eines Flugzeuges - und das nicht zuletzt, weil er selbst beinahe vergaß, wo sie sich gerade aufhielten.
Wenn er die Augen schloss und einfach nicht daran dachte, dass sie bald in ein fliegendes Metallgehäuse stiegen, war es eigentlich gar nicht so schlimm hier. Es ähnelte einem großen Einkaufszentrum und die VIP Lounge einem netteren Warteraum, wie er es von den Bahnhöfen kannte. Es gab sogar eine kleine Bar und überall waren Monitore mit den Abflugzeiten angebracht, damit auch niemand seinen Höllentrip verpasste. Also eigentlich alles okay. Vielleicht machte er einfach den ganzen Flug über die Augen zu. Eine sichere Strategie, aber wenn er nach seinen Erfahrungen aus dem Filmbereich ging, konnte er das Flugzeug bestimmt spüren. Wie es wackelte, aufstieg, landete... Uff, nein keine Chance. Hier galt es, aus seinem unendlichen Filmwissen zu schöpfen und durch genau dieses Repertoire sollte er auf alles vorbereitet sein. Das flaue Gefühl in seiner Magengegend nahm jedoch trotzdem nicht ab, denn nur weil man auf etwas vorbereitet war - oder man wie in Augusts Fall meinte dies zu sein - hieß es nicht, dass die Nervosität einfach von einem Moment auf den nächsten verschwand. Schön wärs!
Das Gewicht des Größeren, der sich auf den schoß des Engels setzte, überraschte ihn erst, ließ dann allerdings eine Welle der Sicherheit durch seinen Körper fahren. War Cris bei ihm, konnte ihm eigentlich gar nichts passieren und dieser war im Gegensatz zu dem Kleineren absolut entspannt - ja nahezu schon amüsiert über die Situation. Wenigstens einer der Spaß hat. August nutzte die Nähe des anderen jedoch gleich aus und schlang die Arme um seine Taille, während er die sanften Küsse an seiner Haut genoss. “Mhm, das ist okay, ich hätte mich auch mit der Stewardess angelegt, wenn sie dagegen wäre. Ohne mein Babyhäschen - ohne mich.” Was sollte er auch schon alleine in einem Flieger nach Italien? Ein Land, dessen Sprache er noch nicht beherrschte, weil es damals nicht seine Priorität war sich irgendwann einen Schützling aus der Gegend zu holen, auch wenn Crispins Stammbaum große Teile der Wurzeln dort hatte. “Erzähl mir ein bisschen von deinen Großeltern. Hast du dich gut mit ihnen verstanden? Besser als mit deinen Eltern?”, fragte er leise, während er nun den Hals des Jüngeren hinabküsste und ihn dabei näher zog. Er hörte Cris gerne dabei zu wenn er sprach und er konnte wirklich jede Ablenkung gebrauchen, die er nur bekam - was natürlich nicht hieß, dass kein ehrliches Interesse an der Familie des anderen bestand. Augusts Lippen saugten sich kurz fest und ließen dann von der weichen, warmen Haut ab, die nun etwas gerötet war, was aber in wenigen Sekunden wieder abheilen würde. “Ich kann es kaum erwarten, dass wir endlich ankommen und wir endlich alleine sind. Hier sind mir zu viele Menschen…”, murmelte er und stützte sein Kinn auf der Schulter des anderen ab.

