PolitikGemäß der Verfassung von 1947, ist Japan eine parlamentarische Demokratie. Als „Symbol des Staates und der Einheit des Volkes“, hat der Kaiser (Tennō), die zeremoniellen Aufgaben eines Staatsoberhaupts. Seine Stellung im Staat leitet sich vom Willen des Volkes ab, bei dem die souveräne Macht ruht. Die Legislative besteht aus einem Zweikammerparlament; das bedeutendere Unterhaus wird spätestens alle vier Jahre neu gewählt. Die Exekutive wird vom Kabinett unter Leitung des Premierministers gebildet, der von beiden Kammern des Parlaments, im Konfliktfall vom Unterhaus, bestimmt wird. An der Spitze der Judikative steht der Oberste Gerichtshof, dessen Richter vom Kabinett ernannt und vom Volk bestätigt wird. Seit 2020 hat sich die Mehrheit der Mitglieder der ehemaligen demokratischen Fortschrittspartei in der Konstitutionell-Demokratischen Partei konsolidiert. Daneben existieren mehrere kleinere Parteien auf nationaler Ebene, die größten darunter sind die mit den Liberaldemokraten regierende Kōmeitō, die Kommunistische Partei Japans und die nationalkonservativ-regionalistische Nippon Ishin no Kai. Tennō (Kaiser)Tennō („Himmlischer Herrscher“), ist ein japanischer Herrscher- und Adelstitel. Ursprünglich wurde der Herrscher von Wa bzw. Yamato, wie Japan damals genannt wurde, im Land als „Großkönig“ (Ōkimi) tituliert bzw. von oder nach außen (China und Korea) als „König von/der Wa“, „König des Landes (der) Wa“ oder „König von Groß-Wa [= Yamato]“. Der Kaisertitel wurde erstmals von Temmu (reg. 672–686) verwendet und dann von seiner Nachfolgerin Jitō (686–697) weiter geführt. Die von Temmus Sohn Toneri im Jahre 720 herausgegebene Geschichtschronik Nihonshoki wandte diesen Begriff auch auf alle Vorgänger an. Dieselben Schriftzeichen wurden dann auch mit der alternativen Aussprache sumeragi versehen. Der Begriff Kaiser hingegen etablierte sich, in Abgrenzung zum Tennō, als Bezeichnung für alle nicht japanischen Kaiser. Zu Beginn seiner Amtszeit erlässt der Tennō eine Regierungsdevise (nengō), die sich nur aus jeweils 2 von ausgewählten 216 Schriftzeichen zusammensetzen darf. Sie dient offiziell seit 1874 zugleich als Ärabezeichnung, sowie politischen Ereignissen. Vor der Meiji-Restauration 1868 wurden die Nengō auch durch Shōgune und Prinzregenten verkündet. Bis zu seinem Tod trägt der Tennō seinen nach seiner Geburt erhaltenen Eigennamen, wird jedoch von Japanern (außer vielleicht innerhalb seiner Familie) niemals so angeredet oder bezeichnet, sondern tennō heika (kaiserliche Majestät), angesprochen oder kinjō tennō (der gegenwärtige Tennō) genannt. Nach seinem Tod wird er nur noch mit seinem Regierungsmotto, das zugleich den „Totennamen“ bildet und dem Suffix -tennō bezeichnet. So lautet der Name des 1989 verstorbenen Kaisers Hirohito heute „Shōwa-tennō“, abgeleitet aus der Bezeichnung seiner Amtsperiode, „Shōwa-jidai“, (dt. „Ära des erleuchteten Friedens“). Die Bedeutung des Tennō-Amtes hat im Laufe seiner Geschichte stark geschwankt. Vom 7. bis zum 8. Jahrhundert stellten die Tennō tatsächlich die oberste Regierungsinstanz dar, im Laufe der Zeit wurde die Entscheidungsmacht des Tennō aber immer stärker durch Regenten, und schließlich durch die Shōgune eingeschränkt. Die Shogune übernahmen vom 12. bis 19. Jahrhundert praktisch die gesamte Regierungsgewalt. Sie schafften das Amt des Tennō aber nicht ab, sondern behielten es bei, als Legitimation ihrer eigenen Rolle. Auch diese Machtlosigkeit während des Großteils der japanischen Geschichte sicherte indirekt den Fortbestand der Dynastie; denn wer die Macht im Lande übernehmen wollte, musste nicht den Tennō, sondern den Regenten oder Shōgun absetzen. Die Hauptfunktion des Tennō ist heute rein zeremonieller Natur. Das Datum aller offiziellen Anlässe, sowohl staatlich als auch geschäftlich, wird nach der Dauer der