Crispin Cipriano

Es gab nicht viele Dinge, die ihn dazu bringen konnten, dass sein Kopf einfach einmal abschaltete und er sogar alles um sich herum komplett vergaß. Neben dem Klavierspielen war lediglich August dazu imstande, ihm diese innere Ruhe zu vermitteln. Ganz besonders wenn beide Dinge zusammentrafen und regelrecht spürte, dass der andere dabei neben ihm saß und ihm zuhörte - heute noch viel mehr als es damals der Fall war. Doch schon zu diesem Zeitpunkt hatte sich eigentlich gezeigt, welche Wirkung der Engel auf ihn hatte und auf welche Weise sie miteinander verbunden sein mussten, auch wenn er es da noch nicht so bewusst wahrnahm. Gerade jetzt, wo sie sich in der VIP-Lounge des Flughafens befanden und eigentlich Gefahr liefen, jederzeit von einem anderen Gast oder einem der Mitarbeiter gesehen zu werden, die sich - so unschuldig die Situation auch war - von ihren Handlungen gestört fühlen könnten. Doch gerade jetzt war es ihm vollkommen egal, denn für ihn zählte nur, dass August von dem Kommenden ablenkte und ihm auf diese Weise vielleicht auch einmal etwas von dem zurückgeben konnte, was er für ihn bisher getan hatte und es wohl auch in Zukunft tun würde: für ihn da zu sein, wenn er es brauchte und das ohne, dass er etwas sagen musste, weil sein Freund instinktiv zu spüren schien, was er brauchte.
Ein schwaches Schmunzeln an der warmen Haut des anderen konnte er sich dennoch nicht verkneifen, als dieser ihm mitteilte, was wohl passiert wäre, wenn ihre Sitzplätze nicht nebeneinander liegen würden. Da schluckte er sogar seinen Protest bezüglich des Babyhäschens herunter und konzentrierte sich vollkommen auf die Vorstellung, wie August sich mit der Stewardess angelegt hätte.
"Das hätte ich zu gerne gesehen", gestand er noch immer amüsiert darüber. "Allerdings hättest du das dann besser erst tun sollen, wenn das Flugzeug bereits abgehoben hat. Ansonsten wäre es für das Bordpersonal ein Leichtes gewesen, dich rauszuwerfen. In der Luft sieht das anders aus."
Selbstverständlich wäre er in so einem Fall ebenfalls ausgestiegen, denn ohne August wäre er nicht geflogen. Auf die Schnelle noch einen Flug zu buchen, hätten sie vielleicht auch noch hinbekommen, wobei die Kosten keine Rolle gespielt hätten. Crispin hatte beim Buchen ihrer Tickets jedoch nicht nur darauf geachtet, dass sie nebeneinander saßen, sondern auch, dass die Start- und Ankunftszeiten selbst mit der Zeitverschiebung so lagen, dass sie während des Fluges versuchen konnten, zu schlafen und in Italien dennoch keinen Jet lag bekamen. Auf diesen Luxus hätten sie in dem Fall dann verzichten müssen und somit war es ganz gut, dass sich August nicht über die Sitzverteilung aufregen musste - ganz gleich wie amüsant die Vorstellung darüber auch war.
Doch selbst von dieser wurde er erfolgreich abgelenkt, als er näher gezogen wurde und mit einem Mal die Lippen des Engels an seinem Hals spüren konnte. Was dazu führte, dass er einen Moment brauchte, bis er die Frage verarbeitet hatte, die er ihm währenddessen stellte, da die Berührungen doch sehr ablenkend waren, sodass er den Kopf zumindest ein wenig zur Seite neigte, um ihm mehr Angriffsfläche für seine Tour zu bieten. Für eine Antwort auf das Ganze brauchte er allerdings noch einen Moment länger und das lag nicht nur daran, dass es ihm schwer fiel, zu denken, sondern auch an dem gewählten Thema.
"Sie sind ganz anders als meine Eltern. Liebe- und verständnisvoll und doch mit einer gewissen Strenge, damit man sich an die eine oder andere aufgestellte Regel hielt. Vor allem mir ließen sie jedoch dennoch sehr viel durchgehen, auch wenn sie zwischen Cyrian und mir keinen Unterschied gemacht haben. Bei ihnen hatte ich nie das Gefühl, dass sie einen von uns bevorzugten", begann er Augusts Bitte nachzukommen. Ein leichter Stich zog sich bei der Erinnerung durch sein Herz, denn ihm wurde bewusst, wie sehr er sie eigentlich vermisste. Doch seine jetzige Situation, sein Leben, machten es ihm nahezu unmöglich, sie je wiederzusehen, ohne dass sie etwas erfuhren, von dem sie besser nichts wussten.
"Mein Großvater war es auch, der mir italienisch beibrachte, obwohl meine Eltern der Ansicht waren, dass es unnötig wäre. Er tat es trotzdem, entgegen aller Proteste. Seiner Meinung nach sollte man es nutzen, wenn ein Kind mehrsprachig aufwachsen kann. Es schadete immerhin nicht. Generell versuchten sowohl er als auch meine Großmutter immer ein wenig entgegenzulenken, wenn meine Eltern mal wieder viel zu streng waren, doch es brachte nichts und als ich neun war, zogen sie nach Italien, da mein Großvater seine Heimat vermisste."
Damals hatte er trotz der mahnenden Worte seiner Mutter und der Erinnerung daran, dass Jungs nicht weinten, die Tränen nicht zurückhalten können. Am liebsten wäre er mit ihnen mitgegangen, doch das war ihm natürlich nicht möglich, weshalb er es erst recht schade fand, dass ihr Geschenk - das Ferienhaus - so wenig Anklang fand und sie nur einmal dort waren. Wenn er genauer darüber nachdachte, waren sein Vater und seine Mutter aber vielleicht auch ganz froh, als sie weg waren, da es so niemanden mehr gab, der sich in ihre Erziehung einmischte.
Noch weiter in seinen Gedanken, die seine Stimmung doch zu trüben drohten, konnte er allerdings nicht versinken, da August ihn mit weiteren Küssen ablenkte und als er das kurze saugende Gefühl an seiner Haut spürte, biss er sich auf die Unterlippe, um keinen Ton von sich zu geben.
"Da bin ich ganz deiner Meinung, aber leider müssen wir darauf noch ein paar Stunden warten", gab er leicht enttäuscht von sich, während er ihn wieder ansah und ihm einige Strähnen seiner Haare ins Gesicht fielen. Crispin pustete nach oben, um sie zu vertreiben, da er seine Hände ungern von dem Engel lösen wollte, doch es brachte herzlich wenig, da sie an Ort und Stelle zurückfielen, was ihm ein Grummeln entlockte.
"Wir müssen in Italien auch unbedingt einen Friseur suchen. Diese Länge ist lästig", murrte er ein weiteres Mal und löste schlussendlich doch eine Hand aus Augusts Nacken, um sich die störende Strähne hinters Ohr zu schieben.
Dass es nicht mehr lange dauerte, bis sie in der Luft waren und meilenweit über den Ozean Richtung Italien flogen, vergaß der Engel zumindest für eine kurze Zeit, mit
Hilfe seines Freundes, der von seiner Kindheit erzählte. Nahezu bildhaft sah er einen kleinen Crispin, der mit seinen Großeltern Bruchstücke aus dem Italienischen ausausschte und sie sich daran erfreuten wie schnell er dazu lernte. Dass sein Freund seine Großeltern vermisste, konnte er nur deutlich aus dem Gesagten heraushören und er verstand es absolut, wenn sie doch die einzigen gewesen waren, die zu ihm hielten und ihn nicht unfair behandelten. Großeltern waren oftmals sanfter als die eigenen Eltern, aber bei Cris war es dann nochmal anders, wenn man in so einem kalten Umfeld aufwachsen musste und dabei unterdrückt wurde, wo es nur ging. “Ich bin mir sicher, dass sie furchtbar stolz auf dich wären, wenn sie dich sehen könnten. Sicher ist es gerade nicht einfach, aber vielleicht schaffen wir es irgendwann? Wenn sich die Lage etwas verbessert hat?”, versuchte er den anderen aufzumuntern und stupste ihn mit der Nasenspitze an. Er wünschte sich auch, dass sie bald ein normales Leben leben konnten, so gut eben als Dämon und Engel ging, aber vor allem um die Situation mit Cyrian und Cris zu klären, damit es nicht mehr so kompliziert war. Dafür musste er zwar einen Deal mit Hope eingehen, aber von seinem besten Freund wusste er wenigstens, dass er in der Lage war ihnen zu helfen. Denn wenn der Arzt einmal nicht weiter wusste, dann war wirklich alles verloren.