Herrschaft des gegenwärtigen Kaisers berechnet. Seine politische Rolle ist demnach auf eine Symbolfunktion beschränkt, die durch das Volk legitimiert ist. Zu seinen politischen Funktionen gehören die Ernennung des Premierministers und des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes (Shinninshiki), die Einberufung des Parlamentes, die Verkündung von Gesetzen und die Entgegennahme der Akkreditierungsschreiben ausländischer Botschafter. Er hat in diesen Angelegenheiten aber keinerlei eigene Entscheidungsgewalt. In religiöser Hinsicht gilt der Tennō als der oberste Priester des Shintō. Diese sakrale Funktion geht auf das kaiserliche Erntedankfest Niiname-sai („Kosten des neuen Reises“) zurück. Bei diesem Ritual wird den Göttern durch den Kaiser frisch geernteter Reis geopfert. In der Moderne wird die Inthronisation des Tennō durch zwei Zeremonien markiert. Die offizielle Krönungszeremonie (Sokui no Rei), bei der der Premierminister anwesend ist, sie umrahmt die zeremonielle Besteigung des kaiserlichen Throns (Takamikura) und die formelle Übernahme der Throninsignien Japans. Eine stärker religiös ausgerichtete Zeremonie, das Daijōsai (auch Ōnie no Matsuri), wird danach vom kaiserlichen Hofamt ausgerichtet. Es handelt sich um ein shintōistisches Opferritual. Das Fest veränderte sich im Laufe der Zeit und wurde zum heutigen gesetzlichen Feiertag, dem Tag des Dankes für die Arbeit. Das kaiserliche Siegel zeigt eine stilisierte Chrysantheme mit 16 Blütenblättern (bzw. 32 Blütenblätter). Aus diesem Grund wird der japanische Kaiserthron auch als Chrysanthementhron bezeichnet. Das kaiserliche Siegel wird nur von Mitgliedern der kaiserlichen Familie verwendet. Es existiert zwar kein Gesetz, welches das kaiserliche Siegel zum Staatswappen erklärt, jedoch wird es weitestgehend als solches genutzt und ziert unter anderem die Hülle des japanischen Passes. Beim Tod des Tennō ist nach dem Gesetz über die kaiserliche Familie, ein großer Bestattungsritus (Taisō no Rei) abzuhalten. Der Ritus bedient sich stark shintoistischer Symbolik, ist aber trotz gegenteiliger Auffassung des Kaiserhauses eine Erfindung der Meiji-Zeit, mit ihrer Politik der Trennung von Shintō und Buddhismus (Shinbutsu-Bunri). Vorher erhielt der Tennō, wie die meisten anderen Japaner auch, ein buddhistisches Begräbnis. Zuletzt wurde ein solcher Ritus am 24. Februar 1989 bei der Bestattung des Shōwa-tennō Hirohito durchgeführt. Es war das erste Mal, dass diese Zeremonie nach dem Zweiten Weltkrieg sowie nach der politischen und verfassungsmäßigen Neubestimmung des Kaisertums stattfand. Dies führte fast zu einer Staatskrise und im asiatischen Ausland zu Protesten, da eine Abgrenzung der religiösen und staatlichen Funktionen und Bedeutungen während des Ritus sehr schwierig war. Japanisches KaiserhausDas japanische Kaiserhaus (kōshitsu; Kaiserhof und kaiserliche Familie; ein alternatives Wort, das auch Kaiserhaus bedeutet, ist, tennōke) umfasst die Mitglieder der Familie des amtierenden Tennō, die repräsentative öffentliche Aufgaben übernehmen, sowie deren minderjährige Kinder. Nach der aktuellen japanischen Verfassung ist der Tennō das Symbol des Staates und der Einheit des Volkes. Die anderen Mitglieder der kaiserlichen Familie übernehmen zeremonielle und soziale Aufgaben, haben aber keine Funktion in den Angelegenheiten der Regierung. Die japanische Monarchie ist die älteste ununterbrochene Erbmonarchie der Welt. Das Kaiserhaus erkennt 126 legitime Monarchen seit der Thronbesteigung von Jimmu-tennō an. Als Ahnherrin gilt die Sonnen-Kami Amaterasu-ō-mi-kami, die Jimmu den Auftrag und die Berechtigung zur Beherrschung Japans gegeben haben soll. Das Gesetz über die kaiserliche Familie aus dem Jahr 1947 definiert die kaiserliche Familie als: Die Kaiserin (kōgō), die Kaisermutter (kōtaigō), die Kaisergroßmutter (tai-kōtaigō); der Kronprinz (kōtaishi) und seine Gemahlin, der kaiserliche Enkel, der Thronfolger ist (kōtaison) und seine Gemahlin, die shinnō und ihre Ehepartner, die naishinnō die Ō Prinzen und ihre Ehepartner, und die nyoō Die legitimen Kinder und Enkel der männlichen Linie des Kaisers sind shinnō (Kaiserliche Prinzen) bei Männern und naishinnō (Kaiserliche Prinzessinnen) bei Frauen. Weiter entfernte Nachkommen der männlichen Linie sind Ō (Prinzen) oder nyoō (Prinzessinnen). Seit der Änderung des Gesetzes über den kaiserlichen Haushalt im Juni 2017, infolge der Abdankung Akihitos, existieren zusätzlich die Titel Jōkō („emeritierter Kaiser“) mit dem weiblichen Äquivalent Jōkōgō („emeritierte Kaiserin“) sowie Kōshi („Kronprinz“) bzw. Kōshihi („Kronprinzessin“). Die Gemahlin eines Ō oder Shinnō fügt das Suffix -hi an ihren Titel an und ist somit Ōhi bzw. Shinnōhi. Historisch lief die Erbfolge zu Japans Chrysanthementhron generell über männliche Nachkommen der kaiserlichen Linie. Teilweise hat die kaiserliche japanische Dynastie ihre Langlebigkeit Konkubinatsbeziehungen zu verdanken, eine Praxis, die erst in der Taishō-Periode zum Ende kam. Die japanische Monarchie besaß auch zu diesem Zweck bestimmte Nebenlinien (shinnōke). Blieb das Kaiserhaus ohne Erbe, konnte ein shinnōke-Haus einen Thronfolger stellen. Artikel 2 der Meiji-Verfassung aus dem Jahre 1889 besagt: „Der Thron soll an männliche kaiserliche Nachkommen, nach den Vorgaben des Gesetzes über die kaiserliche Familie, weitergegeben werden.“ Das Gesetz über die kaiserliche Familie von 1889, beschränkte die Thronfolge auf männliche Nachkommen und schloss weibliche Nachkommen explizit aus. Im Falle eines Aussterbens der männlichen Linie würde der Thron an die nächste Nebenlinie gehen, ebenfalls in der männlichen Linie. Wenn die Kōgō keinen Thronfolger gebar, konnte der Tennō eine Konkubine wählen, und der Sohn dieser Konkubine wäre als Thronfolger anerkannt. Dieses Gesetz wurde am selben Tag verkündet, wie die Meiji-Verfassung und hatte einen gleichwertigen Status. Artikel 2 der japanischen Verfassung besagt, dass „der Kaiserliche Thron dynastisch sein solle, im Einklang mit dem vom Parlament verabschiedeten Gesetz über die kaiserliche Familie.“ Das Gesetz über die kaiserliche Familie vom 16. Januar 1947, erlassen in der 69. und letzten Sitzung des kaiserlichen Parlaments, behielt den Ausschluss von weiblichen Regenten des Gesetzes aus dem Jahre 1889 bei. In der Absicht, die Größe der kaiserlichen Familie unter Kontrolle zu halten, legt das Gesetz fest, dass nur legitime männliche Nachkommen in der männlichen Linie die Erbfolge antreten können. Prinzessinnen verlieren ihren Status, wenn sie außerhalb der kaiserlichen Familie heiraten. Zudem dürfen der Kaiser und andere Mitglieder der kaiserlichen Familie, keine Kinder adoptieren. Es drohte eine Nachfolgekrise, da seit 1965 kein männliches Kind in der kaiserlichen Familie geboren wurde. Nach der Geburt von Prinzessin Aiko gab es eine öffentliche Debatte darüber, das Gesetz über die kaiserliche Familie zu ändern, um Frauen die Thronbesteigung zu ermöglichen. Im Januar 2005 berief Premierminister Koizumi Junichiro eine Kommission von Richtern, Universitätsprofessoren und öffentlichen Angestellten ein, um mögliche Änderungen des Gesetzes zu sondieren und Gesetzesvorschläge auszuarbeiten. Eine der Optionen war, Frauen in der männlichen Linie der kaiserlichen Nachfolge die Inthronisierung zu ermöglichen. Mit dem Prinzen Hisahito, der durch seine Geburt am 6. September 2006 an die dritte Stelle der japanischen Thronfolge rutschte (und mittlerweile Platz 2 innehat), ist die Debatte über die Thronfolge vorerst entschieden. GewaltenteilungExekutive Die Exekutive des japanischen Zentralstaates, auch Zentralregierung (chūō seifu) genannt, besteht aus einem Kabinett