August lehnte sich zurück und nahm sich einen Moment Zeit um sich umzusehen, jedoch machte ihn die Umgebung wieder nervös, weshalb er seine Aufmerksamkeit schnell wieder auf seinen Freund lenkte, der sich über seine Haarlänge beschwerte. “Du findest sie zu lang? Meiner Meinung nach sind sie perfekt. Man kann angenehm die Finger in ihnen vergraben.”, murmelte er und demonstrierte es sogleich, indem er seine adrigen Finger in den Nacken des anderen schob und diese hinaufstreichen ließ, wo er nur ganz leicht an den dunklen Locken zog. “Sie sind perfekt. Genau wie du.”, flüsterte er leise und küsste den Dämon noch einmal, bevor er sich langsam von seinen Lippen löste, nicht jedoch sie noch einmal flüchtig mit seinen zu verbinden. “Wann müssen wir los?”, fragte er dann schließlich und wagte einen Blick auf die Monitore, die die Ankunftszeiten der Maschinen anzeigte. Eigentlich wollte er das ganze nur noch hinter sich bringen, damit sie endlich in Ruhe ihre Zweisamkeit genießen konnten. Der Preis dafür war furchtbar und er wusste auch noch nicht wie er die Zeit im Flieger vertrödeln sollte, aber wenn sie dafür für mehrere Tage fern von ihren Sorgen und Problemen waren, dann zahlte es sich auf jeden Fall aus.

Crispin Cipriano

Eigentlich war es eine Schande, dass er die letzten Monate, wenn nicht gar Jahre, eher selten an seine Großeltern gedacht hatte. Er hätte so viele andere Dinge um die Ohren, Dinge, die ihn belasteten und mit denen er zu kämpfen hatte, dass er sich keine Zeit dafür genommen hatte, sich bei ihnen zu melden oder gar an sie zu denken. Somit war er in diesem Punkt also vielleicht gar nicht so viel besser, als seine eigenen Eltern und obwohl er in der Schlange zum Sicherheitcheck noch der Meinung war, dass es jetzt, wo ihr Urlaub so kurz bevor stand, kaum etwas oder gar nichts gab, das seine Stimmung drücken konnte, schaffte es eine einzige Bitte seines Freundes nun doch. Übel nahm er es ihm nicht, denn im Grunde war er selbst daran schuld, dass es ihn gerade so sehr mitnahm.
"Ob sie stolz auf mich wären, darüber ließe sich vermutlich streiten. Und das nicht nur, weil ich mich auch vor dem Ganzen ewig nicht bei ihnen gemeldet hab. Und nun… Ich denke, vor allem mein Großvater wäre enttäuscht, wenn er wüsste, was aus mir geworden ist. Immerhin ist er ein gläubiger Katholik. Zumindest war er es damals und somit wäre er sicher wenig begeistert davon, welchen Weg ich eingeschlagen habe…"
Crispin ließ seinen Blick betrübt sinken, denn die Sache mit seinen Großeltern war etwas, dass er gerade doch sehr bereute, da es auch kaum eine Möglichkeit gab, daran etwas zu ändern. Sie glaubten, er wäre tot, so wie alle anderen auch, wenn man von der einen oder anderen Ausnahme einmal absah, und auch wenn er wusste, dass es so besser für sie war, kam in ihm gerade doch das Gefühl auf, sie noch einmal sehen zu wollen. Im Gegensatz zu ihm war ihre Zeit auf dieser Welt begrenzt und somit würde er es vielleicht irgendwann einmal bereuen, wenn er es nicht tat. Nur war das alles sehr kompliziert und sie hatten schon genug andere Probleme, um die sie sich vorrangig kümmern mussten. Seine Familienprobleme spielten dabei nur eine kleine Rolle.