unter Führung des Premierministers und den unterstellten verschiedenen Ministerien, sowie den zugeordneten Behörden. Das Kabinett ist dem Parlament gegenüber verantwortlich. Der Chef der Exekutive, der Premierminister, wird von Oberhaus und Unterhaus gewählt und dann vom Tennō ernannt. Bei einem Konflikt gilt das Votum des Unterhauses. Nur Abgeordnete des Ober- oder des Unterhauses können zum Premierminister gewählt werden. Der Premierminister ernennt (und entlässt) die Minister seines Kabinetts, die in der Mehrheit ebenfalls Abgeordnete des Ober- oder Unterhauses, sowie Zivilisten sein müssen. Legislative Das Parlament (Kokkai, „Nationalversammlung“) ist das höchste Organ der Staatsgewalt und die einzige gesetzgebende Körperschaft Japans. Es ist in zwei Parteien unterteilt: den Senat (Sangiin, „Rätekammer“) als Oberhaus und das Abgeordnetenhaus (Shūgiin, etwa „Massenberatungskammer“, auch Repräsentantenhaus) als Unterhaus. Beide Kammern werden direkt gewählt. Bei der Wahl des Premierministers, beim Haushalt und der Ratifizierung internationaler Verträge hat der Wille des Unterhauses grundsätzlich Vorrang. In der Gesetzgebung ist die Zustimmung beider Kammern oder eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus erforderlich, insbesondere Personalnominierungen der Regierung und Verfassungsänderungsvorschläge bedürfen in jedem Fall der Zustimmung beider Parlamentskammern. Passives Wahlrecht für das Abgeordnetenhaus erhalten alle Männer und Frauen mit dem vollendeten 25. Lebensjahr, im Oberhaus muss das 30. Lebensjahr vollendet sein. Aktiv wahlberechtigt sind seit 2016 alle japanischen Männer und Frauen mit vollendetem 18. Lebensjahr. Das Frauenwahlrecht wurde auf nationaler Ebene im Jahr 1945 eingeführt. Die Wahlperioden der beiden Kammern sind unterschiedlich: Das Unterhaus hat eine Wahlperiode von vier Jahren, die es aber in der Nachkriegsgeschichte bisher nur einmal vollendete. In der Regel finden Unterhauswahlen vorher statt, wenn das Kabinett die Kammer auflöst, wozu es nach vorherrschender Verfassungsinterpretation jederzeit berechtigt ist. Oder nach einem Misstrauensvotum des Unterhauses gegen das Kabinett gezwungen ist, wenn es nicht zurücktreten will. Das Oberhaus hat eine feste Wahlperiode und kann nicht aufgelöst werden: Alle drei Jahre wird gestaffelt eine Hälfte der Abgeordneten für eine sechsjährige Amtszeit gewählt. Judikative Die Gerichte sind nach dem Prinzip der Gewaltenteilung von den anderen beiden Zweigen der Staatsgewalt unabhängig. An der Spitze der Gerichtsorganisation steht der Oberste Gerichtshof (saikō-saibansho). Ihm gehören der Oberste Richter und 14 weiteren Höchst-Richtern an. Die Mitglieder werden vom Kabinett ausgewählt. Der Oberste Richter wird – als einziger staatlicher Amtsträger neben dem Premierminister – formell vom Tennō ernannt, die anderen Richter vom Kabinett. Die Richter werden zeitgleich mit der ersten Wahl zum Unterhaus nach ihrer Ernennung und danach alle zehn Jahre mit der folgenden Wahl zum Unterhaus dem Volk zur „Überprüfung“ vorgelegt. Bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 70 Jahren treten die Richter in den Ruhestand. Das Oberste Gericht hat das Recht zur Revision von Urteilen der unteren Instanzen und zur letztverbindlichen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen. Es bestimmt unter anderem die Prozessordnung und stellt die Listen auf, aus denen das Kabinett die Richter der unteren Gerichte auswählt. In Japan besteht ein einheitliches System von Gerichten; es existieren also beispielsweise keine separaten Verwaltungs- oder Arbeitsgerichte wie in Deutschland. Die Gerichte gliedern sich unterhalb des Obersten Gerichtshofes in acht Ober- (kōtō-), 50 Bezirks- (chihō-) und über 400 einfache Gerichte (kan’i-saibansho), daneben existieren 50 Familiengerichte (katei-saibansho). |