"Glücklicherweise müssen sie sich niemals damit auseinandersetzen, was ihr Enkel alles getan hat", murmelte er daher zum Abschluss und sah August nun doch wieder in die Augen. Er versuchte sich dabei, ein Lächeln auf die Lippen zu zwingen, denn immerhin wollten sie sich ein paar schöne Tage machen und dabei nicht an etwas denken, dass die Stimmung drückte, doch er versagte und ließ es daher nach diesem Versuch bleiben.
Zum Glück lenkten ihn seine Haare, die ihm immer wieder in die Augen fielen, von dem Ganzen ab. Genau wie August, der seine Meinung nicht zu teilen schien. Crispin grummelte leise bei der Erklärung, warum der Engel sie so gut fand, wie sie waren.
"Das kann man sicher auch prima, wenn sie kürzer sind und mir nicht ständig ins Gesicht fallen."
Gegen die Demonstration, mit der der andere beweisen wollte, dass er recht hatte, hatte er allerdings absolut nichts einzuwenden. Nicht zuletzt, weil er so nicht mehr an ihr Gesprächsthema von eben denken musste. Ein Kribbeln zog sich durch seinen Körper, als er den Griff an seinen Haaren spürte und wieder einmal wünschte er sich, sie wären bereits in Italien und hätten nicht noch einen stundenlangen Flug vor sich, eh sie endlich alleine waren und von niemandem gestört werden konnten. Und das Gefühl wurde bei den leise gemurmelten Worten noch ein wenig stärker, bei denen er am liebsten den Blick abgewandt hätte, von Augusts Fingern in seinen Haaren und dessen Lippen auf seinen davon abgehalten wurde. Die Verlegenheit spürte er dennoch deutlich und das auch noch, als sich sein Freund von ihm löste.
"Vielleicht lasse ich sie für dich noch ein paar Tage so", gab er sich geschlagen, denn mit diesen Komplimenten, bei denen er wusste, dass sie ernst gemeint waren, hatte ihn August in der Hand. Anschließend folgte er dessen Blick und sah über die Schulter zu dem Monitor, der ihnen am nächsten war, um nach ihrem Flug zu schauen. Eine viertel Stunde war es nur noch, bis sie zum Gate mussten, was bedeutete, dass sie die Lounge wohl oder übel langsam wieder verlassen mussten, da es bis zu ihrem Flugzeug auch noch ein kleines Stück war. Bevor er dies August jedoch sagen konnte, tauchte eine der Mitarbeiterinnen auf, die sich leise räusperte, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.
"Entschuldigen Sie bitte, aber ich möchte Sie bitten, Ihre Aktivitäten einzustellen oder die Lounge zu verlassen. Einige der anderen Gäste fühlen sich gestört."
Crispin löste seinen Blick von dem Monitor und heftete ihn stattdessen auf die junge Frau, bevor er sich umschaute. Einige Plätze weiter hatte sich ein älteres Paar niedergelassen, das mit leicht angewiderter Miene seinen Blick erwiderte. Normalerweise hätte er dadurch noch einen herausfordernden Ausdruck hineingelegt und sich keinen Millimeter bewegt. Schließlich taten sie hier nichts anstößiges. Doch da ihr Flug nicht mehr lange auf sich warten ließ, rutschte er von Augusts Schoß und griff nach dessen Hand, um ihn ebenfalls in die Höhe zu ziehen.
"Wir müssen sowieso los."
Damit blickte er erst zu der Mitarbeiterin und dann noch einmal zu dem Pärchen und als er sah, dass beide sie noch immer beobachteten, kam ihm eine Idee. Ein schwaches aber freches Grinsen bildete sich in seinem Gesicht, bevor er sich noch einmal zu dem Engel drehte und diesem einen weiteren Kuss auf die Lippen drückte. Den empörten Laut der Frau konnte er bis zu sich hören, weshalb er sich erst einige Augenblicke später wieder von dem anderen löste.
"Lass uns gehen. Unser Flug geht gleich und hier ist es sowieso viel zu ungemütlich geworden."
Einen letzten Blick auf das Pärchen werfend, wobei die Frau noch immer entrüstet zu ihnen sah, zog er August somit mit sich, hinaus aus der Lounge und in Richtung ihres Gates.
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